Die Fußball-EM steht in den Startlöchern - Zeit, das Niveau in dem Maße abzusenken, wie der Bierkonsum steigt, tief in die Klischee-Kiste zu greifen und Sport-Chauvinismen zu bedienen. Polnische Boulevardblätter haben mit schlechten Fotomontagen vorgelegt, und die Blöd-Zeitung schlüpft in ihre Lieblingsrolle als Verteidiger der nationalen Ehre. Eine Chronologie des Irrsinns.
Dienstag: Das polnische Revolverblatt "Fakt" zeigt Ballack als Deutschordensritter mit preußischer Pickelhaube, was nicht gerade ein Zeichen historischer Kompetenz darstellt, sowie Polens Trainer Beenhakker, der mit einem Schwert ausholt.
Mittwoch: Die Bild nölt von "ersten Giftpfeilen gegen uns", "Fakt" legt mit einer noch dämlicheren Montage nach. Die Warschauer Konkurrenzzeitung "Super Express", journalistisch offenbar auf einem ähnlichen Fäkalniveau, will sich da nicht lumpen lassen, hat zumindest bessere Grafiker und präsentiert die abgeschlagenen Köpfe Ballacks und Löws.
Donnerstag: Die Bild-Zeitung gibt sich schwer entrüstet, spricht vom polnischen "EM-Krieg gegen uns" und verwendet Ausdrücke wie "widerlich" und "geschmacklos", Worte, die sie selbst oft genug zu hören bekommt. "Deutsche, wir werden Euch schlagen - wie immer", konterte "Super Express" am Donnerstag und ließ im Dunkeln, wie sie das "wie immer" eigentlich meinte. "Fakt" verliert sich derweil in einem mittelschweren Anfall von Paranoia und legt sich Erklärungsmuster für den Fall eines frühzeitigen Ausscheidens zurecht.
Und so weiter, Fortsetzung folgt garantiert - zumindest bis zum Spiel am Sonntag. Es wirkt verdächtig, wie sich diese Zeitungen gegenseitig den Ball zuspielen, fast wie nach Drehbuch... und tatsächlich: Bild und Fakt gehören beide zum Hause Axel Springer. Dass die Chefetagen keinerlei Beziehungen zueinander haben, kann Bild-Vize Draxler sonstwem erzählen: Auf der Jagd nach Auflagenzahlen ist jedes Mittel recht. Wenn das Warscheuer Konkurrenzblatt dann auch noch auf den fahrenden Zug aufspringt - um so besser.
Dieses "Macht sie platt"-Geschwafel ist völlig belanglos und führt selbst bei so manchem Fußballinteressierten dazu, dass er sich schon vor dem Beginn der EM auf deren Ende freut. Es gehört aber offenbar ebenso naturgemäß ins Vorfeld eines großen Turniers wie Diskussionen über die Flatterhaftigkeit des offiziellen Balls oder das Philosophieren über Fan-Patriotismus.
All diese Themen haben gemeinsam, dass sie - im Gegensatz zu gutem Wein - mit der Zeit nicht besser werden, sondern nur noch ermüdend. Letztendlich ist es bloß Fußball - und der ist an sich meistens schon unlustig genug.
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