Ein weiterer G8-Gipfel, ein weiteres Festival der Lippenbekenntnisse. Dieses Mal weitgehend ungestört von ungewaschenen Protestierern konnten sich die selbsternannten Weltenlenker einmal mehr so richtig als Retter aufspielen. Nur wen retten sie? Hungernde Menschen sicher nicht, Kriegsflüchtlinge auch nicht und die Natur schon mal gar nicht.
Immerhin lässt sich gegenüber Heiligendamm ein Fortschritt verzeichnen. Hieß es damals noch, man wolle eine deutliche Reduzierung des CO2-Ausstosses "ernsthaft in Erwägung ziehen", so formulierten die Staatschefs nun eine konkrete Zahl: Der Ausstoss von Treibhausgasen soll bis 2050 um 50 Prozent reduziert werden. Klingt doll, ist aber Fantasterei: Erstens werden Indien, China und andere Schwellenländer da nicht mitziehen, was den USA das nötige Alibi liefert, sich ebenfalls auszuklinken; und zweitens werden schon heute die viel bescheideneren Ziele der Kyoto-Konferenz nirgends erreicht. An eine derartig deutliche Reduktion der CO2-Emissionen glaube ich nur, wenn bis dahin das Erdöl ausgeht.
Damit sind wir beim zweiten Punkt. In einem geradezu rührend anmutenden, gleichwohl zur Schau gestellten Glauben an die Regeln der Marktwirtschaft forderten die G8-Staatschefs die Ölförderländer auf, mehr Öl zu produzieren, um den Preis wenigstens einigermaßen stabil zu halten. Vielleicht wäre es in diesem Zusammenhang sinnvoll gewesen, Vertreter dieser Länder zum Gipfel einzuladen - zu den "wichtigsten Industrienationen", wie sich die G8-Staaten selbstherrlich titulieren, gehören Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Staaten sicherlich längst, denn ohne Öl keine Industrie. Naja, denken wir positiv: Wenn wir mehr Öl fördern, ist das Zeug früher als erwartet alle, und das wird uns der Planet danken. Wenn er die Kriege um die letzten Ölreserven überstehen sollte, heißt das.
Das Ganze betrifft aber nicht erst die Welt in 42 Jahren, sondern wohl schon Deutschland im nächsten (Wahl-) Jahr. Nachdem es die Viererbande der deutschen Energieversorger bislang nicht geschafft hat, mittels ihrer heimischen Lobbyisten und ihrer Medienpropaganda die Bundesregierung zu einer Rückkehr zur Atomenergie zu bewegen, versuchen sie es nun über den Umweg der Außenpolitik. Dass ausgerechnet Bush den Energiekonzernen den Andrack macht, um Merkel unter Druck zu setzen, verwundert nicht - dabei ist das wohl gar nicht nötig, denn bei ihr rennt man offene Türen ein. Der einzige Grund, weshalb der Ausstieg aus der Atomenergie noch nicht vollzogen wurde, ist die Scheu vor dem daraus folgenden Ende der Koalition. Feuer im AKW Krümmel hin, Verseuchung im Endlager Asse II her: Nach der nächsten Wahl wird die Rückkehr zur Atomenergie Inhalt des ersten Dokuments sein, das die Unionsspitze auf den Tisch legt.
War sonst noch was? Ach ja: Die Ankündigung, die Entwicklungshilfe aufzustocken. Selten so gelacht: Schon die in Heiligendamm großmäulig angekündigten Erhöhungen sind mittlerweile im Papierkorb gelandet. Für eine intensive Beschäftigung mit der globalen Nahrungskrise hat es dann wohl nicht mehr gereicht - man kann sich ja nicht um alles kümmern.
So endet erneut der globalpolitisch-postkoloniale Herrenclub-Abend samt Dame als ein Gipfel der Heuchelei. Bis zum nächsten Mal.
1 Kommentar:
Diejenigen, die den ganzen Schlamassel irgendwann zu verantworten haben werden, treffen sich heute zu ihren regelmäßigen Plauderunden, und wenn ihre biologische Uhr irgendwann einmal abgelaufen sein wird, werden unsere Kinder und Kindeskinder die Suppe auslöffeln müssen, die Ihnen eingebrockt wurde.
Was man dagegen tun kann? Die Leute, mit denen man darüber ins Gespräch kommt, bei jeder Gelegenheit versuchen wachzurütteln, damit die anfangen zu denken und selbst kritische Fragen zu stellen, und nicht die Parteien wählen, die weiterhin mit dem atomaren Feuer spielen, oder die den Planeten Erde an die Automobilkonzerne, Ölmulties und Energiemonopolisten verkaufen.
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