Dienstag, 27. Januar 2009

Wenn Milliardäre zum Sozialfall werden

"Nee, is' klar" - dies war mein erster Gedanke, als ich hörte, dass der Autozulieferer Continental und sein neues Herrchen, die Schaeffler-Gruppe, jetzt auch noch Geld vom Staat wollen. Wer denn noch alles? Bayern München vielleicht, um den Verlust beim Verkauf von Poldi wettzumachen?

Das halbe Jahr 2008 bekriegten die beiden Konzerne sich bis aufs Messer, als Schaeffler den Reifenproduzenten unbedingt übernehmen wollte und es schließlich auch geschafft hat - und jetzt stellen sie fest, dass sie sich verhoben haben und ihnen leider, ach, die Kohle ausgeht. Pech gehabt, würde da ein normaler Mensch denken, kichernd den Kopf schütteln und den kapitalistischen Bittstellern die Tür vor der Nase zuschlagen.

Da sich in den höheren Sphären der Politik aber keine normalen Menschen mehr bewegen, sondern Berufspolitiker, wird jetzt allen Ernstes über eine mögliche Finanzspritze beraten. Der Staat soll helfen - ein geflügeltes Wort in einer Zeit, in der einem angesichts immer höherer Milliardenbeträge die Ohren klingeln. Der Staat - das kann ich gar nicht oft genug betonen - das ist nicht irgendein Sonnenkönig, sondern ich und du (und vielleicht auch Müllers Kuh). Und warum sollen wir nun Alimente für diese ungewollte unternehmerische Fortpflanzung zahlen? Warum eigentlich nicht die Familie Schaeffler selbst, die alleinige Gesellschafter ihrer Gruppe ist - auf deutsch: Ihnen gehört der Laden, und dementsprechend sacken sie sämtliche Gewinne ein. Die Schaefflers haben laut "Forbes" 8,5 Milliarden Dollar auf der hohen Kante. Und Continental erst - die Firma, die lange vor Nokia begonnen hat, rentable Werke in Deutschland zu schließen, Mitarbeiter rauszuwerfen und Vereinbarungen mit den Gewerkschaften zu brechen - alles im Sinne des Shareholder Value.

Aufgrund des Kursverfalls infolge der Finanzmarktkrise zahlt Schaeffler, die sich zuvor zu einem Festbetrag pro Aktie verpflichtet hat, nun viel zu viel für Conti und kriegt das große Heulen. Tja - unternehmerisches Risiko, würde ich sagen. Damit hat auch jeder Bäcker zu kämpfen. Dem hilft aber niemand.

Es ist mir unbegreiflich, dass ernsthaft darüber diskutiert wird, der viertreichsten Frau Deutschlands und einem Unternehmen, dass auch in besseren Zeiten Arbeitsplätze vernichtete, Gelder in den Rachen zu werfen. Niedersachsen und Bayern wollen dem "Handelsblatt" zufolge je eine halbe Milliarde Euro an die Unternehmen überweisen - einen Betrag, den Maria-Elisabeth und Georg W. Schaeffler aus der Portokasse bezahlen und trotzdem den Rest ihres Lebens in Saus und Braus verbringen können. Statt dessen sollen wir ihre Schulden bezahlen und die infolge der zu erwartenden Conti-Zerschlagung auf die Straße gesetzten Mitarbeiter dürfen für Hartz IV Schlange stehen? In was für einer Welt leben wir eigentlich?

Ganz ehrlich: Wer angesichts dieser Entwicklungen immer noch die Union wählt, hat meiner Meinung nach jedes Recht verwirkt, am Stammtisch über "die da oben" zu motzen und die Ungerechtigkeiten dieser Welt zu jammern. Er wollte es ja offenbar nicht anders.

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