Montag, 24. November 2008

Pirates reloaded

Die Deutschen erweisen sich ja als erstaunlich effizient im Kampf gegen die Seeräuber. Bereits zum zweiten Mal hat die Bundesmarine vor dem Horn von Afrika Piraten in die Flucht geschlagen - durch ihr bloßes Erscheinen. Diese friedfertige Art der Piratenbekämpfung lobe ich mir. Allerdings bewahrheitet sich dadurch einmal mehr, dass mangelnde Bildung Nachteile im Beruf mit sich bringt.

Denn: Wüssten die Piraten, dass die Soldaten der Bundesmarine überhaupt nicht eingreifen dürfen, könnten sie ja auch völlig unbeeindruckt die Kaperung durchziehen. Und den Hubschrauberpiloten anschließend die Zunge rausstrecken. So aber haben sie den Sprit für ihr Motorboot umsonst verbraucht. Und bei den heutigen Energiekosten kann das kleinen und mittelständischen Seeräuberunternehmen schnell das Genick brechen.

Vielleicht haben sie ja deswegen den Supertanker gekapert...?

Sonntag, 23. November 2008

Arrrh! Nehmt dies, elende Landratten!

Typisch: Während in Deutschland noch bis Weihnachten diskutiert wird, ob die Marine gegen Piraten vorgehen darf oder ob die vielen sauteuren Kriegsschiffe nun wirklich zu gar nichts nutze sind, legen Amis und Russen mal wieder vor: Nach dem Motto "Nicht kleckern, sondern klotzen" wollen sie die Piratenjagd am Horn von Afrika intensivieren und auch an Land gegen die seefahrenden Kriminellen vorgehen. Beim Kapern eines Tankers mit Öl im Wert von 130 Millionen Dollar hört der Spaß eben auf, nicht wahr?

Na, dann hoffe ich ja mal, dass die Amerikaner bei der Auswahl ihrer Ziele etwas wählerischer sind als in Afghanistan oder im Irak, wo jeder, der zu schnell oder zu langsam fährt, einen zu langen Bart hat, sich auf einer Hochzeitsfeier befindet oder sonst irgendwo herumsteht, als Terrorist durchgeht und damit zum legitimen Ziel wird.

Zugegeben: Irgendwelche Richtlinien brauchen die Soldaten ja nun. Wie ich den US-Generalstab einschätze, lauten sie etwa wie folgt: Jeder Somali, der sich auf 50 Meter dem Strand nähert, gilt als Bedrohung. Jeder, der in einem Boot die Küste verlässt, könnte Terrorist Pirat sein; wenn mehr als zwei im Boot sitzen, sind es ganz bestimmt welche. Jedes Fischerdorf könnte ein Piratennest sein!

Die Deutsche Marine hingegen wird für das Eröffnen des Feuers zur Bedingung machen, dass zuvor zweifelsfrei nachgewiesen sein muss, dass mindestens einer der Insassen des verdächtigen Bootes eine Augenklappe oder ein Holzbein haben muss. Diese Hintergrundinformation zu Piraten bekommt die Bundeswehr aus Geheimdienstberichten des BND. Weht keine "Jolly Roger"-Fahne am Heck und kann an Bord des Fahrzeugs kein Papagei ausgemacht werden, so muss zunächst der Bundestag zu Rate gezogen werden. Diese Regeln werden allerdings erfahrungsgemäß bald über den Haufen geworfen und der US-Vorgehensweise angepasst werden.

Es steht zu befürchten, dass nun auch dort die "Erst schießen, dann fragen"-Taktik angewandt wird. Die somalischen Fischer tun mir jetzt schon leid. Noch schlimmer könnte es eigentlich nur kommen, wenn die Russen ihre erprobte "Tschetschenien-Taktik" anwenden: Einfach das ganze Land plattbomben, bis sich nichts mehr rührt.

Nachtrag: Vielleicht erledigt sich die Sache aber auch von selbst...

Samstag, 22. November 2008

Il cavaliere, Silvio Schäublesconi

Erst pfiffen ihn die Bundesrichter zurück, nun versagte ihm ein Teil des Koalitionspartners die Gefolgschaft - und wenn man das Volk fragen würde, was natürlich niemand tut, so würde es mit überwältigender Mehrheit sagen, wohin Wolfgang Schäuble sich das BKA-Gesetz stecken könne. Das alles ficht ihn aber nicht an: Wenn sein neuestes Überwachungspäckchen im Bundesrat nicht durchkommt, dann müssen eben die Abstimmungsregeln geändert werden - so der jüngste Vorstoß dieses - entschuldigung - gemeingefährlichen Irren.

