Zur nunmehr vollzogenen Absägung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender und dem generellen Einfluss der Politik auf die Öffentlich-Rechtlichen Medien ist an anderen und berufeneren Stellen schon genug geschrieben worden, so dass ich mich nicht auch noch darüber auslassen will. Aber man sollte sich schon noch einmal klar vor Augen führen, wer hier den Abzug betätigt hat - und wie er es begründet.
Natürlich ist es wieder einmal Roland Koch, der omnipräsente Polit-Krake, der seine schleimigen Tentakel überall drin hat. Er gab sich nicht einmal ein bisschen Mühe, seine Ambitionen, das ZDF auf Unionskurs zu trimmen, irgendwie zu verbergen. Der Mann macht uns den Berlusconi, nur mit dem Unterschied, dass der italienische Totengräber der Rundfunkvielfalt erst zum Mediendiktator wurde und dann zum Regierungschef. Außerdem kommt er bei den Frauen besser an. Bei Koch frage ich mich langsam, ob der Mann wahnsinnig ist.
Abenteuerlich ist seine Rechtfertigung: Es ginge ihm nicht um die "journalistische Integrität" Brenders, sondern um "das führende Management eines Fernsehsenders". In diesem Fall müsste er sich doch eher an die Geschäftsführung bzw. in letzter Konsequenz an den Intendanten wenden - der die Probleme überall, aber nicht in der Personalie Brender sieht - und nicht eigenmächtig den Chefredakteur zum Abschuss freigeben; ganz abgesehen davon, dass es ohnehin schon höchst bedenklich klingt, wenn ein Politiker sich um das "Management eines Fernsehsenders" sorgt.
Außerdem, zitiert Spon Koch, fühle er sich "in vollem Maße als Volksvertreter dazu legitimiert, die Verantwortung im Verwaltungsrat auszuüben". Ähm - vielleicht sehe ich das ja ein wenig eng, aber Koch vertritt lediglich das hessische Volk, und auch da nur einen Teil. Das ZDF ist aber ein bundesweit aufgestellter Sender - und da fühlt er sich legitimiert, die Verantwortung nicht nur zu übernehmen, sondern - wie er sich ausdrückt - auszuüben? Am hessischen Wesen soll Deutschland genesen, oder was? Gegen ein derartig messianisches Sendungsbewusstsein gibt es doch bestimmt Tabletten.
Ich weiß nicht, was Brender Koch angetan hat; mir persönlich ist das ZDF eigentlich meist schon unionsnah und regierungstreu genug. Aber wie sich das hessische Landesfürstchen in arrogantester und selbstherrlichster Weise über die fachliche Beurteilung von Brenders Chef hinwegsetzt, über die Bedenken der bedeutendsten Staatsrechtler der Republik und über die öffentliche Meinung - das ist schlicht unerträglich. Er feuert eine Breitseite auf die Rundfunk- und damit nicht zuletzt auf die Meinungsfreiheit ab - und hält es noch nicht einmal für nötig, das irgendwie im verborgenen zu halten, wie es sich für einen Politiker gehört. Vor diesem Mann, der aufgrund der zahlreichen Skandale in einer gerechteren Welt schon längst sowas von politisch erledigt wäre, kann man langsam so richtig Angst kriegen.
3 Kommentare:
Ich weiß ja ehrlich gesagt nicht, was ich davon halten soll. Ich meine, im ersten, intuitiven Zugang ist das Ganze skandalös, die Begründung hahnebüchend und der Verweis auf die demokratische Legitimität zumindest fragwürdig.
Umgekehrt mach Koch das alles mit offenen Visir und da fragt man sich schon, warum? Ist das lediglich eine Geste der Macht, eine Wahrnung, allzu unliebsame öffentlich-rechtliche Journalisten sollten sich die Spitzen gegen ihn sparen? Sprich: Ist das Landesfürstchen am Ende auch ein beleidigtes Landeswürstchen?
Oder geht es dabei um mehr. Gibt es Wählerkreise, bei denen das gezielte Kratzen am demokratischen Rahmen gut ankommt? Ist das ganze Kalkül, diese Kreise wieder stärker für die Union zu interessieren.
Man möchte Frau Ypsilanti ... aber lassen wir das.
Ich könnte mir vorstellen, dass jeder dieser Punkte zutrifft. Und zusätzlich noch eine neuerliche unionsinterne Machtdemonstration in Richtung einer angeschlagenen Kanzlerin. Und eine Messerspitze Hybris.
Und Frau Ypsilanti sollte man... nein, hast recht, lassen wir das.
;-)
Ja, lasst mal die Frau Ypsilanti. Die ist Vergangenheit. Wichtiger ist es, den Giftkoch im Auge zu behalten ...
Was das Problem mit dem Einfluss der Politik auf das ZDF angeht: Das wird sich nur duch eine drastische Reform der Organisatiion ändern lassen. ZDF-intern wird da aber nichts passieren. Wer setzt schon freiwillig seinen Job auf's Spiel. Die besten Chancen für eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht hätten meines erachtens die Oppositionsparteien.
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