Mittwoch, 24. März 2010

Neues aus dem Untergrund

Eines frage ich mich ja schon, seitdem die Geschichte um Helene Hegemann, die mich ansonsten nicht besonders interessierte, durch die Gazetten gejagt wurde. Sie habe von einem Underground-Blogger abgeschrieben, hieß es; und da frage ich mich: Was ist eigentlich ein Undergroundblogger? Und, was noch viel wichtiger ist: Könnte ich selbst vielleicht auch einer sein, ohne es zu wissen? Bin ich eventuell cooler, als ich dachte?

"Underground-Blogger" - das wäre doch mal was, womit man sich am freitagabendlichen Tresen dicke tun könnte. Klingt, als würde man illegal im Keller mit einer alten Matrizenmaschine revolutionäre Flyer drucken - nur halt in modern. In den Untergrund gehen, ohne den durchgesessenen Bürostuhl vorm PC verlassen zu müssen. Aber was gehört nun dazu, ein Undergroundblogger zu sein? Der mysteriöse Airen, von dem Hegemann abgekupfert hat, ist ja erwiesenermaßen einer - Dutzende Medien können scih nicht irren -, also fange ich am besten bei ihm bzw. seinem Blog an.

Gehostete Partisanen

Hm. Auf dem ersten Blick ein ganz normaler Wordpress-Blog. Auf dem zweiten auch. Ich hatte irgendwie eine selbstgezimmerte Seite erwartet, die über mühsam verschleierte Umwege auf einem Server in Vanuatu verweist, aber sei's drum - ist offenbar nicht nötig. Immer noch besser als eine Domain, deren Inhaber für jeden Hansfranz ermittelbar ist. Dann zählt ein Blogger-Account bestimmt auch. Ein Punkt.

Kein Impressum ist zu sehen, auch sonst kein Klarname - aber das dürfte bei einem Underground-Blog ja wohl auch selbstverständlich sein. Habe ich ebenfalls nicht; auch ich lege Wert auf mein Inkognito. Also noch ein Punkt für meinen persönlichen Underground-Index. Die Blogroll: Nach Untergrundaspekten betrachtet eher unauffällig, kein Al-Qaida oder eine vierte RAF-Generation erkennbar. Also auch so ähnlich wie bei mir.

Typisch: Drogen und Faulenzerei

Die Posting-Frequenz ist eher als mau zu bezeichnen, vermutlich hat der gute Airen in letzter Zeit mehr an seinem Buch (und an "Axolotl Roadkill", hehe) gearbeitet. Der jüngste Post datiert von letzter Woche, der davor von Mitte Februar und der davor gar von August! Da bin ich fleißiger. Zwei Punkte für mich.

Contentmäßig stehen bei Airen Drogen und Mucke im Mittelpunkt. Umstürzlerisch ist das ja nun nicht gerade, aber irgendwie vom Aspekt der Legalität her auf jeden Fall als untergründig zu bezeichnen. Ich für meinen Teil rüttle ja eher an den Grundfesten der Zivilisation, indem ich über die Kirche oder die FDP motze - aber dies, in Tateinheit mit meinem Faible für Punkrock, sollte eigentlich auch als einigermaßen undergroundig durchgehen. Gleichstand.

Mwmpf! Mmmmmwwf!

Und wie sieht so ein Undergroundblogger nun aus? Weiß man naturgemäß nicht, sonst wäre es ja herzlich wenig partisanenhaft. Spiegel-Literaturredakteur Daniel Haas stellt ihn sich in etwa wie einen von diesen Autonomnazis vor. Jedenfalls hiphopte er in einer derartigen Aufmachung angestrengt über die Leipziger Buchmesse, obwohl der echte Airen eigentlich eher auf Techno ist, aber egal. So ein Outfit ist für jemanden wie mich allerdings eine Kleinigkeit, sogar mit Pali-Tuch (gott, war ich mal jung). Beweis: Foto oben, stilecht mit Handy verwackelt aufgenommen, damit die Bullen mich noch weniger identifizieren können. Underground-Punkte: Auf jeden Fall mehr als Haas.

Eine haarkleine Abrechnung spare ich mir, das Ergebnis scheint mir eindeutig auszufallen: Ich bin eindeutig auch ein Undergroundblogger. Yeah! Oder eher: Yo? Ach, was weiß denn ich. Nur eines weiß ich: Wenn so ein Nachwuchsschreiberlinchen bei MIR abkupfert, dann wird aber gedisst, was das Zeug hält! Davon abhalten will ich aber niemanden: Schließlich dürfte sich anschließend auch mein Buch besser verkaufen.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Alter. Du bist auf jeden Fall auch underground. Bei mir is so wenig zusehen, weil ich das jetzt alles wieder offline genommen habe.

Hau rein.

Airen

Dr. No hat gesagt…

Offline genommen? Wo soll der nächste Nachwuchsschreiberling denn dann seine Ideen herkriegen? Ich ahne allmählich, warum es immer heißt, dass das zweite Buch schwieriger sei als das erste... ;-)
Gruß

Henrik Nolte hat gesagt…

Da ist ein Mittelschichtsmädchen von ihren ereignisarm und völlig schmerzfrei verlaufenden "Exzessen" im ach so "abgefahrenen Berlin" dann doch eher gelangweilt und kuckt die zweite Staffel von "Californication" und denkt sich: "Das mache ich auch, vielleicht kommt dann ja mit dem Skandal ein bisschen Schwung in mein strunzödes Akademikertochterleben".

Und schuppdiwupp, ist das Leben mal wieder nur ein Film ..., nee, stop, stimmt gar nicht, in diesem Falle ist die Filmvorage wesentlich besser als das Leben ...

Die andere Hälfte ihres Romans hat sie wahrscheinlich von den Tagebüchern aus der Hippiezeit ihrer Eltern abgeschrieben.

Dr. No hat gesagt…

Hat ja immerhin geklappt... ein Grund mehr, dass ich jetzt auch mal ein bisschen Schwung in mein strunzödes Akademikerleben bringen sollte. Auch wenn ich Californication (noch) nicht kenne.

ImpiGround hat gesagt…

Kann jemand Underground sein, der nachweislich aus Oldenburg kommt? Ich glaube doch nicht. :-P

Ansonsten habe ich es mir mittlerweile abgewöhnt zu fragen, warum die eine Seite gehiped wird, die andere hingegen nie aus dem Quark kommt. Da mag ein wenig persönliche Bitternis mit einfließen, klar, aber davon ab sind das nicht immer Fragen von Qualität oder guter SEO. Insgeheim glaube ich, dass es einfach gelangweilte Spiegel-Online/Heise/Bild-Autoren sind, die den nächsten großen Trend investigativ zwischen der zweiten und fünften Suchergebnissseite auf Google finden und produzieren.

Ein Impressum müsstet ihr Pfeifen übrigens alle auf eurer Seite haben, so jouristisch gesehen. Wenn ich nur wüsste, wo ich da meine Abmahnung hinschicken könnte. :-D

Dr. No hat gesagt…

Nö - solange ich keine kommerziellen Interessen verfolge, gibbet hier auch kein Impressum. Ich weiß, dass sich die Advokaten in diesem Punkt nicht einig sind, aber das Gesetz scheint mir eigentlich recht unzweideutig formuliert zu sein.

Dies nur so als Gedankenspiel. Als Undergroundblogger pfeife ich natürlich auf jedwede Gesetze. ;-)