Freitag, 26. März 2010

Und sie wiederholt sich doch

"Moderne Zeiten" titelt der aktuelle Spiegel in bester Charlie-Chaplin-Optik und packt die Unterzeile "Ausleihen, befristen, kündigen - die neue Arbeitswelt" dazu. Schön, dass sich das größte deutsche Nachrichtenmagazin dieses Themas annimmt, obwohl man natürlich schnippisch anmerken könnte: "Ach, jetzt schon?" Das schenke ich mir, weil mich eine andere Frage vielmehr umtreibt: Was, bitte schön, soll an all dem denn neu sein?

Mittwoch, 24. März 2010

Neues aus dem Untergrund

Eines frage ich mich ja schon, seitdem die Geschichte um Helene Hegemann, die mich ansonsten nicht besonders interessierte, durch die Gazetten gejagt wurde. Sie habe von einem Underground-Blogger abgeschrieben, hieß es; und da frage ich mich: Was ist eigentlich ein Undergroundblogger? Und, was noch viel wichtiger ist: Könnte ich selbst vielleicht auch einer sein, ohne es zu wissen? Bin ich eventuell cooler, als ich dachte?

Dienstag, 23. März 2010

Vulvenausbruch in Wikitukaland

Soso, da hat die Wikipedia also ein Foto einer gespreizten Vulva nebst näherer Umgebung inklusive anderer Körperöffnungen auf ihre Homepage gestellt, da der dazugehörige Artikel zum "Artikel des Tages" ernannt wurde und sich die Nerds einmal als Superprovokateure aufspielen wollten. Die sich daraus ergebene elend lange und ermüdende Diskussion war dabei mal wieder das Beste an der Möchtegern-Weltenzyklopädie und hat problemlos die Halbes-Megabyte-Datenmüll-Schallmauer geknackt, ohne je auch nur im entferntesten realistische Chancen gehabt zu haben, irgendwie an der Sache auch nur zu rütteln.

Sonntag, 21. März 2010

Murmeltier Merkel auf Rüttgers' Spielwiese

War wohl nichts mit der, ähem, Geschäftsidee der nordrhein-westfälischen CDU: Beim Parteitag wollte kein einziger der, hüstel, Standbetreiber für das Angebot, eine Privataudienz beim Ministerpräsidenten zu bekommen, in die Tasche greifen. Vom Landesvater zum Ladenhüter - wäre Rüttgers ein Unternehmen, würde man mangels Nachfrage des eigenen Produkts den baldigen Gang zum Insolvenzgericht in Erwägung ziehen müssen. Das sind mir mal ein paar Möchtegern-Kapitalisten: Kriegen ja nicht einmal das einfachste Dienstleistungsmodell umgesetzt. Und das trotz Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz - da hat jemand seine Hausaufgaben in Ökonomie wohl nicht gemacht.

Samstag, 20. März 2010

Satanische Per-Verse

SPD-Vorsitzender sei "das schönste Amt neben dem Papst", sagte Franz Müntefering einmal. Da wäre mittlerweile mehr als ein Fragezeichen angebracht: Was den Parteivorsitz angeht ohnehin - und auch der Papst hat nun ein richtig fieses Problem an der Backe: Der Teufel höchstselbst treibt sein Unwesen nicht etwa in Hippiekommunen, feministischen Gesprächskreisen oder dem Haus von Richard Dawkins, sondern - obacht - direkt im Vatikan! Das sagt Don Gabriele Amorth, seines Zeichens oberster Chefinquisitor in Rom. Der Mann kann gar nicht irren: Er ist dem Hörnerheini laut eigener Auskunft bereits 70.000 Mal gegenübergetreten und hat ihn dahin zurückgeschickt, wo der Pfeffer verbrennt.

Dienstag, 16. März 2010

Wenn Zombies in Würde altern wollen

Gestern mit halbem Ohr mitgekriegt: Die Scorpions bringen am Freitag ihr letztes Album heraus und gehen dann auf ihre letzte Welttournee. Gitarrist und Gründungsmitglied Rudolf Schenker erklärte hierzu: "Wir wollen nicht, dass es unwürdig wird".

Ähem. Liebe Scorpions: Dieser Zeitpunkt liegt schon lange hinter euch.