Enthaltungen sollten demnach nicht mehr mitgezählt werden, schlägt Schäuble vor, da sie faktisch wie eine Ablehnung behandelt würden. "Es müsse geprüft werden, ob diese Praxis dem Verständnis des Bundesrats entspreche", zitiert Spon den Innenminister. Damit könnten Gesetze künftig auch mit weniger als 50% Zustimmung in der Länderkammer abgenickt werden. Nun, sein Vorschlag entspricht nicht meinem Verständnis von demokratischen Entscheidungsinstanzen. Eine Enthaltung ist nun einmal keine Zustimmung, also ist es auch nicht problematisch, dass sie faktisch wie ein "Nein" gewertet wird.

Dieser Vorstoß ist, selbst für Schäubles sonstige Maßstäbe, in seinem Mangel an demokratischer Denkweise beängstigend. Nicht nur, dass der Innenminister nun Neigungen zeigt, verfassungsgemäße Instanzen und Strukturen nach seinen Vorstellungen und zu seinen Gunsten beliebung ändern zu wollen - eine Politik, die man bislang eher von Leuten wie Silvio Berlusconi kannte. Offenbar will er nun auch noch die kleinen Oppositionsparteien, die angesichts der komfortablen Mehrheit der Großen Koalition schon im Bundestag nichts zu melden haben, aus dem restlichen Gesetzgebungsverfahren ausschließen.

Denn welche Länder sind es denn, die sich im Bundesrat enthalten hätten? Diejenigen, in denen - von Sachsen einmal abgesehen - einer der beiden Berliner Großkoalitionäre sich die Macht mit einer der kleineren Parteien teilen muss. FDP, Grüne und Linke lehnen das BKA-Gesetz ab, also stimmen die Bundesländer, in denen sie an der Regierung beteiligt sind, nicht für das Gesetz, sondern enthalten sich - so sieht es jeder normale Koalitionsvertrag vor. Wenn Schäuble nun dieses Abstimmungsverhalten entwerten will, so heißt das letztlich: Nur die Stimmen der Länder, in denen dieselbe Koalition regiert wie in Berlin, sollen zählen. Das Ergebnis ließe sich an zwei Fingern abzählen.

Aber ich lasse Schäubles Allmachtsfantasien jetzt einmal beiseite, denn ich bin nicht der Psychotherapeut, den der Innenminister dringend bräuchte. Stattdessen möchte ich darauf hinweisen, dass es eine einfache Lösung gibt: Wenn eine Koalition in einem Bundesland keine Einigung über eine Gesetzesvorlage des Bundes erzielen kann, dann kann sie im Bundesrat ja nicht bloß per Enthaltung "faktisch wie Nein" stimmen, sondern auch gleich offiziell mit "Nein". Was spräche dagegen?

Damit müsste auch Schäuble zufrieden sein. Schließlich wollte er ja keine Enthaltungen mehr. Und Irren soll man ja bekanntlich immer recht geben.

Mittwoch, 19. November 2008

The Show must go on

Man sollte meinen, der Sieg der reaktionären Wadenbeißer sei total: Die hessische SPD zur Lachnummer degradiert, Ypsilanti auf ganzer Linie geschlagen, die erste Linkskoalition im Westen bis auf weiteres verhindert. Der Landtag in Wiesbaden hat sich aufgelöst, Koch darf sich einige Hoffnung auf eine weitere Legislaturperiode machen.

Nun also, sollte man meinen, ist endlich jeder Affront ausgesprochen, jede absurde Behauptung aufgestellt, jeder Dreck geworfen und jeder miese Trick angewandt worden. Zeit, dass wieder Ruhe einkehrt und der Mantel des Schweigens über das gescheiterte hessische Experiment gebreitet wird. Denn worüber, so fragt man sich, sollte ein konservatives Medium jetzt noch ablästern?

Ganz einfach: Über Schäfer-Gümbels Brille.

Dienstag, 18. November 2008

Helle Köpfchen, kahle Schädel?

Aus Sachsen kam auch noch nie was Gutes, war ich in den letzten Jahren geneigt zu glauben. Dass der Freistaat indes doch zu was nütze sein kann, hat sich jetzt gezeigt: Ausgerechnet das Land, dessen sofortige Abtretung an Polen ich bisweilen gefordert habe, bringt Schäubles Überwachungs-Pläne zu Fall - die SPD, Juniorpartner in der Regierungskoalition (die man beim besten Willen nicht als "Große" bezeichnen kann) versagt ihre Zustimmung zum BKA-Gesetz in der bevorstehenden Bundesrats-Abstimmung. Okay, diese Entscheidung fiel auf Betreiben der traditionell aufmüpfigen Jusos; und die Parteispitze schäumt mal wieder ob des Ungehorsams. Aber egal: freuen wir uns über die Verschnaufpause auf dem Weg nach 1984.

