Donnerstag, 26. Februar 2009

Ich, der unbelehrbare Evoluzzer

Endlich einmal eine Petition, die zu unterschreiben sich lohnt: Die Giordano-Bruno-Stiftung schlägt vor, Christi Himmelfahrt durch einen Darwin-Feiertag zu ersetzen. Hmm - statt der Vorstellung, dass vor 2000 Jahren ein vom Staat hingerichteter Guru wenige Tage nach seinem Tod unter Fanfarenklängen anfing, plötzlich immer höher zu schweben und durch ein güld'nes Tor in ein imaginäres Reich, das sich über eine erkleckliche Anzahl von Wolken erstreckt, eingelassen worden sei, sollen wir also lieber einer der wichtigsten wissenschaftlichen Theorien der Menschheitsgeschichte gedenken? Da muss ich mal kurz drüber nachdenken.


(0,047 Sekunden später) OK, bin dabei. Das Risiko, dafür von einem Blitz erschlagen zu werden, gehe ich ein. Zur Einstimmung gibt es etwas leichte Musik.

Dienstag, 24. Februar 2009

8

Nun wird's aber wirklich mal Zeit, diesen Stock aufzuheben, den mir refu dereinst hingeworfen hat. Sonst trete ich noch versehentlich drauf. Das Stöckchen trägt den Namen "8", und das hat seinen Grund. Hier also acht Dinge über mich, die sicher jeder schon lange wissen wollte:
  • Ich mag Katzen. Klar, sonst würde ich ja auch nicht bloggen.
  • Ich sehe kein Problem darin, klassische Musik und Punkrock zu lieben.
  • Ich verspüre Übelkeit, wenn ich aktive Mitglieder von Schützenvereinen sehen muss. Ähnliches gilt beim Anblick von Ronald Pofalla.
  • Ich bin der festen Überzeugung, dass DS9 die beste Star-Trek-Serie war und lasse mich diesbezüglich auf keine Diskussion ein.
  • Ich fand schon als Kind Spinat lecker.
  • Obwohl mir Fußball relativ schnuppe ist und ich nur höchst selten mal ein paar Minuten bei einem Spiel zuschaue, schmerzt es mich trotzdem und unerklärlicherweise immer, wenn der 1. FC Köln verliert. An einer wissenschaftlichen Erklärung hierfür arbeite ich noch.
  • Ich liebe Comics, finde Mangas aber scheiße.
  • Ich war schon vor der Ratzinger-Geschichte Atheist.
So, das wär's. Das Stöckchen trägt auch deshalb den Namen "8", da man es an acht Leute weiterwerfen soll. Da dies aber meines Erachtens schon Kettenbriefdimensionen annimmt und ich auch gar nicht so viele Blogger kenne, müssen auch weniger ausreichen (schließlich stand ja nicht dabei, dass mir irgendwelche Körperteile abfallen, wenn ich es nicht SOFORT an MINDESTENS soundsoviele Leute weiterschicke). Wer's nicht haben will, kann's ja einfach liegen lassen. Oder ein gemütliches Feuerchen machen, ist schließlich kalt draußen.

Also, holt das Stöckchen; hoooolt das Stöckchen: Roland, Gina, Maxx und der Pathologe.

Montag, 23. Februar 2009

Zeig' mir nochmal diesen Elektrik-Trick!

Da dreht sich das Geburtstagskind im Grabe herum: Einer Meldung zufolge zweifelt jeder achte (!) angehende Biologie-Lehrer an Darwins Evolutionslehre. Bei einer Umfrage unter 1.200 Studienanfängern hätten „erschreckend viele angegeben“, sie glaubten nicht an gemeinsame Ahnen aller Lebewesen, sagte der Dortmunder Biologie-Didaktiker Dittmar Graf auf Spon. Es gebe mithin einen ungebrochenen Trend zum Gedankengut des Kreationismus. Tja, wer will's den armen Erstsemstern verdenken: Der Gedanke, ein großes, mehrere Milliarden Jahre altes gasförmiges Wesen hätte das alles in einer Woche erschaffen, ist vielleicht nicht gerade klüger, aber zumindest deutlich einfacher als Evolutionstheorie zu pauken, nicht wahr?

Jeder ACHTE - meine Güte! Ich dachte ja immer, Glaube und Wissenschaft seien zwei verschiedene Dinge, aber hier kommen ja allein aus dem Pool der Befragten 150 potenzielle Inquisitoren auf uns zu. Und die sollen demnächst auf die Kinder losgelassen werden? Und überhaupt - wie sieht es in anderen Disziplinen aus? Glaubt nachher jeder sechste Physikstudent nicht an Elektrizität, sondern an Zauberei ("Zeig' mir nochmal diesen Elektrik-Trick!")? Denkt etwa jeder zehnte Geographie-Student, die Erde sei eine Scheibe? Und lehnt es jeder siebte Mathematik-Student ab, die Zahl Null zu verwenden, da sie aus dem Reich der Ungläubigen stammt?

Was dann jeder soundsovielte Geschichts- oder Politikstudent glaubt, will ich mir gar nicht mehr ausmalen. Statt dessen üben wir uns in Optimismus: Es handelte sich bei der Umfrage um Studienanfänger. Sie haben also noch mehrere Semester Zeit, den Kopf gewaschen zu kriegen ihren Aberglauben durch fleißiges Lernen abzulegen. Aber vielleicht sollten die Bildungsminister überlegen, die Evolutionstheorie in der Bio-Zwischenprüfung zu thematisieren - wer da durchfällt, wird anschließend automatisch für Theologie eingeschrieben und räumt seinen Biologie-Studienplatz für jemanden, der mehr auf sein Hirn als auf seinen Bauch hört.

