Beinahe wäre ich auf den letzten Metern des ausklingenden Jahres noch zum Mörder geworden. Dann würde ich heute in der Zeitung stehen; und ob der Brutalität meines Vorgehens würden sich sämtliche Geheimdienste der Welt fragen, zu welch finsterer Bande ich denn nun gehörte, denn selbst Al Qaida wäre angesichts meiner blutrünstigen Vorgehensweise dermaßen entsetzt, dass sie auf das übliche Bekennerschreiben verzichtet hätte. Dabei hätte ich mit der spektakulären Bluttat doch nur zwei Dinge erreichen wollen: Zum einen den Finger auf ein gesellschaftliches Tabu legen, auf ein Thema, das viele betrifft und unter dem viele leiden, das aber öffentlich kaum diskutiert wird. Und zum anderen, dass die blöde Kuh neben mir endlich damit aufhört, tonnenweise Popcorn in sich hineinzuschaufeln.
Donnerstag, 31. Dezember 2009
Blogparade: Der höchst introvertierte Rückblick
Man soll ja immer offen sein für Neues, daher habe ich mich entschlossen, zum ersten Mal an einer Blogparade teilzunehmen, und zwar der von Sascha auf gesichtet.net. Dabei geht es um einen Rückblick auf die eigene Herumbloggerei im Jahr 2009 und die Vorstellung von drei ausgesuchten Posts.
Mittwoch, 30. Dezember 2009
Mach dich nackich
War ja klar - kaum zündet sich ein durchgeknallter Muselmane das Bein an, ziehen alle möglichen Seiten alle möglichen Rückschlüsse daraus und fordern alle möglichen Konsequenzen. Und schon wird 7000 Kilometer entfernt der eigentlich politisch schon totgesagte Nacktscanner wieder exhumiert und, mit einer euphemistischen Bezeichnung versehen, auf die Bevölkerung losgelassen. Die Niederlande machen's vor, und wann Deutschland nachzieht, ist nur eine Frage der Zeit.
Dienstag, 29. Dezember 2009
Das Millionenspiel
Bei der Wikipedia, der Spielwiese für im realen Leben zu kurz gekommene Bescheidwisser, geht die Post ab: Kaum hat die deutschsprachige Sektion endlich die lang erwartete Eine-Million-Artikel-Marke gesprengt, hauen sich die selbsternannten Projektleiter, von denen es ebenfalls mindestens eine Million zu geben scheint, die Köppe ein. Denn der millionste Artikel dreht sich um einen Gärtner, den keine Sau kennt, und darum, dass ein 13-jähriger Nutzer ihn umgehend zur Löschung vorgeschlagen hat. Wie es zuvor auch schon bei vermutlich einer Million anderer Artikel der Fall war.
Donnerstag, 24. Dezember 2009
Ho-ho-ho!
So, gerade mit Müh' und Not den Einkaufswagen schiebenden Zombiehorden entronnen - nun folgen diejenigen Tage im Jahr, an dem auch die hoffnungslosesten Nerds anderes zu tun haben als zu bloggen. Also so klassische Weihnachtssachen wie den Baum in Brand zu setzen, sich mit der halben Familie zu zerstreiten oder am zweiten Weihnachtstag mit einem gigantischen Schädel in der Ausnüchterungszelle aufzuwachen. Was man eben so macht, wenn man nicht gerade frisst, vor der Glotze schläft oder Geschenkpapier zerfetzt. In diesem Sinne wünsche ich allseits ein paar nette Feiertage. Bis in ein paar Tagen.
Mittwoch, 23. Dezember 2009
Hauptsache gesund!
Höret nun die frohe Weihnachtsbotschaft: Das neue Jahr, sagte der Zukunftsforscher Horst Opaschowski, werde "schwere Verteilungskämpfe" mit sich bringen. Davon gehe ich ebenfalls aus, auch ohne Blick in die Kristallkugel. Und ich gehe gar einen Schritt weiter und prognostiziere: Diese Verteilungskämpfe werden samt und sonders von den oberen Gesellschaftsschichten gewonnen werden.
Dienstag, 22. Dezember 2009
Der Blitz soll euch beim Steuerzahlen treffen!
Ein neuer Tag, ein neuer Wirtschaftsheini, ein neuer haarsträubender Vorschlag: Der Leiter des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, Ulrich Blum, schlägt vor, von konfessionslosen Bürgern eine "Ethiksteuer" einzutreiben. Damit wolle er die Zahl der Kirchenaustritte senken, sagte er der Blödzeitung. Sieben Prozent der Einkommenssteuer - das soll die gerechte Strafe Gottes dafür sein, dass ihr euch vom rechten Glauben abwendet, ihr Ketzer!
Montag, 21. Dezember 2009
Die Weisheit mit goldenen Löffeln gefressen
Da wird einem vor lauter Vorfreude ganz warm ums Hertz IV: Der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz schlägt eine Senkung des Alg-II-Regelsatzes um schlappe 30 Prozent vor. Gleichzeitig sollen "Zuverdienstmöglichkeiten verbessert" und Hartz IV zu einer Art Kombilohnsystem umgestrickt werden. Was er mit diesem verschwurbelten Sermon sagen will: Der Staat soll nackte Zwangsarbeit einführen.
Sonntag, 20. Dezember 2009
Jetzt sei doch mal ein bisschen besinnlich!
Es gibt ja nur wenige Dinge im Leben, die noch furchtbarer sind als Weihnachtslieder. Okay - vielleicht Weihnachtslieder, die von Kinderchören gesungen werden und mit weichgezeichneter Bebilderung versehen auf den ahnungslosen TV-Zuschauer losgelassen werden. Jenseits der omnipräsenten audiovisuellen Dauerberieselung verfügt der rot-weiße Wahn aber auch über eine dritte Teilstreitmacht: den linguistischen Arm des Terrors. Und so blökte mir, als ich den Lokalteil der hiesigen Regionalzeitung aufblätterte, dieses unsagbar entsetzliche Elaborat entgegen:
Samstag, 19. Dezember 2009
Die Quintessenz von NOPEnhagen
Tja, war wohl nichts: Langsam dürfte auch dem Letzten dämmern, dass der Planet endgültig vor die Hunde gehen wird. Aber sehen wir's positiv: Immerhin werden wir später ganz schön was zu erzählen haben, wenn wir im Schaukelstuhl vorm Kamin sitzend die versammelte andächtig lauschende Enkelschar mit Geschichten beglücken wollen. Hey: Schließlich waren wir dabei, als der Weltuntergang seinen Anfang nahm - dagegen kann Opa mit seinen Schützengrabenerzählungen aus Stalingrad nicht anstinken und Vattern sich mit seinen Storys, wie er die Kubakrise oder die Mondlandung erlebte, einsalzen lassen. Also seid getröstet, ihr alle, die ihr denkt, euer Dasein wäre von Langeweile bestimmt und ihr würdet eh' nichts erleben, das geeignet wäre, den familiären Unterhaltungen an langen Winterabenden etwas Würze zu verleihen. Ein bisschen schade ist es nur, dass dieselben Enkel, die uns dann zuhören, uns gleichzeitig dafür hassen werden.
Freitag, 18. Dezember 2009
Alles greasy
Zur Abwechslung mal eine gute Nachricht: Es gibt gar keine Ölknappheit. Ich wiederhole: Es gibt keine Ölknappheit! Stattdessen lagern in der Erde offenbar noch Unmengen des schwarzen Zeugs, ein ganzer Arsch voll klebriger Fossilmasse, die Vorräte reichen sicherlich bis ins 25. Jahrtausend - mindestens. Denn wenn Öl tatsächlich knapp wäre, würde sicherlich kein vernünftiger Mensch auf die Idee kommen, diese zunehmend seltener und damit immer teurer werdende klimaschädliche Ressource für etwas dermaßen Unnützes zu verschwenden wie, sagen wir mal, die Herstellung eines quietschroten Plastikknopfes, der bei Betätigung fröhlich trällert: "Alles easy."
Donnerstag, 17. Dezember 2009
Määähähähää! *hust*
Na, das ging ja fix. Eigentlich hätte ich die nächste gar finst're Seuchenbedrohung erst im Frühjahr erwartet - dann, wenn alle Schweinegrippenimpfdosen verabreicht worden sind und das nächste mediale Loch bevorsteht, also etwa während der Osterferien. Aber nein, das Geschäft mit der Impfung schien schlecht zu laufen, also werden bereits jetzt die nächsten mikrobiellen Terroristen als Gefahr für Leib und Leben aus dem Hut gezaubert - und wie langweilig dieses Theater allmählich wird, zeigt sich schon am höchst einfallslosen Namen: Ziegengrippe.
Mittwoch, 16. Dezember 2009
Montag, 14. Dezember 2009
Pressefreiheit aus der Sicht eines beleidigten CDU-Politikers
In den Medien ist die Causa Brender zwar vorerst kein Thema mehr, es gibt aber noch die einen oder anderen Nachwehen der öffentlichen Auseinandersetzung: Zum Beispiel schwer genervte Politiker. Auf dem Höhepunkt der Debatte hatte die Initiative Campact einen Aufruf gestartet, sich an seinen jeweiligen Abgeordneten mit der Forderung zu wenden, sich für eine Prüfung der bestehenden gesetzlichen Grundlage durch das Bundesverfassungsgericht einzusetzen.* Der Abgeordnete meines Wahlkreises, Thomas Kossendey (CDU), hat diese Zuschriften auf eine derart angepisste Art und Weise beantwortet, dass ich dieses Schreiben der Nachwelt nicht vorenthalten möchte - zumal es von einem, nun ja, eigenwilligen Verhältnis zu Demokratie und Bürgernähe zeugt.
Dunkle Wolken über Kopenhagen
Gerade noch auf Spon gelesen, bevor es weit nach hinten in die Untiefen der Website durchgerutscht ist: "Entwicklungsländer rühren an Merkels Öko-Nimbus". Wie können sie nur! Wissen die Neg... ich meine: Wissen die Abgeordneten der armen Drittweltstaaten denn nicht, dass unsere Kanzlerin die Öko-Heilige schlechthin ist? Denn dieser "Öko-Nimbus" kommt ja nicht von ungefähr, sondern umgibt die Kanzlerin vor allem deshalb, weil er ihr von den Medien angedichtet wurde - auch vom Spiegel.
Freitag, 11. Dezember 2009
Beispielhaft: Bank geht gegen Bonuszahlungen vor
Endlich einmal eine erfreuliche Meldung in diesen finsteren Zeiten der Finanzkrise: Die erste Bank hat offiziell verkündet, dass überhöhte Boni für Mitarbeiter ab sofort der Vergangenheit angehören! Jawohl: Niemand anderes als der Aufsichtsratsvorsitzende der HSH-Nordbank, Hilmar "Peanuts" Kopper, hat verkündet, dass das Wort "Bonus" in seinem Haus nunmehr "getilgt" sei.
Stattdessen heißen die Millionenzahlungen nun "variable, erfolgsbezogene Vergütungsbestandteile".
Stattdessen heißen die Millionenzahlungen nun "variable, erfolgsbezogene Vergütungsbestandteile".
Kunstwerke, die ich gerne in natura sehen möchte (II)
Heute: Kamele, die durch ein Nadelöhr gehen; vom britischen Künstler Willard Wigan.
Das Nadelöhr gehört zu einer Nadel in Originalgröße. Die Kamele sind dementsprechend bemessen.
Das Nadelöhr gehört zu einer Nadel in Originalgröße. Die Kamele sind dementsprechend bemessen.
