Dienstag, 26. Mai 2009

Wenn das eigene Kapuzenshirt plötzlich lebensunwert wird

Das hatte ich zunächst gar nicht mitbekommen: Die Naziklamotten-Marke "Thor Steinar" gehört einem arabischen Investor. Einem arabischen! Das muss ja eine bittere Pille für die selbsternannten Herrenmenschen sein. Und so gibt es jetzt auch die ersten Boykottaufrufe von rechts gegen "Thor Steinar". Nachdem sowieso schon niemand mehr einen solchen Laden in seiner Nachbarschaft haben will, der norwegische Staat klagt und nun auch noch die Stammkundschaft abhanden kommt, wird es wohl eng für die Firma. Das kommt davon: Man soll eben nicht mit den Schmuddelkindern handeln.

Was macht ihr denn jetzt, ihr großdeutschen Kevins, Marcels und Enricos? Die Klamotten wegschmeißen und erstmal stundenlang duschen? Wieder auf Lonsdale umsteigen, die sich aber dummerweise auch verstärkt lieber mit Ausländern und Schwulen als mit euch abgeben? Nackig herumlaufen? Oder einfach normale braune T-Shirts in einem ordentlichen deutschen Geschäft wie Hertie kaufen ("arisiert" 1933)? Ach nein, geht bald auch nicht mehr, ist pleite. Also ab zu Kaufhof ("arisiert" 1933).

Jedenfalls bekommt ihr in solchen Geschäften auch Kleidungsstücke für weniger Geld. Denn "Autonome Nationalisten" kritisierten bei dieser Gelegenheit auch gleich die zweifellos hohen Preise, die "Thor Steinar" für seine Stücke verlangt. Über 300 Euro für eine Jacke - pfui! Wie soll sich das denn ein durchschnittlicher Kamerad leisten können von seinem Hartz-IV-Satz, mit dem er ja auch noch seinen Bierkonsum finanzieren muss?

Dumm allerdings, dass die "Thor Steinar"-Klamotten auch schon vor der Übernahme so teuer waren. Aber das muss man halt differenziert betrachten: Damals waren die nationalstolzen Preise ein Opfer, das man gerne für das Vaterland brachte. Heute resultieren sie natürlich aus der perfiden, niedersten Geldgier, die dem krummnasigen, unwerten und händereibenden Muselmanen an sich ja bekanntlich innewohnt. Oder waren das die Juden? Egal, die wohnen ja alle da unten irgendwo und eure Geographiekenntnisse reichen eh' nur bis Stalingrad.

Aber vorsicht: Wenn ihr jetzt wieder woanders eure Klamotten kauft, ist es wahrscheinlich, dass diese von unterernährten Kindern in Pakistan oder Bangladesh zusammengenäht worden sind. Ich weiß zwar nicht, welchen Platz diese in eurer Rassenrangliste belegen - ihr wisst es vermutlich auch nicht, da ihr von diesen Ländern noch nie etwas gehört habt -, aber mit Sicherheit handelt es sich in eurer Wahrnehmung auch um Untermenschen. Dürft ihr das dann tragen? Oder ist das okay für euch, wegen der sklavenhaften Arbeitsumstände in diesen Sweatshops? In diesem Falle rate ich zum "Volks-T-Shirt", das wird wenigstens von Leuten beworben, die eure Brüder im Geiste sind.

Ach, und wenn ihr euch neue Shirts kauft, beschriftet sie doch bittebittebitte wieder selbst. Ich möchte auf der nächsten Demo nicht nur die ganze Zeit kotzen müssen, sondern auch mal wieder was zu lachen haben.

Rum und Ähre der deutschen Weermacht!

Im Namen der Auflage

In der vergangenen Woche ist der Prozess um eines der aufsehenerregendsten Tötungsdelikte der letzten Jahre zu Ende gegangen: In Oldenburg wurde ein 31-Jähriger für schuldig befunden, vor einem Jahr den berühmten Holzklotz von einer Autobahnbrücke geworfen zu haben, der in ein Auto einschlug und eine Frau tötete. Das Urteil lautet "lebenslänglich", was zu erwarten war. Schließlich galt der Mann seit seiner Verhaftung als sicherer Täter - zumindest in der Lokalpresse, die die Verurteilung jetzt geradezu als persönlichen Triumph feiert.

