Löblich war das Ansinnen der hessischen Mehrheit aus SPD, Grünen und Linkspartei, die Studiengebühren wieder abzuschaffen. Verwerflich dagegen die Machtspielchen eines Roland Koch. Was bislang aus dieser Geschichte wurde, ist vor allem eines: Ein Paradebeispiel dafür, dass in diesem Land - und damit meine ich nicht nur Hessen - Politik reiner Selbstzweck geworden ist. Das System ist in eine Art permanentem Wahlkampf erstarrt: Es geht nur noch darum, den politischen Gegner zu diskreditieren, ihm Inkompetenz und Handlungsunfähigkeit vorzuwerfen und damit seinen eigenen Allerwertesten so lange wie möglich im Amt zu behalten. Vollzug der Staatsgewalt, die unveräußerlich beim Volke liegt (Art. 70 der hessischen Verfassung)? Ein andermal - man kann sich ja schließlich nicht um alles kümmern.
Gut, das Ganze hat von Anfang an ein wenig merkwürdig - weil ungewöhnlich - gewirkt: eine parlamentarische Mehrheit beschließt ein Gesetz, ohne dass sie gleichzeitig auch die Regierung stellt. Nur folgerichtig, dass diese - im wesentlichen repräsentiert durch den an seinem Sessel klebenden Roland Koch - prompt zurückschlägt: Er könne das Gesetz nicht unterzeichnen, führte Koch genüsslich aus, da die Vorlage fehlerhaft sei. In der Tat fehlte im Text ein nicht unwichtiger Passus: der über den Termin für die Abschaffung der Studiengebühren nämlich. Koch wusste das bereits vor der Lesung im Landtag, schaute lächelnd zu, wie die parlamentarische Maschinerie in Gang gebracht wurde - und ließ sich am Ende seinen billigen Triumph nicht nehmen. Für diese Art der politischen Selbstbefriedigung bekommt er schätzungsweise 13.000 Euro im Monat, was ihm übrigens viel zu wenig ist.
Um so trauriger, dass es ausgerechnet Kochs im letzten Jahr verstorbener Vater Karl-Heinz war, der seinerzeit, nämlich 1949, die Abschaffung von Studiengebühren in Hessen erst erkämpfte. Ich würde ja zu gerne wissen, wie Karl-Heinz Koch reagierte, als seine missratene Brut die Gebühren 57 Jahre später unbedingt und trotz aller verfassungsrechtlichen Bedenken wieder durchprügelte. Wenn er das vorher gewusst hätte, hätte er den halbwüchsigen Roland vielleicht eher auf den Bau als an die Uni geschickt.
Aber auch die Opposition sieht nicht besonders gut aus. Dass sie sich überhaupt noch mit dem Reaktionär Koch abgeben muss, ist schließlich ihre eigene Schuld, weil die SPD - eingeschüchtert vom Wutgeheul der CDU und der Springerpresse - keine rot-grüne Koalition unter Duldung der Linken zustande bekommen hat. Im Ergebnis hat sie aber durch den Riesenbohei, der darum gemacht worden ist, ohnehin derart großen Schaden genommen, dass sie auch gleich mit der Linken hätte zusammenarbeiten können. Dann wäre der rechte Scharfmacher Koch längst da, wo er hingehört: Auf dem Kehrichthaufen der Geschichte.
Natürlich ist Koch ein "Trickser", wie die Opposition nun in ihrer halben Ohnmacht wütend ruft. Das entbindet sie zwar nicht von der Verantwortung für ihren ziemlich bescheuerten Fehler mit der Gesetzesvorlage, tut aber trotzdem gut, es mal auszusprechen. Mir fallen für Koch übrigens noch ganz andere Worte ein. Nebenbei bemerkt: Das ist doch mal ein Grund, sich über das Thema "Regierungsunfähigkeit" auszulassen. Möchten Sie von Leuten regiert werden, die zu blöd sind, einen Text per copy & paste zu übertragen? Die Antwort kann nur lauten: Eigentlich nicht, aber wenn die Alternative Koch heißt . . .
Letztlich wird das Gesetz von der rot-rot-grünen Mehrheit doch noch verabschiedet werden; da kann Koch heulen, mit den Zähnen klappern oder sich auf den Kopf stellen. Und als Pointe könnte er sich am Ende mit dieser Geschichte sein eigenes politisches Grab geschaufelt haben - denn SPD-Rebellin Dagmar Metzger überlegt sich jetzt doch, Andrea Ypsilanti ihre Stimme bei der Wahl des Ministerpräsidenten zu geben. Manchmal gibt es eben doch Gerechtigkeit in der Politik - man muss nur lange genug suchen.
2 Kommentare:
Wenn du mir meine Ente nicht wiedergibst, mach ich dein rotes Auto kaputt! Übelstes Kindergarten-Niveau ist das. Meine Erkenntnis: Hessen wird von kleinen rüpelhaften Jungs und zickigen Mädchen regiert ...
Ja, so läuft es anscheinend - ob nun in Hessen oder im Bund (Mehrwertsteuererhöhung gegen Nicht-Atomaustieg-rückgängig machen) oder etwa Hamburg (Elbvertiefung gegen Mitregieren-dürfen). Vielleicht sollte man für diese Art der Polit-Aufrechnerei den Begriff "Panini-System" prägen - beruht auch auf Tauschhandel, und wie genau sich der jeweilige Tauschwert berechnet, wissen nur die beiden Schulhof-Bubis selbst...
Gruß
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