Dienstag, 2. November 2010

Runter kommen sie immer

Überraschung: Kaum gibt es wieder Terroralarm, schon exhumieren Unionsgranden die ebenso untote wie fixe Idee eines Gesetzes zur Regelung von Flugzeugabschüssen. Diesmal ist es der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann, der den Staub von dem Vorschlag wedelt, nachdem er ihn aus der Schublade mit der Aufschrift  "S" wie "schwachsinnig" hervorgekramt hat. Da fragt man sich allmählich: Was haben die CDUler eigentlich immer mit ihren Flugzeugzerstörungsfantasien?


Schünemann fordert, dass es ermöglicht wird, dass "bei Terrorgefahr notfalls auch ein Frachtflugzeug abgeschossen" werden könne. Das ist selbst für CDU-Verhältnisse und sogar für Schünemanns auch sonst nicht allzu hoch liegende intellektuelle Messlatte eine ziemlich dumme Äußerung. Was für ein Notfall soll das denn bitteschön sein? Unter welchen Umständen ist es denkbar, dass an Bord eines bereits in der Luft befindlichen Frachtflugzeugs noch ein Sprengsatz entdeckt wird, den vorher keiner gefunden hat?

Es gibt im Wesentlichen zwei Momente, in denen es wahrscheinlich ist, dass ein Sprengstoffpaket identifiziert werden kann: Beim Check nebst Durchleuchtung und allem möglichen Pipapo vor dem Beladen des Flugzeugs und bei der Kontrolle nach dem Entladen. Aber nicht während des Flugs. Wie soll das gehen? Glaubt Schünemann, die Piloten turnen währendbei zwischen der Fracht herum? "DHL-Flug 0815 an Tower. Äh, uns ist gerade aufgefallen, dass eines der Pakete hier ziemlich laut tickt." - "Tower an DHL 0815. Behalten Sie Flughöhe und Kurs bei und machen Sie ihr Testament. Over."

Einen solchen Grad an Realitätsferne kann ich mir auch bei dem geistigen Tiefflieger aus Holzminden kaum vorstellen. Also geht es um was anderes; und was das ist, liegt auf der Hand: Das von Schäuble schon vor Jahren geplante - und vom Verfassungsgericht vom Tisch gefegte - Gesetz zum Abschuss von Zivilflugzeugen durch die Hintertür doch noch einzuführen. Wenn es erstmal eine Regelung für Frachtmaschinen gibt, lässt die sich im Zweifel auch auf alle Arten von Verkehrsflugzeugen ausdehnen. Dass auch an Bord von Frachtflugzeugen Zivilisten sind - nur nicht so viele wie in einem Bumsbomber aus Malle - scheint da niemanden zu interessieren.

Also, warum wollen die Quasifaschisten vom sumpfigen rechten Ufer der Christdemokraten offenbar unbedingt Flugzeuge vom Himmel holen? Wollen sie Airbus damit zu Aufträgen verhelfen? Oder herausfinden,. ob die neue Luftabwehrrakete von Diehl auch wirklich funktioniert? Finden sie es gotteslästerlich, wenn der Mensch so hoch in den Himmel vordringt, und wollen ihn dafür bestrafen?

Nein, ich schätze, es ist die alte Nummer: Den Scheinwerfer auf eine möglichst spektakuläre und kontroverse Forderung drehen, damit im Schatten die eigentlich gewünschten Gesetze durchgezogen werden. Wen interessieren denn Nacktscanner, wenn man Angst haben muss, auf dem Rückweg von Sardinien über dem Schwarzwald abgeschossen zu werden? Wer kümmert sich um Datenschutz und Fingerabdrücke, wenn er beim Betreten des Charterfliegers um seine Haut fürchtet? Und wieviele Pauschaltouristen entscheiden sich dann doch lieber für Cuxhaven statt Korfu (und lassen damit ihr Geld auch im Land)?

"Runter kommen sie immer", sagt der Volksmund scherzhaft über Flugzeuge; "und wenn wir nachhelfen müssen", fügen die schwarzen Sheriffs der Republik lapidar hinzu und hoffen, dass die solcherart geschürte Terrorpanik ihnen mittelfristig freie Hand lässt. Die "German Angst" ist eben immer noch das tauglichste Werkzeug, um die Verfassung zu demontieren.

5 Kommentare:

DHL-Kracher-Impi hat gesagt…

Ohh... da ich könnte mir da glatt ein lustiges Flash-Spielchen zum Gesetzesvorschlag vorstellen.

Wieviel Abgeordnete und Bundesbeamte pendeln noch bis zum heutigen Tag zwischen Berlin und Bonn?

Außerdem bekommt da die Formulierung: "Wir fliegen zum Ballermann" gleich eine ganz neue Bedeutung.

Pathologe hat gesagt…

Ich vremute ja stark, dass der Abschussbericht der Untersuchungskommission in Afghanistan nicht die erwuenschten Resultate, trotz olivfarbener Schoenfaerberei, brachte. Ausserdem haben Afghanen einfach zu wenige Flugzeuge, die man einfach so abschiessen kann. Da gibt es mehr amerikanische Drohnen, aber die fallen ja von selbst immer wieder in Hochzeitsgesellschaften.

Ergo sucht man an der Heimatfront einen Grund, die sichtbare Luftverschmutzung zu bereinigen und somit ein paar olivgruene Wechselwaehler auf seine Seite zu ziehen. Apropos olivgruen: wenn man die beschneidet, werden die ganz schnell braun. Ist schon in der Pflanzenwelt so.

Dr. No hat gesagt…

@Pathologe: Und zwischen olivgrün und normalgrün liegt gelb, was zusammen dann so ein richtiges kackbraun ergibt. So braun wie die Bremsspuren in den Unnerbüchsen der Lokalzeitungsstammleser, die fleißig jeden Muselmanen denunzieren, den sie zu Gesicht bekommen - was meistens im Fernsehen ist, aber egal, man muss seine staatsbürgerliche Pflicht tun.

Dr. No hat gesagt…

@Impi: Als ausgewachsener Flugsimulator mit Dogfight-Elementen wäre das evtl. sogar ein kommerzieller Erfolg: 100 Punkte für jede abgeschossene Maschine der Flugbereitschaft. 1000 Punkte, falls ein Minister an Bord war.

Ach ja, ich sollte wohl an dieser Stelle den JMStV angemessen würdigen: Dieser Kommentar ist erst ab 25 freigegeben.

Pathologe hat gesagt…

Ab 25 Minister? Das waere ja ein Grossraumtransport!comaring