Denn die örtliche Regionalzeitung ließ keine Gelegenheit verstreichen, die Stimmung gegen den Mann aufzuheizen. Sie hat sein Gesicht veröffentlicht, ohne es unkenntlich gemacht zu haben, seinen vollen Namen und sogar seinen Wohnort genannt - und das alles schon, bevor der Prozess überhaupt begonnen hat. Sie ließ sich ausführlich über die Arbeitslosigkeit und die Drogensucht des Angeklagten aus, bezeichnete seine Wohnverhältnisse in einem Einfamilienhaus als "Daheim in schmutziger Baracke" - warum nicht gleich "Hauste dort wie ein Tier"? - und garnierte dies mit Fotos eines in seiner Wohnung liegenden Tittenmagazins, um ja keinen Zweifel an der moralischen Verkommenheit des Angeklagten aufkommen zu lassen. Und als dieser es auch noch gewagt hatte, sein zunächst abgegebenes Geständnis zu widerrufen, kannte der Zorn der Zeitung keine Grenzen mehr.

Hängt ihn höher!

Auch wenn sie zwischenzeitlich dazu verdonnert wurde, den Namen abzukürzen und den Angeklagten nur noch gepixelt zu zeigen - wogegen sich die Zeitung vor dem Verfassungsgericht zu Wehr setzt wie jemand, der seine Grundrechte angegriffen sieht - weiß dank der vorherigen Berichterstattung jeder Mensch in Oldenburg, wie der Verurteilte aussieht und wo er wohnt. Im Falle eines Freispruchs hätte dies, in Tateinheit mit der gleichzeitigen "Bild"-Hetze - noch interessant werden können: Die aufgewiegelte Meute hätte ihn sicherlich aus seiner schmutzigen Baracke geholt und an der Autobahnbrücke aufgehängt.

Ein solcher Freispruch war gar nicht so abwegig. Denn der Prozess beruhte allein auf Indizien - und die waren recht dünn. Eine DNA-Analyse des Holzklotzes hat nichts ergeben. Die Erdspuren daran bewiesen auch nicht viel. Das Handy des Angeklagten war in der Nähe des Tatorts geortet worden, aber er wohnte ja schließlich auch in der Nähe des Tatorts. Sein Geständnis war relativ wertlos, da widerrufen. Ausschlaggebender für die Verurteilung dürfte eher die ziemlich dämliche Vorgehensweise seines Anwalts gewesen sein.

Back to business

Am Tag nach der Urteilsverkündung war klar, was passieren würde: Der Verurteilte erschien wieder ohne Pixelung und mit vollem Namen auf der Titelseite. Schließlich dürfte er spätestens jetzt als eine "Person der Zeitgeschichte" gelten, da interessiert es ja keinen, dass der Verteidiger Revision eingelegt hat und das Urteil damit noch gar nicht rechtskräftig ist. Und nun suhlt sich die Chefredaktion des Blattes geradezu in der Genugtuung, endlich mit all den Zecken abzurechnen, die zuvor ihre oben beschriebene Art der Berichterstattung krititsiert haben - gemeint sind die taz und die Spiegel-Gerichtsreporterin Gisela Friederichsen. Wie siegesbesoffen der Chefredakteur seiner Häme freien Lauf lässt, das geht am besten aus seinem Leitartikel unter dem pathetischen und emotionstriefenden Titel "Im Namen des Volkes" hervor:
"Festzuhalten bleibt auch, dass es anfangs nicht an medialer Solidarität für den Angeklagten fehlte. Ob sogenannte Star-Gerichtsreporterin oder linkes Alternativblatt – es gab reichlich in Zeilen gegossenes Verständnis für den Angeklagten, aber vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit für die Getötete und deren Familie." (Quelle)
Das heißt also: Wer Kritik an der Berichterstattung dieser Zeitung übt, macht sich mit einem Mörder gemein. Was für eine widerliche und perverse Art redaktioneller Selbstbefriedigung! Wegen der ethischen Regeln, die der Presserat aufgestellt hat, hat der NWZ-Chefredakteur diese Institution beizeiten einmal mit der "Reichsschriftkammer" verglichen. Nun ja, wenn wir schon bei Nazivergleichen sind, da habe ich auch einen: Diese Art der Vorverurteilung, der Bloßstellung und des Vorführens eines noch nicht überführten Verdächtigen erinnert mich an das hier.

Aber wie gesagt: Die Revision läuft. Seien wir gespannt auf die zweite Runde - und darauf, wieviel Wut, Haß, Niedertracht, Sabber und Geifer bei der Zeitung noch übrig ist, um das nächste Verfahren adäquat zu begleiten.

Samstag, 23. Mai 2009

Vom Händewaschen und Kreidefressen

Der uniformierte Mörder Benno Ohnesorgs war also Stasi-Spitzel - diese von Historikern ans Licht gebrachte Information ist für die Springerpresse natürlich ein Freibrief, die ganze Geschichte wiederzukäuen und sich selbst nachträglich von jeder Mitschuld am Tod des Studenten freizusprechen. Immerhin hat es der gute Benno gestern geschafft, mit seinem Tod auf die Titelseite der "Bild" zu kommen - das war am 3. Juni 1967, dem Tag nach dem tödlichen Schuss, meines Wissens nicht der Fall. Die suggestive Frage "Muss die Geschichte der Linken neu geschrieben werden?" stammt indes nicht nur von "Bild", sondern wird auch von Spon gestellt - und ich bin mal so frei, zu antworten: Nein, muss sie natürlich NICHT.

Denn als Karl-Heinz Kurras Ohnesorg mit einem Kopfschuss tötete, handelte er als bundesdeutscher Polizist und nicht als Stasi-Informant. Es ist eine Sache, ob er dem DDR-Geheimdienst steckte, wann wer in seiner Dienststelle aufs Klo ging; aber eine ganz andere Sache, was an diesem 2. Juni in Berlin geschah. Und solange sich kein Hinweis findet, dass Kurras auf Geheiß der Stasi gehandelt haben könnte, als er die Schüsse abgab, ändert sich nichts an der Tatsache, dass Ohnesorg wie viele andere Opfer einer überbordenden Gewaltstrategie der Berliner Polizei unter der Leitung eines ehemaligen Wehrmachts-Stabsoffiziers wurde und von einem Waffennarren, der sich auch Jahre später noch wünschte, er hätte das ganze Magazin leergeschossen, getötet wurde.

Schuld und Sühne

Das ficht die Springerpresse natürlich nicht an. Hier bietet sich ihr die einmalige Chance, sich von der historischen Schuld freizusprechen, die immer noch an ihr haftet - nämlich die nationalkonservativ bis rechtsradikale Stimmung im Land in jener Zeit künstlich aufgeheizt und damit ein Klima geschaffen zu haben, das später auch einen Arbeiter dazu brachte, auf Rudi Dutschke zu schiessen. Damals hat man im Pressehaus nicht nur die Hände in Unschuld gewaschen, sondern den Spieß auch noch umgedreht und die Studenten als Aggressoren hingestellt. Das ist eine Schuld, für die die Springer AG bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen wurde.

Was jetzt geschieht, wäre ja eigentlich lustig, wenn es nicht so pervers wäre: Bei Bild.de gab's zum Frühstück eine Familienpackung Kreide und so wurde nun ein Spezial zum Thema eingerichtet unter dem Titel "Der Fall Benno Ohnesorg. Alle Infos, alle Hintergründe". Nun, strenggenommen vielleicht nicht alle Hintergründe; aber immerhin zeigt Bild.de eine nicht enden wollende Bildergalerie mit trauernden Studenten, die gegen den Mord protestieren. Als nächstes bringt Bild.de sicher eine tränenreiche Geschichte rund um Ohnesorgs Familie.

