Am 1. September soll also ein verbindlicher Einbürgerungstest für Migranten eingeführt werden, die die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten möchten. Ich dachte eigentlich, dieses Thema sei längst ad acta gelegt, schließlich wird in Hessen gerade nicht gewählt. Das Geschrei ist nun groß, weil Innenminister Wolfgang Schäuble den Test per Verordnung, also am Parlament vorbei, einführen will und der Bundestag sich übergangen fühlt. Dieses diktatorische Gehabe ist aber nicht das Hauptproblem - sondern der Test selbst.
310 Testfragen hat das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen an der Berliner Humboldt-Universität, dem Schäuble einen Maulkorb angelegt hat, entwickelt. Eine bemerkenswerte Fleißarbeit, hat bestimmt eine Menge Zeit und Geld verschlungen. Daraus sollen für die Tests je 33 Fragen zufällig ausgesucht werden, damit die bereits Eingebürgerten den Neulingen nicht vorsagen können wie wir damals auf dem Schulklo. Die Auswahl der Fragen scheint, den veröffentlichten Beispielen zufolge, einer Mischung aus Beliebigkeit, Serviceinformationen und Politikunterricht zu folgen. Aber auch das ist noch nicht das eigentlich Lächerliche daran - sondern die Vorstellung, wie gebürtige Deutsche - gewissermaßen Volksdeutsche - dabei abschneiden würden.
Auf die Frage, warum Willy Brandt 1970 in Warschau niederkniete, würde vermutlich ein erklecklicher Teil der gebürtigen Deutschen unter 30 antworten: "Willy wer?" Auch an der Frage, wieviel Bundesländer es gibt, würden viele scheitern, weil man zum Abzählen mehr als zwei Hände braucht. Es kommt erschwerend hinzu, dass die Auswertung der Fragen nicht zeitgemäß sein wird. Auf die Frage "Wer bestimmt die Regierung in Deutschland - a. das Militär, b. die Unternehmen, c. der Wähler oder d. die Medien?" wird "Wähler" als korrekt gewertet - wir alle wissen aber, dass das wohl eher aus Politologenromantik resultiert und die eigentlich richtige Antwort eine Kombination aus b und d wäre.
Sprachkurse für Migranten sind sicherlich sinnvoll, Kurse über Land und Leute vielleicht auch - woher soll der Zuwanderer sonst wissen, dass ihm schwere Verletzungen drohen, wenn er sich auf einem Fahrrad durch die Fußgängerzone bewegt und sich einem Rentner mit Krückstock nähert? Aber die Idee, die Neu-Staatsbürger wie Pennäler auf die Schulbank zu drücken und einen Test schreiben zu lassen - das ist, kurz gesagt, Quatsch; ein typisch deutsches Machwerk, wie es sich nur verkniffene Bildungshuber ausdenken können. Da hilft es auch nicht, dass nach Angaben des Migrationsforschers Klaus Bade die Engländer gute Erfahrungen mit damit gemacht hätten: In deren Test wird der Möchtegern-Brite u.a. gefragt, wo der Weihnachtsmann her kommt und an welchem Tag man Aprilscherze macht.
Unter einer Bedingung wäre ich allerdings einverstanden mit dem Test: Wenn er verbindlich auch für alle Deutschen eingeführt wird und alle, die daran scheitern, umgehend ausgebürgert werden. Sonst weiß der Pizzabäcker hinterher mehr über Deutschland als der Dorfvorsteher - wie sähe das denn aus.
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