Dienstag, 9. März 2010

Zwangsarbeit schändet nicht

Als ich vor ein paar Jahren mal zum Zwecke der Berichterstattung auf einer Gewerkschaftsversammlung war, fragte dort ein niederländischer Vertreter - die Niederländer stellen ja bekanntlich die besten Fragen -, ob Hartz IV mit seinen Zumutbarkeits- und Sanktionsregelungen nicht einfach Zwangsarbeit bedeute. Ich würde zu gerne wissen, wie der Mann die jüngsten Vorstöße zum Arbeitsdienst für Langzeitarbeitslose von Hannelore Kraft (SPD, Straßenfegen) und dem unvermeidlichen Guido Westerwelle (FDP, Schneeschippen) titulieren würde.Und ich wüsste gern, wofür das "S" in "SPD", dass ja eines der wenigen Unterscheidungsmerkmale in diesem Zusammenhang ist, eigentlich steht.




Vielleicht steht es mittlerweile für "Selbstmordpolitisch". Da hat die SPD - wovon noch vor wenigen Wochen niemand zu träumen wagte - bereits ein halbes Jahr nach ihrer katastrophalen Niederlage bei der Bundestagswahl tatsächlich eine reelle Chance, eine der wichtigsten Landtagswahlen zu gewinnen (Rüttgers, Pinkwart und Co. machen's möglich), da will die Spitzenkandidatin Hannelore Kraft plötzlich die Sklaverei einführen. (Vielleicht steht das "S" ja auch für "Sklavenhalterpartei"?) Denn im Gegensatz zu anderen ABM-Maßnahmen sollen nach ihren Worten Langzeitarbeitslose für "gemeinnützige Tätigkeiten" nur "symbolisch" bezahlt werden. Vermutlich gibt's den Busfahrschein und zwei Tassen Kaffee gratis. Macht Sinn - Arbeit schändet bekanntlich nicht, warum also Zwangs- oder Sklavenarbeit. Und schließlich trägt gemeinnützige Arbeit ihren Lohn ja in sich, quasi eine moralische Bezahlung. Wozu braucht man da noch Geld.

"Symbolische Entlohnung"... hm. Steht das "S" dann vielleicht eher für "Symbolpolitische Partei Deutschlands"? Und falls ja - für welche Symbolik? Symbolhaft dafür, dass man meint, ebenfalls nur noch mit billigem Populismus punkten zu können? Symbolhaft für den Mangel an eigenem Profil, so dass man meint, ausgerechnet bei den Neoliberalen abkupfern zu müssen? Oder symbolhaft dafür, dass der soziale Futterneid offenbar gezielt zu einem gesellschaftlichen Grundwert gemacht wird?

Was Kraft da fordert, ist im Grunde sogar noch perfider als alles, was aus den Reihen der FDP kommt. Von den kaltherzigen Liberalen erwartet man schließlich nichts anderes. Aber den mehr oder weniger unbezahlten Arbeitseinsatz mit dem klassischen Szenario freiwilliger Sozialarbeit Besserverdienender zu illustrieren wie dem geradezu klischeehaften "Vorlesen in Altenheimen" - dazu gehört schon eine Menge Chuzpe. Natürlich wehrt sich Kraft nach Kräften (hehehe) dagegen, mit Westerwelle in einen Topf geschmissen zu werden. Die von ihr vorgeschlagenen Tätigkeiten sollten ausschließlich auf "Freiwilligkeit" beruhen und den Langzeitarbeitslosen nur ein wenig "Würde" zurückgeben.

Na, viel Spaß bei der Suche nach Arbeitslosen, die ihre Würde damit wiederherstellen wollen, dass sie freiwillig ohne Geld Straßen fegen gehen.Sicher tut nichts der Selbstachtung so gut, wie niederste Tätigkeiten für lau zu machen.

Und damit glaube ich die Frage beantworten zu können, wofür das "S" in "SPD" mittlerweile steht: Für "Surrealpolitisch".

1 Kommentar:

Ulf hat gesagt…

Wer arbeitet, soll auch richtigen Lohn bekommen. Dieses 1€-Job-Geeiere ist widerlich und schizophren. Entweder Arbeit oder keine Arbeit. Das ist in der Tat Sklaverei sonst.