Montag, 31. Mai 2010

Yo! Respect, man!

Zu den abgegriffensten Floskeln der Mediensprache dürften die üblichen Respektbekundungen bei Rücktritten von Amtsträgern gehören. "Respekt für diese konsequente Entscheidung." "Dafür gebührt ihm Respekt." "Dieser Schritt verdient Respekt." Und so weiter. Meine Reaktion auf Rücktrittsnachrichten lautet in der Regel allerdings: "Na endlich! Wurde aber auch Zeit."
Im Falle von Hotte Köhler aber war ich selbst kurz davor, einen Satz wie "Ich zolle ihm dafür Respekt" abzusondern - einfach, weil ich es erfrischend finde, wenn jemand, der solchen Mist gebaut hat, dafür die Verantwortung übernimmt, ohne sich wochenlang mit Händen und Füßen und allerlei unlauteren Mitteln zu wehren. (Oder die Verantwortung einfach gar nicht übernimmt, wie Koch nach der Spendenlüge.) Aber wie gesagt: Dieser Moment des Respekts ging schnell vorüber. Er endete in dem Moment, in dem ich Köhlers Begründung gehört habe.

In seiner Erklärung drischt er bezüglich seiner "War for Profit"-Äußerungen die üblichen Phrasen - "Missverständnisse" seien aufgekommen, is' klar soweit, habe nichts anderes erwartet, natürlich haben ihn alle nur falsch verstanden blablabla. Aber dann kommt's: "Diese Kritik entbehrt jeder Rechtfertigung. Sie lässt den notwendigen Respekt für mein Amt vermissen."

Häh? "Respekt für das Amt" - wie soll der denn aussehen? Du sollst das Wort Hottes nicht in Frage stellen? Oder zumindest nicht auf die Goldwaage legen? Oder ganz kurz: Maul halten, sonst Majestätsbeleidigung? Da scheint jemandem das Amt ein wenig zu Kopf gestiegen zu sein. Über Respekt sabbeln sonst nur Rapper herum, aber von denen ist uns Bundeshorst weit entfernt: Rapper heulen nicht in der Öffentlichkeit, sondern nur auf dem Klo. Ihro Leberwurstigkeit klingt eher, als hätte er einen Nachhilfekurs in Mimosenhaftigkeit bei Westerwelle belegt. Von dem Mangel an Respekt, den Köhler selbst gegenüber Menschenleben in weniger wohlhabenden Weltregionen hegt, die dann seinen Äußerungen auch mal für deutsche Arbeitsplätze ausgebombt werden müssten, mal ganz abgesehen.

Nein, Respekt wäre das falsche Wort. Dafür war mir der Ex-Banker an der Spitze des Staates ohnehin immer zu suspekt. "Befriedigung" passt da besser: Ich nehme mit Befriedigung zur Kenntnis, dass einer unserer politisch Verantwortlichen den Hut nimmt, ohne dass man ihn mit einem Besen aus dem Amt prügeln musste, was ja ohnehin viel zu selten geschieht. Andere hetzen das ganze Volk aufeinander und dürfen trotzdem immer noch am parlamentarischen Rednerpult herumzicken.

Guidos dieser Welt - schaut auf diesen Horst!

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Carluv weint ihm auch keine Träne hinterher.

4 Kommentare:

Ulf hat gesagt…

Anna Chi für Germoney!

rauskucker hat gesagt…

Sehr schön geschrieben. Ging mir ähnlich.

Vor allem nehme ich mit Befriedigung zur Kenntnis, daß "wir" an dieser Entwicklung unseren Anteil hatten. Da ist noch mehr möglich!
siehe dazu
http://carta.info/28218/horst-koehler-ein-ruecktritt-unter-blog-mitwirkung/

Anonym hat gesagt…

"Respekt" ist ohnehin eines der am missverstandensten Wörter. Der inflationäre Gebrauch des Wortes macht das nicht besser.

Wenn sich morgen nur noch Menschen des Wortes erinnerten, die es auch verstehen, würde es plötzlich zu einem aussterbenden solchen.

Amtschimmel-Impi hat gesagt…

Ein weiterer Grund, das ganze Amt abzuschaffen.

Niemand braucht den Bundespräsidenten, er kostet nur Geld und sorgt im Zweifel nur für unnütze Arbeit.