Mord und Totschlag

Nun ist erneut Strafanzeige gegen Kurras erhoben worden - ausgerechnet vom "Verein der Opfer des Stalinismus", einer Gruppe, die zum Teil deutlich nach rechts tendiert und von der sich 67er-Studenten wie Ohnesorg wohl ferngehalten hätten. Ein viel zitierter Satz aus der Anzeige lautet: "Mord verjährt nicht." Das ist einer der Grundsätze des Strafrechts und könnte interessant werden. Denn Kurras ist zweimal in höchst bedenklichen Verfahren freigesprochen worden - vom Vorwurf der "fahrlässigen Tötung", mehr war das zu der Zeit nicht. Es bleibt abzuwarten, ob es wirklich zu einem neuen Verfahren gegen den heute 81-Jährigen kommt. Festzuhalten bleibt aber wohl schon jetzt: Erschießt ein deutscher Polizist einen Studenten, ist es "fahrlässige Tötung"; erschießt hingegen ein Stasispitzel einen Studenten - dann, ja, dann ist es Mord.

Egal, wie es ausgeht: "Bild" kann in dieser Geschichte nicht verlieren. Und für alle, die es ganz genau wissen wollen, hat sich das Revolverblatt nicht einmal entblödet, unter der Überschrift "Was wäre, wenn...?" ein wildes Sammelsurium an Spekulationen zusammenzufabulieren, was wohl passiert wäre, hätte man die Sache mit der Stasi damals schon gewusst. Da hätte ich einen Gegenvorschlag: Was wäre gewesen, wenn sich Axel Springer während seiner Geburt an der Nabelschnur stranguliert hätte?

Freitag, 22. Mai 2009

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser scheiße

Dass sich eine Handvoll Kapitalisten bemüßigt fühlt, gegen das geplante Gesetz zur Regulierung von Managergehältern Sturm zu laufen, ist ja nichts Außergewöhnliches. Für Stirnrunzeln mag es vielleicht beim einen oder anderen sorgen, dass es im aktuellen Fall ausgerechnet Aufsichtsräte sind, die sich für die armen, gebeutelten, vom Hungertod bedrohten Manager in die Bresche werfen. Aber das muss niemanden verwirren: Denn die größten Kritiker der Elche waren früher bekanntlich selber welche. Und in diesem Falle haben sie nie aufgehört, Elche zu sein.

Zwölf Aufsichtsratsvorsitzende haben also Kanzlerin Merkel in einem Brandbrief aufgefordert, sie möge diese dämonischen Kommunistenpläne doch fallen lassen. Einen triftigen und für jeden nachvollziehbaren Grund dafür mag das dreckige Dutzend der börsennotierten Wirtschaft indes nicht nennen. Statt dessen machen sie einen auf beleidigte Leberwürste. Das klingt dann so (ich zitiere aus dem Handelsblatt):
"In dem Brief bringen die zwölf Aufsichtsratsvorsitzenden ihr Missfallen darüber zum Ausdruck, 'dass die Diskussion über Managergehälter ein falsches Bild der wirtschaftlichen Verantwortungsträger reflektiert'. Die entsprechenden Pläne der Koalition seien nicht geeignet, da sie 'die Vertragsfreiheit der Unternehmen stark einschränken und damit von vornherein deutlich Misstrauen signalisieren'."
Jaja - dass Begriffe wie "Vertrauen" und "Misstrauen" in Unternehmen anders definiert werden als in der normalen Welt, wissen wir seit Lidl, Telekom und Kaiser's. Und dass die Vertragsfreiheit für Unternehmen eingeschränkt werde, liegt in der Natur der Sache: Jedes Gesetz schränkt irgendeine Freiheit ein. Nehmen wir zum Beispiel mal das BKA-Gesetz - aber von dem sind Unternehmen sicherlich am allerwenigsten betroffen.