Donnerstag, 10. Dezember 2009
Putin, der Teilzeit-Friedensengel
Ja, ich gebe zu: Mein Beifall zur Verleihung des Friedensnobelpreises an Barack Obama war angesichts der geplanten Ausweitung des Afghanistankrieges vielleicht etwas verfrüht. Grundsätzlich kann ich nach wie vor zu dem stehen, was ich vor zwei Monaten geschrieben habe; ich verstehe aber auch die massiven Zweifel, die viele an dieser Entscheidung hegen. Nur eines verstehe ich nicht: Den heutigen Kommentar dazu auf Spon.
Mittwoch, 9. Dezember 2009
Das RumgeAmpel hat ein Ende
Klarer Punktsieg der Lobbyisten: Die Einführung der Lebensmittelampel, die ohnehin bloß von lausigen 70 Prozent der Deutschen gewünscht wird, ist wohl gescheitert - es bleibt bei den irreführenden, dafür aber um so kleiner auf die Packung gedruckten Rechenmodellen der Hersteller. Gewissermaßen als Kompromiss wurde dafür eine andere Ampel in Betrieb genommen: Die, die zur weiteren Verfettung der Gesellschaft führt. Die steht jetzt bis auf weiteres auf Grün.
Dienstag, 8. Dezember 2009
Friede den Visits, Krieg den PIs
Die maßgebliche Währung im Online-Marketing ist bekanntlich seit langem die Zahl der PIs - eine Zahl, die in Redaktionen, PR-Abteilungen und Werbeteams ungeahnte Kreativitätsschübe auslöst, wenn es darum geht, sie Monat für Monat zu übertreffen. Oder, weniger blumig formuliert: Sie setzen dem Besucher gerne redaktionelles Fast Food vor - es werde Bilderstrecke! Vielleicht bleiben uns die allerblödesten Varianten dieser besonderen Contentspezies aber ab demnächst erspart.
Montag, 7. Dezember 2009
Familienplanung à la FDP
Irgendetwas fehlte mir in den letzten Wochen; ich konnte nicht genau sagen, was - es war ein bisschen wie mit der Standuhr, die plötzlich aufhört zu ticken, ohne dass man es bewusst wahrnimmt. Jetzt weiß ich, was es war: Ich habe schon lange keinen FDP-Milchbubi etwas Menschenverachtendes sagen hören. Oliver Möllenstädt aus Bremen war so freundlich, hier Abhilfe zu schaffen.
Ein Rückblick ist ein Rückblick ist ein Rückblick
Bereits vor einem Jahr mokierte ich mich zu eben dieser Zeit über die offenbar immer früher angesetzten Jahresrückblicke. In ihrem Wahn, der Konkurrenz immer mindestens einen Tag voraus zu sein, beglückten uns Kerner und Sat1 in diesem Jahr bereits am vierten Dezember mit dem Best of 2009, in der Hoffnung, dass bis Silvester nicht noch ein wichtiger Promi oder hundert Afghanen ins Gras beissen. Es reicht ja schon, wenn die, die bereits verblichen sind, in den nächsten 24 Tagen noch einmal tausend Tode sterben - in Zeitungen, Onlineseiten und TV-Shows.
Freitag, 4. Dezember 2009
Dr. No, fragen Sie sich manchmal, warum Sie sich bei uns registriert haben?
Soziale Netzwerke haben die Tendenz, einem auch dann auf die Nerven zu gehen, wenn man sich gar nicht mit ihnen befasst, nämlich durch Zumüllen der Mailbox. Stayfriends schießt dabei deutlich den Vogel ab: Obwohl ich mich seinerzeit im Wesentlichen nur deswegen dort angemeldet habe, weil ich tatsächlich jemand Bestimmten suchte und ansonsten reichlich untätig in dem Netzwerk bin, bekomme ich nahezu täglich Mails von den Betreibern. Und immer wieder mit denselben Betreffzeilen: "Dr. No, kennen Sie Karl-Heinz?" - "Dr. No, waren das ihre Freunde?" - "Dr. No, wer könnte Ihre Kontakte kennen?" - bis hin zum geradezu philosophischen "Dr. No, wer sind Sie?" - Als ob ich das wüsste.
*Pock* - Aua!
Der geübte Blogger interpretiert die Überschrift richtig: Mir ist ein Stöckchen zugeworfen worden (und wie üblich an den Kopf geknallt), und zwar von Julia. Das Liederstöckchen ist's, und ach, ich fürchte, es richtet sich an eine ganz andere Klientel, nämlich an Leute, die viel öfter Musik hören als ich. Vielleicht sogar an jene, die andauernd Musik hören und ohne Soundberieselung gar nichts machen können. Dennoch versuche ich natürlich mein Möglichstes, die Fragen nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten.
Mittwoch, 2. Dezember 2009
Neue Umfrage: Schön besinnlich gestimmt?
So, langsam wird es mal wieder Zeit für ein neues Voting - das alte muss jetzt echt mal runter von der Seite, es erinnert mich täglich an das reale Wahlergebnis und deprimiert mich. A propos deprimierend: In drei Wochen ist Weihnachten. Was halten Sie davon? Bitte klicken Sie jetzt.
Dienstag, 1. Dezember 2009
Blöde Geschäftsidee: Partycrashing
Das nenne ich eine Medienkarriere im Zeitraffertempo: Vor einer Woche drängelte sich das Ehepaar Salahi in ein offizielles Staatsdinner im Weißen Haus und ließ sich auf sämtlichen Panoramaseiten dieser Welt dafür feiern. Zwischendurch versuchten die beiden ruhmsüchtigen Eheleute, möglichst viel Geld aus ihren 15 Minuten Ruhm zu schlagen, und heute - tja heute kriegen sie die ganze Wucht des Apparats, den sie vergackeiern wollten, zu spüren, rudern verzweifelt zurück und können wohl nur noch hoffen, für ihren Coup nicht auch noch in den Knast zu kommen.
Und die Verfassungsrichter segneten den siebten Tag und erklärten ihn für heilig
Da hat wohl so manches Berliner Ladenbesitzerherz für einen Moment ausgesetzt: Das Bundesverfassungsgericht hat die verkaufsoffenen Sonntage zur Adventszeit für grundgesetzwidrig erklärt. Zwar nur in der Hauptstadt, und für dieses Jahr dürfen die angesetzten Ladenöffnungen noch durchgezogen werden - aber immerhin ein kleines Signal gegen diesen aberwitzigen und immer weiter ausufernden Konsumterror, dem meiner Meinung nach schon längst mal jemand hätte Einhalt bieten müssen. Verwunderlich ist indes die Begründung der Verfassungsrichter.
Montag, 30. November 2009
Die Rückkehr eines traditionellen Berufszweigs
Haben wir nicht alle den Holocaust irgendwie überlebt?
Heute begann der Prozess gegen John Demjanjuk, vermutlich die letzte größere Gerichtsverhandlung um Verbrechen der NS-Zeit. Dementsprechend groß ist das Interesse daran und dementsprechend schnell tickern die Agenturen ihre ersten Meldungen durch - und so ziemlich alle lauten so ähnlich wie "Demjanjuk-Prozess beginnt mit Befangenheitsantrag". Nun, das ist eigentlich nichts besonderes; soll schon mal vorkommen, dass die Verteidigung zu diesem Mittel greift. Ich frage mich vielmehr, warum niemand schreibt: "Demjanjuk-Prozess beginnt mit einem Eklat"?
Samstag, 28. November 2009
Gestatten: Roland Berluskochni
Zur nunmehr vollzogenen Absägung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender und dem generellen Einfluss der Politik auf die Öffentlich-Rechtlichen Medien ist an anderen und berufeneren Stellen schon genug geschrieben worden, so dass ich mich nicht auch noch darüber auslassen will. Aber man sollte sich schon noch einmal klar vor Augen führen, wer hier den Abzug betätigt hat - und wie er es begründet.
Freitag, 27. November 2009
Die Mutter aller Arbeitslosigkeit
Es ist ja nun nicht gerade so, dass ich mir von Franz-Josef Jung als Arbeitsminister sonderlich viel versprochen hätte. Aber Zensursula von der Leyen als Nachfolgerin - was, bitte, qualifiziert die Supermutti der Nation dann dafür, Herrin über das Millionenheer der Arbeitslosen und den größten Haushaltsposten zu werden? Werden Langzeitarbeitslose dann zukünftig ohne Nachtisch ins Bett geschickt, bis sie einen Job annehmen? Oder müssen sich Hartz-IV-Bezieher, die einen Heizkostenzuschuss beantragen, anhören, dass sie ihr Taschengeld für diesen Monat schon bekommen haben? Naja, ich will ja auch nicht frotzeln - vermutlich ist Ursel für ihr neues Ressort genauso geeignet wie ihre Nachfolgerin für das Familienministerium: Kristina Köhler ist, äh, jung und... nun, sie kommt aus Hessen, das reicht in diesem Fall.
Donnerstag, 26. November 2009
Nein, Mami, ich habe die Vase nicht umgeschmissen - sie ist von ganz alleine runtergefallen!
Zwar ist meine Wut auf die Bundeswehroberen und ihren ehemaligen Oberwaschbrettkopf über ihr Verhalten in bezug auf das Blutbad bei Kunduz noch längst nicht verraucht, aber mittlerweile immerhin etwas verdünnt worden - und zwar mit einer Prise Befriedigung und einer Messerspitze Mitleid. Befriedigung darüber, dass der Kopf von Generalinspekteur Schneiderhan gerollt ist; und Mitleid mit der unfassbar erbärmlichen Figur, die Ex-Verteidigungsminister Jung derzeit abgibt. Wohlgemerkt: Noch viel, viel erbärmlicher, als er ohnehin in den vergangenen Jahren wirkte. Das will was heißen.
Wider den Abmahnwahn!
Normalerweise halte ich mich ja immer sehr zurück, persönliche Daten im Internet preiszugeben. Und die Websites staatlicher Einrichtungen rangieren in meiner persönlichen Vertrauensrangliste, ähem, nicht so ganz weit oben. Dennoch habe ich mich nun dazu durchgerungen, eine Online-Petition auf bundestag.de mitzuzeichnen. Und zwar die hier. Auslöser für meinen Schritt war das hier. Und ich hoffe, dass möglichst viele Menschen diesem Schritt folgen werden. Wir sollten den Politikern Gelegenheit geben, sich auf verfassungsmäßigem Wege mit der Angelegenheit zu beschäftigen und vielleicht bald mal die Missstände abzuschalten, bevor wir ein noch zu benennder Mob ihnen ihre Tastaturen über die Rübe zieht und an Netzwerkkabeln aufknüpft.
Mittwoch, 25. November 2009
Zehn auf der nach oben offenen Klischeeskala
Für jeden Aspekt des Filmschaffens gibt es einen Oscar, so etwa für die Filmmusik, das Kostümdesign oder die Spezialeffekte. Warum eigentlich nicht für die Bestleistung in der Klischeebedienung? Diesjähriger Preisträger wäre ganz ohne Zweifel "2012". Ja, ich habe mir den "Weltuntergangsporno", wie Spon den Streifen zutreffend bezeichnet, angeschaut. Mich hatte der Trailer so scharf gemacht, dass ich den Film einfach sehen musste (selbstverständlich nur wegen der Tricktechnik. Schließlich lese ich auch den "Playboy" nur wegen der interessanten Artikel*). Und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht: Für mein Geld bekam ich eine Handlung zu sehen, die kein, aber auch wirklich gar kein Klischee ausließ. Das muss man erstmal schaffen.
Sonntag, 22. November 2009
Könnte ich das Bild mit dem zerfetzten Polo noch mal sehen, bitte?
Niemand mag Gaffer, die nach einem Verkehrsunfall im Weg herumstehen und glotzen. Oder, wie ich es in meiner Jugend auf dem Land mehrfach mitbekommen habe, extra zu einem Unfall oder Brand hinfahren, um zu glotzen. Ob das, was die Nachrichtenagentur ddp unter Berufung auf eine Lübecker Zeitung berichtet, allerdings eine geeignete Methode ist, um diese Kreaturen umzuerziehen, weiß ich wirklich nicht: Der schleswig-holsteinische Innenminister denkt demzufolge darüber nach, Gaffern hinterher bei Polizei und Feuerwehr zur Abschreckung Fotos von Unfällen zu zeigen.
Samstag, 21. November 2009
Willkommen in der Fußball-Matrix
Also: Rund 200 Fußballspiele stehen in Verdacht, geschoben worden zu sein, die Fans schreien Zeter und Mordio, die Medien bepflastern ihre Titelseiten mit dem Wettskandal - und wie reagiert DFB-Präsident Theo Zwanziger darauf? Mit den Worten: "Ich verstehe die ganze Aufregung nicht." Ehrlich gesagt: Ich auch nicht.
Freitag, 20. November 2009
Stell' dir vor, wir schreiben vom Krieg und keiner geht hin
"Fußballkrieg in Afrika" - so martialisch beginnt die dpa heute eine Meldung, offenbar in der Hoffnung, durch die reißerische Betitelung mehr aus den Geschehnissen zu machen, als sie eigentlich sind: Nämlich chauvinistisch aufgeheizte Fankrawalle in den Nachwehen eines Länderspiels. Was die dpa damit allerdings viel mehr verdeutlicht, ist vor allem ihre eigene historische Ignoranz. Denn einen "Fußballkrieg" gab es in der Geschichte tatsächlich schon einmal - und da flogen nicht nur Steine gegen Botschaftsgebäude, sondern waschechte Projektile gegen Menschen, und es brannten auch nicht bloß Flaggen.
Donnerstag, 19. November 2009
Endlich: Hoffnung für Neonazis!
US-amerikanische Wissenschaftler gaben bekannt, dass sie nur noch zehn Jahre davon entfernt seien, ein funktionierendes künstliches Gehirn zu entwickeln. Der digitale Dr. Frankenstein bei IBM, Dharmendra Modha, teilte mit, dass dieses Computerhirn dann auch lernfähig sein soll. Was man von vielen Menschen ja nicht behaupten kann - und für Nazis ist das doch wirklich mal ein Licht am Ende des sehr langen, äußerst dunklen und höchst schmalen intellektuellen Tunnels, in dem sie ansonsten umherirren. Und für alle anderen, die sich mit diesen Flachpfeifen herumärgern müssen, auch.
Mittwoch, 18. November 2009
Polit-Porno mit offenem Ende
Na, ihr Spiegel-Vorzeigejournalisten, das war ja wohl nix: Wild habt ihr zu Wochenbeginn über die Gründe für Lafontaines Rückzug von der Parteispitze spekuliert, gar genüsslich erotische Verwicklungen ins Feld geführt - und nun hat der Mann keine Affäre, sondern Krebs; er muss sich operieren lassen und weiß nicht, ob er gesund genug aus der Sache herauskommen wird, um weiterhin mitmischen zu können. Ich hoffe, ihr habt euch wenigstens ein bißchen dafür geschämt. Gelesen habe ich diesbezüglich allerdings nichts.
Montag, 16. November 2009
Nerd-Content: Truppenabzug oder was?
Ein Ende des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan ist zumindest ansatzweise in Sicht: Guido Westerwelle kündigte an, binnen vier Jahren die Voraussetzungen für einen Truppenabzug zu schaffen. Keine große Überraschung: Für die Liberalen, die ja gewissermaßen die Ferengi des bundesdeutschen politischen Spektrums darstellen, war schließlich schon immer klar: "Frieden ist gut für das Geschäft."
Verdienstkreuz als Kreuzfahrerorden
Wofür man heutzutage so alles das Bundesverdienstkreuz bekommt... zu den neuesten Trägern des begehrten ausgestanzten Blechteils gehört nun auch Hubertus Knabe, seines Zeichens Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen und missionarischer Eiferer gegen die Linke. Den Orden erhalte er für sein Engagement "für Freiheit und Demokratie und für die Aufarbeitung des SED-Unrechts", heißt es; und ich möchte hinzufügen: Offenbar auch dafür, rot und braun ständig in einen Topf zu werfen und die bloße Existenz der Linkspartei als eine Art von langer Hand geplanter stalinistischer Verschwörung anzusehen.
Sonntag, 15. November 2009
Verschieben wir's doch auf morgen
... pflegte bereits Scarlett O'Hara zu sagen, wenn's darum ging, ihre Probleme endlich mal anzupacken. Dieses Motto haben sich die Mitgliedsstaaten des asiatisch-amerikanischen Wirtschaftsforums APEC zu Herzen genommen: Obwohl es noch drei Wochen hin sind bis zum groß angekündigten und mit so manchen Hoffnungen verbundenen Weltklimagipfel in Kopenhagen, ist bereits jetzt klar, dass es dort kein verbindliches Abkommen geben wird. Das beschlossen Vertreter der APEC-Staaten in Singapur. Und zwar beim Frühstück.
Samstag, 14. November 2009
Der Anarcho-Bischof von Augsburg
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist bekanntlich dafür da, die Menschenrechte in den EU-Mitgliedsstaaten zu schützen und über ihre Einhaltung zu wachen. Das ficht natürlich diejenige Institution, die sich seit viel, viel längerer Zeit zu dieser Aufgabe berufen fühlt, nicht an: Denn was richtige Menschenrechte sind und wie man sie verletzt, will die katholische Kirche seit jeher am besten wissen. Vorhang auf für Walter Mixa, dem Mann, der - wenn man in seinem Nachnamen nur einen einzigen Buchstaben um 180 Grad dreht - dem Sprichwort "nomen est omen" eine ganz eigene Wahrheit verleiht: Der Augsburger Bischof fordert angesichts des Kruzifix-Urteils des EuGH die Politiker offen zum Rechtsbruch auf.
Freitag, 13. November 2009
Rekordverdächtig
So was - da habe ich gerade erst über das Thema "E-Mails mit niedriger Priorität" sinniert, schon trudelt so was ins Postfach ein:
Donnerstag, 12. November 2009
Die Redaktion bittet zum Totentanz
Haben Sie den Ruck verspürt? Am Dienstagabend hörte der Planet vorübergehend auf, sich zu drehen; heute kommt er langsam wieder in die Gänge. Zumindest konnte man diesen Eindruck gewinnen, wenn man sich in den letzten eineinhalb Tagen durch die Medien geklickt, gezappt oder geblättert hat: Ein berühmter Mensch begeht Suizid, der Zirkus beginnt - und Onlineredakteure jeglicher Couleur drehen vollständig durch. Wer dachte, der Medienhype um Michael Jackson wäre ein Sonder- und Einzelfall gewesen, wurde eines besseren belehrt. Unerwartete Tode haben sich als höchst lukrative Klickschleudern erwiesen. Da müssen die Opfer halt auch mal zurücktreten.
Mittwoch, 11. November 2009
Dies ist ein Post mit niedriger Priorität
Mal so kurz dazwischengefragt: Hat schon mal irgendwann im Lauf der Computergeschichte irgend jemand wissentlich und in voller Absicht eine E-Mail mit niedriger Priorität losgeschickt?
Dienstag, 10. November 2009
Der Nürnberger Prozess gegen Williamson
... findet nun leider in Regensburg statt, was dummerweise den von mir angedachten ironischen Einstieg zu diesem Post etwas verhagelt. Aber egal: Zum Prozess kommt es, weil der Piusbruder-Bischof Einspruch gegen die vom Nürnberger OLG verhängte Geldstrafe von 12.000 Euro (errechnet sich aus Tausendjährigem Reich mal zwölf Jahren realer Dauer) wegen Volksverhetzung eingelegt hat. Williamson argumentiert, er habe keineswegs den Holocaust geleugnet, als er vor laufender Kamera behauptete, in Auschwitz sei kein einziger Jude in Gaskammern getötet worden. Äh, ja. Die kommende Verhandlung verspricht eine Peinlichkeit vor dem Herrn zu werden.
Montag, 9. November 2009
Teile und herrsche 2.0
Eines muss man dem guten Mann ja lassen: Prof. Hans-Werner Sinn, Prediger, Dämon und Prophet des ungezügelten Manchesterkapitalismus, hat zumindest Sinn (harhar) für den passenden Zeitpunkt seiner geistigen Ejakulationen. Pünktlich zum runden Jahrestag des Mauerfalls - in einem Moment, in dem sich Ossis und Wessis trotz aller Probleme heulend in den Armen liegen, vor allem deshalb, weil sie sich vom öffentlich-medialen Druck dazu gezwungen sehen und Angst haben, ins Gefängnis zu müssen, wenn sie sich nicht adäquat freuen - in einem solchen Moment plädiert er dafür, den Ossis Hartz IV zu kürzen. Chapeau! Vielleicht schafft Sinn es ja doch noch, dass ihn irgend jemand für seinen niederträchtigen Glauben an die Kraft der Ellbogengesellschaft an ein Kreuz schlägt.
Hosianna! Er hat uns ein Zeichen gegeben!
Lloyd Blankfein, seines Zeichens Chef der Großbank Goldman Sachs, hält nicht viel von Tiefstapelei. Nicht nur scheint er wenig aus der aktuellen Krise lernen zu wollen - laut Spon wird er sich und seine Manager zum Jahresende mit schlappen 20 Milliarden (!) Dollar an Boni beglücken -, sondern sich als Werkzeug einer höheren Macht zu fühlen: Banken, so der wandelnde Geldsack in einem Interview, machten die Menschheit schließlich wohlhabend; ja, sie verrichteten nichts weniger als "Gottes Werk". Halleluja - lasst uns alle einen Taschenrechner hochhalten!
Freitag, 6. November 2009
Cat-Content: Noch ein Abschied
Leider musste ich in dieser Woche Abschied von meiner geliebten kleinen Minka nehmen. Nachdem sie sich lange tapfer gegen ihre Krebserkrankung gewehrt hatte, hat sie diesen Kampf schließlich verloren - was wirklich mehr als nur eine Floskel ist. Sie wurde 15 Jahre alt, eine Zeit, in der sie mir viel Freude bereitet und mein Leben bereichert hat. Die Wohnung ist plötzlich viel leerer und trister und ich vermisse sie unglaublich.
Dienstag, 3. November 2009
And the Adolf goes to... (II)
Mannomann, das flutscht aber derzeit nur so mit den unpassenden Nazivergleichen. Schon steht der nächste Anwärter für einen Hitlerzwerg auf der Matte - und es handelt sich um keinen Unbekannten: Kardinal Joachim "Entartete Kunst" Meisner. Man kann in seinem Fall schon fast davon sprechen, dass er den goldenen Adolf für sein Lebenswerk erhält. Herzlichen Glückwunsch.
Samstag, 31. Oktober 2009
Bedingt verschleierungsbereit
Tja, das hat sich die Hardthöhe so gedacht: Man oktroyiert dem Volk einfach eine offizielle Sichtweise über die Tankwagenbombardierung, stempelt "Streng geheim!" auf die entsprechende Akte und damit ist das Thema dann erledigt. Dummerweise hat keiner mit den Medien gerechnet. Der Spiegel kommt trotzdem an Informationen aus dem nicht unbrisanten Nato-Schrieb - und teilt der Öffentlichkeit mit, was diese nach Ansicht der Soldateska besser nicht hätte wissen sollen, etwa dass die Bundesregierung die Untersuchungskommission auf eine Verniedlichung des Vorgangs gedrängt habe. Hmm... journalistischer Artikel über militärische Geheimhaltung und die Verwicklung der Politik - hatten wir das nicht schon mal? Gibt es jetzt Redaktionsrazzien und werden von Blumencron und Mascolo mit Handschellen abgeführt? Ich hole schon mal das Popcorn.
Donnerstag, 29. Oktober 2009
Das Oberkommando der Bundeswehr gibt bekannt:
[Hintergrund: Wagner'sche Fanfaren] "Es spricht Generalinspekteur Schneiderhan. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Zivilisten. Der von der Bundeswehr initiierte Bombenangriff auf die beiden gestohlen Tanklastzüge nahe Kunduz war "militärisch angemessen" und es sind wahrscheinlich keine Unbeteiligten ums Leben gekommen. Dies geht eindeutig aus dem nun vorgelegten Untersuchungsbericht der Nato hervor, den ich Ihnen natürlich nicht zukommen lassen werde. Sie werden verstehen, dass wir diesen Bericht als "streng geheim" klassifiziert haben und der Öffentlichkeit somit vorenthalten. Es handelt sich hier eindeutig um eine militärische Angelegenheit, also obliegt dem Militär auch die alleinige Deutungshoheit. Oberst Klein wird für Tapferkeit vor dem Feind mit dem eiser... äh, dem Ehrenkreuz ausgezeichnet. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit." [Schneiderhan rollt den Untersuchungsbericht zusammen und isst ihn auf. Abspannmusik: Tääää-täterätätätätääää-*bumm-tsching*-Tä-tääääää-täterätätätätäää...]
Schon vor dem Gebührenfahnder GEZittert?
Unter Umständen steht das Ende einer weiteren Ära bevor: Die Länder denken über eine Abschaffung der geräteabhängigen Rundfunkgebühr nach, die durch eine "Medienabgabe" pro Haushalt ersetzt werden soll. Darüber werden sich unzweifelhaft all diejenigen freuen, die ihren Fernseher schon vor langer Zeit abgeschafft haben, weil nur noch Schwachsinn ausgestrahlt wird: Sie dürften künftig genauso zur Kasse gebeten werden wie die TV-Junkies, die keine Folge von "Marienhof" verpassen. Viel tragischer ist aber etwas anderes - nämlich dass dies das Aus für eine der - wie ich finde - schönsten Urban Legends bedeuten würde: Der über die berüchtigten Peilwagen der GEZ, die von der Straße aus feststellen können, ob in der Wohnung im siebten Stock die Glotze an ist, was für ein Programm läuft und ob sich der Bewohner gerade auf einen RTL-Fickfilm einen wedelt.
Montag, 26. Oktober 2009
Ringelpiez mit Stühlerücken
Die Koalition steht: Die letzte Phase der Verhandlungen, das Ämterschachern, ist nun vollzogen. Das Fell des erlegten Bären SPD wurde verteilt und wie bei jeder neuen Regierungsbildung auch sonst fleißig "Die Reise nach Jerusalem" gespielt. Und die getroffenen Personalentscheidungen sind wieder einmal von einer Art, die kein normaler Mensch voraussagen konnte.
Donnerstag, 22. Oktober 2009
Neue DSDU-Staffel (Deutschland sucht das Unwort)
Und hassunichgesehen ist das Jahr ist schon wieder um: Die Jury für das "Unwort des Jahres 2009" bittet um Vorschläge. Der letztjährige Träger des Titels war bekanntlich "notleidende Banken". Ist zwar immer noch irgendwie aktuell, aber an neuen Kandidaten sollte es doch eigentlich auch nicht mangeln, oder?
Mittwoch, 21. Oktober 2009
Rein in die Schulden, raus aus dem Haushalt
Also, eigentlich ist es ja ganz einfach. Wenn ich bis zum Hals in Schulden stecke, gleich drei Dispos bis zum Anschlag ausgereizt und längst den Offenbarungseid geschworen habe, ich in meiner Stammkneipe nicht mehr anschreiben lassen kann und mein Chef mir dann auch noch mein Gehalt kürzt - was mache ich dann?
Richtig: Dem Chef sagen, dass man freiwillig gerne auf noch mehr Gehalt verzichtet; statt im Aldi im Feinkostgeschäft einkaufen, einen Malediven-Urlaub buchen und zur Bedienung der Altlschulden halt noch einen Kredit aufnehmen, am besten einen von der Art, die in Kleinanzeigen mit den Worten "Ohne Schufa!" beworben wird. Klingt bescheuert? Mag sein, ist aber aktuelle Bundespolitik.
Richtig: Dem Chef sagen, dass man freiwillig gerne auf noch mehr Gehalt verzichtet; statt im Aldi im Feinkostgeschäft einkaufen, einen Malediven-Urlaub buchen und zur Bedienung der Altlschulden halt noch einen Kredit aufnehmen, am besten einen von der Art, die in Kleinanzeigen mit den Worten "Ohne Schufa!" beworben wird. Klingt bescheuert? Mag sein, ist aber aktuelle Bundespolitik.
Dienstag, 20. Oktober 2009
Groschengrab Todeszelle
In ihrem verzweifelten Kampf gegen die Todesstrafe setzen US-amerikanische Aktivisten nun auf eine ganz neue Argumentationsschiene: Geld. Hinrichtungen seien schlicht viel zu teuer - bis zu 30 Millionen Dollar müsse der Steuerzahler dafür berappen, einen Häftling ins Jenseits zu befördern. Zumal man ja mitten in einer Wirtschaftskrise stecke! Zusatzkosten für Überstunden des Henkers, weil er stundenlang nach einer Vene sucht, sind dabei noch gar nicht eingerechnet.
Sonntag, 18. Oktober 2009
Die Rückkehr des Schweinesystems
Das Schlagwort vom "Zwei-Klassen-Gesundheitssystem" erhält jetzt eine ganz neue Zusatzbedeutung: Den Schweinegrippenimpfstoff, der schon vor Monaten für irre viel Geld von den Ländern bestellt worden ist, obwohl er zu dem Zeitpunkt noch gar nicht entwickelt worden war, gibt es nun in zwei Ausführungen. Einmal mit Nebenwirkungen für's normale Volk (aber auch da nicht für alle) und einmal ohne für Regierungsmitglieder, Beamte und Soldaten. Also die, die nach dem Zusammenbruch der Zivilisation die menschliche Kultur neu würden begründen müssen.
And the Adolf goes to...
Der - vor geraumer Zeit hier eingeführte - Preis für den unpassendsten Hitlervergleich geht heute an *trommelwirbel* Patrik Schönfeldt, zweiter Vorsitzender des Verbandes für Deutschlands Video- und Computerspieler (natürlich haben in diesem Land sogar Daddler ihren eigenen Verband). Als am Wochenende in Stuttgart Mitglieder eines nach dem Amoklauf von Winnenden gegründeten Elternverbandes Ego-Shooter-Spiele öffentlich in die Mülltonne warfen, kommentierte er dies mit den Worten:
"Die massenhafte Vernichtung von Kulturgut könnte angesichts der Geschichte falsch aufgefasst werden. Einen solchen Fehltritt möchten wir niemandem wünschen."
"Die massenhafte Vernichtung von Kulturgut könnte angesichts der Geschichte falsch aufgefasst werden. Einen solchen Fehltritt möchten wir niemandem wünschen."
Freitag, 16. Oktober 2009
Kunstwerke, die ich wirklich gerne in natura sehen möchte (I)
Heute: 1250 den Hitlergruß zeigende Gartenzwerge in Straubing, ein Werk des Nürnberger Kunstprofessors Ottmar Hörl. Noch bis Montag zu sehen.
Man freut sich ja schon über Kleinigkeiten - oder?
Das ist schon komisch, wenn eine Partei wie die FDP, mit der man sich so ganz und gar nicht identifizieren möchte, plötzlich das tut, was man sich eigentlich von einer auf der Sympathieskala viel weiter oben verorteten Partei, nämlich der SPD, erwartet hat. Allüberall wird der gelbe Teil der Tigerente nun als Heilsbringer bejubelt: Erleichterungen für Hartz-IV-Empfänger, Steuersenkungen, Abschwächung der Überwachungsgesetze ... Donnerwetter. Eben wurde noch die Union als neue Sozialdemokratie hingestellt, jetzt offenbar schon die Liberalen, wenn man sich das Presseecho mal anschaut. Die SPD führt Hartz IV ein, die FDP schwächt es ab - irgendwie sollte das doch anders laufen. Aber bevor man je nach sozialer Lage den Schampus oder die Plastikflasche Bier öffnet, lohnt es sich, einen näheren Blick auf die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen zu werfen.
Setzen, Sechs!
Liebe "Tagesthemen"-Redakteure; eigentlich dachte ich ja, ihr hättet aus den doch recht peinlichen Vorfällen der Vergangenheit etwas gelernt. Leider jedoch scheinen bei euch immer noch minder qualifizierte Praktikanten die Texte zu schreiben. In der Ausgabe vom Donnerstagabend hieß es (aus dem Gedächtnis zitiert): "... man könnte es so machen wie US-Präsident Theodore Roosevelt. Der hat in den Zeiten der Großen Depressionen in den 30er-Jahren viel Geld ausgegeben, statt zu sparen ..." - Das glaube ich kaum. Teddy Roosevelt war zum Börsenkrach 1929, der die Depression einleitete, immerhin schon seit zehn Jahren tot. In den 30er Jahren war er noch viel toter.
Donnerstag, 15. Oktober 2009
Noch zwei Tage bis zum Untergang...
... zwar nicht der Welt, aber doch immerhin der abendländischen Kultur, der ja bekanntlich schon oft vorausgesagt wurde, trotz aller Misshandlungen von Sprache, Kunst und Wissenschaft aber bis jetzt doch noch nicht eingetreten ist. Aber wenn ich Dieter Bohlen gestern abend bei "Stern TV" richtig verstanden habe (man halte mir zugute, dass ich diesen König aller Unsympathen tatsächlich mehrere Minuten lang ertragen habe, ohne den Ton auszumachen oder gleich das ganze Gerät aus dem Fenster zu werfen), dann wird zum Auftakt der diesjährigen "Supertalent"-Staffel ein Mann namens "Mr. Methan" Beethoven furzen.
Sonntag, 11. Oktober 2009
Belgien hat die Superobdachlose
Der omnipräsente Castingwahn treibt immer skurillere Blüten: In Belgien wurde jetzt allen Ernstes eine "Miss Obdachlos" gekürt. Als Preis bekommt die 58-Jährige - Überraschung! - ein Obdach. Für ein Jahr zumindest. Wenn sie dann immer noch nicht wieder in ein anständiges bürgerliches Leben zurückgefunden haben sollte, geht's wohl wieder zurück auf Platte - wo sie sich vermutlich den Rest ihres Lebens von den Passanten wird anhören dürfen, dass sie ja wohl ihre Chance gehabt, aber vergeigt hätte, weshalb das Portemonnaie jetzt leider, ach, in der Tasche bleibe.
