Samstag, 31. Januar 2009

Irak verlegt erste Arbeitsplätze ins Ausland!

Die irakische Regierung hat der Söldnerbande von Blackwater die Lizenz zum unüberlegten Töten entzogen. Fast zeitgleich gibt der NATO-Oberbefehlshaber Bantz John Craddock in Afghanistan die Order, jeden umzuballern, der irgendwie aussieht, als hätte er etwas mit Drogen zu tun - was natürlich die verweichlichten Alteuropäer entsetzt, die da nicht mitziehen wollen. Jetzt muss man ja eigentlich nur noch eins und eins zusammenzählen.

Afghanen müssten Craddocks Weisung zufolge nichts mehr mit Terror am Hut haben, um zum legitimen Ziel erklärt zu werden, Mohnanbau reicht. Und in manchen Teilen des Landes leben ganze Dorfgemeinschaften davon. Was für ein weites Betätigungsfeld für Blackwater! Im Irak wurde ja oftmals noch unangenehm nachgehakt, ob es denn wirklich nötig war, dutzendfach unbewaffnete Zivilisten niederzumähen. Das ist nichts anderes als staatliche Behinderung des freien Unternehmertums! Die Iraker haben ihre Lektion also immer noch nicht gelernt. Zeit für Neuwahlen.

Aber wir waren ja bei Blackwater. Wenn die irakische Regierung der Firma das Leben schwermacht, muss sie sich nach schließlich nach anderen Aufträgen umschauen. Die Arbeitsweise der Privatarmee erklärt am besten der Journalist Jeremy Scahill:
"'Die Firma hat im Irak genau das gemacht, was man von ihr erwartet hat. Blackwater ist die Schocktruppe der Besatzung', meint Scahill. 'Keine Region ist für amerikanische Diplomaten so gefährlich wie der Irak. Doch Blackwater hat bisher keinen einzigen Mann verloren. Washingtons offenes, schmutziges Geheimnis ist, dass Blackwater seine Sache gut macht. Wenn ein Iraker einem Fahrzeug zu nahe kommt, wird er erschossen. Man tut alles, damit jeder Iraker in Angst und Schrecken verfällt, wenn er sich einem amerikanischen Konvoi nähert.'"
Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht - Blackwater-Söldner, die Hunnen des 21. Jahrhunderts. Nein, wenn Blackwater nach Afghanistan geht, ist allen gedient: Die Europäer machen sich die Hände nicht selbst schmutzig, Craddock kann seine feuchten Massenmord-Träume ausleben, die Zahl der eigenen Opfer sinkt (Afghanen werden eh nicht gezählt) - und den USA bleiben zehntausend Arbeitslose mehr erspart. Denn ganz ehrlich: Wer schon keine unschuldigen Guantanamo-Häftlinge ins Land lassen will - der möchte auch keine schwerbewaffneten Bluthunde nebenan, die plötzlich viel zu viel Zeit haben.

Donnerstag, 29. Januar 2009

Jo-ho-ho, und 'ne Buddel voll Beck's

Nachdem wir wochenlang mit martialischen Bildern von Wehrdienstleistenden an Schiffs-MGs und Fregatten vor Sonnenuntergängen zugeschmissen wurden, ist es nun wieder soweit: Ein deutsches Schiff wurde vor Somalia gekapert. "Endlich", denken vermutlich führende Marineoffiziere - jetzt können unsere blauen Jungs nach so vielen Jahren mal zeigen, was sie draufhaben. "Endlich", denkt mit Sicherheit auch der eine oder andere Journalist - das Interesse der Leser an der Thematik drohte allmählich einzuschlafen. Die Schlagzeile für morgen ist jedenfalls gesetzt.

Und es handelt sich auch noch um einen Tanker! Mit einer Erdgas-Ladung! Yeah - das dramatisiert das Ganze enorm, denn bei Energie hört der Spaß bekanntlich auf. Nix mehr mit Becks'scher Seefahrtsromantik: Die Schicksalstunde der Deutschen Marine, wie vorausgesagt! Ich kann das nervöse Vibrieren der Admiräle bis hierher spüren. Vermutlich werden sich die Kapitäne der noch vor Ort kreuzenden "Karlsruhe" und der bald eintreffenden und sie ablösenden "Rheinland-Pfalz" darum prügeln, gegen die Entführer vorgehen zu dürfen. Wird aber nichts: Deutsche Marineoffiziere haben seit 100 Jahren keine andere Strategie gelernt, als auf eine Entscheidungsschlacht zu setzen. Und wenn sich der Feind nicht zum Kampf stellt? Da können wir dann leider auch nichts machen. Außer des Nachts zwecks Provokation Fischerdörfer zu beschießen wie anno 1914.