Außerdem wüten die Unterzeichner gegen den Plan, dass ein Manager künftig zwei Jahre warten soll, bevor er einen Aufsichtsratposten übernehmen darf. Der Initiator des Schreibens, Gerhard Cromme, weiß, wovon er spricht: er tauschte 2001 in fliegendem Wechsel den Stuhl des ThyssenKrupp-Vorstandsvorsitzenden gegen den des ThyssenKrupp-Aufsichtsratsvorsitzenden. Auch Mitunterzeichner Martin Kohlhaussen wechselte im selben Jahr seinen Platz vom Vorstand in den Aufsichtsrat, bei der Commerzbank nämlich; und Eggert Voscherau tat selbiges bei BASF. Bei den anderen neun hatte ich keine Lust mehr zu suchen - ich sach' ma: "Abbildung ähnlich".

Für alle, die es nicht wissen: Der eine Posten (Aufsichtsrat) ist eigentlich dazu da, den anderen (Vorstand) zu kontrollieren. Deshalb heißt diese Institution auch so. Und nun ist es offenbar Usus, dass nicht nur abgehalfterten Politikern ohne viel Sachkenntnis Aufsichtsratsposten zugeschoben werden - nein, auch die eben noch "kontrollierten" Vorstände werden anschließend selbst zu Kontrolleuren. Ein Schelm, wer da keine, nun ja: Interessenkollision vermutet. Der Schwarzfahrer wird, statt Strafe zu zahlen, zum Schaffner befördert; der Räuber zum Polizisten. "Der tiefe Einblick von Vorständen in ihre Unternehmen helfe ihnen später bei der Wahrnehmung der Kontrollaufgaben", zitiert Spon aus dem Schreiben - ja, das glaube ich gern, dass dieser tiefe Einblick später nochmal hilfreich sein könnte.

Aber vielleicht habe ich das mit der Kontrollfunktion auch nur komplett falsch verstanden. Denn weiter heißt es:
"'Unangebracht' sei ferner die Pflicht des Aufsichtsrates, die Vergütungen in bestimmten Fällen wie etwa Sorgfaltspflichtverletzungen zu kürzen. 'Falsch' sei nicht zuletzt der Vorschlag eines Selbstbehaltes bei der Manager-Haftpflicht.
Na, wenn es "unangebracht" ist, dass das Kontrollgremium den Schuldigen zur Rechenschaft zieht, dann ziehe ich meine oben angebrachten Ausführungen zurück. Und das mit der Manager-Haftpflicht sehe sicher auch ich total "falsch".

Ich verstehe eben nichts von wirtschaftlichen Dingen.

Dienstag, 19. Mai 2009

Endlich Rechtssicherheit: Afghanen erschießen ist schon o.k.!

Eigentlich nur konsequent: Wenn es schon wieder so weit ist, dass deutsche Soldaten im Ausland Zivilisten erschießen, dann sollte man die Sache auch gleich einer Großmacht angemessen durchziehen und den betreffenden Soldaten nicht nur von aller Schuld freisprechen, sondern darüber hinaus gar nicht erst einen Prozess gegen ihn eröffnen. Wenn schon amerikanische Skitouristinnen nicht wert sind, einen ordentlichen Prozess zur Aufklärung ihrer Todesumstände zu bekommen, warum dann irgendwelche dahergelaufenen Afghanen, die auf die klare deutsche Anweisung "Bitte fahren Sie rechts ran und halten Sie Führerschein und Fahrzeugpapiere bereit" nicht reagieren?

Also werden die Ermittlungen gegen den Schützen sang- und klanglos eingestellt. Vielleicht bekommt er sogar noch einen Orden. Der Verteidiger des Soldaten versteigert sich gar dazu, jetzt auch noch die lange Ermittlungsdauer zu kritisieren, in der die Bundeswehr u. a. die Situation während der Todesschüsse nachgestellt hat. Das hätte man sich doch sparen können! Waren doch eh' nur Eingeborene. Genauer gesagt: Eine Mutter mit zwei Kindern, also eine Terroristin und zwei zukünftige Terroristen.