Freitag, 9. Oktober 2009
Nobelpreis für das Prinzip Hoffnung
Das nenne ich mal einen steilen Aufstieg in den Olymp der Menschheit: Barack Obama ist noch kein Jahr US-Präsident, da erhält er schon den Friedensnobelpreis. Andere müssen sich jahrzehntelang einem sozialen oder karitativen Zweck widmen oder sich zur Lebensaufgabe machen, bevor sie für eine Nominierung überhaupt in Erwägung gezogen werden; Obamas Nominierung war indes schon erfolgt, bevor er überhaupt Gelegenheit hatte, große Weltprobleme anzupacken, denn die Frist endete schon zwei Wochen nach seiner Amtseinführung. Man könnte angesichts der Tatsache, dass weder der Krieg in Afghanistan beendet noch eine rigorose Aufarbeitung der Folterskandale in Sicht ist und gleichzeitig dem Iran mit Militärschlägen gedroht wird, fragen, wofür er eigentlich den Preis bekommt - für seine bloße Existenz bzw. dafür, dass er nicht George W. Bush ist? Und hat er ihn dann überhaupt verdient? Meine Antwort darauf: Ja.
Donnerstag, 8. Oktober 2009
Arzt: "Wie geht's uns denn heute?" - Patient: "Kommt drauf an. Was hätten Sie denn gerne?"
Wie krank das deutsche Gesundheitssystem ist, ließ sich am Montag mit einem Blick auf die Spon-Homepage erfassen: Da plündern Ärzte und Kassen den Gesundheitsfonds scham- und restlos aus, sind sich anschließend nicht zu schade, auch noch "Mehr! Mehr! Meeeeehr!!!" zu schreien und die Politik reagiert sofort, indem sie sich den Kopf zerbricht, wo man mal eben so 7,5 Milliarden Euro herbekommen könnte, um sie dem mafiösen System in den nimmersatten Rachen zu werfen; während gleichzeitig die Qualitätssicherung der Patientenversorgung dadurch dokumentiert wird, dass ein Hochstapler es mit schlecht gefälschten Zeugnissen schafft, binnen weniger Minuten eine Stelle als Chirurg zu bekommen und länger als ein Jahr zu behalten und schließlich fehlerhafte Praxissoftware tausenden Rentnern Aids anhängt. Auch wer sich vorher nicht krank fühlte, möchte sich nach diesen Informationen wohl erstmal wieder ins Bett legen.
Mittwoch, 7. Oktober 2009
Wie man mit Pauschalen Menschen pauschalisiert - oder, pauschal gesagt: Zum Kotzen
So nah liegen politische Lager manchmal beieinander: Die Linke will Hartz IV abschaffen - die FDP auch. Am liebsten vermutlich ersatzlos, aber das geht ja schlecht. Und mache Leute vornehmlich aus dem linken Spektrum fordern ein bedingungsloses Grundeinkommen - die FDP will es einführen! Die Liberalen haben dabei aber ein etwas anderes Niveau im Sinn und in ihrem Pauschalisierungswahn ein uraltes Kaninchen wieder aus dem Hut gezaubert: Das "Bürgergeld", auszuzahlen unabhängig von irgendwelchen äußeren Einflüssen. Der Hintergedanke dürfte sein: Wie weit kann man Sozialleistungen noch zusammenkürzen, bis der Empfänger dem Staat den Gefallen tut, endlich zu verhungern?
Sonntag, 4. Oktober 2009
Smoking with the Wind of Change
Pflanzen mögen es ja angeblich, wenn man mit ihnen spricht und/oder sie mit Musik berieselt. Ob allerdings die Art der Musik auch Einfluss auf das Gedeihen der Pflanze hat und wenn ja, welchen - das entzieht sich momentan meiner Kenntnis. Vielleicht kann man den Bonsai auf der Anrichte ja mit regelmäßiger Wagner-Beschallung zu einer deutschen Eiche mutieren lassen. Der Dopebauer in Hamburg, den die Polizei heute hopsgenommen hat, hat in dieser Hinsicht aber mit Sicherheit alles falsch gemacht: Er spielte seinen Marihuanapflänzchen Musik von den "Scorpions" vor. Von den "Scorpions"! Dabei weiß doch jeder, dass Bob Marley hier das Mittel der Wahl gewesen wäre.
Trink, trink, Sohnemann trink; lass' den Computer doch aus *schunkel*
Und wieder ist der Untergang des Abendlandes ein Stück näher gerückt: Die knallharten Lokaljournalisten von den Westfälischen Nachrichten haben aufgedeckt, dass im Online-Rollenspiel "World of Warcraft" zum Saufen aufgefordert wird! Zum Saufen - Huuaah! Dazu haben die Redakteure richtig dick aufgetrumpft, einschließlich Anrufen im Bundesfamilienministerium und beim unvermeidlichen Prof. Pfeiffer. Wie reagieren die Münsteraner Redakteure erst, wenn sie weiter investigativ recherchieren und dann herausfinden, dass das Spiel auch noch dazu ermuntert, mit Äxten auf lebende Wesen einzuschlagen? Schalten sie dann die UNO ein?
Samstag, 3. Oktober 2009
Made my day, NWZ!
Die in Oldenburg erscheinende Nordwest-Zeitung freut sich jedes Jahr wieder so sehr über den Tag der Deutschen Einheit, dass sie ihre Leser nicht nur mit einer trotz Feiertag erscheinenden Ausgabe nervt beehrt - nein, die vom 3. Oktober umfasst seit Jahren auch eine Sonderbeilage, die die Wirtschaftsleistung im Nordwesten über den grünen Klee lobt und dabei traditionell einen Seiltanz zwischen Gefälligkeitsjournalismus und bloßer Schleichwerbung vollführt. Das ist größtenteils eine eher schmierige Angelegenheit, regt manchmal aber auch die Lachmuskeln an: Heute wurde unter anderem der Verband "Creditreform" vorgestellt, der bekanntlich die Bonitätsdaten von 49.000 "kik"-Beschäftigten an deren Stasi-Chefs weitergegeben hat. Das Stichwort dazu im Inhaltsverzeichnis der NWZ-Beilage (allen Ernstes!): "Vertrauen ist gut, Kontrolle besser."
Freitag, 2. Oktober 2009
Machtgeile Tölen
Was heutzutage so alles über den Ticker kommt... Der Hund des französischen Ex-Präsidenten Jacques Chirac hat den Verlust der politischen Macht offenbar schlecht weggesteckt und sein Herrchen seither mehrfach gebissen, weshalb sich der Altstaatsmann nun von seinem Schosshündchen trennte. Oder andersrum? Es war wohl einfach nicht mehr wie damals, als man noch jung war und sich auf einer Hundeausstellung kennenlernte. Und dann kam wohl eines zum anderen. "Als Jacques in die politische Bedeutungslosigkeit abrutschte, verlor er jede Anziehungskraft", sagte der unglaublich französisch aussehende Köter mit dem unglaublich unpassenden Namen "Sumo" zu Boulevardjournalisten: "Das hat unser Zusammenleben auf Dauer belastet." Sumo zieht sich nun in eine Land-WG zurück, wo er mit Töpfern und Klangschalentherapie versucht, zu innerer Stärke zurück zu finden.
Donnerstag, 1. Oktober 2009
It is Germany here and here is german speaking!
Dass unser Außenminister in spe des Englischen nicht so recht mächtig ist,* hat sich ja herumgesprochen; ob dieser Umstand seine Eignung für diesen wichtigen Posten eventuell ein wenig in Frage stellen könnte, sei einmal dahingestellt. Westerwelles batzige Reaktion auf der FDP-Pressekonferenz vom Montag tut es auf jeden Fall: Erstaunlich unsouverän pampte er auf eine Wortmeldung eines BBC-Reporters herum. Da war er wieder, der unsympathische Fritz.
Mittwoch, 30. September 2009
Ich muss schon sagen: Es weihnachtet sehr
Das ging schnell: Während ich nach dem Wahlabend erstmal mehrere Tage zur psychischen Regeneration brauchte, haben die üblichen Verdächtigen im Land der kommenden Regierungskoalition - noch vor deren Gründung - bereits ihre seit Monaten in den Schubladen liegenden Wunschzettel an die schwarze Nikolausine und ihren gelben Knecht Ruprecht präsentiert, der allerdings weniger die Rute als vielmehr das Steuersäckel schwenkt. Die Forderungen überraschen niemanden, es stellt sich eigentlich nur die Frage, was davon schon Weihnachten unterm Baum liegen wird und auf was die Lobbyisten noch bis zu ihrem Geburtstag - den sie vermutlich im Kanzleramt feiern dürfen - warten müssen.
Montag, 28. September 2009
... und alle so: Neeeiiiiiinnn!!!
So, die Wahl ist gelaufen. Während die einen immer noch fassungslos auf den Bildschirm starren oder sich weigern aufzustehen, nachdem sie sich gestern Abend in den Schlaf geweint haben, ist anderswo längst der Schampus leergemacht und das Aspirin eingeworfen worden. Mal von der Prämisse ausgehend, dass Merkel und Westerwelle gestern vor lauter Grinsen nicht die obere Hälfte des Kopfes abgefallen ist, sie also tatsächlich die Gewinner bleiben - wie ist das Ergebnis nun eigentlich zu deuten? Eine Analyse mit Fußballmetaphern.
Sonntag, 27. September 2009
In stiller Anteilnahme
Heute in den frühen Abendstunden verstarb nach langer, schwerer Krankheit unsere gute alte Tante SPD. Sie möge in Frieden ruhen. Von Beileidsbekundungen im Fernsehen bitten wir abzusehen.
Die Tante SPD war allerdings keine Erbtante – ihr inhaltliches Vermögen hat sie zu Lebzeiten sinnlos verprasst; ihre Erben werden wieder ganz von vorne anfangen müssen. Und das ist das Tröstliche an diesem dunklen Tag für alle Anhänger der SPD (ich spreche bewusst nicht von Sozialdemokraten): Wenn man mitten in der Talsohle steht, kann es nur noch aufwärts gehen.
Die Tante SPD war allerdings keine Erbtante – ihr inhaltliches Vermögen hat sie zu Lebzeiten sinnlos verprasst; ihre Erben werden wieder ganz von vorne anfangen müssen. Und das ist das Tröstliche an diesem dunklen Tag für alle Anhänger der SPD (ich spreche bewusst nicht von Sozialdemokraten): Wenn man mitten in der Talsohle steht, kann es nur noch aufwärts gehen.
Samstag, 26. September 2009
Captain, die Scanner erfassen einen Riss im Politik-Wahlkampf-Kontinuum
Ich teile ja nicht die Befürchtungen, dass der Teilchenbeschleuniger im Forschungsinstitut CERN, der demnächst wieder hochgefahren wird, tatsächlich die Erde vernichten wird. Ich habe viel, sehr viel mehr Angst davor, dass sich dieses NPD-Plakat aufgrund des ihm innewohnenden immensen Logik-Paradoxons in ein schwarzes Loch verwandelt.
Freitag, 25. September 2009
Den Überwachungsstaat in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf
Dieser zu Ende gehende Wahlkampf unterscheidet sich fundamental von allen vorausgegangenen. Nicht nur durch die von ihm ausgehende und schwer erträgliche Langeweile - darüber ist weißgott* genug geschrieben worden. Nein, ich rede von den vielen Katzen, die dieses Mal schon vor dem Wahltermin aus ihren verschiedenen Säcken gelassen werden: Es ist der Wahlkampf der auf diffusen Kanälen vorzeitig an die Öffentlichkeit gedrungenen Geheimpapiere, bei denen man mit dem Mitzählen kaum mehr hinterherkommt. Neuester Fall: Eine weitere feuchte "1984"-Fantasie aus dem Innenministerium.
