Wäre dieses TV-Duell der Kanzlerkandidaten der Showdown eines Westerns gewesen, hätte es ungefähr so ausgesehen: Die Pistoleros nähern sich nicht aus entgegengesetzten Richtungen auf der Hauptstraße, sondern kommen gemeinsam aus dem Saloon. In der Mitte der Straße stellen sie zwei Klappstühle auf, setzen sich gemütlich hin und klopfen sich erstmal stundenlang den Staub von den Klamotten. Anschließend starren sie sich noch viel länger an, kauen auf ihren Pfriemen herum und spucken dann und wann aus - das alles selbstverständlich ohne Musik von Ennio Morricone, dafür aber mit einer Menge abgestorbener Büsche, die ihnen um die Beine wehen. Und zum Schluss, nach geraumer Zeit, ziehen beide ihre Revolver - nicht blitzschnell, sondern langsam und bedächtig -, zielen aneinander vorbei und drücken ab - und aus beiden Waffen kommt ein Fähnchen geschossen, auf dem "BANG!" steht.
Dafür, dass ich mir diese Sendung wider besseren Wissens tatsächlich von Anfang bis zum Ende angesehen habe, gebührt mir eine Tapferkeitsmedaille. Aber auch ein paar an die Löffel hätte ich verdient, als Strafe für bewusst vertane Lebenszeit. Dazugelernt habe ich nur eines, und das ist beileibe nichts Neues: Wie man möglichst umständlich auf Fragen nicht antwortet. Wie passend, dass da manche Fragen gar nicht erst gestellt wurden.
So haben die vier knallzarten Fragesteller - eine seltsam übernervöse Maybritt Illner, ein merkwürdig entrückter Peter Limbourg, ein engagierter, aber blass bleibender Peter Kloeppel und Frank Plasberg, der als einziger zumindest ansatzweise in Normalform zu sein schien - es geschafft, die ganzen 90 Minuten lang nicht ein einziges Mal das Thema "Innere Sicherheit" anzusprechen. Abbau von Freiheitsrechten? Zensur im Internet? Immer umfassendere Bespitzelung des Volkes? Bundeswehreinsatz im Innern? Pffff, langweilig, will doch keiner wissen, dachten sich wohl die vier apokalyptischen Streiter der vierten Gewalt. Ebenso blieben die Themen Bildung, Rente, Klimaschutz oder Armut unter dem Teppich. Hier haben sie zwar das Thema Mindestlohn kurz angesprochen, Merkel dann aber viel zu leicht mit ihrem Tarifpartner-Geschwurbel davonkommen lassen und dann war's auch schon wieder gegessen.
Statt dessen bekamen die beiden Kandidaten 90 Minuten lang die Gelegenheit, Allgemeinplätze abzusondern, wobei jedes Mal, wenn der Sprecher wechselte, weitere tausend Zuschauer einschliefen, sich übergeben mussten oder aus lauter Verzweiflung erschossen. Was dem übrig gebliebenen Rest geboten wurde, war gegenseitiges Schulterklopfen in Sachen Opel, zur Schau gestellte Einigkeit in Punkto Managergehälter, bemühtes Ballflachhalten in Bezug auf Afghanistan. Auf ein, zwei Punkte angesprochen, in denen es in der Koalition rumorte, gefiel sich Merkel in der Rolle der einsamen Entscheiderin und Steinmeier in der Rolle desjenigen, der immer nur das Beste wollte, aber leider, ach, jedes Mal überstimmt worden sei.
Nur einmal schien die Kanzlerin so etwas wie Lebendigkeit auszustrahlen: Da war sie sauer über den Begriff "Tigerentenkoalition". Da wurde für einen kurzen Moment wirklich scharf geschossen, und zwar mit fiesen Blicken. Und dass dies nicht zwischen den Kandidaten geschah, sondern zwischen Kandidatin und Moderatoren - das war irgendwie bezeichnend für die Veranstaltung. Gute Nacht.
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