Außerdem ist "Todesschüsse" ohnehin ein viel zu hartes Wort. Und auch schon besetzt: "Todesschüsse" gab es nur an der Mauer, sonst nirgends. Verniedlichen wir das Massakrieren der afghanischen Familie doch einfach weiterhin als "Zwischenfall". Oder gleich als "Kollateralschaden". Wirklich auf der Zunge zergehen lassen sollte man sich allerdings sich das Statement des Verteidigers bezüglich der Signalwirkung eines etwaigen Prozesses:
"Dann hätte Minister Jung alle Soldaten sofort nach Hause holen müssen. Das Risiko, dass ein durch das Verfahren verunsicherter Soldat auch nur einen Sekunde zu lange zögert, um sich zu verteidigen, wäre kaum zu verantworten gewesen." (Spon)
Das heißt in Kurzform: Erst schießen, dann fragen - das muss dann wohl die Handlungsmaxime deutscher Soldaten in Afghanistan sein. Bundeswehr goes Wild West. Yeeeh-haw! Also, ihr Afghanen - wenn ihr irgendwo ein Eisernes Kreuz oder eine schwarz-rot-goldene Flagge seht: Raus aus dem Wagen und in den Graben schmeißen, bis das Geknatter aufhört. Ansonsten seid ihr selbst schuld.

Montag, 18. Mai 2009

Herzlichen Glückwunsch zum Vatertag, Schatz! Gefallen dir die Ohrringe?

Man weiß ja gar nicht mehr, wann man nun wem was schenken soll oder muss - und wieso überhaupt. Valentins- und Muttertag hat man gerade hinter sich gebracht - da gehört nun offenbar auch der Vatertag, the holiday formerly known as "Christi Himmelfahrt", zu jenen immer zahlreicher werdenden Anlässen, zu denen man - in diesem Falle: frau - geldscheinwedelnd in den nächsten Konsumtempel rauschen und irgendetwas käuflich erwerben muss, um anschließend den Lebensabschnittsgefährten in die peinliche Situation zu bringen, Freude über einen weiteren Schlips heucheln zu müssen. Oder über ein Herz aus Plastikrosen.

Denn diese Kaufhof-Filiale hat, wie das Beweisfoto zeigt, eine formidable Patentlösung entwickelt, um den Konsumterror niemals enden zu lassen: Man lässt einfach den ganzen Valentinstag-Zinnober ein paar Wochen länger hängen und schreibt dann "Vatertag" darauf! Dann kriegt Papa dieses Jahr eben Parfum oder Ohrringe oder ein Kettchen mit Anhänger statt - wie in den letzten Jahren - einfach nur einen Tag lang Freigang, um sich mit seinen Kumpels mittels hochprozentigem Fusel die Midlife-Crisis aus dem Brägen zu spülen, bis er nach Hause getragen wird. Nein, Geschenke müssen es sein, die verhindern Familienkrach und bringen die Konjunktur in Schwung!

Wie schön einfach es früher noch war, als es bloß Weihnachten und Geburtstage gab. Schleichend kam dann irgendwann Ostern als Geschenkanlass für Kinder hinzu - haben die Blagen bestimmt in einer konzertierten internationalen Dauerplärr-Aktion durchgeboxt - und wer noch glaubt, sein Kind zum Nikolaustag lediglich mit Süßkram abspeisen zu können, ist auf dem Holzweg. Und auch zum Muttertag reichen längst keine Blumen mehr, teilen uns die Werbestrategen seit langem mit; schließlich schafften sie es auch, den Leuten in einem jahrzehntelangen Propagandafeldzug erfolgreich einzuprügeln, dass man sich auch zum Valentinstag was schenken müsse.

Fehlt jetzt aber immer noch etwas zur Überbrückung der geschenkanlasslosen Zeit zwischen Pfingsten und Nikolaus. Vermutlich kommen als nächstes die Namenstage dran. Weiß ja eh keiner, dass das eigentlich 'ne katholische Angelegenheit ist; und die Verteilung auf alle 365 Tage des Jahres garantiert ein stetiges Umsatzplus.