Dienstag, 22. September 2009
Endlich: Weltregierung hört auf, geheim zu sein
Verschwörungstheoretiker fabulieren ja oft und gerne von einer geheimen "Weltregierung". Wird also Zeit, eine solche Institution auch höchst offiziell zu schaffen: Der britische Premierminister Brown schlägt die Weiterentwicklung der G20-Gruppe zu einer solchen Weltregierung vor. Finde ich gut: Endlich mal Schluss mit diesen irritierenden Umwegen, den Rest der Welt über undurchschaubare Konstrukte wie die Weltbank oder die WTO zu beherrschen. Machen wir's statt dessen ganz offiziell: Die selbsternannten "größten" zwanzig Wirtschaftsmächte bestimmen, wo's künftig langgeht; die restlichen 173 Staaten (Stand: 22. 9., 12:00) nehmen's klaglos hin. Sie dürfen vielleicht ein wenig Opposition spielen, aber wozu? Diese neue Weltregierung wird ja schließlich nicht gewählt.
Freitag, 18. September 2009
Wer hustet, stirbt - und wer keine Ahnung hat, behauptet
Nur mit bierernstem und hochseriösem Content kann man bekanntlich nicht allzu viele Surfer hinter dem Ofen hervorlocken - das wissen auch Leitmedien wie Spiegel Online, sueddeutsche.de oder Zeit online, weshalb sie regelmäßig auch Witzisches, lustige Spielchen oder unterhaltsame Quiz* anbieten, um den Traffic auf ihren Seiten in die Höhe zu treiben. Immer gut geeignet sind Artikel über Filmklischees: Sie machen den Verfassern Spaß, man tut niemandem damit weh und jeder kennt sie, hat aber trotzdem ein Wörtchen mitzureden und tut das interaktiv auch. Wenn der Autor aus Ignoranz allerdings selber Klischees bedient, wird's dann doch ein bisserl peinlich.
Donnerstag, 17. September 2009
Hanseatische Bauchpinselei
Die Axel Springer AG muss sich nicht länger grämen, dass die Übernahme von Pro7Sat1 seinerzeit nicht geklappt hat. Um reaktionäre Selbstbeweihräucherung auch via Bildschirm an den Mann bzw. die Frau zu bringen, gibt's ja schließlich die hilfsbereiten Nachbarn vom NDR. Der Videotext zum TV-Zweiteiler "Der Verleger", in dem es um das Leben von Axel Springer geht, las sich jedenfalls, als wäre er von Kai Diekmann persönlich diktiert worden:
Dienstag, 15. September 2009
Die Fortsetzung der Folter mit anderen Mitteln
Stellen Sie sich folgendes vor: Sie werden nichtsahnend während eines Auslandsaufenthalts aufgrund einer Namensähnlichkeit mit einem Al-Qaida-Terroristen festgehalten, vom CIA nach Afghanistan entführt und dort monatelang geschlagen und erniedrigt. Sie sind so verzweifelt, dass Sie in einen Hungerstreik treten, aber auch das hilft nichts. Die eigene Regierung kümmert sich einen Dreck darum, was die Verbündeten mit einem anstellen, hängt eventuell sogar selbst mit drin - und schließlich wird man nach einem halben Jahr irgendwo im Wald ausgesetzt, darf selbst sehen, wie man nach Hause kommt und muss feststellen, dass man von der größten Tageszeitung des Landes alle paar Tage an den Pranger gestellt wird. Was glauben Sie, wie es danach um ihre psychische Gesundheit bestellt sein würde?
Sonntag, 13. September 2009
Spiel mir das Lied von der tödlichen Langeweile
Wäre dieses TV-Duell der Kanzlerkandidaten der Showdown eines Westerns gewesen, hätte es ungefähr so ausgesehen: Die Pistoleros nähern sich nicht aus entgegengesetzten Richtungen auf der Hauptstraße, sondern kommen gemeinsam aus dem Saloon. In der Mitte der Straße stellen sie zwei Klappstühle auf, setzen sich gemütlich hin und klopfen sich erstmal stundenlang den Staub von den Klamotten. Anschließend starren sie sich noch viel länger an, kauen auf ihren Pfriemen herum und spucken dann und wann aus - das alles selbstverständlich ohne Musik von Ennio Morricone, dafür aber mit einer Menge abgestorbener Büsche, die ihnen um die Beine wehen. Und zum Schluss, nach geraumer Zeit, ziehen beide ihre Revolver - nicht blitzschnell, sondern langsam und bedächtig -, zielen aneinander vorbei und drücken ab - und aus beiden Waffen kommt ein Fähnchen geschossen, auf dem "BANG!" steht.
Samstag, 12. September 2009
Guido can't get no Satisfaction
Wie 2005 und 2002 schüttelt Guido Westerwelle sein Haar, weil er schon wieder nicht zum Kanzlerkandidatenduell eingeladen worden ist - er pocht gewissermaßen auf sein Recht auf Satisfaktion. Im Lauftext auf dem Infomonitor bei der Post, der eingerichtet wurde, damit die Leute, die eine halbe Stunde oder länger in der Schlange verbringen müssen, nicht zur Kettensäge greifen, lautet das dann so: "Westerwelle will sich duellieren!" Find' ich gut. Ich schlage Säbel vor. Meinetwegen auch Vorderlader. Bei Bedarf stelle ich mich auch gerne als Sekundant zur Verfügung.
Freitag, 11. September 2009
Im mittleren Osten nichts Neues
Heute ist der 11. September - Zeit für die jährliche Gedenkminute an jenen Tag vor acht Jahren, nach dem angeblich nichts mehr so sein würde wie zuvor. Und da Gedenkminuten manchmal ziemlich langweilig sein können, möchte ich an dieser Stelle ein paar Vorschläge machen, worüber man während dieser Zeitspanne so alles nachdenken könnte.
Donnerstag, 10. September 2009
Lieber schlecht kopiert als gut selber gemacht
Zwischendurch eine Folge aus der Reihe "Sternstunden des Lokaljournalismus". Dank digitaler Technik können Pressemitteilungen heute ja 1:1 auf die Zeitungs- resp. Onlineseite gecopyandpasted werden, was in manchen Redaktionen nachweislich auch gerne gemacht wird. Vielleicht könnte es manchmal aber auch nicht schaden, den PR-Text vorher wenigstens einmal durchzulesen - siehe das beigefügte schöne Beispiel einer Buchankündigung, die in dieser Form den Weg ins Blatt gefunden hat (Kürzungen von mir).
Montag, 7. September 2009
Bodycount's in da house
Nein, es folgt nun kein abgegriffener Vergleich der Kriegführung der Bundeswehr mit der im Ersten oder Zweiten Weltkrieg. Aber dennoch: Wie sich führende deutsche Soldaten verhalten, sobald man sie wieder auf einen Feind loslässt, macht mir allmählich richtig Angst. Nicht nur wegen des übelkeiterregenden Bodycount-Gefeilsches zwischen Verteidigungsminister Jung und dem Rest der Welt - nein, noch schlimmer dünkt mich ein offenbar rängeübergreifendes und hochgradig perverses Verständnis von Kriegführung, Komplizenschaft und Kommunikation.
Samstag, 5. September 2009
Neue Umfrage: Wer wird Bundestagsmeister 2009?
Tja, ist vielleicht wenig einfallsreich, aber bietet sich drei Wochen vor der Wahl ja geradezu an: Die klassische Sonntagsfrage. Also - wen gedenken Sie zu wählen? Keine Sorge, die Abstimmung bleibt anonym. Also von meiner Seite aus jedenfalls. Für das BKA und den Verfassungsschutz kann ich natürlich nicht sprechen. Und übrigens: Traditionell haben leben.universum.rest-Leser bei den Votings mehrere Stimmen - so auch hier, auch wenn's nicht viel Sinn ergibt. Sehen Sie's als Erst- und Zweit-, von mir aus auch Drittstimme. Oder als engere Wahl, falls Sie noch unentschieden (umgangssprachlich: eine Steinmeier-Lusche) sein sollten. Bitte klicken Sie jetzt, die Umfrage befindet sich wie immer rechts oben.
Freitag, 4. September 2009
Statt "Blut für Öl": Blut gegen Benzin
Das war knapp: Kampfpiloten der Nato ist es gelungen, in letzter Sekunde die von den Taliban geklauten - 'tschuldigung: gekaperten, wie es nun überall heißt - Tanklastzüge zu zerstören, bevor es den Aufständischen gelang, daraus Benzin abzulassen. Was hätten sie mit dem Zeug alles anstellen können: Ihre Panzer betanken, ihre Feuerzeuge auffüllen, ihre Bärte putzen. Da heisst es schnell handeln, auch wenn eigentlich klar war, dass der Beschuss von Tanklastern ein ziemliches Feuerwerk nach sich zieht und demzufolge der Kollateralschaden an "weichen Zielen" dieses Mal ungewöhnlich hoch ausfallen könnte - was er dann auch tat.
Herr Doktor - Klötzchen, überall Klötzchen!
Das ist mal ein interessanter Therapieansatz: Das Spielen von Tetris kann traumatisierten Menschen dabei helfen, die von durch schlimme Erlebnisse hervorgerufenen Erinnerungsanfällen - also Flashbacks - betroffen sind. Versuchen an einem neurowissenschaftlichen Institut zufolge kann das Spiel dabei vorbeugend wirken. Allerdings sehe ich dabei einen klitzekleinen Haken: Intensives Tetrisspielen kann ebenfalls traumatisierend wirken. Wer schon mal davon geträumt hat, von überdimensionalen bunten Klötzchen erschlagen zu werden, weiß, was ich meine. Um das dann wieder loszuwerden, muss man vielleicht was anderes spielen - vermutlich Solitär.
Sonntag, 30. August 2009
Das Glühwürmchen am Ende des Tunnels
Es ist nicht verwunderlich, dass es am heutigen Wahlsonntag wieder einmal nur Sieger gibt, trotz der höchst unterschiedlichen und teils überraschenden Ergebnisse. Schließlich werden Partei-Generalsekretäre für genau solche Aussagen gebraucht. Aber was fängt ein geistig normaler Bürger nun mit den Ergebnissen aus Sachsen, Thüringen und dem Saarland an? Meiner Meinung nach kann er den Strick bzw. die Schlaftabletten oder auch die geladene Pistole vorerst wieder zurück in die Schublade legen - der heutige Tag hätte weitaus Schlimmeres bereithalten können.
Donnerstag, 27. August 2009
Heutige Hausaufgabe: Vergleichende Textanalyse
Mal eine kleine Quizfrage zwischendrin: Was ist an diesem Artikel auffällig? Und an diesem, diesem, diesem oder auch diesem, die alle dasselbe Thema behandeln? Na?
Kleine Männer mit großen Rohren
Man stelle sich folgende Situation vor: Vor dem Nachbarhaus will ein pickeliger Pubertierender vor seinen Kumpels mit seinem Moped angeben und dreht zu diesem Zweck eine halbe Stunde lang ständig den Gashebel bis zum Anschlag auf. Jeder normale Mensch würde ihn dafür anschnauzen, ihm mit der Polizei drohen und letztlich, wenn alles andere nicht hilft, ein paar an die Löffel geben. Und jeder Anwohner würde applaudieren - denn jeder empfände das Verhalten des Sandkastenrockers als unverschämt, asozial und höchst überflüssig.
Völlig anders sieht es natürlich aus, wenn derselbe Moped-Motor nicht in ein Zweirad, sondern in eine umschnallbare Pustevorrichtung eingebaut ist: Dann handelt es sich um einen Laubbläser, und der entstehende Krach muss hingenommen werden, denn schließlich ist es ja Arbeit.
Völlig anders sieht es natürlich aus, wenn derselbe Moped-Motor nicht in ein Zweirad, sondern in eine umschnallbare Pustevorrichtung eingebaut ist: Dann handelt es sich um einen Laubbläser, und der entstehende Krach muss hingenommen werden, denn schließlich ist es ja Arbeit.