Sonntag, 22. Februar 2009

Lasst sie doch, sie macht gerade eine schwere Zeit durch

Vier bis sieben verschiedene Phasen durchläuft der Mensch, wenn er einen Schicksalsschlag verarbeiten muss, heißt es - je nachdem, welcher Theorie man nun glauben möchte und wie weit man zählen kann. Mal ganz unwissenschaftlich über einen Kamm geschoren und sinnverzerrend verkürzt sind dies: Leugnen, Trauer und/oder Wut, Loslassen und schließlich Akzeptanz; egal, ob man dabei eine Trennung, einen Trauerfall oder einen Karriereknick wegstecken muss. Was bislang jedoch weitgehend unbekannt war: Ähnliche Phasen gibt es auch in der Wirtschaft.

Zum Beispiel bei Madame Schaeffler, die auch gerade durch eine schwierige Zeit geht und so ihre Phasen durchmacht. Dort sind es derer bislang fünf: Großkotzigkeit, Katzenjammer, Bettelei, Niedertracht sowie Blenderei.
  • Phase I: Großkotzigkeit. Das Ansinnen, den viel größeren Dax-Konzern Continental unbedingt schlucken zu wollen; koste es, was es wolle.
  • Phase II: Katzenjammer. Von der Finanzkrise, die schon länger als ein Jahr tobt, vollkommen überrascht zu werden und dann hilflos zuschauen müssen, wie der Kurs der teuer eingekauften Conti-Papiere im freien Fall in den Keller taumelt.
  • Phase III: Bettelei. Mit einem Arsch voll Schulden den Steuerzahler um Hilfe anhauen. Die Belegschaft will ihre Arbeitsplätze behalten, was verständlich ist; und feiert ihre flennende Chefin - die bislang nicht einsieht, ihr mehrere Milliarden Euro schweres Privatvermögen anzutasten und stattdessen lieber Geld vom Staat will -, was ein gutes Stück weit weniger verständlich ist. Bettelei ist hier nicht einmal der richtige Ausdruck: In einem Restbestand von Phase I (Großkotzigkeit) werden Finanzhilfen nicht erst erbeten, sondern gefordert.
  • Phase IV: Niedertracht. Von den eigenen Angestellten Lohnverzicht einzufordern, um die Verluste wenigstens halbwegs abzumildern. Dem Staat für den Fall der Hilfsverweigerung mit dem Verlust von Arbeitsplätzen drohen (funktioniert fast immer).
  • Phase IV: Blenderei. Die Behauptung, wann wolle vom Staat gar keine Geschenke, sondern ein normal verzinstes Darlehen, dass selbstverständlich bald zurückgezahlt werde. Die Banken scheinen sich da indes nicht so sicher zu sein, denn sie haben Schaeffler den Hahn längst zugedreht. Warum sollte also (a) der Staat, der ohnehin nicht dazu da ist, Bankdienstleistungen zu vollbringen, mehr Vertrauen haben und (b) Schaeffler dem Staat, der vor der Wirtschaft sowieso regelmäßig den Kotau macht, irgendetwas zurückzahlen wollen? Falls der Gläubiger irgendwann die Hand aufhält, wird kurz mit der Arbeitsplätze-Keule drübergezogen und gut. Funktioniert, wie gesagt, fast immer.
Die Erforschung der Phasen bei der Verarbeitung wirtschaftlicher Traumata steckt noch in den Anfängen, daher weiß niemand genau, wie' s weitergeht. Ich für meinen Teil hoffe stark auf eine Phase VI: Zorn. Und zwar den der Bevölkerung.

Samstag, 21. Februar 2009

Gründe, öfters mal bei Spon vorbeizuschauen...

... gibt es durchaus - zum Beispiel so was wie das hier:



Da fühlt man sich doch wieder jung. Besonders schön wäre es jetzt nur noch gewesen, wenn das Video vor dem Konzert in Hamburg erschienen wäre, auf dass man dort hätte hinfahren können. So habe ich es mal wieder zu spät mitbekommen.

Freitag, 20. Februar 2009

Da staunt der Berliner...

... und der B.Z.-Leser wundert sich: Das Revolverblatt hat zwischen den Storys "Heute sexen wir ein Baby" und "Schulweg-Bestie weiter gesucht" einen sprechenden Hund ausfindig gemacht und tritt die Geschichte mittlerweile so breit wie den Zustand ihres Durchschnittslesers am Freitagabend, wenn man Unionsbubi Philipp Mißfelder glauben mag. Die Töle kann "Mama" knurren, was für einen Hund, der aussieht, als würde er einem Skinhead gehören, ja schon ein ganz ordentlicher Wortschatz ist.

Naja, der Wuffel kann ja nix dafür, was irgendwelche Volldeppen aus seinen Artgenossen machen, und irgendwo ist er ja auch ganz niedlich. Die Story allerdings ist ja schon ein alter Hut: Bereits vor Jahrzehnten ist ein wesentlich talentierterer Rüde namens Bello mit der Nummer im Fernsehen gewesen. Beweis? Bitteschön:


Donnerstag, 19. Februar 2009

Schiff ahoi - Hisst den Jolly Roger! Oder von mir aus auch die Flagge der Bahamas.

