Dass ich mal mit dem CSU-Schergen Peter Gauweiler vorübergehend auf einen Nenner komme, hätte ich mir in meinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen können. Dass Politiker mitunter "vor Feigheit stinken", sagt der bajuwarische Bundestagsabgeordnete und beklagt, dass eigenständig redende Abgeordnete "nicht mehr erwünscht" seien und dass dies die Demokratie gefährde. Jawoll, dachte ich, hat er recht. Eigenständig denkende Abgeordnete sollen Gerüchten zufolge sogar noch unerwünschter sein. Aber wie gesagt: Dass ich mit Gauweiler einer Meinung sein würde, hätte ich nie gedacht - und wie sich herausstellte, bin ich es auch gar nicht.
Denn schließlich entstammt er einer Partei, die auch nicht gerade als Gralshüter basisdemokratischer Werte und Vorbild für den Umgang mit andersdenkenden Parteimitgliedern bekannt ist. Vor lauter Kopfnicken hätte ich fast überlesen, welche Schlussfolgerung der CSU-Politiker daraus zieht. Als Quintessenz seiner Überlegungen stellt Gauweiler anheim, das Listensystem für die Bundestagswahlen abzuschaffen, auf dass alle Abgeordneten künftig nur noch direkt gewählt werden würden. Raffiniert - wir schaffen die lästigen Zweitstimmen ab und besetzen die Parlamente nur noch mit Direktmandatsträgern. Dann würde dieses Parteienwirrwarr endlich aufhören und wir hätten es nur noch mit Union und SPD zu tun, nicht wahr, Peter?
Denn Direktmandate gehen in den allermeisten Fällen an einen Vertreter der beiden sogenannten Volksparteien. Bei der Wahl 2005 hätte das bedeutet: 150 Sitze für die Union, 144 für die SPD, drei für die Linke und einer für die Grünen. Die FDP wäre nicht vertreten. Gut, letzteres wäre eher ein sehr starkes Argument für Gauweilers Vorschlag. Aber dennoch: Der Bundestag als elitärer Club in einem De-facto-Zweiparteiensystem, in dem die Union bis in alle Ewigkeit die absolute Mehrheit hätte? Denn darauf würde es letztlich hinauslaufen.
Abschaffung der Zweitstimmen - das hätte Gauweiler wohl auch zuhause gerne. Denn wenn man seinen Vorschlag auf Bayern anwendet, hätte die CSU trotz miserablem Ergebnis in der Wahl von 2008 nicht weniger als 90 Sitze im Landtag - die SPD genau einen.
Es ist immer wieder nett zu sehen, wie schnell Politiker, wenn ihnen Abstimmungsergebnisse nicht passen, bereit sind, selbige nach gusto zu ändern und dabei auch noch über demokratische Grundprinzipien daherzuplappern - als würden ihnen diese etwas bedeuten.
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