Mittwoch, 26. August 2009
Just one more dead Kennedy
Oh jammer, oh Not:
Edward Kennedy ist tot.
Legt nun Mozarts Requiem ein
und trauert alle im Kerzenschein.
Hängt die Fahnen auf Halbmast,
legt an den schwarzen Trauerflor -
doch bleibt trotz Tränen stets gefasst,
auch wenn nichts mehr ist als wie zuvor.
Edward Kennedy ist tot.
Legt nun Mozarts Requiem ein
und trauert alle im Kerzenschein.
Hängt die Fahnen auf Halbmast,
legt an den schwarzen Trauerflor -
doch bleibt trotz Tränen stets gefasst,
auch wenn nichts mehr ist als wie zuvor.
Sonntag, 23. August 2009
Die Laus auf der Leber als Co-Autor
Zu den unerträglichsten Personen der deutschen Medienlandschaft zählt für mich schon seit langem der hochgradig selbstverliebte Henryk M. Broder, der gerne als "brillianter Polemiker" gefeiert wird, nur zu oft aber einfach nur einem polternden Motzdrang im Bereich seiner drei Lieblingsthemen nachgibt und das dann als hochwertigen Journalismus verkauft. Mit seinem aktuellen Artikel über Christiania hat er sich jetzt selbst übertroffen - mit nöligem Gejammer über eine kaputte Kamera schaffte er es auf die Spon-Homepage. Mal wieder.
Die Story lässt sich schnell zusammenfassen: Broder stattete der selbstverwalteten Kopenhagener Freistadt einen Besuch ab und hat nichts besseres zu tun, als gezielt eines der wenigen Verbote zu missachten, die die Bewohner erlassen haben - das Fotografierverbot. Die Existenz dieses Verbots kann eigentlich jeder nachvollziehen: Wer möchte schon gerne den lieben langen Tag in dem Gefühl leben, von herumstromernden Touristen in jeder denkbar unvorteilhaften Situation abgelichtet zu werden? Oder von verdeckten Polizeiermittlern, die das beliebte Kifferviertel ständig beobachten? Einige Dutzend Schilder weisen auf dieses Fotografierverbot hin.
Aber hey, es handelt sich hier schließlich um *trommelwirbel* Henryk M. Broder - der lässt sich gar nichts verbieten, schon gar nichts von ein paar ungewaschenen Althippies (deren körperlichen Verfall er auch gleich detailliert beschreiben zu müssen meint)! Also raus mit der Kamera und ein paar Leute mit fetten Joints in der Hand fotografiert. Dass es immer ein wenig nach Ärger riecht, Menschen bei strafbaren Handlungen abzulichten, hätte Broder eigentlich auch beizeiten mal dämmern können. Und tatsächlich fanden ein paar Bewohner das nicht lustig, nahmen ihm den Fotoapparat ab und warfen ihn in eine brennende Mülltonne. Broder, extrem angepisst, ging zur Polizei - die ihm allerdings mitteilte, dass sie keineswegs beabsichtigte, wegen seiner egozentrischen Scheißaktion gleich das ganze Viertel aufzumischen.
Also macht Broder das, was den allermeisten Dorfreportern viel zu peinlich wäre: Er erhebt seinen persönlichen Frust zu einem journalistischem Aufregerthema und schreibt einen Artikel über die schreiende Ungerechtigkeit, die ihm widerfahren ist; er malt ein düsteres Bild über die "No-Go-Area" Christiania, wo die pure Anarchie herrscht und Dealer das Sagen haben und sich alle voll Haschisch spritzen und keine Polizei da ist, wenn man sie braucht und wo böse Hippies einfach so Kameras zerdeppern und überhaupt.
Klar - jemandem die Kamera zu zerstören ist alles andere als ein netter Zug. Peinlicherweise beruft sich Broder aber wie der piefigste Spießer auf das dänische Recht, das Fotografieren in öffentlichen Räumen nicht verbietet, und schert sich ganz offensichtlich einen Dreck darum, dass Christiania sich seit fast vier Jahrzehnten selbst verwaltet und, mehr oder weniger geduldet von der Regierung, seine eigenen Regeln aufgestellt hat - und die sollten Besucher schon allein aus Gründen der Höflichkeit beachten. Zu diesen Regeln gehört nicht nur das Verbot von Hundeleinen, wie Broder ätzt, sondern auch das Verbot von Waffen, Gewalt und harten Drogen. Gute Güte, was für ein Sündenpfuhl! Wird Zeit, dass da Recht und Ordnung einkehrt.
Das journalistische Ergebnis von Broders Frustablass ist so beschämend, dass es wehtut. In düsterem Unterton schwadroniert er über den "rechtsfreien Raum", in dem "das Faustrecht herrscht" und in dem das "Betreten nur auf eigene Gefahr" möglich sei. Er steigert sich schließlich so sehr in seinen Frust herein, dass er allen Ernstes Christiania mit Kabul vergleicht. Ich frage mich, ob er seinen eigenen Text vielleicht auch ziemlich peinlich findet, sobald sein Adrenalinpegel wieder einen Normalwert erreicht hat.
Im Unterschied zu anderen Autoren kommt Broder aber mit dieser "Liebes Tagebuch, die Welt war heute wieder gemein zu mir"-Geschichte sogar zu einer äußerst prominenten Platzierung auf Spon. Das sollte ich eigentlich auch mal versuchen, wenn ich einen schlechten Tag erwische. Aber nein, stopp, geht nicht: Die Spiegel-Redaktion verwendet nur Texte der eigenen Autoren bzw. von eigens beauftragten Verfassern, wie mir einmal auf Anfrage mitgeteilt wurde. Dann ist es offenbar auch völlig egal, was diese schreiben.
Die Story lässt sich schnell zusammenfassen: Broder stattete der selbstverwalteten Kopenhagener Freistadt einen Besuch ab und hat nichts besseres zu tun, als gezielt eines der wenigen Verbote zu missachten, die die Bewohner erlassen haben - das Fotografierverbot. Die Existenz dieses Verbots kann eigentlich jeder nachvollziehen: Wer möchte schon gerne den lieben langen Tag in dem Gefühl leben, von herumstromernden Touristen in jeder denkbar unvorteilhaften Situation abgelichtet zu werden? Oder von verdeckten Polizeiermittlern, die das beliebte Kifferviertel ständig beobachten? Einige Dutzend Schilder weisen auf dieses Fotografierverbot hin.
Aber hey, es handelt sich hier schließlich um *trommelwirbel* Henryk M. Broder - der lässt sich gar nichts verbieten, schon gar nichts von ein paar ungewaschenen Althippies (deren körperlichen Verfall er auch gleich detailliert beschreiben zu müssen meint)! Also raus mit der Kamera und ein paar Leute mit fetten Joints in der Hand fotografiert. Dass es immer ein wenig nach Ärger riecht, Menschen bei strafbaren Handlungen abzulichten, hätte Broder eigentlich auch beizeiten mal dämmern können. Und tatsächlich fanden ein paar Bewohner das nicht lustig, nahmen ihm den Fotoapparat ab und warfen ihn in eine brennende Mülltonne. Broder, extrem angepisst, ging zur Polizei - die ihm allerdings mitteilte, dass sie keineswegs beabsichtigte, wegen seiner egozentrischen Scheißaktion gleich das ganze Viertel aufzumischen.
Also macht Broder das, was den allermeisten Dorfreportern viel zu peinlich wäre: Er erhebt seinen persönlichen Frust zu einem journalistischem Aufregerthema und schreibt einen Artikel über die schreiende Ungerechtigkeit, die ihm widerfahren ist; er malt ein düsteres Bild über die "No-Go-Area" Christiania, wo die pure Anarchie herrscht und Dealer das Sagen haben und sich alle voll Haschisch spritzen und keine Polizei da ist, wenn man sie braucht und wo böse Hippies einfach so Kameras zerdeppern und überhaupt.
Klar - jemandem die Kamera zu zerstören ist alles andere als ein netter Zug. Peinlicherweise beruft sich Broder aber wie der piefigste Spießer auf das dänische Recht, das Fotografieren in öffentlichen Räumen nicht verbietet, und schert sich ganz offensichtlich einen Dreck darum, dass Christiania sich seit fast vier Jahrzehnten selbst verwaltet und, mehr oder weniger geduldet von der Regierung, seine eigenen Regeln aufgestellt hat - und die sollten Besucher schon allein aus Gründen der Höflichkeit beachten. Zu diesen Regeln gehört nicht nur das Verbot von Hundeleinen, wie Broder ätzt, sondern auch das Verbot von Waffen, Gewalt und harten Drogen. Gute Güte, was für ein Sündenpfuhl! Wird Zeit, dass da Recht und Ordnung einkehrt.
Das journalistische Ergebnis von Broders Frustablass ist so beschämend, dass es wehtut. In düsterem Unterton schwadroniert er über den "rechtsfreien Raum", in dem "das Faustrecht herrscht" und in dem das "Betreten nur auf eigene Gefahr" möglich sei. Er steigert sich schließlich so sehr in seinen Frust herein, dass er allen Ernstes Christiania mit Kabul vergleicht. Ich frage mich, ob er seinen eigenen Text vielleicht auch ziemlich peinlich findet, sobald sein Adrenalinpegel wieder einen Normalwert erreicht hat.
Im Unterschied zu anderen Autoren kommt Broder aber mit dieser "Liebes Tagebuch, die Welt war heute wieder gemein zu mir"-Geschichte sogar zu einer äußerst prominenten Platzierung auf Spon. Das sollte ich eigentlich auch mal versuchen, wenn ich einen schlechten Tag erwische. Aber nein, stopp, geht nicht: Die Spiegel-Redaktion verwendet nur Texte der eigenen Autoren bzw. von eigens beauftragten Verfassern, wie mir einmal auf Anfrage mitgeteilt wurde. Dann ist es offenbar auch völlig egal, was diese schreiben.
Oh je - die Geschichte des Dritten Reichs muss mal wieder neu geschrieben werden
Falls jemand im Rahmen der inflatulenz inflationären Hitler-Berichterstattung in TV und Printmedien gerade ein absolutes Reißerthema bzw. einen spektakulären Titel für eine noch zu produzierende Doku bzw. Hintergrundstory sucht: die Blödzeitung hat die Messlatte in dieser Hinsicht ziemlich hoch gelegt.
Das auf dem aktuellen Screenshot erwähnte "Geheimdokument" ist allerdings streng genommen nicht mehr so ganz geheim, nachdem sein Inhalt vor einem halben Jahr durch die üblichen Gazetten gejagt und das Papier selbst bei Sotheby's versteigert worden ist. Und worin die so verschwörerisch angekündigte "Wahrheit" bestehen soll, kommt im entsprechenden Artikel auch nicht so richtig rüber - vielleicht stanken Hitlers Pupse schlimmer als andere. Und vielleicht liegt hier auch der Grund für die braunen Uniformen. Man weiß es nicht.
Das auf dem aktuellen Screenshot erwähnte "Geheimdokument" ist allerdings streng genommen nicht mehr so ganz geheim, nachdem sein Inhalt vor einem halben Jahr durch die üblichen Gazetten gejagt und das Papier selbst bei Sotheby's versteigert worden ist. Und worin die so verschwörerisch angekündigte "Wahrheit" bestehen soll, kommt im entsprechenden Artikel auch nicht so richtig rüber - vielleicht stanken Hitlers Pupse schlimmer als andere. Und vielleicht liegt hier auch der Grund für die braunen Uniformen. Man weiß es nicht.