Damit nicht genug: Sachsens Schüler sind die klügsten im ganzen Universum, heißt es unter Berufung auf die neueste PISA-Studie. Nun denn: Es besteht wohl doch noch Hoffnung für den Freistaat. Irgendwann dürfen die ja alle wählen - und vielleicht, nur vielleicht, sitzen ja in 20 bis 30 Jahren nicht mehr in jedem sächsischen Kreistag Nazis.

Allerdings muss ich von früheren Plänen zur Eindämmung der Wahlerfolge von Faschisten wieder Abstand nehmen: Ein Wahlrecht, bei dem man den Namen der Partei, die man wählen möchte, fehlerfrei buchstabieren statt ankreuzen muss, hilft nun nicht mehr. Buchstabieren kann die Brut ja offenbar mittlerweile.

Samstag, 15. November 2008

Demonstrationsrecht, made in Lower Saxony

"Wenn die Deutschen bei ihrer Revolution einen Bahnhof besetzen wollen, kaufen sie sich vorher eine Bahnsteigkarte", sagte Lenin einmal und hatte im Großen und Ganzen recht. Der Deutsche neigt nicht dazu, sich aufzulehnen. Selbst Demonstrationen, bei denen es nicht ums eigene Portemonnaie geht, sind hierzulande eine eher seltene Erscheinung. Und auch bei solchen alles andere als umstürzlerischen Aktionen neigen die Deutschen nicht gerade dazu, Vororte in Brand zu setzen oder Parlamentsgebäude zu besetzen. Außer am vergangenen Mittwoch in Hannover - und sofort rennen aufgeschreckte Politiker wie ein Hühnerhaufen durcheinander und gackern aufgebracht herum.

Erst Gorleben, dann die niedersächsische Variante des Sturms auf die Bastille - manch einer hält es nun offenbar an der Zeit, das ganze Versammlungsrecht komplett zu kastrieren, bevor so etwas wieder passiert. Es wäre doch viel besser, ruhiger und vor allem ordentlicher, wenn Demonstranten künftig gewissen... nun ja: Regeln unterworfen werden würden. An Vorschlägen mangelt es derzeit nicht.

Da wäre zunächst einmal Innenminister Uwe Schünemann, der am liebsten in jedes Klo eine Überwachungskamera einschrauben und Muslimen Fußfesseln verpassen möchte. Nun will er auch, dass die Gorleben-Demonstranten für die Kosten des Polizeieinsatzes aufkommen. Ich kann ja verstehen, dass er angefressen darüber ist, dass das Land ständig alle Kosten der Atommüll-Transporte alleine übernehmen muss, weil zufälligerweise beide Atommüll-Lager in Niedersachsen liegen und nicht etwa in Hessen oder Bayern - die zwar am lautesten das Lied der Atomlobby singen, aber mit dem radioaktiven Abfall nichts zu tun haben wollen. Mich nervt das auch. Noch viel mehr nervt mich allerdings, dass die Verursacher des Mülls, nämlich die Energiekonzerne, auch keinen müden Euro rüberwachsen lassen. Vermutlich zahle ich mehr für die Endlagerung des strahlenden Mülls als Eon-Kernkraft.

Aber ich schweife ab. Schünemann will also Demonstranten zur Kasse bitten. Gute Idee, entlastet den Staatshaushalt. Ich vermute, ihm schwebt auch eine gerechte Kostenverteilung vor: Wer die staatlichen Dienstleistungen intensiv in Anspruch genommen hat, weil er sich von Beamten ordentlich die Scheiße hat rausprügeln oder sich von einem Wasserwerfer quer übers Feld hat jagen lassen, sollte selbstverständlich mehr zahlen als jemand, der artig mit einem Teelicht in der Hand an einer Dorfstraße 20 Kilometer entfernt stehend Anti-Atomkraft-Lieder singt. Und wer gleich ganz zu Hause bleibt, könnte gar einen Bonus gutgeschrieben bekommen - vielleicht einen Gutschein über zwei Kilowattstunden Atomstrom. Die daraus resultierenden Verdienstausfälle bei Eon und Co. müsste das Land selbstverständlich ausgleichen, alles andere wäre Kommunismus.

