Wer im Internet so vor sich hin surft, findet erstaunliche Dinge. Manchmal auch amüsante, erschreckende oder verworrene Dinge. Und manchmal unglaublich bescheuerte. Die Rede ist von der hanebüchenen "Kyoto-Uhr", die nicht zuletzt auch von einigen Bloggern übernommen und völlig unreflektiert auf ihrer Seite eingebaut wird. Schließlich bewegt sich dann was auf der Website, und das ist ja immer gut.
Die "Kyoto-Uhr" listet, kurz gesagt, die Kosten auf, die das Kyoto-Protokoll angeblich nach sich ziehe, und die dadurch zu erwartende Reduzierung der globalen Erwärmung. Das Ding ist fürwahr ein Hingucker: Der aktuelle Kostenstand beträgt darauf knapp eine halbe Billion (!) Dollar und steigt immer weiter - pro Sekunde um rund 5000 Dollar. Sie steigt damit schneller als die Verschuldung des Bundeshaushaltes , sogar - kaum zu glauben - schneller als die Gaspreise. Auf der anderen Seite die Auswirkungen in Grad Celsius, um die die globale Erwärmung dadurch angeblich reduziert wird - eine Zahl mit beinahe ebenso vielen Stellen, allerdings hinter dem Komma und einer ganzen Menge von Nullen.
Soweit der plakative Effekt: Kostet offenbar ein Heidengeld, dieser Umweltschutzkram, und bringt gar nix, denkt der etwas unbedarfte Surfer beim Blick auf die "Kyoto-Uhr". Dieser Eindruck ist natürlich gewollt - und auch überhaupt kein Wunder, wenn man die Quelle dieses irrsinnigen Machwerks betrachtet: Die Website eines gewissen Steven Milloy, seines Zeichens Energie- und Tabak-Lobbyist und Abgesandter des Reichs des Bösen.
Es ist schon ziemlich beängstigend, wie einfach gestrickt Propaganda manchmal sein kann. Denn dieser Mann, der - nebenbei bemerkt - das Insektengift DDT, das zigtausende von Greifvögeln vernichtete, für eine super Sache hält, hat es gar nicht nötig, diese aberwitzigen Zahlen irgendwie zu belegen. Dieser Mann, der nebenbei auch noch als Korrespondent für den reaktionären TV-Sender Fox News tätig ist, will also die unterschiedliche Temperaturentwicklung (mit bzw. ohne Kyoto) für 42 Jahre im Voraus auf neun Stellen hinter dem Komma genau vorherberechnen können? Und: Woher kommen denn diese 500 Milliarden Dollar - und warum steigen sie so gleichmäßig, als handele es sich um ein festverzinsliches Darlehen?
Zumindest die vorletzte Frage kann ich beantworten. Milloy hat die Haare auf seinem Rücken gezählt, durch Pi mal Daumen dividiert und das Ganze anschließend mit dem Betrag, den er jeden Monat von Exxon erhält, multipliziert. Und wenn dann diese Kreatur, die einfach irgendwelche Zahlen herausrotzt und damit die Zerstörung des Planeten vorantreibt, sich auf ihrer Internetseite als Kämpfer gegen "Junk Science" - also pseudowissenschaftlich manipulierte Propaganda-Thesen - aufspielt, dann schlage ich vor, eine neue Maßeinheit einzuführen: das "Milloy". Damit könnte man das Maß an Niedertracht bezeichnen, das eine einzelne Person in sich vereinen kann.
Außerdem frage ich mich, ob man Milloys Haus nicht einfach mal mit einer Tankladung DDT besprühen sollte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen