Uiuiui, da fühlen sich ein paar Spiegel-Schreiberlinge aber mal so richtig angefasst. Und zwar von - Trommelwirbel! - den deutschen Bloggern, die in der hiesigen Medienwelt und im politischen Diskurs nur eine geringe Rolle spielen. Eine typische Sommerloch-Geschichte, die eigentlich völlig unbedeutsam ist. Aber um der Erwartungshaltung der drei zu entsprechen, werde ich ihrer zu Anfang formulierten These "Egal, was man über Blogger schreibt, hinterher wird man von ihnen doch nur verdroschen" selbstverständlich pflichtschuldigst nachkommen. Gern geschehen; da nich für.
Was wollen sie uns eigentlich mitteilen? Den Bloggern hierzulande, als ob man diese pauschal in eine Schublade stecken könnte, fehle es an politischem Gewicht, lamentieren die drei - in den USA sei man schon viel weiter. Es ist schön, dass endlich mal jemand im altehrwürdigen Vergleich von Äpfel und Birnen eine Entscheidung fällt, wobei ich jetzt allerdings nicht genau weiß, welche Nation der Apfel und welche die Birne ist. Ich behaupte mal: Apfel = USA, wegen Mom's Apple Pie, und Birne = Deutschland, wegen 16 Jahren Kohl. Von jetzt an und immerdar steht fest: Die Birne zieht den Kürzeren.
Aber ich schweife ab: Dass die Medienlandschaft und die Rezeption in den USA eine ganz andere ist als hierzulande, erläutern die drei Spiegel-Autoren sogar ansatzweise, verzichten aber darauf, aus diesen Umständen eine Art Schlußfolgerung zu ziehen. Statt dessen wird bemängelt, dass deutsche Blogger noch keinen handfesten Skandal aufgedeckt haben.
Ich bin erschüttert. Und beschämt. Wie konnte ich nur glauben, die Bloggerei diene meinem Privatvergnügen bzw. der Befriedigung erhöhten Mitteilungsbedürfnisses, während der Marktführer im Bereich Internet-Nachrichten, der ja bekanntlich jeden Tag mindestens ein deutsches Watergate ans Tageslicht zerrt, doch von mir erwartet, dass ich ihm diese Arbeit abnehme?
Außerdem seien die Blogger viel zu sehr damit beschäftigt, sich in ihren Blogs gegenseitig ans Bein zu pinkeln, so etwa Henryk M. Broder, heißt es in dem Text. Schönes Beispiel haben sie sich da rausgesucht: Broder wird für seine Hetztiraden und Beleidigungen (tschuldigung, ich meinte: polemischen Essays) schließlich auch schon mal vom Spiegel bezahlt, aber dann ist er ja in dem Moment auch kein Blogger, schon klar. Dann ist er seriöser Journalist.
So, ich denke, ich habe dem herablassenden Elaborat der Spon-Autoren genug Zeilen gewidmet. Nur eine Frage noch: Wenn sie den "Beta-Bloggern" vorwerfen, politisch nichts zu bewegen - warum machen die drei das eigentlich nicht selbst? Ein Blog ist doch schnell eingerichtet.
5 Kommentare:
Ich denke, den Autoren geht es dabei weniger darum, "die deutschen Blogger" zu verunglimpfen. Ich hab den Artikel mehr als ein Resümee der zeitweise doch sehr gehypten "Gegenöffentlichkeit" durch Blogs gelesen. Der Vergleich mit den USA erscheint mir dann allerdings auch eher unpassend, da hierzulande mit der starken Präsenz relativ unabhängiger, öffentlich Rechtlicher doch eine andere Medienkultur vorherrscht.
Ansonsten muss ich mir als Bloger auch nicht sagen lassen, was ich gefälligst tun oder lassen soll. Meine Homepage war vor der Erfindung des Begriffs "Blog" ein Blog, sie ist es jetzt und wird es vermutlich in anderer Form auch später sein. Und ich kippe fröhlich meine halbgaren Gedanken darein. Weil es mir Spaß macht. :-)
PS: Dr. Helmut Kohl, bitte!
ähmm, das mit der korrekten akademischen Anrede für Kohl ging nicht, mir waren gerade die "Dr."s ausgegangen. Ich verbrauche ja selber so viele davon...
Pff! Da kann ich nur DAS dazu sagen.
Am besten gefallen mit immer die Seitenhiebe auf die "Katzenblogger", zu denen mein Blog wegen Irrelevanz ja sicherlich auch zählt (huch!) und der Schmonzes, dergleichen gäbe es nur in Deutschland:
Wer das behauptet, sollte mal ganz schnell in seiner Suchmaschine "Katze" durch "cat" ersetzen ...
In Amerika wurden sich nämlich schon gegenseitig Balkonblumen gezeigt, als Blog noch life-journal (oder so ähnlich) hieß.
Kleine Notiz in meinem Hinterkopf: Demnächst mal unbedingt ein Bild von meiner Katze posten. Man hat ja schließlich einen Ruf zu verlieren ;-).
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