Und dann war da noch Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann. Sie spottete über die Zahl der Demonstranten ("Wir haben eine Million Schüler in Niedersachsen") und stellte sie pauschal als Krawallbrüder, mit denen man sich gar nicht abzugeben brauche, an den Pranger ("Ich kann mich nicht mit Leuten unterhalten, die Straftaten begehen"). Sie salbaderte im Landtag darüber, dass mit der Bildung alles in Ordnung sei, und kapierte nicht, warum die Leidtragenden selbigen stürmen wollten. Am tollsten finde ich jedoch, dass Heister-Neumann den Schülern das Demonstrieren am liebsten gleich ganz verbieten will, zumindest während des Unterrichts - und damit Tausende von Protestlern zu bloßen Schulschwänzern degradiert. Sie könnten ja nachmittags, nach dem Unterricht, demonstrieren gehen, erdreistet sich das Ministerium vorzuschlagen. Also in ihrer Freizeit.

Auch dies dünkt mich eine prima Idee zu sein: Man könnte auch gleich per Gesetz vorschreiben, dass Demonstrationen generell zu Zeiten abzuhalten sind, an denen die Teilnehmer nicht durch Schule, Beruf oder ähnliches gebunden sind. Wo kämen wir da denn hin, wenn Leute zu Uhrzeiten auf die Straße gehen, zu denen sie die größte Aufmerksamkeit bekämen, aber zugleich für ihren Arbeitgeber Werte zu schaffen haben! Also, wenn es schon sein muss, dann zu einer volkswirtschaftsverträglichen Zeit. Metallarbeiter vielleicht abends um halb sieben und Beschäftigte im Einzelhandel nachts um zwei.

Und der Chef der Baggage, Christian Wulff? Hat vielleicht kurz überlegt, ob er die Schüler-Proteste mit SA-Randale vergleichen soll, es dann aber doch sein gelassen und lieber - weil sich diese Taktik zigfach bewährt hat - den Linken die Schuld gegeben (*gähn*). "Die Linke verfolgt eine perfide Strategie, das Parlament herabzuwürdigen und die Konflikte auf die Straße zu verlagern", wütet der Landesvater und präsentiert damit nicht nur ein erbärmlich peinliches Scheinargument, sondern auch einen offensichtlichen Hang zu Verschwörungstheorien. Tausende Schüler haben die Schnauze voll und sagen das laut - und das alles ist eine "perfide Strategie der Linken"? Vielleicht sollte Wulff sich mal untersuchen lassen. Sonst sieht er demnächst noch Reptiloiden am Werk.

Fazit: So geht es nicht weiter mit den Demonstrationen, das muss alles durchorganisiert werden. Wir haben ja nicht umsonst eine hochentwickelte Bürokratie. Ich bin bekanntlich immer bereit, konstruktiv mitzuwirken:
  • Ich stelle mir da eine Art Basisgebühr von zehn Euro für jeden Teilnehmer vor, die bei Anmeldung der Demo vom Veranstalter an das Innenministerium zu entrichten ist. Kommen mehr Teilnehmer als angekündigt, zahlt der Veranstalter Strafgebühren. Jeder Teilnehmer hat sich schriftlich anzumelden und eine Kopie des Personalausweises einzureichen.
  • Ferner muss, wenn die Demo zwischen 8 und 22 Uhr stattfinden soll, jeder Demonstrant auf Verlangen eine schriftliche Entschuldigung seines Arbeitgebers/Klassenlehrers/Hartz-IV-Sachbearbeiters/seiner Mami vorweisen können.
  • Parteimitglieder der Linken werden, wenn sie an der Demo teilnehmen oder mit Demonstranten sprechen oder sich in Sichtweite des Demonstrationszuges aufhalten, sofort des Hochverrats angeklagt und standrechtlich erschossen.
  • Für den Fall, dass über das Basispaket hinaus Leistungen aus dem Premium-Demopaket (Wegtragen von Personen, Auftrennen von Ketten) oder dem Gold-Demopaket (Schlagstöcke, Hunde, Tränengas usw.) in Anspruch genommen werden, hat der Veranstalter die zusätzlichen Kosten in vollem Umfang zu übernehmen.
Und das allerbeste ist: Im Kleingedruckten wird jegliche Gewährleistung, dass die Demonstration irgendetwas bringt, per Gesetz ausgeschlossen. So und nicht anders haben Demonstrationen in diesem Land vonstatten zu gehen!

Und ich muss jetzt los, Bahnsteigkarte kaufen. Bis denn.

Freitag, 14. November 2008

Mein AKW, dein AKW - AKWs sind für alle da

Meine zugegebenermaßen ohnehin schon recht blauäugige Art, im Großen und Ganzen manchmal doch einen Fortschritt in der Entwicklung der Menschheit zu sehen, hat erneut einen schweren Dämpfer erlitten. Das war vielleicht auch nötig, denn die Wahl eines schwarzen US-Präsidenten und die sich verbreitende Erkenntnis, dass Kapitalismus nicht der Weisheit letzter Schluss ist, sorgten für ein gefährliches "Vielleicht wird ja doch noch alles gut"-Gefühl. Ich bin der US-Firma "Hyperion Power Generation" dankbar, dass sie mich aus diesem einlullenden Zustand befreit hat.

