So, die Empörung über die Spitzel-Affäre bei der Telekom ist auf dem Höhepunkt - Zeit für die Bundesregierung, die Ärmel hochzukrempeln, die Muskeln anzuspannen und ein für alle Mal klarzustellen, wer hier verdammt noch mal für Überwachungen zuständig ist.
Innenminister Schäuble bittet die Telekom, weitere Konzerne und Unternehmensverbände am Montag zum Gespräch. Den Inhalt kann ich mir gut vorstellen: "Mensch, René, du Vollpfosten! Bei so was darf man sich doch nicht erwischen lassen! Nimm dir mal ein Beispiel an mir!" Und dann musste Obermann auch noch ausgerechnet einen Schnüffel-Dienstleister beauftragen, der ehemalige Stasi-Spitzel beschäftigt. Gut, rein betriebswirtschaftlich betrachtet ist es für eine Detektei natürlich sinnvoll, Mitarbeiter mit langjähriger Berufserfahrung zu rekrutieren. Aber Schäuble ist zu Recht sauer: Wenn in der politischen Auseinandersetzung schon das Wort Stasi fallen muss, dann - bitteschön - immer noch in Zusammenhang mit der Linken und nicht der Wirtschaft!
Nein, im Ernst: Das montägliche Gespräch beim Innenminister wird bestimmt kein Spaziergang für die Schlipsträger. Denn Schäuble droht damit, die tödlichste, gnadenloseste und unerbittlichste Waffe einzusetzen, die der Bund gegenüber der Wirtschaft besitzt: die Aufforderung, eine freiwillige Selbstverpflichtung zum Verzicht auf Überwachungen einzuführen.
Huah! Wie eingeschüchtert die Konzernlenker jetzt schon sind, lässt sich daran ablesen, dass eine ganze Reihe von Unternehmen ihre Teilnahme an diesem Gespräch abgelehnt hat... nein, quatsch. Vermutlich haben sie sich über diesen ebenso abgehalfterten wie auch dämlichen Lösungsvorschlag dermaßen kaputtgelacht, dass sie mit einem Milzriss im Krankenhaus liegen und deshalb nicht kommen können. Vom Oberbullen des Staates darum gebeten zu werden, freiwillig doch bitte davon abzusehen, Gesetze nicht zu brechen... da muss ich ja selbst lachen. Hat ja schon bei der FSK super geklappt.
Über das typische Getrommel der Abgeordneten, die schon länger nicht mehr in den Medien waren, will ich mich gar nicht auslassen. Nun gut, dass ausgerechnet Dieter Wiefelspütz (SPD), der sich vor nicht allzu langer Zeit als Fan der Vorratsdatenspeicherung geoutet hat, jetzt als Retter des Datenschutzes aufspielt, ist dann doch eher lächerlich.
Aber wie wär's denn damit, dieses Prinzip der freiwilligen Selbstverpflichtung auf den Alltag zu übertragen? Wenn man dabei erwischt wird, mit dem Fahrrad auf dem linken Bürgersteig zu fahren, wird man künftig nicht mehr von einem zu kurz geratenen Gesetzeshüter mit hochrotem Kopf angebrüllt. Geht auch einfacher und freundlicher: ein paar Tage später wird man gemeinsam mit einer willkürlichen Auswahl von anderen Radfahrern, die gerade Zeit und Lust darauf haben, zum Gespräch mit Kaffee und Keksen beim Dorfpolizisten gebeten, wo dann alle doch bitte - aber freiwillig, ohne Druck - erklären sollen, dass es falsch war, links zu fahren und dass sie fürderhin darauf verzichten werden. Und dann geben sich alle die Hand, klopfen sich auf die Schultern und betonen, wie fruchtbar das Gespräch war. Und radeln nach Hause.
Auf dem linken Bürgersteig natürlich.
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