Montag, 15. März 2010

Wir gratulieren zum 10.000sten Steuerbetrüger

Der Ankauf der schweizerischen Steuerdaten-CD hat geradezu einen Run auf die Finanzämter ausgelöst: Die Zahl der Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung nähert sich der 10.000-Marke, die vermutlich noch in dieser Woche geknackt wird. Was allein schon aus Organisationsgründen die Frage aufwirft: Bekommt der zehntausendste "Kunde" eigentlich auch einen Blumenstrauß? Oder wenigstens einen Freßkorb oder eine Armbanduhr?

Sonntag, 14. März 2010

"Aber Guido weinte den Bruder jetzo und wieder seinen Freund; es erscholl von Jammertönen der Parteitag"

Frei nach Homer und gerade passend, denn in den NDR-Nachrichten hörte ich: Westerwelle is back. Seinen Anhängern auf dem FDP-Parteitag in Siegen flennte er zu den Vorwürfen der Vettern- und Günstlingswirtschaft entgegen, er wolle doch nur "dem Mittelstand in anderen Ländern die Türen öffnen". Das werde er auch weiterhin tun, da dies (*gähn*) Arbeitsplätze schaffe. Warum nur habe ich die ganze Zeit das Bild einer heulenden Mutti vor Augen, die mit erstickter Stimme schluchzt: "Naja. Ist nicht schlimm. Ich liebe dich ja bloß." Oder noch besser: "Ich habe dich unter Schmerzen geboren - und DAS ist nun also der Dank!"?

Leistungsbezug muss sich wieder lohnen

Ui, da ist aber jemand von seinen Strategieberatern so richtig eingenordet worden. Hannelore Kraft, ihres Zeichens SPD-Spitzenkandidatin in Nordrhein-Bezahlen, wie es die "heute show" so schön formulierte, will jetzt lieber die Hartz-IV-Regelsätze erhöhen, statt Langzeitarbeitslose zum Straßenkehren überreden zu wollen. Wieder einmal in höchster Not eine linke Forderung geklaut.

Samstag, 13. März 2010

Hm - sieht aus, als wäre er mit einer Nazikeule erschlagen worden

Wenn es darum geht, ob etwas witzig war oder nicht, wird immer gerne Kurt Tucholsky bemüht. "Was darf die Satire?", fragte der Journalist und Autor einst und lieferte die Antwort gleich mit: "Alles." Hätte es seinerzeit schon den Bayerischen Rundfunk gegeben, hätte er hinzufügen können: "Aber nicht überall." Denn der Sender schneidet einen halbgaren, gegen Guido Westerwelle gerichteten Nazivergleich des  Schauspielers Michael Lerchenberg in der Fastenrede zum Starkbieranstich am Nockherberg mal eben raus, der Redner wird geschasst - und der spaßbefreite Spaßparteichef hat endlich ein Alibi, nicht mehr zur traditionellen Politikerschelte kommen zu müssen.

Da staunt die innere Mitte, und die Hormone stehen kopf

Ich habe es immer geahnt: Biozeug-Käufer sind keine besseren Menschen. Gestern musste ich mir dies von der SZ bestätigen lassen: Eine Studie weist nach, dass Menschen, die Biozeugs einkaufen, sich damit eine Art Gewissensbonus verschaffen, den sie ausgleichen, indem sie sich anderweitig daneben benehmen. Zum Beispiel meine Wenigkeit: Kaum bin ich mit meinem Bioladen-Einkauf fertig, fange ich auch schon an, über Leute zu lästern, die sich so in Bioläden herumtreiben. Warum ich das tue? Wohl, weil ich ein genauso schlechter Mensch bin wie alle anderen. Vielleicht aber auch wegen der Flyer, die dort für gewöhnlich ausliegen.

Mittwoch, 10. März 2010

Dieser Blog konnte Spuren von Sarrazin enthalten - bis jetzt

So - einer muss ja mal den Anfang machen, sonst hört das nie auf. Hiermit verkünde ich feierlich, dass ich ab sofort nicht mehr über Thilo Sarrazin berichten werde. Keine Wiedergabe seiner schwachsinnigen Spinnereien, keine Bezugnahme mehr auf seine elitären Eitelkeiten, kein auch nur sekundäres Zitieren seiner hässlichen Hetztiraden - dieser Blog ist von nun an eine sarrazinbefreite Zone. Ich hoffe, dass sich möglichst viele Kollegen anschließen und man dann als Medienkonsument baldmöglichst von seinen derzeit omnipräsenten Schwachheiten verschont bleibt - je eher, desto besser. Denn im Moment wird diese schnäuzertragende Schießbudenfigur allseits für wichtiger genommen, als sie eigentlich ist.