Denn Hyperion gibt die Antwort auf die ungelösten Fragen nach den Gefahren der Atomkraft und dem Umgang mit Atommüll: Noch mehr Atomkraftwerke! Nicht zwei, nicht fünf, auch nicht hundert - Hyperion denkt in Dimensionen von zigtausenden ihrer neu entwickelten Mini-AKWs. Die könnten jeweils eine Kleinstadt versorgen und seien gaaaanz ungefährlich, und selbst wenn es zu einer (natürlich gaaaanz kleinen) Kernschmelze käme, mache das nichts - sie seien ja tiiief vergraben. Da unten ist ja keiner, also passiert auch nix. Und auch der ewige Streit um die Laufzeiten hätte endlich ein Ende, denn die Dinger halten eh nur fünf Jahre.

Dieses Schreckensszenario ist leider schon weit über das Stadium einer Schnapsidee hinausgewachsen. Erste Bestellungen scheinen schon vorzuliegen; wenn man Spon glauben darf, auch aus unseren Nachbarländern. Offenbar steht nur noch eine Genehmigung durch die Nuclear Regulatory Commission aus - und mein Vertrauen in US-Behörden, ihre Entscheidungen von Umwelt- und Gesundheitsaspekten abhängig zu machen und sich gegen die Wirtschaft zu wenden, ist mehr als begrenzt. Wäre das nicht eigentlich ein Fall für die internationale Atomenergiebehörde? Oder sind die mittlerweile nur noch dafür da, sich für die US-Falken zum Affen zu machen?

Zehntausende von Mini-Atommeilern, die unter unseren Füßen vor sich hin reagieren - das ist ein wirklich gruseliges Szenario. Aber kein neues: In den 50er Jahren, auf dem ersten Höhepunkt der Atomgeilheit, träumten Forscher und Unternehmer von atomgetriebenen Autos und Häusern mit eigenem Kernreaktor. Von diesen Plänen wurde dann doch Abstand genommen. Dass sich nun, im 21. Jahrhundert, Leute wieder auf dieses wahnwitzige Niveau begeben - das holt mich wirklich wieder auf den schönen, flauschigen Teppich des Zynismus und der Misanthropie zurück. Danke, Hyperion!

Donnerstag, 13. November 2008

Uri Geller und das außerirdische Ü-Ei

In der Reihe "Comebacks, die die Welt nicht braucht" tingelt seit einiger Zeit wieder Uri Geller durch's Fernsehen und nimmt nun offenbar in Talkshows den Platz ein, den die zeitweise omnipräsente Nina Hagen dankenswerterweise geräumt hat. So auch am Dienstag bei Kerner, wo er erklärte, wie er als Fünfjähriger zu seinen mentalen Fähigkeiten kam: "Irgendwas traf mich an der Stirn und warf mich ins Gras. Ich weiß nicht, was es war..." - Ich schon. Erwas schweres und sehr hartes, vermute ich.

Aber seine mentale Kraft sollte man nicht unterschätzen. Auch wenn er nicht mehr alle Löffel in der Schublade hat, vermag er es doch immerhin, meinen Computer in einer Art und Weise zu bestrahlen, dass sich der Player der ZDF-Mediathek, in dem ich mir die Kerner-Auszüge angetan habe, nicht mehr schließen lässt. Vielleicht hängt das mit dem golden angesprühten Überraschungsei vom Planeten Finkelwurbelwix zusammen, das er dabei hatte. Jedenfalls bin ich nun dazu verdammt, den Quark bis zum bitteren Ende anzuschauen. Ich hoffe, ohne allzu große geistige Schäden davon zu tragen...

Montag, 10. November 2008

... aber auf mich hört ja nie einer

Es sind die kleinen Dinge, über die man sich dieser Tage freuen sollte. Zum Beispiel die Lernfähigkeit der SPD. Nach dem Desaster in Hessen machen führende Sozialdemokraten nun Butter bei die Fische und schließen eine mögliche Koalition mit der Linken nach der nächsten Landtagswahl nicht mehr aus. Ich will ja jetzt nicht altklug daherschnacken und darauf herumreiten, dass ich das ja gleich gesagt habe, aber: Ich hab's ja gleich gesagt.

