Mittwoch, 30. Juni 2010

Wulff vs. Gauck - eine Zwischenanalyse aus purer Langeweile

Die Hauptanforderung an den zur Disposition stehenden Job erfüllte er jedenfalls: Schönreden. "Demokratie ist lebendig und funktioniert", freute sich Joachim Gauck über die 44 Wespendissidenten, die Muttis Schwiegersohn im ersten Wahlgang die Gefolgschaft versagt haben. Wir alle wissen natürlich, dass das mit einer "lebendigen" Demokratie nicht viel zu tun hatte: Die Abweichler handeln genauso aus machtpolitischem Kalkül wie die CDU-Spitze, als sie ihren Lieblingskandidaten aus dem Hut zauberte. Die paar Hanseln, die eventuell tatsächlich aus Gewissensgründen die Parteilinie verlassen haben, sind wohl zu vernachlässigen: Hier geht es um eine Palastrevolte und nichts anderes.

Im Namen des Herrchens

In einem Örtchen unweit von Oldenburg hat es einen Gottesdienst für Hunde gegeben. Schade, dass ich's nicht gesehen habe: Die Predigt zu knurren und zu bellen dürfte den Pastor sicherlich vor ungeahnte Herausforderungen gestellt haben, obwohl das Thema angesichts des zu erwartenden gegenseitigen Beschnüffelns wohl gesetzt war: "Nächstenliebe". Oder die Zehn Gebote, beginnend mit "Du sollst nicht aufs Pflaster kacken!" Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Gemeinde weiß, was sie mit dem ganzen Frolic im Klingelbeutel nun anfangen soll. Vermutlich an die Tafel weitergeben.

Montag, 28. Juni 2010

Der Migrant denkt, die Union lenkt

Man weiß in diesen Zeiten nie so recht, wann das Sommerloch tatsächlich beginnt, aber einen sicheren Hinweis gibt es, dass es bereits da ist: Wenn parlamentarische Hinterbänkler sich mit abstrusen Vorschlägen vor die Mikrofone drängeln. Allerdings sind diese selten so haarsträubend abgedreht wie das, was nun aus den Mäulern der Unionsschergen Peter Trapp und Uwe Ferber troff: Zuwanderer sollten künftig einen Intelligenztest bestehen müssen, um nach Deutschland kommen zu dürfen. Gut, der Fairness halber muss man hinzufügen: Sie forderten das an einem Tag, an dem das intellektuelle Durchschnittsniveau der Deutschen fußball- und alkoholbedingt am Boden lag. Und ihr eigenes sowieso.

Samstag, 26. Juni 2010

Beendet Merkel ihre SMS eigentlich mit :-( ?

Angela Merkel dürfte allmählich tatsächlich am Ende sein: Miese Umfragewerte, Ärger auf dem internationalen Parkett, ihre jüngsten Vorhaben wird sie nur mit verfassungsrechtlichen Taschenspielertricks durch die Legislative prügeln können - und nun hat sie offenbar nicht einmal mehr irgendwelche halbwegs tauglichen Gerüchte oder haltlose Behauptungen parat, mit denen sie der Opposition ans Bein pieseln könnte. Nein, es reicht nur noch für den selten lächerlichen Versuch, aus der SMS-Geschichte mit Sigmar Gabriel ein Mini-Skandälchen zu stricken - dieser Vorfall ist allerdings sowas von vollkommen unbedeutend, dass man eine Ahnung davon bekommt, wie einfallslos die Kanzlerin derzeit wohl mit wirklichen Problemen umgehen würde.

Dienstag, 22. Juni 2010

Ob's edler im Gemüt, die Tritte und Grätschen des wütenden Geschicks erdulden ...

