Mittwoch, 30. September 2009

Ich muss schon sagen: Es weihnachtet sehr

Das ging schnell: Während ich nach dem Wahlabend erstmal mehrere Tage zur psychischen Regeneration brauchte, haben die üblichen Verdächtigen im Land der kommenden Regierungskoalition - noch vor deren Gründung - bereits ihre seit Monaten in den Schubladen liegenden Wunschzettel an die schwarze Nikolausine und ihren gelben Knecht Ruprecht präsentiert, der allerdings weniger die Rute als vielmehr das Steuersäckel schwenkt. Die Forderungen überraschen niemanden, es stellt sich eigentlich nur die Frage, was davon schon Weihnachten unterm Baum liegen wird und auf was die Lobbyisten noch bis zu ihrem Geburtstag - den sie vermutlich im Kanzleramt feiern dürfen - warten müssen.

Montag, 28. September 2009

... und alle so: Neeeiiiiiinnn!!!

So, die Wahl ist gelaufen. Während die einen immer noch fassungslos auf den Bildschirm starren oder sich weigern aufzustehen, nachdem sie sich gestern Abend in den Schlaf geweint haben, ist anderswo längst der Schampus leergemacht und das Aspirin eingeworfen worden. Mal von der Prämisse ausgehend, dass Merkel und Westerwelle gestern vor lauter Grinsen nicht die obere Hälfte des Kopfes abgefallen ist, sie also tatsächlich die Gewinner bleiben - wie ist das Ergebnis nun eigentlich zu deuten? Eine Analyse mit Fußballmetaphern.

Sonntag, 27. September 2009

In stiller Anteilnahme

Heute in den frühen Abendstunden verstarb nach langer, schwerer Krankheit unsere gute alte Tante SPD. Sie möge in Frieden ruhen. Von Beileidsbekundungen im Fernsehen bitten wir abzusehen.

Die Tante SPD war allerdings keine Erbtante – ihr inhaltliches Vermögen hat sie zu Lebzeiten sinnlos verprasst; ihre Erben werden wieder ganz von vorne anfangen müssen. Und das ist das Tröstliche an diesem dunklen Tag für alle Anhänger der SPD (ich spreche bewusst nicht von Sozialdemokraten): Wenn man mitten in der Talsohle steht, kann es nur noch aufwärts gehen.

Samstag, 26. September 2009

Captain, die Scanner erfassen einen Riss im Politik-Wahlkampf-Kontinuum

Ich teile ja nicht die Befürchtungen, dass der Teilchenbeschleuniger im Forschungsinstitut CERN, der demnächst wieder hochgefahren wird, tatsächlich die Erde vernichten wird. Ich habe viel, sehr viel mehr Angst davor, dass sich dieses NPD-Plakat aufgrund des ihm innewohnenden immensen Logik-Paradoxons in ein schwarzes Loch verwandelt.

Freitag, 25. September 2009

Den Überwachungsstaat in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf

Dieser zu Ende gehende Wahlkampf unterscheidet sich fundamental von allen vorausgegangenen. Nicht nur durch die von ihm ausgehende und schwer erträgliche Langeweile - darüber ist weißgott* genug geschrieben worden. Nein, ich rede von den vielen Katzen, die dieses Mal schon vor dem Wahltermin aus ihren verschiedenen Säcken gelassen werden: Es ist der Wahlkampf der auf diffusen Kanälen vorzeitig an die Öffentlichkeit gedrungenen Geheimpapiere, bei denen man mit dem Mitzählen kaum mehr hinterherkommt. Neuester Fall: Eine weitere feuchte "1984"-Fantasie aus dem Innenministerium.

Dienstag, 22. September 2009

Endlich: Weltregierung hört auf, geheim zu sein

Verschwörungstheoretiker fabulieren ja oft und gerne von einer geheimen "Weltregierung". Wird also Zeit, eine solche Institution auch höchst offiziell zu schaffen: Der britische Premierminister Brown schlägt die Weiterentwicklung der G20-Gruppe zu einer solchen Weltregierung vor. Finde ich gut: Endlich mal Schluss mit diesen irritierenden Umwegen, den Rest der Welt über undurchschaubare Konstrukte wie die Weltbank oder die WTO zu beherrschen. Machen wir's statt dessen ganz offiziell: Die selbsternannten "größten" zwanzig Wirtschaftsmächte bestimmen, wo's künftig langgeht; die restlichen 173 Staaten (Stand: 22. 9., 12:00) nehmen's klaglos hin. Sie dürfen vielleicht ein wenig Opposition spielen, aber wozu? Diese neue Weltregierung wird ja schließlich nicht gewählt.

Freitag, 18. September 2009

Wer hustet, stirbt - und wer keine Ahnung hat, behauptet

Nur mit bierernstem und hochseriösem Content kann man bekanntlich nicht allzu viele Surfer hinter dem Ofen hervorlocken - das wissen auch Leitmedien wie Spiegel Online, sueddeutsche.de oder Zeit online, weshalb sie regelmäßig auch Witzisches, lustige Spielchen oder unterhaltsame Quiz* anbieten, um den Traffic auf ihren Seiten in die Höhe zu treiben. Immer gut geeignet sind Artikel über Filmklischees: Sie machen den Verfassern Spaß, man tut niemandem damit weh und jeder kennt sie, hat aber trotzdem ein Wörtchen mitzureden und tut das interaktiv auch. Wenn der Autor aus Ignoranz allerdings selber Klischees bedient, wird's dann doch ein bisserl peinlich.

Donnerstag, 17. September 2009

Hanseatische Bauchpinselei

Die Axel Springer AG muss sich nicht länger grämen, dass die Übernahme von Pro7Sat1 seinerzeit nicht geklappt hat. Um reaktionäre Selbstbeweihräucherung auch via Bildschirm an den Mann bzw. die Frau zu bringen, gibt's ja schließlich die hilfsbereiten Nachbarn vom NDR. Der Videotext zum TV-Zweiteiler "Der Verleger", in dem es um das Leben von Axel Springer geht, las sich jedenfalls, als wäre er von Kai Diekmann persönlich diktiert worden:

Dienstag, 15. September 2009

Die Fortsetzung der Folter mit anderen Mitteln

Stellen Sie sich folgendes vor: Sie werden nichtsahnend während eines Auslandsaufenthalts aufgrund einer Namensähnlichkeit mit einem Al-Qaida-Terroristen festgehalten, vom CIA nach Afghanistan entführt und dort monatelang geschlagen und erniedrigt. Sie sind so verzweifelt, dass Sie in einen Hungerstreik treten, aber auch das hilft nichts. Die eigene Regierung kümmert sich einen Dreck darum, was die Verbündeten mit einem anstellen, hängt eventuell sogar selbst mit drin - und schließlich wird man nach einem halben Jahr irgendwo im Wald ausgesetzt, darf selbst sehen, wie man nach Hause kommt und muss feststellen, dass man von der größten Tageszeitung des Landes alle paar Tage an den Pranger gestellt wird. Was glauben Sie, wie es danach um ihre psychische Gesundheit bestellt sein würde?

Sonntag, 13. September 2009

Spiel mir das Lied von der tödlichen Langeweile

Wäre dieses TV-Duell der Kanzlerkandidaten der Showdown eines Westerns gewesen, hätte es ungefähr so ausgesehen: Die Pistoleros nähern sich nicht aus entgegengesetzten Richtungen auf der Hauptstraße, sondern kommen gemeinsam aus dem Saloon. In der Mitte der Straße stellen sie zwei Klappstühle auf, setzen sich gemütlich hin und klopfen sich erstmal stundenlang den Staub von den Klamotten. Anschließend starren sie sich noch viel länger an, kauen auf ihren Pfriemen herum und spucken dann und wann aus - das alles selbstverständlich ohne Musik von Ennio Morricone, dafür aber mit einer Menge abgestorbener Büsche, die ihnen um die Beine wehen. Und zum Schluss, nach geraumer Zeit, ziehen beide ihre Revolver - nicht blitzschnell, sondern langsam und bedächtig -, zielen aneinander vorbei und drücken ab - und aus beiden Waffen kommt ein Fähnchen geschossen, auf dem "BANG!" steht.

Samstag, 12. September 2009

Guido can't get no Satisfaction

Wie 2005 und 2002 schüttelt Guido Westerwelle sein Haar, weil er schon wieder nicht zum Kanzlerkandidatenduell eingeladen worden ist - er pocht gewissermaßen auf sein Recht auf Satisfaktion. Im Lauftext auf dem Infomonitor bei der Post, der eingerichtet wurde, damit die Leute, die eine halbe Stunde oder länger in der Schlange verbringen müssen, nicht zur Kettensäge greifen, lautet das dann so: "Westerwelle will sich duellieren!" Find' ich gut. Ich schlage Säbel vor. Meinetwegen auch Vorderlader. Bei Bedarf stelle ich mich auch gerne als Sekundant zur Verfügung.