Hach! Ich sehe schon das Ölgemälde im Bremerhavener Schiffahrtsmuseum (jawohl, mit zwei "f"!) vor mir: Der während der Schlacht in sturmgepeitschter See mit einer gewaltigen Explosion in die Luft fliegende Tanker, im Hintergrund die mit wehender Bundeskriegsflagge untergehende Fregatte, auf der ein letzter blonder Recke, aus zahllosen Wunden blutend, weiterhin auf die buckligen Piraten feuert... schaun mer mal, ob es auch actionreiche TV-Aufnahmen von der großen Seeräuberhatz vorm Horn von Afrika geben wird.

Nur eines noch: Wenn völlig verarmte Somalis das Schiff eines deutschen Reeders, das auf den Bahamas registriert und mit einer unterbezahlten philippinischen Besatzung bemannt ist, kapern - wer ist da eigentlich der größere Pirat?

Mittwoch, 28. Januar 2009

Mama, ich will auch so einen!

Eine Meldung des Tages ließ mich herzlich kichern, und ich freue mich, wenn mein trüber Alltag kurz bunt aufleuchtet. Denn eine Umfrage hat ergeben: Die Deutschen wollen jetzt auch einen Obama.

Gut, das ist insoweit verständlich, wenn man einen Blick auf die aktuelle Regierungsbank wirft. Aber was ist an der Meldung nun so lustig? Will ich gerne sagen: Das typisch Deutsche hinter dieser Aussage - sich jemanden zu wünschen, der daherkommt und - zack! - alle Probleme löst oder zumindest erstmal die Probleme überhaupt angeht. Man hätte gerne einen Obama, wählt aber - wenn man es denn überhaupt tut - Merkel, Koch und Wulff. Man wünscht sich, ein kleines bißchen von jenem Schwung abzubekommen, den Obama in den USA entfacht hat; verbringt seine eigenen Abende aber lieber vor der Glotze. Und man möchte dem Geist des "Change", der längst nicht mehr nur Nordamerika, sondern schon die halbe Welt elektrisiert, am Rockzipfel packen; hat aber gleichzeitig Angst vor Veränderungen und hält schon das Rauchverbot für einen unzumutbaren Bruch mit der Geschichte.

Nein, ein deutscher Polit-Messias müsste, und das ist unbedingte Voraussetzung, von irgendwoher einfach auftauchen. Gewählt werden hierzulande nur absolute Gegenparts zu Obama. Und da man den echten Obama ja kaum einbürgern, entführen oder klonen kann, bleibt nur das zu tun, was der Deutsche am besten kann und am liebsten tut: Jammern. Darüber, dass man auch gerne einen Obama hätte.

Aber immer noch besser, als Kaiser Wilhelm wiederhaben zu wollen.

Dienstag, 27. Januar 2009

Wenn Milliardäre zum Sozialfall werden

"Nee, is' klar" - dies war mein erster Gedanke, als ich hörte, dass der Autozulieferer Continental und sein neues Herrchen, die Schaeffler-Gruppe, jetzt auch noch Geld vom Staat wollen. Wer denn noch alles? Bayern München vielleicht, um den Verlust beim Verkauf von Poldi wettzumachen?

Das halbe Jahr 2008 bekriegten die beiden Konzerne sich bis aufs Messer, als Schaeffler den Reifenproduzenten unbedingt übernehmen wollte und es schließlich auch geschafft hat - und jetzt stellen sie fest, dass sie sich verhoben haben und ihnen leider, ach, die Kohle ausgeht. Pech gehabt, würde da ein normaler Mensch denken, kichernd den Kopf schütteln und den kapitalistischen Bittstellern die Tür vor der Nase zuschlagen.

Da sich in den höheren Sphären der Politik aber keine normalen Menschen mehr bewegen, sondern Berufspolitiker, wird jetzt allen Ernstes über eine mögliche Finanzspritze beraten. Der Staat soll helfen - ein geflügeltes Wort in einer Zeit, in der einem angesichts immer höherer Milliardenbeträge die Ohren klingeln. Der Staat - das kann ich gar nicht oft genug betonen - das ist nicht irgendein Sonnenkönig, sondern ich und du (und vielleicht auch Müllers Kuh). Und warum sollen wir nun Alimente für diese ungewollte unternehmerische Fortpflanzung zahlen? Warum eigentlich nicht die Familie Schaeffler selbst, die alleinige Gesellschafter ihrer Gruppe ist - auf deutsch: Ihnen gehört der Laden, und dementsprechend sacken sie sämtliche Gewinne ein. Die Schaefflers haben laut "Forbes" 8,5 Milliarden Dollar auf der hohen Kante. Und Continental erst - die Firma, die lange vor Nokia begonnen hat, rentable Werke in Deutschland zu schließen, Mitarbeiter rauszuwerfen und Vereinbarungen mit den Gewerkschaften zu brechen - alles im Sinne des Shareholder Value.

Aufgrund des Kursverfalls infolge der Finanzmarktkrise zahlt Schaeffler, die sich zuvor zu einem Festbetrag pro Aktie verpflichtet hat, nun viel zu viel für Conti und kriegt das große Heulen. Tja - unternehmerisches Risiko, würde ich sagen. Damit hat auch jeder Bäcker zu kämpfen. Dem hilft aber niemand.

Es ist mir unbegreiflich, dass ernsthaft darüber diskutiert wird, der viertreichsten Frau Deutschlands und einem Unternehmen, dass auch in besseren Zeiten Arbeitsplätze vernichtete, Gelder in den Rachen zu werfen. Niedersachsen und Bayern wollen dem "Handelsblatt" zufolge je eine halbe Milliarde Euro an die Unternehmen überweisen - einen Betrag, den Maria-Elisabeth und Georg W. Schaeffler aus der Portokasse bezahlen und trotzdem den Rest ihres Lebens in Saus und Braus verbringen können. Statt dessen sollen wir ihre Schulden bezahlen und die infolge der zu erwartenden Conti-Zerschlagung auf die Straße gesetzten Mitarbeiter dürfen für Hartz IV Schlange stehen? In was für einer Welt leben wir eigentlich?

Ganz ehrlich: Wer angesichts dieser Entwicklungen immer noch die Union wählt, hat meiner Meinung nach jedes Recht verwirkt, am Stammtisch über "die da oben" zu motzen und die Ungerechtigkeiten dieser Welt zu jammern. Er wollte es ja offenbar nicht anders.

Montag, 26. Januar 2009

Die größten Kritiker der Elche . . .

. . . waren früher bekanntlich selber welche. Und in diesem Sinne meine ich, dass Spiegel Online überhaupt keinen Grund hat, verächtlich auf den Medienhype um das unsägliche Dschungelcamp herabzublicken. Denn Spon nutzt unübersehbar den Mitnahmeeffekt, und so schlecht findet man die Kakerlakenshow dort insgeheim wohl auch gar nicht.

"Wer die Berichterstattung der vergangenen zwei Wochen verfolgt hat, gewinnt den Eindruck, es handele sich bei dem Reality-TV-Format um viel mehr als das, was es dann doch nur ist: quotenstarkes Fernsehen", mokiert sich einer der selbsternannten Spon-Kulturwächter nach dem Ende der jüngsten Staffel.
Dies möchte ich konkretisieren: Wer die Spiegel-Berichterstattung zum Dschungelcamp in den letzten Jahren verfolgt hat, sollte offenbar den Eindruck gewinnen, es handele sich bei der ungezieferlastigen Sendung um mehr als um eine mediale Fäkalgrube - zum Beispiel hier, hier und hier. Mit der ihnen eigenen snobistischen Herablassung haben Spiegel-Autoren ihrer Leserschaft immer wieder einzutrichtern versucht, das Dschungelcamp sei so trashig, dass es eigentlich schon wieder genial sei.

Das ist dem Spon-Schreiberling Jan Freitag dann auch aufgefallen: "Und selbst, tja, Spiegel und Spiegel Online blieben am Ball", übt er sich in zähneknirschender, dafür aber um so scheinheiligerer Selbstkritik. Ja, "am Ball bleiben" ist ein schöner Euphemismus dafür, wenn Spon etwa bei Giulia Siegel nachbohrt, warum sie soviel geheult hat (und sich anschließend naserümpfend über den von RTL aufgezwungenen Seelenstriptease auslässt).

Spiegel: Der Zuschauer hat Sie heulend und am Boden kauernd erlebt ...
Siegel:
... in der letzten Sendung? Ich habe diese Sendung noch nicht gesehen!
Spiegel:
Nicht nur in der letzten Sendung, mindestens in den letzten beiden Sendungen hat man das immer wieder gesehen.
Siegel:
Ich hab' nur in der letzten Sendung gezeigt, welche Schmerzen ich hatte. Davor habe ich das immer verheimlicht.
Spiegel:
Der Zuschauer jedenfalls hat mindestens zwei Folgen mit einer ganz verzweifelten Giulia Siegel gesehen.
Zweifellos eine Sternstunde des Journalismus. Sich dann die erwähnte knappe Messerspitze Asche aufs Haupt zu streuen ist angesichts der erwähnten Beispiele allerdings eine ziemliche Heuchelei.