Endlich hat die Bundesmarine auch mal eine gute Idee! "Bundeswehr flaggt Schiffe für Piratenjagd um", titelt Spon heute; und damit dürfte der Erfolg bei der Bekämpfung der buckligen Somali-Seeräuber garantiert sein. Die deutschen Fregatten hissen einfach eine Totenkopfflagge und tuckern so unerkannt an ein Piratenboot heran. Falls die misstrauisch werden, kann ein Offizier mit tiefer Stimme so etwas herüberrufen wie "Aarrrrh! Heute schon ein paar Pfeffersäcke kielgeholt, Kollegen? Darauf eine Buddel Rum!" Und sobald man dann ganz nah am Piratenboot ist: Zack! Bundeskriegsfahne hoch, entern und fertig!

Das Prinzip ließe sich auch auf andere Einsätze anwenden. So könnten die Schiffe, die vor dem Libanon Waffenschmuggler suchen, ja die libanesische Flagge hissen. Oder einfach "Fatah rulez!"auf die Bordwand pinseln (auf die andere Seite entsprechend "Hamas rulez", is' klar). Hier klebt sich der Offizier einen Vollbart an und fragt die Besatzung des verdächtigen Schiffes etwa "Bei Gottes Gnaden, hat er etwas Sprengstoff für mich, auf dass ich mich zu den Jungfrauen bomben kann?" Und zack!

Oder man nimmt eine Billig-Flagge, etwa die von Panama. Ein solches Schiff nähmen die Piraten nicht weiter ernst, weil sie glauben, dieser morsche Seelenverkäufer könne ihnen eh nichts anhaben. Im besten Fall greifen sie sogar die Fregatte an, weil sie aufgrund der Flagge denken, es wäre ein Frachter. Wenn sie ihren Irrtum bemerken, etwa weil an Bord keine unterernährten Phillippiner herumlaufen, sondern schwerbewaffnete Soldaten: Zack!

Ach so, es ging gar nicht darum, die Schurken zu überlisten, sondern die eigene Bevölkerung? Hätte ich mir ja denken können. Der SoziUnion in Berlin geht angesichts des näherrückenden Wahltermins die Muffe bei dem Gedanken, dem Urnenpöbel noch einen Militäreinsatz schmackhaft machen zu müssen. Also überlegen sie sich, Schiffe mit der Flagge des - bereits genehmigten - "Atalanta"-Mandats zu versehen, um sie dann im Rahmen des - in keinster Weise genehmigten - Nato-Einsatzes zu verwenden. Das ist der klassische Fall dessen, was gerne mit der Floskel "Mogelpackung" bezeichnet wird (*pling*, 50 Cent ins Phrasenschwein). Wir schicken unsere blauen Jungs in den Kampf, wie es uns passt, schließlich sind die zu erwartenden Opfer ja bloß Verbrecher. Oder Terroristen? Vermutlich beides.

Aber wenn ich's recht bedenke: Hut ab, der Plan ist fast noch schlauer als meiner. Und ebenfalls ausbaufähig: Man könnte den Einsatz der KSK-Krieger in Afghanistan (der übrigens auch noch nicht öffentlich diskutiert wurde) unter der ISAF-Flagge laufen lassen. Ist zwar nicht dasselbe, aber immerhin in derselben Gegend. Oder die Kampftruppen der "Quick Reaction Force" unter der Flagge des KFOR-Einsatzes, schließlich klingt die Abkürzung QEF ja irgendwie kosovarisch.

Man sieht: Auch ohne lange Parlamentsdebatten lassen sich Truppen in den Kampfeinsatz schicken. Man muss nur wollen - und ein bißchen, nun ja, kreativ sein. Klar Schiff zum Gefecht!

Der brutalstmögliche Hierbleiber

Na, da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens - Roland Koch wird wohl doch nicht, wie vom "Stern" berichtet, noch in diesem Jahr zum EU-Kommissar. Ohnehin wäre es besser gewesen, ihn nicht nach Brüssel, sondern in die Wüste zu schicken, aber der brutalstmögliche Aufklärer wird wohl in Wiesbaden bleiben. Er selbst wird sicherlich keine Lust haben, Mitglied der EU-Kommission zu werden - es gibt dort einfach zu viele Ausländer.

Also eine typische "Stern"-Ente? Misstrauische Zeitgenossen könnten die Heftigkeit der Dementis aus Berlin und Wiesbaden als Indiz dafür werten, dass die Geschichte doch einen wahren Kern haben könnte. Schließlich sind die Tage von Franz-Josef Jung als Verteidigungsminister wohl gezählt, und dieser Mann, der zufälligerweise aus Hessen stammt, braucht für die Zeit nach der Bundestagswahl ja schließlich auch einen Posten, oder?

Gleichwohl erscheint es mir unverständlich, dass diese Entscheidung darüber offenbar in Berlin liegt. Denn: Was ist mit dem Mandat, das der hessische Wähler - es fällt mir wirklich schwer, das zu schreiben - Koch immerhin erteilt hat? [Kurze Pause, um mich gepflegt zu übergeben.]

Ja, ich weiß, wir leben in einer Parteiendemokratie und die meisten Wähler entscheiden sich für die jeweilige Partei und nicht für den Kandidaten. Aber nichtsdestotrotz, liebe Hessen: Ihr habt Koch gewählt, also müsst ihr ihn auch die vollen fünf Jahre ertragen. Denn Strafe muss sein; so leicht werdet ihr ihn jetzt nicht los! Da müsst ihr ihn schon selbst verjagen.

Aber denkt daran: Wüste, nicht Brüssel.

Montag, 16. Februar 2009

O tempora, o mores!

