Freitag, 25. November 2011

Manchmal kommen sie wieder

Huiii - dass das so schnell ging, überrascht selbst mich, und ich rechne ja grundsätzlich immer mit dem Schlimmsten, wenn's um Politik geht: Bei everybody's darling Gutti wird kein Dreivierteljahr nach seinem schmählichen Abgang offen über seine Rückkehr in die Politik spekuliert, ja, zum Teil schon wieder herbeigeschrieben. Der Mann wird damit schneller vollständig rehabilitiert als andere überführte Betrüger aus der Haft entlassen werden.


Er hat es vermutlich genau richtig gemacht. Er gab sich weltmännisch und unangreifbar, solange es noch irgendwie ging; angemessen zerknirscht, als es von ihm erwartet wurde und als Opfer ungerechter Behandlung, als er beinahe weinerlich bekannt gab, diesem Land, das ihm - ach! - so viel Leid zugefügt hat, den Rücken zu kehren. Fast war man geneigt zu vergessen, auf welch billige und unverschämte Weise er sich seine akademischen Weihen zusammengeklaut und anschließend das gesamte Land belogen hat, ohne auch nur rot zu werden.

Und viele haben es offenbar auch vergessen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sich kein wütender Mob vor der Staatsanwaltschaft Hof versammelt, um dagegen zu protestieren, dass die Ermittlungen gegen den Sonnyboy sang- und klanglos eingestellt wurden; gegen eine Geldspende für gute Zwecke, die Gutti aus der Portokasse zahlt. Offenbar ist das Gras, das über die Sache gewachsen ist, mittlerweile hoch genug, dass man glaubt, dem Lieblingspolitiker der Bild-geschädigten Masse die - seien wir ehrlich - erwartbare Absolution erteilen zu können. Eine Krähe hackt der anderen schließlich kein Auge aus, und als Angehörige der Eliten muss man eben zusammenhalten.

Nun wird fleißig an seinem Comeback gearbeitet, und zwar lustigerweise nicht so sehr von ihm - das natürlich auch -, sondern vielmehr von der ob dieser herrlichen Aussicht begeisterten Presse, die allzu willfährig beginnt, seine Rückkehr vorzubereiten. Könnte man aus Artikelzeilen einen roten Teppich weben - er würde in ein paar Wochen von hier bis nach Conneticut reichen. Falls noch ein paar Meter fehlen, fänden sich sicher noch ein paar Politgroupies, die sich dem jetzt neu frisierten und noch unglaublich viel fantastischer aussehenden Ex-Minister liebend gerne als Fußabtreter zur Verfügung stellen würden.

Der Spiegel spricht bereits von einem Comeback, und zwar in der Gegenwartsform. Die Blödzeitung ist zwischenzeitlich offenbar durch ein Zeitloch gefallen und bemüht wieder die schimmligen Rechtfertigungsversuche, nach denen KTzG nicht getäuscht habe, kommt aber an anderer Stelle überdeutlich zur Sache: "Kommt er bald zurück?", fragt das Revolverblatt und liefert die Antwort gleich hinterher: "Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch wann?", während der durchgeknallte Wagner sich bereits wieder in Guttis Rektalbereich häuslich einrichtet. Die Zeit bringt ein mehrseitiges Interview (bislang nicht online) und titelt vorne etwas von einem "Fehler", der Interviewtext ist mit "Es war kein Betrug" überschrieben und auch der werbende Hinweis auf das demnächst erscheinende Buch darf nicht fehlen. Und die Tagesschau hat allen Ernstes bereits wieder eine Umfrage geschaltet, ob Guttenberg in die Politik zurückkehren sollte. Immerhin sieht die Süddeutsche die Angelegenheit etwas nüchterner.

Besonders gut gefällt mir der Agenturtext in meiner Heimatzeitung: "Vor diesem Auftritt kann selbst ein Karl-Theodor zu Guttenberg Lampenfieber haben. Mehr als 300 Paar Augen richten sich auf den gefallenen Politstar..." 300 Zuhörer, aha. Halb soviel wie im Bundestag und soviel wie einem normalen BWL-Studenten beim Referat in einem durchschnittlichen Hörsaal gegenübersitzen, aber gut: Hörsäle kennt Gutti ja Gerüchten zufolge nur vom, aufgepasst, Hörensagen, hrhrhr.

Und ich? Ich nehme eine weitere Bestätigung meiner längst unerschütterlichen Erkenntnis, dass in diesem Land alle Reichen letztlich immer ungeschoren davonkommen, einfach mal zur Kenntnis. Es war ja eigentlich auch klar. Von Anfang an. Ich hatte es im Falle Guttenberg nur erfolgreich verdrängt.

2 Kommentare:

Pathologe hat gesagt…

Das wird Signalwirkung haben. Wieviele erfolglose Raubkopierer aus deutschen Hörsälen werden jetzt ungebremst versuchen, in der Politik Fuß zu fassen? Für läppische Zwanzigtausend? Die sind doch schon mit der ersten Bestechungssumme wieder drin, problemlos.

Ja, der Deutsche an sich möchte besch*ssen werden, so scheint es. Lieber einen falschen Doktor an die Töpfe der Macht zurückholen, als nachzudenken. Ist das Lemmingverhalten?

Fellmonster hat gesagt…

So schnell hätte ich auch nicht damit gerechnet, dachte, wir hätten zumindest noch 2 Jährchen Ruhe.
Wehe, jemand lädt sich illegal ein paar mp3s runter, Geschrei auch von den Politikern riesengroß. Und hier missachtet der Herr das geistige Eigentum anderer, da ist es aber egal, weil der ja so toll ist... Ich vermute, dass jeder andere Politiker dafür in der Luft zerrissen worden wäre. Aber der Herr zu Guttenberg nicht. Da kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln.