Samstag, 21. August 2010

Kampf der Lobbytanen

Die besten, weil unterhaltsamsten Nachrichten schreibt immer noch das Leben: Die CDU will die Mövenpick-Steuer wieder abschaffen, um die damit verfügbaren Einnahmen der Energielobby in den nimmersatten Rachen zu stopfen. Ich bin absolut dafür - vorausgesetzt, es wird für Chancengleichheit im nun ausbrechenden Streit um diese Haushaltsmittel gesorgt. Ich denke da an eine Gladiatorenarena.

Ich sehe es genau vor mir: Von rechts würden die aalglatten, gegelten und dauergewellten Hoteliers in die Kampfbahn geschlendert kommen, in gelbe Livrees gekleidet und mit scharfgefeilten Suppenkellen und klirrenden, schweren Schlüsselbunden bewaffnet. Von rechtsaußen treten ihnen die ganz in schwarz uniformierten Stromableser entgegen: Bedrohlich schwenken sie funkensprühende Starkstromkabelenden und Brennelementeknüppel. In der Mitte zwischen ihnen der Topf Gold, also die betreffenden Steuermilliarden.

"Ave Angie, lucrifacturi te salutant!" ("die sich bereichern wollen, grüßen dich"), rufen sie in Richtung VIP-Loge, bevor sie brüllend aufeinander losgehen. Die Hoteliers sind wegen ihrer jungen, knackigen Concierges und Empfangschefs zunächst im Vorteil; aber schon bald werfen die besser bewaffneten Energieschergen ihre jungen Azubis ins Gefecht, die aufgrund der frischen Luft und der Bewegung, die sie auf den vielen Pro-Atom-Demos, zu denen die Konzernleitungen sie abkommendiert hatten, bekommen haben, in beeindruckender körperlicher Verfassung sind. Nicht zuletzt die dritten Arme derjenigen Mitstreiter, die etwas näher am Reaktorkern arbeiten, machen sich nun bezahlt.

Aber schließlich besinnen sich die Gastrosoldaten auf ihre Wurzeln, etwa auf den Ursprung des Wortes "Lobby" und darauf, dass sie über einen unerschöpflichen Vorrat an Flaschen verfügen, die sie nun zerschlagen und mit den scharfzackigen Hälsen auf ihre Kontrahenten losgehen. Das Schlachtenglück wendet sich, der Boden tränkt sich mit verstrahltem Blut - als plötzlich die Pausensirene dröhnt und alle Akteure mit Merkel zum Mittagessen ins Kanzleramt verschwinden.

Danach geht das Geholze weiter, ohne die Imperatorin freilich, die sich auf unbestimmte Zeit krankgemeldet hat. Kurz, bevor die unabwendbare Niederlage eintritt, drehen die Energiebarone, die den Feind aus sicherer Entfernung mit Kohlebrocken bewerfen, einfach den Strom ab, das Licht geht aus - und dann prügeln sich die Ruhrpott-Kumpel mit ihren Grubenhelmen und -lampen durch die gegnerischen Linien. Die Mövenpicks greifen zu ihrem letzten Aufgebot und schicken ihre osteuropäischen Putzfrauen wischmoppschwingend in den Kampf, nachdem sie ihnen im Falle des Sieges zwanzig Cent mehr Gehalt versprochen haben (das gilt aber nur für den ganzen Monat, was die Damen aber nicht so genau verstanden haben).

Schließlich endet das tagelange Gemetzel, nachdem ein Fax aus dem Kanzleramt eintrifft, das besagt, dass beiden Gruppen ihre Subventionen nicht nur belassen, sondern sogar erhöht werden - und dafür stattdessen den Hartz-IV-Empfängern ein bisserl mehr wegnommen wird. Die, so die Überlegung, sind ja schließlich nicht am Kampf beteiligt, stellen also keine Gefahr dar - sie sitzen nur auf den Rängen und zeigen schon seit Stunden beiden Kampfparteien den nach unten gerichteten Daumen, was aber niemanden kümmert, am wenigsten die Imperatorin.

Dass andere allerdings schon vor den Toren der Arena stehen und entschlossen ihre Straßenbesenstiele und Hundekackeschaufeln greifen - tja, damit rechnen sie auch nicht.

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