Freitag, 27. März 2009

Die Sieg-Heilkunde der Esoterikspinner

Ihre Muskeln sollten hart sein wie Kruppstahl, sind tatsächlich aber labberig wie Götterspeise? Sie waren mal flink wie ein Windhund, aber heute ist ihr Fell struppig und hat seinen Glanz verloren? Dann wird es Zeit, sich um Ihre Gesundheit zu kümmern - und zwar mit der "Germanischen Neuen Medizin".

Um das Ganze mal kurz zu umreissen: Die GNM basiert auf fünf "biologischen Naturgesetzen", die nach Aussage ihres Erfinders Ryke Geerd Hamer sowohl für Amöben als auch für den gesamten Kosmos Gültigkeit besitzen. Jede Krankheit resultiere aus einem Schockerlebnis und sei tatsächlich gar keine Krankheit, sondern schon der Beginn des Heilungsprozesses. Krebs sei demzufolge "nichts Bösartiges", sondern ein "sinnvolles biologisches Sonderprogramm". Tumore verschwänden quasi von selbst, wenn der Patient nur die Zusammenhänge der germanischen neuen Medizin kapiere. Wer dann trotzdem an Krebs sterbe, habe dabei halt versagt. So wie das sechsjährige Mädchen, dessen Fall vor einigen Jahren Aufsehen erregte, weil seine Eltern, die an Hamers Theorien glaubten, mit ihm quer durch Europa geflohen sind und das Kind damit fast umbrachten.

So weit, so krank. Es gibt ja die merkwürdigsten Scharlatane, die mit der Verzweiflung von Schwerkranken Kasse machen. Das ist schon niederträchtig genug - aber was macht die "Germanische Neue Medizin" denn nun so germanisch? Sie haben es vielleicht schon geahnt: Die Juden sind mal wieder an allem schuld.

Hamer behauptet, die klassische Schulmedizin sei ein Werkzeug der Juden, mit dem sie angeblich täglich über 1000 Menschen in diesem Land umbringen. "15 Millionen Mitbürger aus Eurem Volke" seien so schon getötet worden, klagt er Unwissende an. Die Juden würden bei sich selbst die GNM anwenden und "zu 98 Prozent überleben" - "alle Nichtjuden" hingegen sollen gezwungen werden, die "idiotische jüdische Gutartig-Bösartig-Religionsmedizin zu erdulden". Dass seine Approbation längst entzogen worden ist, sei das Werk eines "obersten Medizinalrats der Juden" - anderswo landet man für so etwas in der Klapsmühle.

An Krebs zu sterben ist also gewissermaßen nicht deutsch. Was für ein übel riechender brauner Haufen Mist - da verwundert es nicht (bei diesem Namen schon gar nicht), dass es auch Verquickungen mit der Naziszene gibt. So soll die Website der NPD Sachsen-Anhalt Texte zur GNM enthalten haben; ein Passauer NPD-Lokalpolitiker hält nebenbei GNM-Seminare. Nun ja - Nazis, die an die Heilkraft der germanischen neuen Medizin glauben: das klingt doch gar nicht so verkehrt. Da können sie sich zur Abwechslung mal selbst schaden. Und wer trotz NS-Weltbild seinem Gehirntumor erliegt, der war dann wohl einfach nicht hart genug. Oder zu unarisch.

Er jedenfalls, so Hamer selbst, sei stolz darauf, dem "Volk der Dichter und Denker anzugehören". Wie enttäuschend muss es da sein, wenn's bei einem selbst mit dem Denken nicht so weit her ist.


Nachtrag: Wie wahnsinnig der Mann offenbar wirklich ist, lässt sich sehr schön hier nachlesen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mit dem Denken ist es nicht so weit her - etwas dichter könnte er auch werden.
Das Ganze erinnert mich an Scientology. Da sterben die Edlen auch nicht an Krebs, nur die Loser.

Yogi Impi hat gesagt…

Die Hartnäckigkeit, mit der sich antisemitische Resentiments halten wird nur noch durch deren inhaltlichen Schwachsinn überboten.