Na ja, lassen wir das. Spon ist wie jedes andere Onlinemedium zu steigenden Klickzahlen verdammt und fischt daher am trüben Rand dessen, was Harald Schmidt einmal als Unterschichtenfernsehen bezeichnet hat. Dass Spon die Zuschauer, die dem Dschungelcamp zu den hohen Quoten und dem Blatt damit zu einer Flut von Artikeln darüber verhelfen, gleichzeitig verachtet, ist zwar nochmal ein Stück hinterhältiger - aber, wenn wir mal ehrlich sind, irgendwie auch verständlich.

A propos: Ob 25 Jahre Privatfernsehen nun eine dolle Sache sind oder den Untergang des Abendlandes bedeuten, sei mal dahingestellt. Aber dem zahlenden Zuschauer in einer Sendung gleichzeitig Kai Diekmann und Henryk M. Broder zuzumuten, wie es 3Sat neulich gewagt hat: Auf eine derartig unerträgliche Qual kommen wohl doch nur die Öffentlich-Rechtlichen.

Donnerstag, 22. Januar 2009

Wie - das kann man einfach verbieten?

Na also: So einfach kann Politik manchmal sein. An seinem ersten Arbeitstag setzt sich Barack Obama, kaum aufgewacht, hin und ordnet mit einem Federstrich - wie versprochen - die Schließung von Guantanamo an. Dann gießt er sich kurz eine Tasse Kaffee ein, begibt sich wieder an seinen Schreibtisch und verbietet im nächsten Erlass die CIA-Geheimgefängnisse und die Anwendung von Folter. Innerhalb von fünf Minuten hat Obama mehr für die Gerechtigkeit auf der Welt getan als George W. Bush in seinem ganzen Leben.

Auch wenn mir der Obama-Hype mitunter auf die Nerven fällt, wird mir der Mann immer noch ein Stück sympathischer. Das merkte ich schon am Dienstagabend, als ich mir allen Ernstes stundenlang die Parade in Washington angeguckt habe, obwohl ich Paraden ob ihres paramilitärischen Charakters auf den Tod nicht ausstehen kann. Diese aber verlief ungewöhnlich entspannt: Viele Teilnehmer winkten Obama zu wie einem Kumpel und nicht wie einem Präsidenten. Das Marschieren im Gleichschritt haben auch nur die Wenigsten hingekriegt. Und die vorbeimarschierenden Uniformierten wirkten irgendwie wie Fremdkörper.

Auch wenn sich natürlich noch erweisen muss, ob Guantanamo wirklich fristgerecht dichtgemacht wird und ob sich die CIA überhaupt an die neue Order hält: Die ersten Amtshandlungen lassen hoffen. Und gehofft habe ich schon lange nicht mehr.

Bleibt eine Frage, die ich in den letzten Wochen liebend gerne George W. Bush gestellt hätte und immer noch stellen möchte: Wie ist das eigentlich, wenn der Großteil der Menschheit einen abgrundtief hasst und den Moment herbeisehnt, an dem man endlich, endlich verschwindet? Wie fühlt man sich als Dschingis Khan der Neuzeit?

Montag, 19. Januar 2009

Die Nacht des untoten Landesvaters

Endlich ist es vorbei. Schwarz-Gelb hat erwartungsgemäß die Hessenwahl ungefährdet für sich entschieden, die SPD hat erwartungsgemäß desaströs abgeschnitten. Die Hessen dürfen sich auf fünf weitere Jahre unter dem brutalstmöglichen Regime des Zombies - weil vor einem Jahr politisch eigentlich schon toten - Roland Koch freuen, und ich für meinen Teil bin froh, nicht in Hessen leben zu müssen: So viele Haare sind's nun auch nicht mehr, als dass ich sie so exzessiv raufen könnte, wie ich das Verlangen danach habe.

