Freitag, 9. Oktober 2009

Nobelpreis für das Prinzip Hoffnung

Das nenne ich mal einen steilen Aufstieg in den Olymp der Menschheit: Barack Obama ist noch kein Jahr US-Präsident, da erhält er schon den Friedensnobelpreis. Andere müssen sich jahrzehntelang einem sozialen oder karitativen Zweck widmen oder sich zur Lebensaufgabe machen, bevor sie für eine Nominierung überhaupt in Erwägung gezogen werden; Obamas Nominierung war indes schon erfolgt, bevor er überhaupt Gelegenheit hatte, große Weltprobleme anzupacken, denn die Frist endete schon zwei Wochen nach seiner Amtseinführung. Man könnte angesichts der Tatsache, dass weder der Krieg in Afghanistan beendet noch eine rigorose Aufarbeitung der Folterskandale in Sicht ist und gleichzeitig dem Iran mit Militärschlägen gedroht wird, fragen, wofür er eigentlich den Preis bekommt - für seine bloße Existenz bzw. dafür, dass er nicht George W. Bush ist? Und hat er ihn dann überhaupt verdient? Meine Antwort darauf: Ja.

Jeder politisch halbwegs Vernunftbegabte, egal in welchem Land, hat am 4./5. November hörbar aufgeatmet, als sich das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl abzeichnete. Es setzte der Verbrecherbande um Bush, die mit Angriffskriegen, Lügen und Folter dem Rest der Welt ihren Willen aufzwingen wollte, bis auf weiteres ein Ende; und allein schon die Person Obamas war geeignet, um abgerissene Gesprächsfäden wieder aufzunehmen und verwickelte diplomatische Kontakte neu zu knüpfen. Nationen und Regierungen, auf denen die Bush-Kamarilla in ihrer grenzenlosen Arroganz jahrelang herumgetrampelt ist, zeigten sich zu einem Neuanfang bereit.

Es war, als würde in einem muffigen, stinkigem Zimmer zum ersten Mal seit Jahren jemand wieder ein Fenster öffnen. Plötzlich bestand die kaum mehr für möglich gehaltene Chance, den Karren der Weltgemeinschaft wenigstens ein Stück weit wieder aus dem Dreck zu ziehen, und Obama tat in den ersten Tagen seiner Präsidentschaft mehr für die Menschenrechte als Bush in seinem ganzen Leben. Krieg schien schon wieder zum normalen Mittel der Politik geworden zu sein - mittlerweile darf man hoffen, dass er zumindest wieder zum letzten Mittel wird.

Natürlich sind im Lauf des vergangenen Dreivierteljahres auch Schatten auf den Superstar gefallen. Schwer wiegt etwa, dass er den Verantwortlichen für Folter und Entführungen Straffreiheit einräumte. Außerdem verfügte er zwar die Schließung von Guantanamo und Geheimknästen, aber eben nicht von allen derartigen Einrichtungen. Er setzt sich für eine atomwaffenfreie Welt ein, an den exorbitanten Rüstungsausgaben der USA hat sich allerdings noch nichts geändert. Und auch seine Maßnahmen zum Klimaschutz sind noch nicht allzu weit über das Stadium von Lippenbekenntnissen hinausgekommen.

Dennoch muss man festhalten: Ein Mensch kann allein etwas bewegen, aber die Vorstellung, dass ein einzelner Politiker innerhalb weniger Wochen die Welt im Alleingang rettet, ist höchst naiv; so etwas gibt es nur in Hollywoodstreifen. In der realen Welt steckt auch ein Barack Obama in einer Menge Verstrickungen und Abhängigkeiten und ist auf Kompromisse, manchmal auch auf faule, angewiesen. Jeder richtungsweisende politische Prozess braucht Jahre zur Realisierung, die meisten bleiben auf halbem Wege stecken - und um beispielsweise die USA auf den richtigen Weg in Sachen Klimawandel zu bringen, braucht es mit Sicherheit mehr als neun Monate Dienstzeit.

Was Obama aber in dieser kurzen Zeit zweifellos erreicht hat, ist ein Klimawandel in positivem Sinne: Er hat das internationale politische Klima - die Grundlage dafür, dass Konflikte auch gewaltlos beigelegt werden können - spürbar verbessert und Spannungen abgebaut, was nach der Elefant-im-Porzellanladen-Diplomatie seines Vorgängers keine geringe Leistung ist. Sein Auftritt in Kairo mag als Beleg gelten. In Zeiten, in denen ein dritter Weltkrieg wahrscheinlicher erschien als ein dauerhafter Weltfrieden, ist das mehr als nur ein Hoffnungsschimmer. Mir fällt kein Politiker seit Gorbatschow ein, der eine ähnliche Wirkung hatte.

Und dafür hat Obama den Friedensnobelpreis meiner Meinung nach durchaus verdient, obleich es so anmutet, als würde er für Leistungen ausgezeichnet, die man in Zukunft von ihm erwartet. Ob er demzufolge am Ende seiner Amtszeit dieses Preises immer noch würdig ist, wird sich zeigen. Eine Rückkehr zur Wildwestpolitik der Neocons, die das Prinzip der Staatengemeinschaft nahezu in Trümmer gelegt hat, scheint mir bis dahin aber undenkbar - und allein das ist schon eine ganze Menge wert. Und wer noch höhere Maßstäbe an die Preisvergabe anlegt, der überschätzt sie ohnehin: Schließlich handelt es sich auch bei der wohl renommiertesten Auszeichnung, die man auf diesem Planeten bekommen kann, nur um einen Preis, den Menschen anderen Menschen verleihen. Wofür, ist und bleibt Ermessenssache, und wohl noch nie hat sich jemand durch den Nobelpreis von dem abhalten lassen, was er wirklich tun will. Also: Kirche im Dorf etc.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Es geht halt nichts über einen ordentlichen, heißen Messias mit tüchtig Vorschusslorbeer und einer Gattin mit durchtrainierten Ärmchen vom Gemüsebeet-Anlegen.

Und dann das Hündchen! Haaaaach ....

Anonym hat gesagt…

"andere" glauben obama waere der antichrist......