Samstag, 22. August 2009
Von jetzt ab wird Dreckwurf mit Dreckwurf vergolten!
Wahlkampf ist die Fortführung des Macchiavellismus mit anderen Mitteln - das beweist derzeit wohl niemand besser als Ursula von der Leyen. Vorbei die Zeit, in der sie als immer etwas weggetreten wirkende und in ihrer persönlichen Familienidyll-Fantasie schwelgende Bundesmutti von vielen nicht für voll genommen wurde: Auf aktuellen Wahlkampfveranstaltungen - zu sehen etwa auf dem Honigbrot-Blog und nachzulesen auf netzpolitik - geriert sich die Norddeutsche durch wohlüberlegt gesetzte Emotionsausbrüche, akzentuierte Kraftausdrücke und übertriebenes "r"-Rollen wie ein Straßendemagoge der 30er-Jahre. Ja, das war jetzt ein kaum verhohlener Nazivergleich - und den nehme ich mir heraus. Denn wer den politischen Gegner auf eine Stufe mit Kinderpornofans stellt, hat's nicht besser verdient.
Ja, ich weiß: Nazivergleiche führen zu nichts und sind in aller Regel wenig stichhaltig. Aber was Ursel da aufdem Reichsparteitag der Wahlkampfveranstaltung in Sulzbach brachte, ist nicht von schlechten Elterngeldbeziehern und taugt als Lehrfilm für jeden selbsternannten Möchtegern-Volkstribun: Mit Phrasen wie "Um Himmels willen", "Das schlägt dem Fass den Boden aus" oder "Das ist das Grauen" wärmt sie gezielt die Tränen- und die Adrenalinproduktion im Publikum an. Mit von Salzsaüre durchtränkter Stimme schnarrt sie in deutlich herabwürdigendem Ton das Wort "Inforrrrmationsfrrrreiheit", als wäre dies kein schützenswertes Grundrecht, sondern ein fragwürdiges Hobby verkommener Subjekte, denen ja wohl offenbar nichts am Kindeswohl läge. Und "verfassungsrechtliche Bedenken", die sie mit deutlich hörbaren Anführungszeichen intoniert, wischt sie mit herrischer Geste vom Tisch, weil die Verfassung ja wohl keine Kinderpornos dulden dürfe. Es hätte nur noch gefehlt, dass sie den Bundestag als "Debattierclub" schmäht.
Von der Leyen kennt offenbar nicht einmal den Unterschied zwischen einer Verfassung und einem Gesetzbuch: Das Grundgesetz ist dazu da, die Grundwerte, -rechte und -regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens festzulegen und nicht, um sich mit einzelnen Straftatbeständen zu befassen. Daher können auch auf demokratischem Weg entstandene Gesetze, die eben diese Grundrechte einzuschränken geeignet sind, verfassungswidrig sein. Das hat sich in jüngster Zeit mehrfach gezeigt. Vielleicht kennt sie den Unterschied aber auch doch - und baut darauf, dass ihr Publikum dafür zu blöd ist, womit sie in beeindruckender Form ihre kombinierte Verachtung sowohl für ihre Kritiker als auch für ihre Anhänger unter Beweis stellen würde. Elitärer Machtdünkel in Reinkultur.
Aber es kommt ja noch schlimmer. Nicht nur die Intonation ihrer Rede erinnert an Propagandisten übelster Sorte, sondern ebenso die Art, Kritikern - ich formuliere es mal zurückhaltend - unlautere Motive zu unterstellen: "Dann kam der Chaos Computer Club und die Piratenpartei, die plötzlich schrien: 'Das ist Zensur!'. Meine Damen und Herren, Kinderpornographie im Internet anzuschauen ist Kindesmissbrauch...", belfert sie ihren silberlockigen Stammwählern zu, bei denen man schon statistisch durchaus davon ausgehen kann, dass die meisten Anwesenden keine allzu große Internetaffinität haben. Und wie kommt so ein Satz bei solchen Leuten an? CCC und Piratenpartei - und die Linken natürlich sowieso - kämpfen offenbar dafür, ungehindert auf Kinderpornos zugreifen zu können, und machen sich dieser Argumentation zufolge des Kindesmissbrauchs schuldig. Nicht hingegen die FDP, obwohl sie die Sperren ebenso ablehnt. Aber das ist selbstredend was anderes.
Den politischen Gegner als Kinderficker zu diffamieren - so sieht der Wahlkampf einer Bundesministerin im Jahre 2009 aus. Dass das keine einmalige Entgleisung war, sondern wohlüberlegte rhetorische Strategie, zeigen mittlerweile auch andere Mitschnitte. Man stelle sich vor, in einer solchen Veranstaltung aufzustehen und Kritik an der Zensurpolitik zu üben - binnen Sekunden würde man als vermeintlicher Kinderschänder von der aufgehetzten Menge mit Bierflaschen und Krückstöcken niedergeknüppelt.
Auf diesem Niveau wiegelten schon ganz andere Demogogen das Volk auf. Und wie diese hält auch Ursel von Pressefreiheit nicht besonders viel:
Gut - ist ja auch irgendwie verständlich, dass Zensursula bei dem jüngsten Hickhack um Internetsperren gerne mal wieder in ihrer Lieblingsrolle abgelichtet werden möchte: Als fürsorgliche Übermutter in einer Kita. Das Spiegel-TV-Team, das wahrscheinlich wieder mal irgendwelche bohrenden politischen Fragen im Notizblock hatte, nervt da ja nur ("Doch nicht vor den Kindern!"). Gastgeberin Gitta Connemann aus dem ostfriesischen Leer ist auch eher den Wohlfühljournalismus der Ostfriesen-Zeitung gewöhnt, die bis vor kurzem noch zum Medienportfolio der CDU-Hofberichterstatter der NWZ gehörte. Hier sind keine unbequemen Fragen zu erwarten, daher durften deren Lokalreporter auch bleiben. Derartiges herrisches Gebaren gegenüber Journalisten erinnert eher an autoritäre Regime in Bananenrepubliken als an die vielbeschworene stabile Demokratie in Deutschland.
Bekanntlich kommt man im Wahlkampf immer weiter, wenn man auf die Bäuche der Zuhörer abzielt und nicht auf ihre Köpfe. Auch das ist in der Geschichte der Propaganda eine Binsenweisheit und hat sich schon oft als erfolgreich dargestellt. Und damit beschließe ich meinen persönlichen Nazivergleich. Denn Ursel ist natürlich nicht Magda Goebbels. Ursel würde nie ihre Kinder vergiften.
In einem Punkt allerdings stimme ich ihr vorbehaltlos zu - nämlich als sie sagte: "Wir werden eines Tages nicht nur gefragt nach dem, was wir getan haben, sondern auch nach dem, was wir vielleicht nicht getan haben." -- Eben. Und wir werden vielleicht gefragt werden, warum wir nichts getan haben, als die Bundesrepublik in einen Überwachungsstaat umgewandelt wurde.
Ja, ich weiß: Nazivergleiche führen zu nichts und sind in aller Regel wenig stichhaltig. Aber was Ursel da auf
Von der Leyen kennt offenbar nicht einmal den Unterschied zwischen einer Verfassung und einem Gesetzbuch: Das Grundgesetz ist dazu da, die Grundwerte, -rechte und -regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens festzulegen und nicht, um sich mit einzelnen Straftatbeständen zu befassen. Daher können auch auf demokratischem Weg entstandene Gesetze, die eben diese Grundrechte einzuschränken geeignet sind, verfassungswidrig sein. Das hat sich in jüngster Zeit mehrfach gezeigt. Vielleicht kennt sie den Unterschied aber auch doch - und baut darauf, dass ihr Publikum dafür zu blöd ist, womit sie in beeindruckender Form ihre kombinierte Verachtung sowohl für ihre Kritiker als auch für ihre Anhänger unter Beweis stellen würde. Elitärer Machtdünkel in Reinkultur.
Aber es kommt ja noch schlimmer. Nicht nur die Intonation ihrer Rede erinnert an Propagandisten übelster Sorte, sondern ebenso die Art, Kritikern - ich formuliere es mal zurückhaltend - unlautere Motive zu unterstellen: "Dann kam der Chaos Computer Club und die Piratenpartei, die plötzlich schrien: 'Das ist Zensur!'. Meine Damen und Herren, Kinderpornographie im Internet anzuschauen ist Kindesmissbrauch...", belfert sie ihren silberlockigen Stammwählern zu, bei denen man schon statistisch durchaus davon ausgehen kann, dass die meisten Anwesenden keine allzu große Internetaffinität haben. Und wie kommt so ein Satz bei solchen Leuten an? CCC und Piratenpartei - und die Linken natürlich sowieso - kämpfen offenbar dafür, ungehindert auf Kinderpornos zugreifen zu können, und machen sich dieser Argumentation zufolge des Kindesmissbrauchs schuldig. Nicht hingegen die FDP, obwohl sie die Sperren ebenso ablehnt. Aber das ist selbstredend was anderes.
Den politischen Gegner als Kinderficker zu diffamieren - so sieht der Wahlkampf einer Bundesministerin im Jahre 2009 aus. Dass das keine einmalige Entgleisung war, sondern wohlüberlegte rhetorische Strategie, zeigen mittlerweile auch andere Mitschnitte. Man stelle sich vor, in einer solchen Veranstaltung aufzustehen und Kritik an der Zensurpolitik zu üben - binnen Sekunden würde man als vermeintlicher Kinderschänder von der aufgehetzten Menge mit Bierflaschen und Krückstöcken niedergeknüppelt.
Auf diesem Niveau wiegelten schon ganz andere Demogogen das Volk auf. Und wie diese hält auch Ursel von Pressefreiheit nicht besonders viel:
Gut - ist ja auch irgendwie verständlich, dass Zensursula bei dem jüngsten Hickhack um Internetsperren gerne mal wieder in ihrer Lieblingsrolle abgelichtet werden möchte: Als fürsorgliche Übermutter in einer Kita. Das Spiegel-TV-Team, das wahrscheinlich wieder mal irgendwelche bohrenden politischen Fragen im Notizblock hatte, nervt da ja nur ("Doch nicht vor den Kindern!"). Gastgeberin Gitta Connemann aus dem ostfriesischen Leer ist auch eher den Wohlfühljournalismus der Ostfriesen-Zeitung gewöhnt, die bis vor kurzem noch zum Medienportfolio der CDU-Hofberichterstatter der NWZ gehörte. Hier sind keine unbequemen Fragen zu erwarten, daher durften deren Lokalreporter auch bleiben. Derartiges herrisches Gebaren gegenüber Journalisten erinnert eher an autoritäre Regime in Bananenrepubliken als an die vielbeschworene stabile Demokratie in Deutschland.
Bekanntlich kommt man im Wahlkampf immer weiter, wenn man auf die Bäuche der Zuhörer abzielt und nicht auf ihre Köpfe. Auch das ist in der Geschichte der Propaganda eine Binsenweisheit und hat sich schon oft als erfolgreich dargestellt. Und damit beschließe ich meinen persönlichen Nazivergleich. Denn Ursel ist natürlich nicht Magda Goebbels. Ursel würde nie ihre Kinder vergiften.
In einem Punkt allerdings stimme ich ihr vorbehaltlos zu - nämlich als sie sagte: "Wir werden eines Tages nicht nur gefragt nach dem, was wir getan haben, sondern auch nach dem, was wir vielleicht nicht getan haben." -- Eben. Und wir werden vielleicht gefragt werden, warum wir nichts getan haben, als die Bundesrepublik in einen Überwachungsstaat umgewandelt wurde.
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