Aber das alles war längst abzusehen. Freuen wir uns daher über Kleinigkeiten:
  • Koch hat nur marginal hinzugewonnen. Ich hatte zuletzt befürchtet, die Leute seien tatsächlich so doof, ihm weit mehr als 40 Prozent der Stimmen zu geben, aber er hat im Wesentlichen die Stimmen derer bekommen, die ihn schon vor einem Jahr wählten. Dennoch bleibt es eine traurige Bilanz, dass mehr als jeder Dritte in dem Land sich von einem Menschen regieren lassen will, der bis zum Hals im CDU-Spendensumpf steckt, die Öffentlichkeit vorsätzlich belogen hat und den Ausländern die Schuld an allem gibt.
  • Die konservativen Medien haben es trotz zwölfmonatiger Dauerpropaganda nicht geschafft, das Wahlvolk davon abzuhalten, die Linke erneut - und mit 0,3 Prozent mehr - in den Landtag zu wählen.
  • Die vier SPD-Verräter haben ihre Strafe bekommen: Ihre Wahlkreise gingen komplett verloren, und auf Listenplätze dürfen sie wohl kaum hoffen. Jetzt müssen sie sich wohl eine ehrliche Arbeit suchen.
Und schließlich: Andrea Ypsilanti ist zurückgetreten. Das heißt: Noch etwa ein bis zwei Wochen lang wird das mediale Dauergeprügel zwar weitergehen - schließlich sind Blattmacher in diesem Land schlimmer als weiße Haie, wenn sie Blut gerochen haben -, aber dann dürfte endlich, endlich, ENDLICH Schluss sein mit der allmählich ermüdenden Hetzjagd und rhetorischen Rohrkrepierern wie "Schnippsilanti" und "Lügilanti" und so. Mit dem Namen Schäfer-Gümbel wird so was deutlich schwieriger.

Also: Decken wir das Leichentuch über die hessische SPD und richten den Blick nach vorn. Schließlich gibt es noch mehr Landtagswahlen in diesem Jahr, und die nächste ist... Moment... gleich habe ich's...

... im Saarland. Ach herrje. Alles wieder von vorn.

Mittwoch, 14. Januar 2009

Deppendämmerung im Weißen Haus

Sechsmal werden wir noch wach - heißa, dann ist Bush-weg-Tach: Der am meisten missunterschätzte Präsident der Geschichte packt seine Siebensachen in einen Pappkarton und räumt seinen Schreibtisch, um fortan in friedlicher Koexistenz mit den Fischen zu leben. So manchem wäre es lieber, er würde stattdessen "bei die Fische schlafen", aber man kann ja nun nicht alles haben.

Was macht der Mann also nun mit seiner vielen Freizeit? Denn davon wird er tatsächlich mehr als genug haben - im Gegensatz zu fast allen seiner Vorgänger wird sich das Angebot an öffentlichen Auftritten bei ihm in Grenzen halten, und bei seiner unausweichlich bevorstehenden Autobiografie wird Dabbeljou wohl kaum auch nur eine Zeile selbst verfassen. Bleibt also - neben Golfspielen, Tontaubenschießen und Cowboyspielen -, an der eigenen Legende zu stricken. Dass er sich für Gottes Werkzeug auf Erden hält, ist hinlänglich bekannt - nun versucht er auch noch, einen auf Altersweisheit und Selbstkritik zu machen.

Für seine martialische Rhetorik im Vorfeld des Irak-Krieges hat er sich beizeiten ja schon entschuldigt, wenn auch nicht für das martialische Vorgehen selbst. Nun räumte er bei seiner letzten Pressekonferenz ein, dass er nach dem Hurrikan "Katrina", der 2005 New Orleans verwüstete, vielleicht doch irgend etwas hätte tun sollen. Respekt vor dieser Schlussfolgerung - der Umstand, dass er diese nach drei Jahren zieht, lässt vermuten, dass er ganz allein darauf gekommen ist.

Ebenso sieht er nun ein, dass sein "Mission accomplished"-Auftritt auf dem Flugzeugträger mehr als lächerlich war. Neinnein, nicht etwa sein akuter Testosteronschub, der ihn dazu brachte, einen Kampfpilotendress anzuziehen - die vorzeitige Bekanntgabe des Sieges im Irak, das sieht Bush nun ein, war eben etwas sehr vorzeitig. Schließlich gab es seitdem noch weitere Hekatomben an Toten, die von ihren Angehörigen beweint werden. Das ist Bush auch bewusst: "In Zeiten des Kriegs werden die Leute emotional, ich verstehe das."

Ansonsten fiel Bush in sein altbekanntes Verhaltensmuster zurück: Etwas Zerknirschtheit für die Statistik, dann aber um so mehr Selbstbewusstsein, angereichert mit der üblichen Prise Bräsigkeit, ausstrahlen. "Ich war bereit, harte Entscheidungen zu treffen", quakt die lahme Ente. Das ist fürwahr nicht unbemerkt geblieben - und wo wir gerade beim Thema sind: Die Lüge mit dem Massenvernichtungswaffen und die Folterei in Abu Ghureib? "Ich weiß nicht, ob man diese Dinge als Fehler bezeichnen kann", sagt er - und tatsächlich fallen mir ganz andere, treffendere Begriffe dafür ein. Dazu wisse er gar nicht, "warum manche Leute feindselig sind", und warnt: Es gebe "da draußen immer noch einen Feind, der Amerikanern Schaden zufügen will." Neinnein, George, alles falsch, setzen - sechs! Selbst einfache Rechenaufgaben bekommt der Lümmel von der letzten Bank nicht hin. Die richtige Lösung lautet: Es gibt da draußen Millionen Feinde, die den Amerikanern - speziell einem ganz bestimmten Amerikaner - Schaden zufügen wollen.

