Meine zugegebenermaßen ohnehin schon recht blauäugige Art, im Großen und Ganzen manchmal doch einen Fortschritt in der Entwicklung der Menschheit zu sehen, hat erneut einen schweren Dämpfer erlitten. Das war vielleicht auch nötig, denn die Wahl eines schwarzen US-Präsidenten und die sich verbreitende Erkenntnis, dass Kapitalismus nicht der Weisheit letzter Schluss ist, sorgten für ein gefährliches "Vielleicht wird ja doch noch alles gut"-Gefühl. Ich bin der US-Firma "Hyperion Power Generation" dankbar, dass sie mich aus diesem einlullenden Zustand befreit hat.
Denn Hyperion gibt die Antwort auf die ungelösten Fragen nach den Gefahren der Atomkraft und dem Umgang mit Atommüll: Noch mehr Atomkraftwerke! Nicht zwei, nicht fünf, auch nicht hundert - Hyperion denkt in Dimensionen von zigtausenden ihrer neu entwickelten Mini-AKWs. Die könnten jeweils eine Kleinstadt versorgen und seien gaaaanz ungefährlich, und selbst wenn es zu einer (natürlich gaaaanz kleinen) Kernschmelze käme, mache das nichts - sie seien ja tiiief vergraben. Da unten ist ja keiner, also passiert auch nix. Und auch der ewige Streit um die Laufzeiten hätte endlich ein Ende, denn die Dinger halten eh nur fünf Jahre.
Dieses Schreckensszenario ist leider schon weit über das Stadium einer Schnapsidee hinausgewachsen. Erste Bestellungen scheinen schon vorzuliegen; wenn man Spon glauben darf, auch aus unseren Nachbarländern. Offenbar steht nur noch eine Genehmigung durch die Nuclear Regulatory Commission aus - und mein Vertrauen in US-Behörden, ihre Entscheidungen von Umwelt- und Gesundheitsaspekten abhängig zu machen und sich gegen die Wirtschaft zu wenden, ist mehr als begrenzt. Wäre das nicht eigentlich ein Fall für die internationale Atomenergiebehörde? Oder sind die mittlerweile nur noch dafür da, sich für die US-Falken zum Affen zu machen?
Zehntausende von Mini-Atommeilern, die unter unseren Füßen vor sich hin reagieren - das ist ein wirklich gruseliges Szenario. Aber kein neues: In den 50er Jahren, auf dem ersten Höhepunkt der Atomgeilheit, träumten Forscher und Unternehmer von atomgetriebenen Autos und Häusern mit eigenem Kernreaktor. Von diesen Plänen wurde dann doch Abstand genommen. Dass sich nun, im 21. Jahrhundert, Leute wieder auf dieses wahnwitzige Niveau begeben - das holt mich wirklich wieder auf den schönen, flauschigen Teppich des Zynismus und der Misanthropie zurück. Danke, Hyperion!
2 Kommentare:
ich bin gerade einmal deinen Links gefolgt. Jetzt habe ich eine Gänsehaut, und hoffe, dass das nur ein schlechter Scherz sein soll. Falls das nämlich ernst gemeint sein sollte, müsste ich mich wohl so langsam doch mal nach einem neuen Planeten umsehen. Bleibt nur das Problem "wie da hin kommen", falls ich einen finden sollte.
Im Mittelalter sind Brunnenvergifter auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Heutzutage können die sich alles erlauben. Straffrei. Und die bekommen auch noch Geld dafür!
Auch hier lohnt sich ein Blick in das reichhaltige und in seiner gesellschaftskritischen Dimension hoffnungslos unterschätze Universum der US-Fernsehserie "Alf".
Der Melmac, also der Heimatplanet von Alf, ist nicht in die Luft geflogen, weil jeder seinen eigenen Atomreaktor, den "Nuke Man", daheim hatte. Sondern weil alle zeitgleich ihre Haartrockner eingeschaltet haben.
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