Sonntag, 7. Juni 2009

Nichtwähler stinken und haben kleine Pillermänner

Es ist ja schon wirklich rührend, wie sehr Politiker, Medien und Prominente den Leuten einzutrichtern versuchen, wie unglaublich wichtig es sei, wählen zu gehen. Sobald man die Glotze anwirft, die Zeitung aufschlägt oder auch nur den Kopf aus der Haustür steckt, sagt einem irgendjemand in bedeutungsschwangerem Unterton, dass man auf jeden Fall zur Europawahl gehen soll; wer das nicht tue, helfe den Rechten usw. Diese sicherlich gut gemeinten Aufforderungen sind ja schon irgendwie zum Kichern: Die Herrscher bitten verzweifelt die Beherrschten, das bisschen an politischer Mitwirkung, das sie ihnen zugestehen, doch bitte auch wahrzunehmen. Sonst funktioniert das Demokratiespielen nicht. Sonst bestünden Zweifel an der Legitimität der Herrschaft. Warum eigentlich?

Nicht zu einer Wahl zu gehen ist schließlich auch eine politische Aussage - nämlich die, dass einem scheißegal ist, welchen Einfluss andere auf das eigene Leben nehmen und das man sich nicht im entferntesten dagegen zur Wehr zu setzen gedenkt. Wenn also diese Leute nicht wählen gehen, klinken sie sich damit bewusst aus der politischen Willensbildung aus, müssen das dann auch hinnehmen und sollten konsequenterweise wenigstens anschließend auch das Jammern und Motzen über "die da oben" sein lassen. Andere Ausflüchte, etwa "war krank" oder "war unterwegs" zählen schon mal gar nicht: Man kann heute bekanntlich wählen, ohne das Haus zu verlassen, und das schon Wochen vorher.

An der Legitimität einer Regierung, eines Parlaments oder eines Rats ändert sich nichts, wenn seine Zusammensetzung nur auf den Stimmen von 40 Prozent der Wahlberechtigten beruht. Dies soll kein Plädoyer für das System der Parlamentarischen Demokratie sein, sondern eine schlichte Feststellung. Wer die zur Wahl stehenden Parteien und Kandidaten nicht wählen will, kann immer noch seine Stimme ungültig machen, indem er ein großes Kreuz quer über den Stimmzettel malt - das wäre wenigstens eine klare Linie. Wer wählt, muss sich hinterher vieles gefallen lassen, was ihm nicht passt. Wer nicht wählt, gibt sich gleich auf und lässt alles mit sich machen.

Die Warnung vor den Rechtsradikalen ist dabei ein alter Hut und sollte ihren Weg mittlerweile auch bis in die letzte Wohnküche gefunden haben. Neonazis profitieren auch, aber selbstverständlich nicht nur*, von niedrigen Wahlbeteiligungen - das sollte mittlerweile eigentlich jeder wissen. Wer also nicht wählen geht, muss wissen, was er tut; Nichtwähler wählen daher rechts. Punkt. So sollte man sie auch behandeln: Als asoziale Arschkrampen, denen es scheissegal oder vielleicht sogar ganz recht ist, wenn Neonazis an die Schalthebel der Macht kommen. Sie haben es verdient, bei jeder sich bietenden Gelegenheit dafür angepflaumt zu werden.

Anlässlich des 60. Geburtstag des Grundgesetzes feiert sich die deutsche Demokratie in diesem Jahr selbst. Tolle Demokratie, möchte man meinen, wenn die Mehrheit der Bürger - das ist absehbar - sich einen Dreck darum schert, wer in Brüssel und Straßburg die Weichen stellt und wenn Politiker und Medien dem Wähler erst erklären müssen, wozu das Ganze gut ist. Lächerlich. Erbärmlich. Zum Heulen und auch Kotzen.

Ich für meinen Teil gehe jetzt ins Wahllokal. Prost.


* In Sachsen etwa hätte die NPD 2004 auch dann die Fünf-Prozent-Hürde überschritten, wenn alle 1,4 Millionen Nichtwähler (40,4%) zur Wahl gegangen wären und für eine andere Partei gestimmt hätten.

2 Kommentare:

Herr Liebreiz hat gesagt…

Naja, natürlich - wie sollte es anders sein - verwehre ich mich als Nichtwähler. ;p ... http://herrliebreiz.blogspot.com/2009/06/nichtwahler-sind-auch-nur-wahler.html

Dr. No hat gesagt…

Das, was du in deinem Beitrag schreibst, unterzeichne ich sofort und vorbehaltlos... und die Parteien, die uns den ganzen Mist eingebrockt haben, haben beileibe auch kein Anrecht darauf, sich durch Stimmen von Leuten zu legitimieren, die sich durch die Aufrufe lediglich an ihrer staatsbürgerlichen Ehre gepackt fühlen.

Ich denke nur, überhaupt nicht zu wählen ist so als wenn man sagt: "Macht weiter so wie gehabt, ist okay für mich, ihr macht das schon."

Wenn man mit den zur Wahl stehenden Parteien nichts anfangen kann, bleibt immer noch die Möglichkeit, den Wahlschein durchzustreichen. Das ändert zwar leider nichts an den Anteilen der einzelnen Parteien - was eigentlich skandalös ist - wäre aber immerhin mal 'ne Aussage.

Ich stelle mir das Gesicht des Wahlleiters vor, wenn er bekanntgeben muss, dass 15% der abgegebenen Stimmen ungültig sind, gefolgt vom Politikprofessor, der das live erklären muss...