Zu den Journalisten sagte er schließlich: "Manchmal haben Sie mich unterschätzt" - nicht "missunterschätzt", und damit beweist Dabbeljou letztlich doch noch ein Quentchen Lernfähigkeit.

Ein feiner Zug von ihm war es hingegen, sich von Obama breitschlagen zu lassen, dem Kongress noch einmal 350 Milliarden Dollar aus den Rippen zu leiern. Geld, das Obama munter den US-Banken in den Rachen werfen kann, das aber später dem ohnehin schon gigantischen Schuldenberg Bushs zugerechnet wird - raffiniert. Wie der Neuling das wohl hingekriegt hat? Ich vermute: Er appellierte an die genannte selbstdarstellerische Ader Bushs. "Bedenken Sie, George - damit wären Sie endgültig der US-Präsident, der am meisten Geld ausgegeben hat! Das hat vor Ihnen noch keiner geschafft! Noch die überüberübernächste Generation wird täglich an Sie denken!" - "Echt...? Klingt gut..."

Insofern: Auf Nimmerwiedersehen, George, es wartet immer irgendwo ein Schuh auf dich. Und mach' dir keine Sorgen: Dein Platz in den Geschichtsbüchern ist dir sicher.

Samstag, 10. Januar 2009

Ich sehe was, was ihr nicht seht

Bislang dachte ich immer, wenn ich den Namen "Nostradamus" gehört habe, dass sich nur Esoterik-Ufo-Geistergläubige, ihre behandelnden Psychiater sowie die Redaktion von Galileo Mystery für diese historische Figur interessieren.

Ich hatte ja keine Ahnung, was für ein großer Hellseher der Mann tatsächlich war. Denn die Herausgeber eines recht umfangreichen Magazins, das mir heute neben der Kiosk-Kasse ins Auge sprang, teilten mir auf der Titelseite mit, dass sie aufgrund von Nostradamus' Prophezeihungen in der Lage sind, die Entwicklungen vorauszusehen, die 2009 auf die Menschheit zukommen. Als da wären:

Krieg, Hunger, Wirtschaftskrisen und Umweltzerstörung.

Donnerwetter. Wer konnte das ahnen? Ich verneige mich in Ehrfurcht vor diesen seherischen Fähigkeiten.

Freitag, 9. Januar 2009

Gib mir Freiheit oder gib mir den Tod! Oder auch beides!

Die FDP erweist sich wieder einmal als Vorkämpfer für die Freiheit. Diesmal ist ausnahmsweise nicht die Befreiung vom Steuerzahlen gemeint, auch nicht die Freiheit von jeglicher unternehmerischer Verantwortung oder die Befreiung von arbeitsrechtlichen Vorschriften oder was die FDP sich sonst auf die Fahnen schreibt. Nein, es geht um mehr, um viel mehr: Im Bestreben, die ausufernde staatliche Willkür zu begrenzen und das Recht der Bürger auf Nichtbevormundung durchzusetzen, fordern die Osnabrücker Liberalen, dass das Verbot zum Betreten von Eisflächen gelockert wird.

Recht so! So geht es ja nun nicht! Bis hierher und nicht weiter! Hier, genau hier beginnt die Grenze zum totalitären System: Erst verbieten SIE uns, mit unseren Limousinen und Sportwagen so schnell durch die Gegend zu brettern, wie wir verdammt noch mal wollen; dann wollen SIE uns verbieten, allen Leuten in unserer Lieblingskneipe jederzeit krebserregende Gifte ins Gesicht blasen zu dürfen; jetzt wollen SIE uns das Schlittschuhfahren auf ein Zentimeter dicken Eisflächen untersagen - und dann, was als nächstes? Verbieten SIE uns, mit laufenden Kettensägen zu jonglieren? Mit Streitäxten aufeinander einzudreschen? Oder - ich wage kaum, es mir vorzustellen - Giftmüll da zu verscharren, wo wir wollen?

Nein, gegen derartig diktatorische Massnahmen gilt es sich zur Wehr zu setzen. Wählt FDP! Für die Freiheit! Kein Opfer ist dafür zu groß - was ist denn schon der eine oder andere eingebrochene und ertrunkene Fünfjährige. Es geht hier ums Prinzip!