Dienstag, 9. März 2010

Na, Kleiner - soll ich dir mal meine Extrawurst zeigen?

Jaja, die katholische Kirche braucht immer ein bisschen länger für alles; das ist hinlänglich bekannt. Aber wenn das Bistum Augsburg sich erst elf Jahre, nachdem es Kenntnis von einem Missbrauchsfall erhielt, jetzt dazu bequemt, den mutmaßlichen Täter zur Selbstanzeige zu bewegen, dann frage ich mich, ob die Vertuschungsstragie der Katholen nicht so langsam den Tatbestand der Strafvereitelung erfüllt. Und ausnahmsweise, nur in diesem einen einzigen Fall, würde ich gerne mal hören, was Mixa als Chef des Bistums dazu zu sagen hat.

Zwangsarbeit schändet nicht

Als ich vor ein paar Jahren mal zum Zwecke der Berichterstattung auf einer Gewerkschaftsversammlung war, fragte dort ein niederländischer Vertreter - die Niederländer stellen ja bekanntlich die besten Fragen -, ob Hartz IV mit seinen Zumutbarkeits- und Sanktionsregelungen nicht einfach Zwangsarbeit bedeute. Ich würde zu gerne wissen, wie der Mann die jüngsten Vorstöße zum Arbeitsdienst für Langzeitarbeitslose von Hannelore Kraft (SPD, Straßenfegen) und dem unvermeidlichen Guido Westerwelle (FDP, Schneeschippen) titulieren würde.Und ich wüsste gern, wofür das "S" in "SPD", dass ja eines der wenigen Unterscheidungsmerkmale in diesem Zusammenhang ist, eigentlich steht.


Freitag, 5. März 2010

Wer blöd fragt ...

Offenbar ist es bei vielen Bloggern recht beliebt, von Zeit zu Zeit eine Aufstellung der Suchbegriffe zu posten, mit denen Internetnutzer auf die eigenen Seiten gelangt sind. Ist ja auch manchmal lustig, manchmal auch eher beängstigend und manchmal schlicht ein wenig langatmig. Mir fällt aber, wenn ich so etwas lese, was ich selten tue, immer wieder ein interessantes Phänomen auf: Die merkwürdige Vorgehensweise mancher Leute beim Googeln - als wäre die Suchmaschine ein Orakel und man selbst der Gläubige, der um Erleuchtung ringt.

Donnerstag, 4. März 2010

Der Sarrazin ist dem Westerwelle sein Rot

Manchmal kommt es einem so vor, als gäbe es in der SPD genau so viele Parteiausschlüsse wie in der ollen KPdSU in ihren schlechtesten Zeiten, nur weniger Erschießungen. Das war mir beizeiten auch schon mal eine Umfrage wert, die damit endete, dass der Ausschluss von Hubertus Heil gefordert wurde, weil er vom Namen her eher in die CSU passen würde. Im Moment allerdings wollen die Genossen eher Thilo Sarrazin loswerden - und wer will's ihnen verdenken? Aber das ist nicht ganz einfach. Schließlich dürfte der Mann nicht zuletzt wegen seines SPD-Parteibuchs im Bundesbank-Vorstand sitzen.

Mittwoch, 3. März 2010

Ein Hauch von Zen

Ich weiß gar nicht, warum immer über die unionsgeführte Bundesregierung hergezogen wird - die tun schließlich eine ganze Menge für ihr Geld. Zum Beispiel am laufenden Band Gesetze für die Rundablage zu produzieren. Nun hat es nach dem Zuwanderungsgesetz, dem Lauschangriff, dem Luftsicherheitsgesetz, dem automatisierten Scannen von Nummernschildern, der Pendlerpauschale und der Onlinedurchsuchung auch das Vorratsdatenspeicherungsgesetz erwischt: Die Verfassungsrichter erklärten das Gesetz in der vorliegenden Form für nichtig. Die Arbeit der Regierung erinnert ein wenig an Zen-Buddhismus - und tatsächlich gilt: Der Weg ist das Ziel.