Ich bin ja bekanntlich kein Fußballfreak, aber Weltmeisterschaften sehe ich mir doch ganz gerne an, zumindest die eine oder andere Partie. Und kaum wird alle vier Jahre der Vorhang aufgezogen für die Darbietungen auf den Grashalmen, die die Welt bedeuten, fällt mir auch wieder ein, warum ich kein Fußballfreak bin: Wegen der aberwitzig peinlichen Randaspekte, die aus dem Spiel bisweilen ein schlechtes Schauspiel machen, mit ihm allerdings ebenso untrennbar verbunden zu sein scheinen wie dämliche Kommentatorensprüche. Es müsste eigentlich ein Fußball-Äquivalent zum Oscar geben, oder besser: Zur Goldenen Himbeere ("Gib' mich die Himbeere!"). Ich würde diese Auszeichnung "Rossi" nennen wollen, in Anlehnung an diesen ambitionierten Nachwuchsdramatiker. Die Top Five des lächerlichen Laienspiels in kurzen Hosen:

Samstag, 19. Juni 2010

Der Exot an sich

Eine seltsame WM ist das bislang. Die Spiele größtenteils grottig, die Ergebnisse sehen nach Binärcode aus, die Soundkulisse ist mehr als nervig. Die Leistung der deutschen Elf wird erst zu überirdischer Schönheit verklärt und nur wenige Tage später zu abgrundtiefer Peinlichkeit herabgewürdigt - und dann wäre da auch noch diese komische Nazisprech-Debatte, bei der am merkwürdigsten ist, dass sie weniger zum Skandal, sondern quasi sofort zum Anti-Skandal hochstilisiert wurde. Dabei gab und gibt es viel bedenklichere - und bescheuertere - Auswüchse protochauvinistischer Denkweise.

Mittwoch, 16. Juni 2010

BP hat langsam fettich

Mal so nebenbei: Ich lese alle zwei Tage, dass aus dem Bohrloch im Golf von Mexiko noch mehr Öl ausströmt als bislang gedacht. Bei 55 Tagen kommt da eine ganze Menge zusammen - das erinnert irgendwie an die Sache mit dem Reiskorn und dem Schachbrett. Gegen Zahlenangaben wird man da geradezu zwangsläufig abgestumpft, genau wie bei den Milliarden für die Banken: Hundertausende Barrel, zig Millionen Liter, Tausende Tonnen - kaum vorstellbare Mengen. Vielleicht wären unbestimmte Angaben greifbarer: Während man also letzte Woche noch dachte, es würde echt verdammt viel Öl da täglich herausschießen, so war es vor ein paar Tagen dann ein ganzer Arsch voll Öl, vorgestern irrsinnig viel und heute unfassbar viel. Und in ein paar Tagen? Gehirnzerfetzend viel Öl? Absurd viel? Aberwitzig unvorstellbar wahnsinnig gigantomanisch viel? Und wie lange noch, bis einem die Adjektive endgültig ausgehen?

Montag, 14. Juni 2010

Fußball essen Nachrichten auf

Dass in Zeiten internationaler Fußballturniere das Interesse an politischen Themen bei vielen gegen Null strebt, ist hinlänglich bekannt (und wird von Regierenden auch gerne ausgenutzt). Bislang dachte ich allerdings, dass zumindest Nachrichtenredaktionen bei der Stange bleiben und zumindest versuchen, mal für eine Viertelstunde auf das Geschehen im Rest der Welt hinzuweisen. Falsch gedacht: Die "heute-journal"-Sendung gestern während der Halbzeitpause des Deutschlandspiels dürfte die inhaltsärmste Nachrichtensendung aller Zeiten gewesen sein.

Samstag, 12. Juni 2010

Im Namen von Königin und Profit ergreifen wir Besitz von dieser Küste

Schöner ward es noch nie dokumentiert, wer in dieser Welt wirklich das Sagen hat: Beamte der US-Küstenwache machen sich zum Büttel von BP und verwehren Journalisten mitunter den Zugang zu ölverseuchten Gebieten am Golf von Mexiko. "Zutritt verboten", heißt es dort offenbar immer öfter. Merkwürdig - bislang war mir nicht zu Ohren gekommen, dass die US-amerikanische Südküste offenbar dem britischen Konzern gehört. Aber vielleicht ist das ja auch einfach nur eine modernisierte Form der Landnahme: Früher hat man ein Stück Gegend in Besitz genommen, indem man seine Flagge am Strand aufplanzte. Heute, in der postindustriellen Ära, macht man das wohl mit Ölklumpen.

Mittwoch, 9. Juni 2010

Dr. Nos Haushaltstipps - Heute: Wie stopfe ich Löcher im Sparstrumpf?