Mittwoch, 7. Januar 2009

Eiszeit - mit mir beginnt die Eiszeit

Wow - das war ja mal wirklich kalt heute nacht. Minus zehn Grad, mancherorts minus 20 - in Sachsen waren es fast minus 30 Grad! Minus 30! Muss man sich mal vorstellen. Darf man gar nicht drüber nachdenken. Weil: wenn man das tut, kommen einem diese Temperaturen nicht mehr gar so seltsam vor; schließlich saß da ja mal der Russe.

Aber mal Ostwind beiseite und eingefrorene Gehirnzellen aufgetaut: Dies ist eine formidable Gelegenheit, ein weiteres Mal die von mir dereinst eingeführte Maßeinheit "Milloy" anzuwenden. Zwar ist - wir erinnern uns - das "Milloy" eigentlich eine Einheit, mit der der Grad an Niedertracht bei schmierigen Lobbyisten gemessen wird. Aber ich denke, man kann das "Milloy" auch universeller einsetzen, zum Beispiel als Zeiteinheit in Zusammenhang mit - genau: schmierigen, niederträchtigen Lobbyisten.

Also, hier die Frage an alle: Wieviele "Milloys" wird es wohl dauern, bis sich der erste Klimakriminelle (Eon, Exxon, Daimler) oder einer seiner Büttel (Blödzeitung, FDP, Milloy selbst) zu Wort meldet und die rekordverdächtigen Minustemperaturen als Beleg dafür anführt, dass die globale Erwärmung nur ein Märchen sei, erfunden von links-grünen Ökoterroristen?

Ich sach ma': zweieinhalb.

Montag, 5. Januar 2009

Der US-amerikanische Turmbau zu Babel

So, nun dürfte auch der bzw. die Letzte seinen oder ihren Neujahrskater überstanden haben. Zeit für ein kleines Quiz: Die weltweit größte Botschaft der USA steht in...? Na? In Moskau? Quatsch. Etwa Peking? Ach was. In der Hauptstadt eines wichtigen Nato-Verbündeten? Hihihaha. Alles falsch - die größte Botschaft unterhalten die USA ab heute in *trommelwirbel* - Bagdad.

Nur konsequent. Schließlich leben (und töten) derzeit zwischen 150.000 und 200.000 US-Bürger in dem Land, die brauchen ja auch genügend Ansprechpartner - etwa wenn sie wissen wollen, was zu tun ist, wenn man seinen Pass verlängern muss, den Führerschein übertragen will oder versehentlich 24 Eingeborene während einer Hochzeitsfeier mit Luft-Boden-Raketen frikassiert hat.

Und wenn die Zahl der US-Bürger im Land dereinst signifikant sinken sollte und nicht mehr gar so viele Botschaftsmitarbeiter benötigt werden, können die frei werdenden Räumlichkeiten dennoch sinnvoll genutzt werden. So könnte etwa das irakische Ölministerium gleich in die US-Botschaft umziehen - das verkürzt den Dienstweg und verschlankt die Bürokratie.

Vielleicht habe ich das Ganze aber auch falsch verstanden und die Botschaft in Bagdad ist lediglich im Hinblick auf Grundfläche und Bausubstanz die weltgrößte. Das heißt also, wenn man innere und äußere Festungsmauern, Türme, Burggräben (mit Krokodilen), Minenfelder, Bärenfallen, Stacheldrahtverhaue, MG-Nester und Bunker mitzählt.

Naja, sie können es brauchen. Auch in Berlin fühlen sich unsere transatlantischen Freunde nicht sicher und haben ihren Botschafts-Neubau gestaltet wie den Unterschlupf eines James-Bond-Bösewichts - und wenn man sich's recht überlegt, ist das auch angemessen.

Samstag, 3. Januar 2009

Prost - Auf die nächsten Fuffzich

Kuba feierte den 50. Jahrestag der Revolution - offenbar in recht bescheidenem Maßstab - und Raúl Castro beschwört 50 weitere Jahre Sozialismus. Schon wird wild hin und her spekuliert und schwadroniert: Journalisten in aller Welt interpretieren die Feiern als Zeichen dafür, dass das Castro-System wie sein Gründer in den letzten Zügen liegt. Die Wirtschaft sei derart am Boden, dass sich das Regime keine großen Feierlichkeiten mehr leisten könne, behaupten die einen; die geringe Zahl der Teilnehmer an Kundgebungen zeige, dass die Leute des Sozialismus' überdrüssig seien, schreiben andere. Es sei dahingestellt, wer von diesen Schreiberlingen überhaupt schon mal auf der Insel war.

Wohl kein anderes System ist in seiner Geschichte so oft totgesagt worden wie das kubanische - und dass es trotz der vielen Nachrufe wagt, immer noch zu existieren, ärgert Viele. Aber warum eigentlich?