Hätte die SPD sich gleich auf eine Koalition eingelassen, wäre der Schaden auch nicht größer gewesen - und Roland Koch wäre längst dort, wo er hingehört: Auf dem Kerichthaufen der Geschichte (Es sei denn, er macht den Standard-Karriereschritt abgewählter Landespolitiker und wird Minister in Berlin - brrr.)

Nun denn: Holen wir tief Luft und warten wie die Neuwahlen ab. Hoffen wir, dass es zu einer Anti-Koch-Mehrheit reichen wird. Und seien wir endlich froh, dass Andrea Ypsilanti nicht mehr tagtäglich durchs Dorf getrieben wird. Es wurde zuletzt nämlich ein wenig ermüdend.

Mittwoch, 5. November 2008

Zeigt her eure Platten, zeigt her eure Files...

Ich störe das allgemeine Jubilieren über Obamas Sieg nur ungern - schließlich freue auch ich mich unheimlich über seinen Einzug ins Weiße Haus. Allerdings möchte ich noch kurz loswerden, dass der scheinbare Triumph Obamas gar keiner ist. Denn die mehr als doppelt so viel Wahlmännerstimmen, die der Demokrat gegenüber McCain für sich gewinnen konnte, resultieren aus dem reichlich dämlichen wie auch ungerechten US-Wahlsystem und täuschen darüber hinweg, dass beinahe jeder zweite republikanisch gewählt hat: Obama 52%, McCain 47%. Fast jeder Zweite machte also sein Kreuz für Krieg, gegen Abtreibung und gegen Krankenversicherung. Das nur am Rande. Eigentlich wollte ich auf etwas anderes hinaus.

In der hysterischen Anti-Ypsilanti-Propaganda der letzten Wochen haben sich einige Medien nicht entblödet, der hessischen SPD-Chefin neben Babymorden und Kirchenbrandstiftungen auch noch zu unterstellen, sie habe den Termin für die Ministerpräsidentenwahl hinterhältigsterweise absichtlich auf den 4. November gelegt - damit im Windschatten der Obamania niemand mitbekommt, wie sie sich klammheimlich an die Macht stiehlt oder so ähnlich.

Dabei ist in diesem Windschatten etwas viel, viel verabscheuungswürdigeres geschehen: Die Große Koalition hat sich auf das neue BKA-Gesetz geeinigt, das nun den Weg für Online-Durchsuchungen frei machen soll - und DAS war vom Datum her mit Sicherheit kein Zufall. Die Verabschiedung durch den Bundestag ist zwar erst für nächsten Mittwoch angesetzt - angesichts der derzeitigen großkoalitionären Mehrheitsverhältnisse, durch die die Regierung auch das Parlament beherrscht, was jede Idee einer demokratischen Gewaltenteilung ad absurdum führt, ist das allerdings nur noch eine Formsache.

Nachdem sich das Bundesverfassungsgericht über die erste Fassung - die übrigens auch schon zu einem strategisch günstigen Zeitpunkt vorgelegt wurde - mokiert hatte, musste eine neue ausgearbeitet werden. Nunmehr solle ein Richter die Überwachung anordnen, was sich ja schon beim Abhören von Telefongesprächen als höchst effektive Sicherung des Rechts auf Privatsphäre erwiesen hat. Zudem müsse "sichergestellt
werden, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht verletzt" werde. Darüber soll ein Datenschutzbeauftragter wachen - und zwar, halten Sie sich fest - der vom BKA. (Bitte fügen Sie hier ihre eigene Pointe ein: __________________________)

Und wie soll
definiert werden, ob Daten überhaupt zu diesem Kernbereich gehören, ohne die entsprechenden Dateien erstmal zu sichten? "Du, Heinz-Jürgen, ich glaube, diese Word-Datei dürfen wir nicht weiter lesen. Ich glaube, es handelt sich hierbei um ein Tagebuch." - "Bist du sicher, Karl-Rudolf?" - "Ja, Klaus-Dieter. Guck mal, hier beschreibt sie in allen Einzelheiten ihre Gefühle beim Tod ihrer Großmutter. Und hier über die Erkrankung ihrer kleinen Nichte. Und hier detailliert die heiße Liebesnacht, die sie letzten Samstag..." - "WAS? Zeig her! Das gehört nicht zum Kernbereich privater Lebensgestaltung, sondern könnte eine verschlüsselte Botschaft für Terroristen sein! Ich werde das jetzt ausführlich lesen und analysieren!"

Was tun?, fragte schon Lenin. Ich bin ja immer um Neutralität bemüht. Nachdem ich vor einigen Monaten Vorschläge gesammelt habe, mit welcher E-Mail-Betreffzeile die Staatschützer am besten ihren Bundestrojaner an den Mann oder die Frau bringen, gibt es nun Ratschläge für die 08/15-Computernutzer.