In Hannover hat eine ganz große Zweckkoalition - gewissermaßen eine Belgien-Koalition aus schwarz, gelb und rot - einvernehmlich beschlossen, sich einen Nachschlag zu genehmigen. Leider geht es hier nicht um den Pudding in der Landtagskantine, sondern vielmehr um die Diäten: Die werden um 405 Euro auf 6000 Euro angehoben, bevor der Postmann klingelt und das Sparpaket aus Berlin abliefert. Das entspricht einer Erhöhung um 7,2 Prozent, einer Zahl, die bei Gewerkschaftsmitgliedern feuchte Träume auszulösen geeignet ist. Und die Sie niemals hören werden, außer vielleicht in Zusammenhang mit einem Dispokredit.

Dienstag, 8. Juni 2010

Frag nicht, was dein Land für dich tun kann - sondern was du für deine Bank tun kannst

Seit Monaten wälze ich mich nachts schlaflos und schweißgebadet hin und her, weil ich verzweifelt nach einer Antwort nach der Frage aller Fragen suchte. Nein, keine existenzphilosophische wie "Warum bin ich?", denn das weiß ich. Vielmehr suchte ich nach einer Antwort darauf, wem denn nun die irrwitzigen Kosten der Finanzkrise aufgebürdet würden. Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld, murmelte ich mantraartig und ganz erschlagen von mühlsteinschwerer Staatsbürgersorge vor mich hin. Nun wissen wir's. Überraschung.

Montag, 7. Juni 2010

Twitterpartie bei der Bundespräsidentenwahl

Merkwürdige Zeiten sind das, in denen weltoffene Menschen nachdrücklich einen Geistlichen als Bundespräsidenten fordern. Vielleicht ist mancher Twitteraner durch die Beteiligung am Köhler-Abschuss und der Zensursula-Vergrämung in eine Art Netzpolitik-Rausch* geraten und glaubt, dass nun alles möglich ist, sogar die Beeinflussung der Thronfolge. Aber das Ganze dünkt mich ein wenig aus dem Ruder gelaufen zu sein - muss es denn ausgerechnet ein Pfaffe sein, dem sogar SPD und Grüne zu weit links sind?

Donnerstag, 3. Juni 2010

Mittwoch, 2. Juni 2010

UN-Resolution Nr. 17382: "Kevin ist verkna-hallt!"

Wenn Zehntklässler in Konfirmationsanzügen, Abiturientinnen in Kostümchen und Pumps und Englisch-Leistungskursler mit Schlips und Kragen in Regimentsstärke die Cafés in der Innenstadt bevölkern, weiß man, dass es wieder OLMUN-Zeit ist: Die größte Polit-Simulation der Republik, ein Vereinte-Nationen-Rollenspiel. Ohne Orks, dafür aber ebenfalls mit finsteren Herrschern; ohne Kettenhemden, dafür mit Pullundern; ohne Humor, dafür aber mit einer gehörigen Portion spätpubertären Weltverbesserungsdrangs, der indes wohl zum Scheitern verurteilt ist: Alle Teilnehmer sehen so aus, als würden sie demnächst der FDP beitreten.

Was halten Sie davon, dass eine nationale Plazenta Gruessmutter werden soll?

Wenn als Alternativen nur ein nationaler Wurmfortsatz, eine nationale Hautirritation und ein nationaler Hirntumor in Frage kommen, müsste man sich das gründlich überlegen.

Nur zu - ich bin ganz Ohr...

Neue Umfrage: Bundespräsident gesucht

Neuer Monat, neue Umfrage - und welches Thema böte sich mehr an als die Frage, wer der neue Bundeshorst werden soll? Da geistern ja die irrwitzigsten Vorschläge durch die Medien. Zensursula etwa oder - noch besser - Roland Koch. Ein Mann, bei dem eine gewaltige Mehrheit in der Bevölkerung heilfroh ist, dass er endlich weg ist und den wirklich niemand irgendwo haben will, nicht als Nachbarn, nicht als Kollegen und schon gar nicht als Staatsoberhaupt. Oder Schäuble, den 100.000-Dollar-äh-D-Mark-Mann. Oder - ich traue mich gar nicht, es niederzuschreiben - den unlängst vom Wähler in die Wüste geschickten Jürgen Rüttgers. Da habe ich bessere Vorschläge. Bitte klicken Sie jetzt - das vermutlich einzige Mal in Ihrem Leben, dass Sie als niederer, erbärmlicher Urnenpöbelwurm auch mal über einen Bundespräsidenten abstimmen dürfen.