Historiker und Archäologen haben herausgefunden, dass schon die ollen Wikinger im wahrsten Sinne des Wortes mit Billigprodukten zu kämpfen hatten, die einen Tag nach Ablauf der Garantie kaputt gingen. Schwerter waren es, die trotz eingenähtem Etikett eingeritztem Logo nicht vom berühmten Ulfberth, sondern wohl von Rubens Reste-Rampe stammten. Damit dürfte letztlich geklärt sein, warum die Wikinger-Raubzüge im 11. Jahrhundert plötzlich endeten. Schade, dass die Wikinger keine Zeitungen hatten ("Skandal - Jeder vierte Nordmann mit Billigschwert unterwegs"; "Häuptling Sven Schwarzzahn spricht auf Gipfeltreffen mit König Blaubart Problem der Produktpiraterie an"; "Engländer überschwemmen Markt mit kopierten Trinkhörnern").

Ich freue mich auf weitere Entdeckungen. Als nächstes finden die Forscher noch heraus, dass die seinerzeit verkauften "echten Splitter vom Kreuze Christi" in Wahrheit vom Brennholzstapel des Vatikans stammten. Oder dass der heilige Hyazinth, gemessen an der Zahl der kursierenden Reliquien, offenbar über so viele Fingerknöchelchen verfügte, dass er einen ziemlich monströsen Anblick dargestellt haben muss. Man darf gespannt sein.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Endlich: Papst spricht Klartext!

Okay, zugegeben: Die katholische Kirche hatte schon mal mit größeren Bedrohungen zu kämpfen als mit Bruder Williamson. In früheren Zeiten gab es mitunter zeitweise gar keinen Papst - oder derer gleich drei. Dann kam Luther, der Sausack, und nahm den Katholen die Hälfte ihrer Schäfchen weg. Der Vatikan verlor irgendwann 99 Prozent seines Territoriums, und Judenpogrome sind neuerdings verboten.

Aber wahrlich, ich sage euch: Der Streit zwischen Heiligem Stuhl und Piusbrüdern ist auch nicht von Pappe. Eine hohe Zahl an Kirchenaustritten, massive Kritik von allen Seiten, sogar auf den Kanzeln wird offen gegen Seine Unfehlbarkeit gelästert. Benedikt XVI. selbst schweigt eisern und lässt seine Schergen die Öffentlichkeitsarbeit erledigen - aber das reicht allmählich nicht mehr, zu groß wird der öffentliche Druck; Ratze muss klar Stellung beziehen, wenn er verhindern will, dass sich die Krise zu einer dauerhaften Beschädigung seines Vereins nach sich zieht - und heute, endlich, hat sich Papst Benedikt XVI. geäußert! Erleichterung! Jubel! Hosianna! Und zwar rief er in seiner Generalaudienz
die Christen zu neuer „Empfindsamkeit“ für die Gegenwart Gottes auf. Heute seien die Menschen dafür vielfach unempfindlich geworden. Benedikt XVI. erinnerte in einer Meditation an die Gestalt des Johannes Klimakos, der als Mönch zu Beginn des siebten Jahrhunderts auf dem Sinai lebte und vor allem in der Orthodoxie verehrt wird. Damit nahm der Papst wieder die Vorstellung bedeutender Kirchenschriftsteller während der Generalaudienzen auf, die er im Sommer für eine 20-teilige Vortragsreihe über den Apostel Paulus unterbrochen hatte. Johannes Klimakos, der mit seinem Leben als Mönch nach den Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe gestrebt und diesen Weg als Autor beschrieben habe, könne Vorbild auch für die Gegenwart sein. (Aus einer Meldung der Katholischen Nachrichtenagentur kna, u.a. hier.)
Na also! Gut gebrüllt, Löwe! Noch jemand Fragen? Möchte sich jemand bei Ratze entschuldigen? Nach diesem Machtwort dürfte nun endlich auch dem letzten Zweifler klar sein, wie der Papst zu der Angelegenheit steht!

Damit dürfte die Krise überstanden sein... was, für Sie nicht? Sie gehören auch zu diesen Unempfindlichen, diesen Ketzern, was? Na, warten Sie's ab - in der Hölle wartet das Gesamtwerk von Johannes Klimakos auf Sie!

Und zwar vorgetragen von Richard Williamson.

Dienstag, 10. Februar 2009

Grüßaugust zu sofort gesucht, Alter und Werdegang unwichtig, gute Bezahlung

Es ist vollbracht: Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg* ist neuer Wirtschaftsminister. Und überall werden Stimmen laut, ob der Mann dafür denn wohl geeignet sei. Alles halb so wild, versucht SPD-Vize Peter Struck Ruhe in die Debatte zu bringen: Der 37-Jährige werde sich "schnell einarbeiten", so der sozialdemokratische Pfeifenkopf, die "wesentlichen wirtschaftlichen Fragen" würden eh "vom Finanzminister bearbeitet werden", also wie bisher. Donnerwetter - offenbar ist der Job also gar nicht so schwer, wie man immer vermutet hat. Und wenn ein gelernter Müller das schafft, warum nicht jemand, dessen Vorfahren einst Müller besaßen? Tatsächlich ist es für die Union vollkommen drittrangig, ob Guttenberg geeignet ist: Er ist CSU-Mann, er ist verfügbar - das reicht.

Man muss sich ja mal von dem Gedanken frei machen, die Besetzung von Ministerposten hätte in erster Linie etwas mit fachlicher Qualifikation zu tun. Glos selbst war schließlich ein schönes Gegenbeispiel, es gibt aber auch andere: Das muntere "Stühlchen wechsel' dich"-Spiel hat auch ohne spektakuläre Rücktritte Tradition. So wechselte Finanzminister Gerhard Stoltenberg1989 im Zuge einer Kabinettsumbildung kurzerhand ins Verteidigungsministerium. Klar, wer mit Geld umgehen kann, kann auch mit Panzern umgehen. Horst Seehofer war unter Kohl erst Staatssekretär im Arbeitsministerium, dann Gesundheitsminister und dann - nach einer Denkpause - Landwirtschaftsminister (to be continued). Hans Matthöfer war nacheinander Forschungs-, dann Finanz- und schließlich Postminister. Selig ist, wer daran glaubt, dass jeder dieser Männer ein Hans Dampf in allen Gassen war.

Aber ich will beim aktuellen Fall bleiben. Das Verfahren ist immer dasselbe: Nach einer Wahl wird in den Koalitionsverhandlungen um die Ministerien gepokert, d. h. das Kabinett wird fein säuberlich zwischen den künftigen Koalitionspartnern aufgeteilt. "Pokern" ist hier ein Euphemismus für "Schachern"; denn das Gezerre um die Pöstchen stelle ich mir in etwa so vor wie eine Handvoll Jungs auf dem Schulhof, die mit Panini-Fußballerbildchen handeln. So kommt es dann etwa dazu, dass das Wirtschaftsressort an die CSU geht.

Kompliziert wird es dann, wenn es personelle Querelen gibt. Denn die CSU bekam das Wirtschaftsressort 2005 nicht zuletzt deswegen, weil Ede Stoiber es übernehmen sollte. Er hatte immerhin die Kompetenz-Kompetenz; bekam dann aber doch Fracksausen, woraufhin ein Parteikollege ranmusste. Superman Seehofer befand sich - man mag es heute kaum glauben - seinerzeit auf dem politischen Abstellgleis; Beckstein kam nicht in Frage - da muss man nicht viel erklären - und alle anderen hingen entweder im Spendensumpf drin oder konnten nicht nach Berlin, da sie ihre Führerscheine wegen Trunkenheit am Steuer abgeben mussten. Also nahm man denjenigen, der verfügbar war: Michi Glos. Der wollte zwar auch nicht, machte es aber trotzdem. Armer Kerl. Hat sich bestimmt mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, Minister zu werden. Wahrscheinlich musste Merkel ihn mit vorgehaltener Waffe dazu zwingen.

Und jetzt dasselbe Spiel von vorn - Amtsinhaber weg, Nachfolger gesucht. Und man sieht: Selbst wenn ein Ministerstuhl einer bestimmten Partei "gehört", heißt das noch lange nicht, dass innerhalb dieser Partei der geeignetste Kandidat ausgewählt wird. Nein, da werden andere Prioritäten gesetzt - schließlich wird in einem halben Jahr gewählt, und man will ja nicht die "guten" Leute verbrennen, zumal das Wirtschaftsministerium dann für die CSU wohl wegfallen wird. Also schickt man Kalle-Theodor ins Rennen, der ist noch jung genug, um auch nach September weiter an seiner politischen Karriere basteln zu können. Es hätte auch das Umwelt-, Verkehrs- oder Verteidigungsministerium sein können, das ist völlig wurscht.

Allerdings: Im Verteidigungsminiisterium möchte ich nun wirklich keinen Adligen haben.

* Der Name "Wilhelm" wurde in diesem Zusammenhang offenbar dazuerfunden - siehe Bildblog.

Montag, 9. Februar 2009

Das war ja klar wie Glosbrühe

Nun, es war ja abzusehen, dass Glos letztlich doch seinen Willen bekommt und nun abserviert wird. Wer kann schon einen Wirtschaftsminister gebrauchen, der weder Bock noch Ahnung hat. Ich hätte es zwar besser gefunden, wenn man ihn zum Weitermachen gezwungen hätte - etwa durch Anketten am Schreibtisch. Und auch wenn er auf beleidigt geschaltet und keinen Finger mehr gerührt hätte - es wäre kein Unterschied zu vorher zu spüren gewesen.

Die eine Notlösung geht, eine andere kommt - denn die Union hat im schwindenden Personalpool der CSU schon einen Nachfolger herausgekramt: Karl-Theodor zu Guttenberg wird neuer Glos! Oh je: Ein 37-jähriger Yuppie, und dann noch nicht einmal ein profaner "von", sondern sogar ein "zu"! Das kann ja heiter werden. Erinnerungen an Otto Graf Lambsdorff werden wach. Adlige an der Spitze des Wirtschaftsressorts - was blüht uns da? Merkantilismus? Aufschwung durch massenhaften Bau von Schlössern? Oder gar Leibeigenschaft?

Ach, ich vergaß: Letztere ist schon längst eingeführt. Heißt heute nur anders, nämlich "Zeitarbeit".

Sonntag, 8. Februar 2009

Zu blöd, ein Loch in den Schnee zu . . .

Armer Michael Glos - nicht einmal die Brocken hinzuschmeißen kriegt er vernünftig auf die Reihe. Die gerechte Strafe: Er muss bis Herbst Minister bleiben. Obwohl er auf sein Amt so absolut überhaupt keinen Bock hat, wie wir alle schon seit Jahren wissen.

By the way: Es ist ja klar, dass in Regierungskabinetten die Ministerposten nicht etwa nach Kompetenz, sondern nach Parteibuch vergeben werden und daher die CSU für eine etwaige Neubesetzung des Wirtschaftsressorts zuständig ist. Kurz gesagt: Der Wirtschaftsminister muss komischerweise aus Bayern kommen, zumindest bis zur nächsten Wahl. Und die Bayern sind ja nun ein Völkchen, dass lieber unter sich bleibt - aber dass Glos erstmal Seehofer um die Entbindung von seinem Posten bittet und seine direkte Chefin Merkel nur mal eben davon in Kenntnis setzt, das ist schon ein starkes Stück. Oder hat er es gezielt so gemacht, damit Merkel ihn feuern muss, um ihre Autorität zu wahren? Und um ganz sicher zu gehen, ist er noch einem Polizisten über den Fuß gefahren, in der Hoffnung, dass die Medien daraus ein Skandälchen kochen und seinen Rücktritt fordern? Nee - einen solch brillanten Plan auszuhecken traue ich ihm eher nicht zu.

Nun denn, Michi, auf geht's! Zähne zusammenbeißen und ab an den Schreibtisch, morgen früh um acht! Schließlich müssen wir alle arbeiten. Und wenn du, der Wirtschaftsminister, dich schon mitten in der größten Wirtschaftskrise seit drei Millionen Jahren verpissen willst, dann sag' doch bitte ehrlicherweise, wieso. Auch wenn wir alle wissen, dass es daran liegt, dass du überhaupt keinen Plan hast und nix von all dem kapierst, was um dich herum geschieht. Aber dieses gestelzte Gebrabbel von wegen Neuanfang hält man ja im Kopf nicht aus.

Freitag, 6. Februar 2009

Neue Umfrage: Der Papst, unglückliches Opfer der Umstände

Die Debatte um Papst Benedikt XVI., Richard Williamson und die Piusbrüder entwickelt sich allmählich zu einer Groteske, nur leider weniger witzig, wenn man bedenkt, worum es hier geht. Mittlerweile scheint ja jeder Pfaffe, der etwas auf sich hält, seinen Senf zu der Diskussion beizusteuern. Einig sind sie sich nur, dass der Papst unschuldig ist. Also, wer ist dann schuldig? Dazu gibt's die neue Umfrage. Ich habe, gewissermaßen als Denkanstoss, mal die schönsten Aussagen zusammengesucht, konnte mir aber deren Kommentierung nicht verkneifen - weshalb man mir ein manipulatives Vorgehen vorwerfen könnte, aber des is' mir wurscht. Alsdann:
  • Pater Franz Schmidberger aus der deutschen Pius-Zentrale zu Angela Merkels Kritik am Papst wegen der Williamson-Affäre: "Sie versteht das nicht, sie ist ja auch nicht katholisch." -- Aha. Heißt das im Umkehrschluss: Um Verständnis für Antisemitismus zu haben, muss man katholisch sein? Ich habe es geahnt.
  • Derselbe, ein paar Sätze später: Mohammed sei nach heutigen Maßstäben ein Kinderschänder, da er "mit einem Mädchen geschlechtlichen Umgang gepflegt" habe. -- Das mag ja sein. Aber was hat das denn jetzt mit der Holocaust-Debatte zu tun? Wenn einem gar nichts mehr einfällt, wechselt man einfach das Thema ("Schau mal! Ein dreiköpfiger Affe!")? Oder ist das Schändliche daran der Umstand, dass es sich um ein Mädchen handelte?
  • Berhard Fellay, Generaloberer der Pius-Bruderschaft: "Es ist schändlich, ein Interview über religiöse Angelegenheiten zu benutzen, um darin kontroverse Fragen anzuschneiden mit dem Ziel, die Tätigkeit unserer religiösen Gemeinschaft zu verleumden." -- Vielleicht hat er's nicht so mit moderner Technik oder ihm fehlt ein brauchbares Wörterbuch, aber es ist verdammt schwierig, mit einem Interview - also mit O-Tönen - jemanden zu verleumden.
  • Maximilian Krah, Anwalt der Piusbruderschaft: "Wer von einem schwedischen Fernsehsender auf Englisch interviewt wird, kann nicht automatisch davon ausgehen, dass das Interview in Deutschland ausgestrahlt wird." -- Jetzt geht es also schon gar nicht mehr um die Frage, ob das Leugnen des Holocaust schlimm ist, sondern darum, dass die gottlosen Schweden natürlich petzen mussten. Zur Hölle mit ihnen!
  • Aus einem internen Vatikan-Report, den eine schwedische Zeitung zitiert: Das Interview sei eine "bewusst gestellte Falle für Seine Heiligkeit Benedictus XVI." gewesen. Von wem eigentlich? Ganz einfach ...
  • ... von denen, die schon per definitionem an allem Schuld sind: den Frauen. Der Standpunkt Williamsons zum Holocaust sei den Schweden von der "sehr bekannten französischen Aktivistin und Lesbierin" Fiametta Venner zugespielt worden. Das ist einfach zu köstlich! Für die verklemmten alten Männer im Vatikan ist wieder einmal das erbsündige Weib der Inbegriff des Bösen, und die Steigerung des vom Teufel besessenen Frauenzimmers ist natürlich das lesbische Frauenzimmer. So entrückt sind die selbsternannten Hirten doch noch nicht, dass sie nicht auch typisch männliche Komplexe zur Schau stellen. (Wohlgemerkt: Das Schreiben kursiert im Vatikan, nicht bei den Piusbrüdern.)
Das könnte man noch seitenlang weiterführen. Leider wird mir allmächlich etwas übel. Deshalb überlasse ich die Beteiligten wieder ihrer obskuren Mittelalterromantik, greife zu Chips und Bier und warte auf die nächste Runde.

Ach, und wer das berühmte Interview noch einmal sehen möchte, solange es noch zu sehen ist:



[Quellen: Spon, SZ, nochmal SZ]

Mittwoch, 4. Februar 2009

Schön, wenn man sich mal einig ist

Der Schnulzensänger Roland Kaiser hat heute in Hannover sein neues Album vorgestellt, das sich offenbar ganz gut verkauft. Gegenüber Pressevertretern sagte er, er könne sich seinen Erfolg nicht erklären.

Um ganz ehrlich zu sein: Da sind wir schon zwei.

Flieger, grüß mir die Gummizelle

Boah, die Tempelhof-Fans in Berlin sind wirklich schlechte Verlierer. Zur Erinnerung: Da fahren diese Freaks eine jahrelange Kampagne zum Erhalt des hochdefizitären Stadtflughafens, haben sogar die fast allmächtige Springerpresse auf ihrer Seite - und dann scheitert das von ihnen initiierte Volksbegehren, weil trotz aller Propaganda, Schlammschlachten und Intrigen die nötige Zahl an Pro-Stimmen von 25 Prozent der Wahlberechtigten nicht erreicht wurde. Alles vergebens. Und weil nicht sein kann, was nicht sein darf, greift der Verein nun zum ultimativen Mittel: Einem *trommelwirbel* Volksbegehren zur Absetzung des Senats und für Neuwahlen.

Denn am Scheitern des groß angelegten Tempelhof-Volksbegehrens muss ja irgendjemand die Schuld haben, irgendwelche finsteren Mächte zumal; es ist schließlich undenkbar, dass es einem Großteil der Berliner ganz recht oder zumindest scheißegal ist, wenn das finanzielle schwarze Loch namens "Tempelhof" in der ohnehin schon hoffnungslos leeren Berliner Stadtkasse ein für alle Mal gestopft wird. Nein, es ist natürlich sonnenklar, wer mit seinen perfiden Machenschaften für das Debakel verantwortlich zeichnet: Das dunkelrote Imperium, der rot-rote Senat mit dem Oberbösewicht Darth Wowereit. Wer sonst. Alles Kommunisten. Sie wollen uns in den Wahnsinn treiben. Was, wahnsinnig? WIR SIND NICHT WAHNSINNIG! SAGEN SIE DAS NICHT NOCHMAL!

Zwar hat der rot-rote Senat 2006 überhaupt erst die Möglichkeit zu derartigen Volksbegehren geschaffen, aber - so die geistig nicht gerade abgehobenen Tiefflieger, das Verfahren mittlerweile "politisch diskreditiert". Wodurch? Der Senat habe, so der Verein "Thema Tempelhof", das Votum von 530.000 Tempelhof-Befürwortern „politisch nicht aufgenommen“. Ähm - doch, hat er; und er hat gesehen, dass es angesichts von knapp zweieinhalb Millionen Wahlberechtigten nun einmal nicht genug waren. Und das Ergebnis wird, so das Gesetz, an dieser Gesamtzahl gemessen - schließlich soll es ein Volksbegehren sein und nicht ein Cliquenbegehren.

"Skandal und Schande", quakt der Verein auf seiner Internetseite; auf der er auch eine obskure Kosten-Uhr mit einem völlig aus der Luft gegriffenen Eurobetrag, den die Schließung von Tempelhof kosten würde, rattern lässt und für diesen ebenso perfiden wie ausgelutschten Propagandatrick von mir fünf Milloy-Punkte bekommt. Der eigentliche Skandal und die größere Schande sind aber eher, wie hier mit demokratischen Instrumenten umgegangen wird. Nun soll die Regierung gestürzt werden, weil eine Handvoll durchgeknallter Traditionalisten ihren geliebten Flughafen behalten wollen.

Mein Tipp: Baut ihn euch doch auf eurer Modelleisenbahn nach. Was, eure Gummizelle ist dafür nicht groß genug? Verstehe. Wie wär's dann mit einem weiteren Volksbegehren mit dem Ziel, dass alle anderen für verrückt erklärt werden und euer Verein die alleinige Weltherrschaft vom Tempelhof-Terminal aus ausübt? Klingt gut? Dann ist es wohl wieder Zeit, die Tablettendosis zu erhöhen.

Aber schön der Reihe nach, erst kommt mal das Volksbegehren für Neuwahlen *seufz*. Na denn, faites vos jeux - und die Springerpresse wird auch hier sicher wieder eifrig mitmischen. Bin ich froh, dass ich kein Berliner bin.

Dienstag, 3. Februar 2009

In Nomini Papi

Unlängst blies die katholische Nachrichtenagentur KNA eine Nachricht in die Welt, die nicht nur völlig banal, sondern auch deutlichst als PR-Meldung zu erkennen war. Papst Benedikt, so ließ ein Vatikan-Sprecher angesichts des selbst angefeuerten Hypes um die päpstlichen Youtube-Videos verlauten, würde auch privat surfen. Mit einem jovialen Grinsen, das auch in der Textfassung unverkennbar war, fügte er hinzu: Er wisse nicht, welche Seiten der heilige Vater besucht; aber dieses Verhalten bezeuge doch, wie modern Benedikt sei.

Ich habe mir damals ob der völligen Irrelevanz dieser Meldung einen Kommentar dazu verkniffen, obwohl es schon sehr verlockend war, Mutmaßungen darüber anzustellen, welche Webseiten der Papst abends nach der Vesper besucht. Das wäre unter Umständen auch ein schönes Voting geworden. Außerdem stellt sich die Frage, ob Benedikt das überhaupt darf: Für derartige Blicke in die Kristallkugel wurde man früher gegrillt.