  • Als erstes würde ich vorschlagen, unter "Eigene Dateien" einen Ordner anzulegen mit dem Titel "Der Schnüffler auf meiner Platte ist ne miese kleine Ratte." Hinein packt man alles mögliche, was geeignet ist, dem BKA-Beamten den Tag zu versauen. Bilder von hässlichen Menschen, Liedtexte von deutschen Schlagerinterpreten und so weiter.
  • Dann wäre zu überlegen, ob sich nicht möglicht viele Computernutzer an ihrem PC unter dem Namen "Mohammed" anmelden sollten. Man könnte auch den Google-Kalender so einrichten, dass er fünfmal pro Tag eine Mail schickt, die an das fällige Gebet erinnert. Mp3s mit arabischer Musik sind auch gut (ist auch schöne Musik, nebenbei gesagt), besser wären aber Mp3s mit Titeln wie "Osamas Botschaft", die aus einem Trillerpfeifengeräusch von um die 120 Dezibel Lautstärke bestehen.
  • Wer sich etwas besser in der Materie auskennt, legt eine spezielle Datei an, verseucht sie gezielt mit möglichst bösartigen Viren (und lässt sie vom Virenscanner in Quarantäne legen) und nennt sie dann anschließend "Wichtig - Al-Qaida Telefonnummern".

Man sieht, es gibt viele Möglichkeiten, sich gegen die protofaschistischen Staatsspanner zur Wehr zu setzen. Wählen soll übrigens auch helfen.

Dienstag, 4. November 2008

Grußworte zum 125. Todestag von Karl Marx, Folge 7

"Die marxistische Bewegung hat reale Ursachen und viele berechtigte Anliegen."
Schon wieder Reinhard Marx, Erzbischof von München, im Spiegel-Interview. Nomen est manchmal eben doch omen.

Montag, 3. November 2008

Der Vormittag der langen Messer

Wenigstens hatte sie einen schnellen Tod: Wenn gleich vier Parteigenossen gleichzeitig ihre Dolche zücken und die ehemals zukünftige Ministerpräsidentin Hessens, Andrea Ypsilanti, hinterrücks abstechen, einen Tag vor der entscheidenden Wahl, rechne ich nicht mit einem langen Dahinsiechen - zack, mitten ins Herz, gut is. Morgen werden ihre Überreste verscharrt, das Blut von den Klingen abgewischt und der Blick nach vorne gerichtet: Jürgen Walter, Carmen Everts, Silke Tesch und Dagmar Metzger freuen sich auf weitere fünf Jahre mit dem ausländerhassenden Demagogen Roland Koch. Denn darauf wird es nun hinauslaufen. Die grandiose Lust der Sozialmasochistischen Partei Deutschlands an ihrer Selbstzerfleischung ist mit Worten eigentlich nicht zu beschreiben.

Immerhin hatte Metzger Ypsilanti vor Monaten gewarnt ("Pass auf, ich bin bewaffnet!") . Walter hingegen konnte seinen kleinen Rachefeldzug dafür, dass Ypsilanti und nicht er 2007 zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Januar 2008 gekürt worden ist, fast ein Jahr lang minutiös planen. Er kann niemandem erzählen, dass er bis zuletzt um seine Entscheidung gerungen und sich jede Nacht vor Gewissensbissen in den Schlaf geweint hat. Die SPD hat die Wahl zur Ministerpräsidentin sogar geübt, um sicher zu gehen - und Walter stimmte ganz offensichtlich für Ypsilanti, bevor er wieder in sein Hinterzimmer verschwand, um sein Messer zu wetzen. Aber selbst, wenn er nach diesem politischen Attentat Spitzenkandidat anstelle der Spitzenkandidatin werden sollte, wäre es ein Pyrrhussieg: denn die Partei wird bei den zu erwartenden Neuwahlen wohl untergehen. Zwar nicht mit wehenden Fahnen, aber dafür in einem geradezu epischen Ausmaß. Vielleicht haben Union und Liberale den Abtrünnigen aufgrund des ebenfalls zu erwartenden Parteiausschlusses auch schon den roten (hehe) Teppich ausgelegt - wer weiß das schon.

Vorangegangen war eine beispiellose monatelange Hetzkampagne gegen Ypsilanti, an der sich nicht nur die Pofallas und Westerwelles dieser Welt geifernd betätigten, sondern dazu fast die komplette Medienlandschaft - nicht nur Bild-Diekmann, sondern auch der allerletzte Bauernkurier aus Klein-Wölferode fühlte sich bemüßigt, auf der Hessen-SPD einzudreschen. Der Tenor: Mit den Linken spielt man nicht; Schluss, aus, fertig. Einen konkreten Grund dafür, warum man glaubt, sich derartig arrogant über den Willen von 140.769 Bürgern - das sind jene 5,1 %, die im Januar die Linke gewählt haben - hinwegsetzen zu können, hat niemand genannt. Und wenn doch, dann war der vorgeschobene Grund ein selten dämlicher:

  • "Die Linke ist die SED-Nachfolgepartei!" - Was für ein Unfug. Eine Partei ist eine Organisationsstruktur, sie hat demzufolge keine Erbanlagen, die ihr genetisches Grundmuster an die nächste oder in diesem Fall übernächste Generation weitergeben könnte. Eine Partei definiert sich in erster Linie über ihr Programm, in zweiter über ihre Mitglieder. Dass das Programm der Linken ein demokratisches ist, daran gibt es nichts zu rütteln. Bleiben die einen oder anderen Mitglieder. Das ist sicher nicht schön, Stasi-Betonköpfe in den eigenen Reihen zu haben - aber da sollte die Union, mit Verlaub gesagt, einfach mal die Fresse halten; vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Studie, die belegt, dass jeder vierte CDU-Landtagsabgeordnete in Niedersachsen braun war, bevor er sich über den Untergang des Großdeutschen Reichs schwarz geärgert hat - dies übrigens eine Nachricht, die in ziemlich wenigen Medien erschienen ist, obwohl sie per Agentur-Ticker in sämtlichen Redaktionen angekommen sein dürfte. Und über die Anfänge der FDP als Sammelbecken für SS-Veteranen brauchen wir hier nicht zu diskutieren.
    Abgesehen davon geht diese abgegriffene Floskel mit geradezu übelkeitserregender Großkotzigkeit über die vielen tausend WASG-Mitglieder hinweg, die mit SED-Verbrechen aber auch gar nichts zu tun haben und ohne die die Linke in den alten Bundesländern noch längst nicht so weit wäre.
  • "Ypsilanti lügt, weil sie vor der Wahl jede Zusammenarbeit mit den Linken ausgeschlossen hat!" - Stimmt so nicht, sie hat vor der Wahl eine Koalition mit ihnen ausgeschlossen. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man eine feste Koalition mit einer anderen Partei eingeht oder sich lediglich bei Bedarf ihrer Stimmen bedient. Eine Koalition basiert auf festen Abmachungen, die vertraglich festgelegt werden und normalerweise bindend sind. Natürlich muss eine Minderheitsregierung zusehen, wo sie die fehlenden Stimmen hernimmt - das gilt aber auch, wenn eine normale Regierungskoalition zwecks Verfassungsänderung eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht. Als Kohl 1998 den Großen Lauschangriff mit Stimmen der SPD durchsetzte, hat ja auch niemand von einer Großen Koalition gesprochen.
  • "Die Linken sind nicht regierungsfähig!" - Das sehen Berliner und Mecklenburger unter Umständen etwas anders. Oder zählen die nicht, weil bloß frustrierte Ossis? Oder sind diese beiden Länder irgendwann untergegangen, und nur ich habe es nicht mitbekommen? Man sollte sich mal ehrlicherweise fragen, ob eine Partei regierungsfähig ist, die überlegt, fundamentale Mechanismen zur Bildung einer Regierung zu boykottieren oder die eine gemeinsame Verurteilung antisemitischer Tendenzen zum Platzen bringt, nur um keinesfalls einmal auf derselben Seite zu stehen wie die Linke - so geschehen bei der CDU.
Man merkt es mir vielleicht an: Dieses mittlerweile jahrelange Linke-Bashing hängt mir wirklich, wirklich, WIRKLICH langsam zum Hals heraus. Man muss die Partei ja nicht mögen. Man muss sie auch nicht wählen, wenn man nicht will. Aber man muss allmählich akzeptieren, dass es sich hier um eine nicht wegzuleugnende, demokratisch legitimierte und demokratisch agierende Kraft im politischen Spektrum handelt. Dauernd auf der schieren Existenz der Linken herumzuhacken, zeugt von nichts anderem als von der Verachtung, mit der die etablierten Parteien den Urnenpöbel betrachten. In diesem Staat wird lieber ein bedeutendes Bundesland wie Hessen ein Jahr lang unregierbar gehalten, bevor man den Wählerentscheid respektiert. Und dann wird eben nochmal gewählt - so lange, bis das Ergebnis genehm ist.

Und dieses Ergebnis wird schwarz-gelb sein. Hat die Propaganda-Maschine also wieder einmal ihre Schuldigkeit getan.