Ich weiß gar nicht, warum immer über die unionsgeführte Bundesregierung hergezogen wird - die tun schließlich eine ganze Menge für ihr Geld. Zum Beispiel am laufenden Band Gesetze für die Rundablage zu produzieren. Nun hat es nach dem Zuwanderungsgesetz, dem Lauschangriff, dem Luftsicherheitsgesetz, dem automatisierten Scannen von Nummernschildern, der Pendlerpauschale und der Onlinedurchsuchung auch das Vorratsdatenspeicherungsgesetz erwischt: Die Verfassungsrichter erklärten das Gesetz in der vorliegenden Form für nichtig. Die Arbeit der Regierung erinnert ein wenig an Zen-Buddhismus - und tatsächlich gilt: Der Weg ist das Ziel.
Denn die meisten dieser Gesetze, die vom Verfassungsgericht "gekippt" worden sind, wie es in den Medien gerne genannt wird, sind ja nicht auf Nimmerwiedersehen im Orkus verschwunden, zumal oft nur Teile des Gesetzes beanstandet wurden. Es müsse nur an bestimmten Punkten "nachgebessert" werden, heißt es dann aus Karlsruhe - im Falle der Vorratsdatenspeicherung etwa mangelhafte Regelungen für den Zugriff auf die Verbindungsdaten.
Nun könnte man meinen, die Regierung handele lediglich wie ein fauler Student, der eine schlecht recherchierte Hausarbeit abgibt und hofft, dass er damit beim Prof durchkommt - und wenn nicht, muss er sich halt noch einmal dransetzen und nachbessern. Das ist keineswegs der Fall. Die Beurteilung von Gesetzen durch das Verfassungsgericht nach entsprechenden Klagen ist längst Teil des normalen Gesetzgebungsverfahrens geworden und die Regierung darauf eingerichtet, für bestimmte Ansinnen zwei oder drei Anläufe zu benötigen. Die Geschwindigkeit, mit der manche Gesetze herausgeballert werden, mag als Indiz dafür gelten.
Schließlich gilt es, das Vorhaben letztlich durchzubringen - man will ja die Wohnungen überwachen, die Festplatten durchsuchen und Bewegungs- und Kommunikationsprofile erstellen können. Also wird insbesondere bei Gesetzen, die Grundrechte berühren, eine Vorlage ausgearbeitet und im Parlament abgenickt, die im Wesentlichen einer Wunschliste ähnelt: Soundso soll es nach den Vorstellungen der Behörden laufen. Anschließend moniert das BVG bestimmte Passagen, in denen sich das Innenministerium ein wenig zu weit aus dem Fenster gelehnt hat, diese werden umgearbeitet - et voilà: Ein neues Gesetz erblickt das Licht der Welt, das den Initiatoren die Schnüffelarbeit zwar nicht ganz so einfach macht, wie sie's gerne gehabt hätten, aber in seinen Grundzügen immerhin von höchstrichterlicher Stelle legitimiert worden ist. Und dann lässt es sich immer noch anwenden.
Im aktuellen Fall wurde die Vorratsdatenspeicherung an sich, auch im vorgesehenen Umfang, ausdrücklich für nicht verfassungswidrig erklärt, sondern nur die Sicherheit und die Zweckgebundenheit der Daten. Das lässt sich ja alles regeln - und dann sehen wir das Ding mit Sicherheit wieder. Und wer weiß - wenn die Verwendung der Daten ausreichend geregelt ist (Terrorverdacht!), dann dürfen in der nächsten Version des Gesetzes vielleicht sogar Telefonnummern und Internetseiten mitgespeichert werden.
Und ich bin gespannt, ob die FDP sich dann auch noch als Vorkämpferin des Datenschutzes geriert, wenn sie mitregiert.
Siehe auch Carluv.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen