Dienstag, 29. Juli 2008

Die Fahne hoch, die Fenster dicht geschlossen

Das Sommerloch ist in diesem Jahr so tief, dass manche, die hineingeplumpst sind, gar nicht mehr herausfinden. So etwa die niedersächsischen CDU-Landtagsabgeordneten Carsten Höttcher und Frank Oesterhelweg - nein, Sie brauchen sich diese Namen nicht zu merken. Der eine ist bestenfalls ein parlamentarischer Hinterbänkler, dessen Stuhl man auch gleich aus dem Plenarsaal entfernen und auf dem Flur aufstellen könnte. Und der andere ist ein Unsympath, den man am besten gleich wieder vergisst, egal, was er sagt. Die beiden mussten nun leidvoll erfahren, wie garstig die Welt im Allgemeinen und die Jugendorganisation der Linkspartei im Besonderen ist.

Denn die hatte während der EM dazu aufgerufen, diese dämlichen Autofahnen - zu deren bedingungslosen Befürwortern ich nun auch nicht gerade zähle - abzuknicken und auf ihre Internetseite eine Botschaft zum ausdrucken gestellt, die dem Autofahrer erklären sollte, dass man die Fahnen einfach "nicht mehr ertrage". Aufgedeckt hat diese höchst brisante gesellschaftliche Entwicklung das Buntebilderblättchen Focus, das so gerne Nachrichtenmagazin anstelle des Nachrichtenmagazins wäre. Eine "radikale Minderheit von Spaßbremsen", heißt es dort, sei Nacht für Nacht unterwegs und reiße schamlos die Fähnchen ab.

Man fragt sich da schon, wer hier wirklich die Spaßbremsen sind - und damit kommen wir wieder zu Höttcher und Oesterhelwig. Die beiden B-Politiker sind sich nicht zu blöde, deswegen einen Monat später - zu einem Zeitpunkt, an dem kein Mensch mehr an die EM denkt und ohnehin nahezu alle Fahnen, auch ohne Zutun der Nachwuchslinken, verschwunden sind - Anzeige zu erstatten. "Das neue sympathische Deutschlandbild in aller Welt" wolle man "sich nicht kaputtmachen lassen", heißt es in einer Pressemitteilung. Ob dieses Bild wirklich so sympathisch ist, möchte ich nach den Hooligan-Krawallen von Klagenfurt mal bezweifeln. Aber weiter im Text: "Gerade entdecken wir Deutschen auf so unverkrampfte Art, [...] ohne nationalistische Tendenzen, die Liebe zu unserem Land wieder", jammern die beiden und poltern im selben Atemzug: "Es darf nicht sein, dass diese Leute ungestraft [...] nationale Symbole verunglimpfen!" Man kann das "Schnorch!" dahinter regelrecht hören.

Wirklich eine sehr unverkrampfte Art, wie diese beiden Volksvertreter mit ihrem Nationalstolz umgehen . . . Und nachts, nachdem sie sich in den Schlaf geweint haben, träumen sie davon, wie die Berliner Jung-Linken in Ketten abgeführt und in den Kerker geworfen werden. Denn schließlich kann die mutwillige Beschädigung der Deutschlandfahne mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden - übrigens mehr, als so mancher Vergewaltiger bekommt.

Und wenn das geschafft ist, dann können die von chinesischen Kindern zusammengetackerten Fähnchen endlich wieder mit Stolz am Streitwagen geführt werden, wo sie von der unverkrampften Vaterlandsliebe des Fahrers zeugen, bis sie - in Würde und Ehre gealtert - den Weg alles Stofflichen gehen und Straßengräben im ganzen Land verstopfen. Und die Welt ist dank Höttcher und Oesterhelweg ein lebenswerterer Ort.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Oh, solche Artikel haben beim Focus doch eine gute Tradition. Schmunzeln musste ich auch hier:

http://www.focus.de/politik/deutschland/fahnen-verunglimpfung-gruene-jugend-nimmt-suender-ins-gebet_aid_306607.html

Zum ersten Mal seit Jahren ertappte ich mich wieder bei dem Gedanken, eine klammheimliche Sympathie für die Grünen zu hegen.