Freitag, 11. September 2009

Im mittleren Osten nichts Neues

Heute ist der 11. September - Zeit für die jährliche Gedenkminute an jenen Tag vor acht Jahren, nach dem angeblich nichts mehr so sein würde wie zuvor. Und da Gedenkminuten manchmal ziemlich langweilig sein können, möchte ich an dieser Stelle ein paar Vorschläge machen, worüber man während dieser Zeitspanne so alles nachdenken könnte.

Donnerstag, 10. September 2009

Lieber schlecht kopiert als gut selber gemacht

Zwischendurch eine Folge aus der Reihe "Sternstunden des Lokaljournalismus". Dank digitaler Technik können Pressemitteilungen heute ja 1:1 auf die Zeitungs- resp. Onlineseite gecopyandpasted werden, was in manchen Redaktionen nachweislich auch gerne gemacht wird. Vielleicht könnte es manchmal aber auch nicht schaden, den PR-Text vorher wenigstens einmal durchzulesen - siehe das beigefügte schöne Beispiel einer Buchankündigung, die in dieser Form den Weg ins Blatt gefunden hat (Kürzungen von mir).

Montag, 7. September 2009

Bodycount's in da house

Nein, es folgt nun kein abgegriffener Vergleich der Kriegführung der Bundeswehr mit der im Ersten oder Zweiten Weltkrieg. Aber dennoch: Wie sich führende deutsche Soldaten verhalten, sobald man sie wieder auf einen Feind loslässt, macht mir allmählich richtig Angst. Nicht nur wegen des übelkeiterregenden Bodycount-Gefeilsches zwischen Verteidigungsminister Jung und dem Rest der Welt - nein, noch schlimmer dünkt mich ein offenbar rängeübergreifendes und hochgradig perverses Verständnis von Kriegführung, Komplizenschaft und Kommunikation.

Samstag, 5. September 2009

Neue Umfrage: Wer wird Bundestagsmeister 2009?

Tja, ist vielleicht wenig einfallsreich, aber bietet sich drei Wochen vor der Wahl ja geradezu an: Die klassische Sonntagsfrage. Also - wen gedenken Sie zu wählen? Keine Sorge, die Abstimmung bleibt anonym. Also von meiner Seite aus jedenfalls. Für das BKA und den Verfassungsschutz kann ich natürlich nicht sprechen. Und übrigens: Traditionell haben leben.universum.rest-Leser bei den Votings mehrere Stimmen - so auch hier, auch wenn's nicht viel Sinn ergibt. Sehen Sie's als Erst- und Zweit-, von mir aus auch Drittstimme. Oder als engere Wahl, falls Sie noch unentschieden (umgangssprachlich: eine Steinmeier-Lusche) sein sollten. Bitte klicken Sie jetzt, die Umfrage befindet sich wie immer rechts oben.

Freitag, 4. September 2009

Statt "Blut für Öl": Blut gegen Benzin

Das war knapp: Kampfpiloten der Nato ist es gelungen, in letzter Sekunde die von den Taliban geklauten - 'tschuldigung: gekaperten, wie es nun überall heißt - Tanklastzüge zu zerstören, bevor es den Aufständischen gelang, daraus Benzin abzulassen. Was hätten sie mit dem Zeug alles anstellen können: Ihre Panzer betanken, ihre Feuerzeuge auffüllen, ihre Bärte putzen. Da heisst es schnell handeln, auch wenn eigentlich klar war, dass der Beschuss von Tanklastern ein ziemliches Feuerwerk nach sich zieht und demzufolge der Kollateralschaden an "weichen Zielen" dieses Mal ungewöhnlich hoch ausfallen könnte - was er dann auch tat.

Herr Doktor - Klötzchen, überall Klötzchen!

Das ist mal ein interessanter Therapieansatz: Das Spielen von Tetris kann traumatisierten Menschen dabei helfen, die von durch schlimme Erlebnisse hervorgerufenen Erinnerungsanfällen - also Flashbacks - betroffen sind. Versuchen an einem neurowissenschaftlichen Institut zufolge kann das Spiel dabei vorbeugend wirken. Allerdings sehe ich dabei einen klitzekleinen Haken: Intensives Tetrisspielen kann ebenfalls traumatisierend wirken. Wer schon mal davon geträumt hat, von überdimensionalen bunten Klötzchen erschlagen zu werden, weiß, was ich meine. Um das dann wieder loszuwerden, muss man vielleicht was anderes spielen - vermutlich Solitär.