Der Krieg in Georgien scheint für's erste beigelegt zu sein - der Konflikt indes noch lange nicht. Russland hat seinen Machtanspruch im kaukasischen Hinterhof deutlich untermauert. Aber statt den kleinen Nachbarn gefügig zu machen und dem Expansionsdrang der Nato einen Schuss vor den Bug zu setzen, könnte sich der Kreml, geostrategisch betrachtet, ein Eigentor geleistet haben.
Denn die Nato lässt den Krisenherd Georgien mitnichten fallen wie eine heiße Kartoffel. Dazu ist er viel zu wichtig, schließlich führen die Öl- und Gaspipelines von den Fördergebieten am schwarzen Meer durch das Land. Nein, der russische Einmarsch bestärkt das westliche Bündnis vielmehr in dem Bestreben, ihre Grenzen weiter an Russland heranzuschieben. Georgien könnte schneller Nato-Mitglied werden als gedacht. Und die polnische Regierung, die noch Anfang August die Verhandlungen um den Aufbau des US-Raketenabwehrsystems mehr oder weniger als gescheitert betrachte, konnte nun gar nicht schnell genug ihre Unterschrift unter das entsprechende Abkommen über die strategische Partnerschaft setzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Ukraine mit der jüngsten Entwicklung umgeht: Wie Tiflis hat auch Kiew die Zusage zur mittelfristigen Aufnahme in die Nato, und auch hier ist Moskau alles andere als begeistert.
Natürlich muss sich der Kreml nicht wundern, dass die Nachbarn nervös werden, wenn er außenpolitische Probleme stets mit Panzern und Bomben lösen will. Dennoch steht zu befürchten, dass Putin und Medwedew die jüngsten Entwicklungen eher als Fortsetzung einer militärischen Einkreisungspolitik durch die Nato sehen. Da kann US-Außenministerin Condoleeza "Chevron" Rice noch so oft betonen, dass sich der Abwehrschild "gegen Langstreckenraketen aus Ländern wie dem Iran oder Nordkorea" richte - ich möchte mal bezweifeln, dass nordkoreanische Raketen auf ihrem Weg in die USA auch nur in die Nähe Polens kommen.
Vielfach wurde in den letzten zwei Wochen über eine mögliche Rückkehr des Kalten Krieges diskutiert. Diese Überlegung teile ich nur insoweit, als ich mir gut vorstellen kann, dass im Pentagon genug betagte Falken sitzen, die noch in alten Denkschemata feststecken und es als ihre Mission ansehen, das ehemalige Sowjetreich Stück für Stück dem Westen zuzuordnen. Viel stärker erinnert mich dieses Ränkespiel aber an die letzte Hochphase des Imperialismus: Mitsamt Säbelrasseln, Rüstungsprogrammen, Kanonenbootpolitik und dem Servieren kleiner Nationen auf Silbertabletts. In diesem globalen Schachspiel sind Osseten und Abchasen die Bauern - man opfert sie manchmal, um einen strategischen Vorteil zu erlangen.
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