Auch als der Pius-Bruder Richard Williamson, der behauptete, es hätte keine Gaskammern und keine Judenvernichtung gegeben, vom Ex-Ratzinger wieder in den muffigen Schoß der Mutter Kirche aufgenommen wurde, habe ich mir ein Posting erspart. War zu offensichtlich: Ehemaliger Hitlerjunge rehabilitiert Holocaust-Leugner. Und außerdem schien dieser Schritt nur konsequent: Eine Organisation wie die katholische Kirche, die unter Hitler die Klappe gehalten hat, muss ja froh sein um jeden, der behauptet, es wäre damals gar kein Verbrechen geschehen. Überhaupt: Wer bin ich schon, um Kritik am Vatikan zu üben? Schließlich haben die Katholen jahrhundertelange Erfahrung mit Judenpogromen, und ich bin da nur Laie, in jeder Hinsicht. Der Papst hingegen ist bekanntlich unfehlbar, und Gottes Wege sind untergründig. Oder hieß es "unergründlich"? Egal.

Das Gebaren des heiligen Stuhls nimmt indes allmählich doch wirklich beängstigende Züge an. Eine Entschuldigung des Papstes für die Rehabilitierung Williamsons und die Ernennung eines Gerhard Wagner, der Harry Potter für Teufelswerk und die Zerstörung New Orleans' durch den Hurrikan "Katrina" für Gottes gerechte Strafe hält, zum Weihbischof von Linz habe ich bislang nicht vernommen. Nun gut - wir wissen ja, dass der Heilige Stuhl in der Regel etwas länger braucht, um zu bestimmten Einsichten zu gelangen. Dafür versuchen sich seine Büttel eilfertig in Erklärungsschemata. Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper räumte im Fall Williamson Fehler im "Management der Kurie" ein, die er mit "Besorgnis" beobachte. Aha - jetzt sind die niederen Chargen schuld; die Siegelkleber und Bibelabschreiber in der Verwaltung. Da ist wohl das Formular für die Aufhebung der Exkommunikation mit dem für die ewige Verdammnis verwechselt worden.

Der Kölner Kardinal Meisner erklärte, der Bohei um Williamson habe „leider das eigentliche Anliegen des Papstes“, die Kircheneinheit, überlagert. Das ist ja auch viel wichtiger. Denn einig war man sich lange nicht mit der bis dato geschassten Piusbruderschaft, zu der Williamson gehört. Die hatte nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 60ern mit Rom gebrochen, da dort ein verstärkter Dialog mit Andersgläubigen beschlossen wurde. Also auch mit Juden. Ein Bischof aus der Pius-Clique sagte in der aktuellen Debatte: „Wir ändern unsere Positionen nicht, aber wir haben die Absicht, Rom zu bekehren und den Vatikan hin zu unseren Positionen zu bringen.

Eieiei. Wenn das mal nicht nach Gegenpapst, gegenseitiger Verdammung und Kreuzzug riecht. Benedikt, der Krampf geht weiter.

Edit: Aus was für Brüdern die Bruderschaft besteht und dass Williamson kein Einzelfall ist, lässt sich hier nachlesen.

Montag, 2. Februar 2009

Kombiniere, Dr. Watson . . .

Na Gott (oder wer auch immer) sei Dank - Bernd das Brot ist wieder da! Für alle, die vor einigen Tagen die Nachricht überlesen haben: Eine zwei Meter hohe und 175 Kilogramm schwere Figur des KiKa-Brots war von Unbekannten in Erfurt geklaut worden - huch, 'tschuldigung, nicht geklaut, sondern entführt. Schließlich lebt Bernd ja. Kann sich jeder von überzeugen, der den KiKa einschaltet: Bernd spricht und bewegt sich.

Nun ist Bernd in irgendeinem Keller aufgefunden worden. "Er ist unverletzt", schreiben die beteiligten Beamten in ihrem Bericht. Hahahahahahahahahaha! Wusste gar nicht, dass Polizisten solche Scherzbolde sein können! Auch mit der Identifizierung habe man sich viel Mühe gegeben: "Wir wollten sichergehen, dass es nicht ein Doppelgänger ist." Bruuahaha! Ich schmeiß' mich weg! Ein Doppelgänger *schenkelklopf*!

Was für eine fidele Polizeiarbeit! Das schreit nach Fortsetzung, schließlich sind die Täter noch nicht ermittelt worden. Die ungewaschenen Hausbesetzer, die zunächst in Verdacht gerieten, weil denen ja nichts heilig ist, wollen es nicht gewesen sein. Aber man kann die Ruine, in der sie leben, ja mal vorsichtshalber trotzdem räumen, nur so auf Verdacht. Vielleicht finden sich dort entführte Comichefte und ein paar Scheiben Toast - das würde ja schon für eine weitere gar lust'ge Polizeimeldung reichen.

Bernd-Erfinder... ich meine: Bernds Vater Thomas Krappweis will damit auch nix zu tun gehabt haben. Von einer inszenierten PR-Aktion wisse er nichts - nur mitnehmen möchte er diesen PR-Effekt sicher gerne und gibt deshalb reihenweise Interviews: "Bernd findet Entführungen Mist, ganz besonders seine eigene.". Glucks, kicher. Motiv, ick hör' dir trapsen! Oder waren es die durchgeknallten Fans, die eine Unterschriftenliste für die sofortige Rückgabe der Figur gestartet haben (das könnte man beim kürzlich entführten Frachter ja auch mal versuchen)? Wer so etwas macht, damit eine riesige, hässliche Plastikskulptur wieder mitten die Erfurter Fußgängerzone zurückgebracht wird, dem ist alles zuzutrauen. Man denke nur an John Lennon.

Meine Vermutung aber lautet: Es war ein Polizist. Und zwar derjenige, der die zum Schreien komischen Pressemitteilungen verfasst. Der klassische Fall des Feuerwehrmannes als Brandstifter. Fall gelöst, zurück zu den Weltnachrichten.