Ui, da ist aber jemand von seinen Strategieberatern so richtig eingenordet worden. Hannelore Kraft, ihres Zeichens SPD-Spitzenkandidatin in Nordrhein-Bezahlen, wie es die "heute show" so schön formulierte, will jetzt lieber die Hartz-IV-Regelsätze erhöhen, statt Langzeitarbeitslose zum Straßenkehren überreden zu wollen. Wieder einmal in höchster Not eine linke Forderung geklaut.
Aber so ganz richtig hat sie die Problematik offenbar immer noch nicht verinnerlicht. Auf die Frage eines Spiegel-Interviewers, warum sie eigentlich noch einen Niedriglohnsektor einführen will, antwortet Kraft: "Weil der Bedarf groß ist und die Ein-Euro-Jobs den entscheidenden Nachteil haben, dass sie immer zeitlich befristet sind." Gut gebrüllt! Ich erinnere mich genau: Als ich einmal einen Ein-Euro-Job hatte, war auf jeden Fall die zeitliche Begrenzung auf ein halbes Jahr mein Hauptproblem. Diese Jobs sollten unbefristet laufen dürfen. Notfalls bis zur Rente.
Also, kurz zusammengefasst: Die Spitzenkandidatin der SPD weist entrüstet jeden Vergleich mit der FDP von sich, fordert aber den massiven Ausbau des Niedriglohnsektors - ein Wort, dass eigentlich auch nur ein Euphemismus für "Arm trotz Arbeit" ist. Langzeitarbeitslose, die dankend darauf verzichten, freiwillig Straßen zu fegen, sollen also bis zum St.-Nimmerleinstag in einen Ein-Euro-Job gedrückt werden können - und da hört es auf mit der Freiwilligkeit, dagegen kann man sich nicht mehr wehren.
Das klingt wie eine Kapitulation, wie ein Bekenntnis zur absoluten Ausrichtung des Arbeitsmarktes an kapitalistische Bedürfnisse. Ein Heer von verarmten Tagelöhnern, denen man eintrichtert, dass sie froh sein können, für einen Euro die Stunde arbeiten gehen zu dürfen - das sind Traumbedingungen für Manchesterliberale, die dann mit Stundenlöhnen von gleich DREI Euro locken können.
Was Kraft vielleicht nicht ganz kapiert hat: Zu einer rot-gelben Koalition wird es in NRW sowieso nicht kommen, da stösst die Mathematik an ihre Grenzen. Und den anderen denkbaren Koalitionspartner vergrätzt sie mit sowas und treibt ihn weiter in die weit geöffneten schwarzen Arme - nicht, dass es dazu viel braucht. Im Gegensatz zu den Grünen beschleicht mich bei den Sozen allerdings zum wiederholten Mal das Gefühl, dass sie gar nicht regieren wollen.
Und dieser Wunsch wird ihnen wohl erfüllt werden, wenn sie so weitermachen.
1 Kommentar:
1-€-Jobs sollten unbefristet laufen dürfen. Notfalls bis zur Rente. Ich fordere noch kräftiger: Bis zum Tod!
Die Menschen wollen schließlich das Gefühl, gebraucht zu werden, nicht mit Eintritt des Rentenalters verlieren.
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