Liegt es daran, dass Kuba die Leute, die sich in den 90er Jahren am vermeintlichen Endsieg des Kapitalismus besoffen haben, daran erinnert, dass der ideologische Gegner von damals doch nicht so tot ist wie behauptet? Der große Börsencrash hat dies zuletzt belegt: "Verstaatlichung" ist plötzlich kein Unwort mehr. Da greifen sich die Leitartikler der Republik erschrocken an ihr Portemonnaie und blicken sich um, ob nicht ein wütender Student im Che-Guevara-Shirt hinter ihnen steht und versucht, es ihnen wegzunehmen. Den Gedanken, dass sie zu einem nicht geringen Teil selber in ihrer Studienzeit Che-Shirts getragen haben, wischen sie gerne beiseite.

Oder liegt es an der staatlichen Repression in Kuba? Kaum vorstellbar, dass dieselben Leute, die den Blutsäufern in Russland und China andauernd in den Allerwertesten kriechen und dort gar nicht mehr rauskommen wollen, sich ernsthaft über die Zahl der auf der Insel inhaftierten Journalisten mokieren - die dort im übrigen nicht als Dissidenten, sondern als Spione betrachtet werden, was angesichts der Fäden, die Exilkubaner in Florida mit Hilfe der CIA seit Jahrzehnten spinnen, nicht unbedingt allzu weit hergeholt sein dürfte. Wer von den politischen Häftlingen auf Kuba spricht, sollte über die "Miami Five" nicht schweigen. Journalist oder Spion, Freiheitskämpfer oder Terrorist, Friedenstruppe oder Besatzungsmacht - das ist letztlich immer eine Frage des Standpunkts.

Vielleicht ist es aber der Befreiungsmythos, vor dem die Westler solche Angst haben. Gerade einmal zwölf von Castros Kämpfern sind nach der Landung auf der Insel den Häschern Batistas entronnen - 25 Monate später stürzten sie den Diktator. Zwölf Menschen entfesseln eine Bewegung, die das herrschende System auf den Kopf stellt - das ist beunruhigend, wenn man sich in einem solchen System etabliert hat. Es ist so viel bequemer, wenn das Volk denkt "Man kann ja eh nüscht ändern, was soll ich kleiner Mann denn schon ausrichten..." - eine deutsche Spezialität.

Keine Frage: Kuba ist ein armes Land. Wirtschaftlich nie so richtig auf die Füße gekommen - wobei die USA sowohl vor als auch nach 1959 eine unrühmliche Rolle gespielt haben -, hing es fast die ganzen letzten 50 Jahre am Tropf anderer Staaten - erst der Sowjetunion, heute des durch Petro-Dollars wohlhabenden Venezuelas. Zwischendurch hat man begonnen, auf die Tourismuskarte zu setzen - mit der Folge, dass seit Jahren westliche Touristen ins Land stömen und für eine Runde Cuba Libre mehr Kohle auf den Tisch legen, als ein durchschnittlicher Kubaner im Monat verdient. Es ist kein Wunder, wenn die Bevölkerung einen Wandel herbeiwünscht. Vom Singen revolutionärer Parolen kann man eben keinen Kühlschrank kaufen.

Aber daraus nun zu schlußfolgern, die Kubaner sehnten Fidels Tod herbei, um sich schnellstmöglich in die bereits geöffneten Arme des Kapitals fallen zu lassen, scheint mir mehr westliches Wunschdenken als gesellschaftliche Analyse zu sein. Manche tun geradezu so, als wäre Kuba vor Castro ein reiches Land gewesen und nicht das korrupte und von US-Konzernen ausgepresste Drittweltland, das von einem Batista mit eiserner Faust regiert wurde. Ich glaube, die kubanische Bevölkerung weiß ganz gut, was am gegenwärtigen System erhaltenswert ist - etwa das Gesundheits- und Bildungssystem - und was sie unter allen Umständen verhindern wollen, nämlich eine Rückkehr zu den Zuständen der 40er und 50er Jahre, als Havanna fest im Griff der Mafia war und Nordamerikaner die Insel als eine Art Riesenbordell angesehen haben. Nein, die meisten Kubaner werden das Ableben Fidels nicht begrüßen, sondern betrauern - er ist und bleibt für sie ein Held; wenn auch einer, der seine Glanzzeit hinter sich hat.

Es wird sich zeigen, was nach den Castros kommt. Ich hoffe, dass das Land in der Umbruchzeit nicht den Weg Russlands geht und am Ende als kaum verkappte rechte Diktatur endet. Ebenso hoffe ich, dass es nicht wieder zu einer Quasi-Kolonie der USA herabgestuft wird. Groß ist meine Hoffnung diesbezüglich aber nicht.