Das Problem sind eher die wenigen vorhandenen Namen, zu denen es entsprechende Tage gibt und die somit beschenkt werden können. Pech gehabt, ihr Kevins, Justins und Finn-Oles; aber ihr seid ja eh' auf Hartz IV und könnt euch nix leisten. Da könnt ihr am Vatertag auch saufen gehen.

Sonntag, 17. Mai 2009

Peng, du bist bunt

Liebe Paintballspieler! Na, da habt ihr ja noch mal eine Galgenfrist bekommen. Ihr solltet in den Nachwehen des Amoklaufs von Winnenden eigentlich auf dem Altar des politischen Aktionismus geopfert werden, damit sich überhaupt mal irgendetwas in der Debatte um Sicherheit, Erziehung und Waffenbesitz tut. Nun wird über diesen seltsamen Plan noch einmal nachgedacht, zumal ihr strenggenommen gar nichts mit dem Amokläufer zu tun hattet - aber dummerweise steht ihr nun da, wo ihr nie hinwolltet: Im Blickfeld der Öffentlichkeit. Und was man da sieht, ist alles andere als schön. "Wir sind nicht verrückt!", werdet ihr auf Spon zitiert. Doch, seid ihr. Aber darum geht es nicht.

Es ging von Anfang an nur darum, wer die Winnenden-Arschkarte bekommt. Denn irgendwas muss in solchen Fällen ja verboten werden, damit der Staat zeigen kann, dass er das Problem erkannt und - ganz wichtig - etwas getan hat. Mit einem Verbot funktioniert so etwas am besten, weil sichtbarsten.

Leider war die Auswahl an Dingen, die man verbieten könnte, denkbar gering: Waffenbesitz fiel schon einmal ganz weg. Zum einen besteht von seiten der Politik offensichtlich gar kein wirkliches Interesse daran, die Zahl der Waffen in Privathaushalten auch nur signifikant zu reduzieren; zum anderen hätten die Schützen dem Begriff "Königsschießen" am Wahltag mal eine ganz neue Bedeutung verliehen und die Jäger hätten zugleich zum großen Halali geblasen (und am Wahlabend hätte es dann "Sau tot!" geheißen). Nein, mit der Waffenlobby legt man sich nicht an, zumal sie - wie der Name bereits andeutet - bewaffnet ist.

Das oftmals medienwirksam geforderte Verbot von sogenannten Killerspielen kam dann letztlich auch nicht mehr in Frage. Nicht weil es - bei aller psychologischen Fragwürdigkeit dieser virtuellen Gewaltorgien - ohnehin vollkommen schwachsinnig gewesen wäre. Nein, so etwas spielt im Gesetzgebungsverfahren nur eine untergeordnete Rolle. Es kam nicht mehr in Frage, weil irgend jemand dem Minister gesteckt hat, wie unglaublich viele Menschen im wahlfähigen (oder auch demnächst wahlfähigen) Alter diese Spiele spielen. Und was für eine Wirtschaftsleistung dahintersteht, denn diese Leute brauchen nicht nur ständig neue Ballerspiele, sondern auch noch ständig neue Computer.

Ich wäre ja dafür gewesen, Schützenvereine zu verbieten, weil sie einfach nerven mit ihren popelgrünen Uniformen und ihrem paramilitärischen Tschingderassabumm. Dafür scheint es aber keinen gesellschaftlichen Konsens zu geben. Also solltet ihr, liebe Paintballer, dran glauben. Ihr seid nämlich nur ein paar Leutchen, die stimmenmäßig nicht ins Gewicht fallen, aber gute Wahlkampfbilder liefern.

Da spielt es keine Rolle, dass Tim K. wohl gar kein Paintballer war. Er war nur so verrückt. Es spielt auch keine Rolle, dass man Paintballwaffen erst ab 18 kriegt, während in Schützenvereinen schon 14-Jährige eine großkalibrige Schusswaffe mit scharfer Munition in die Hände bekommen. Dafür spielt es eine sehr große Rolle, dass ihr, liebe Paintballer, mit euren Farbwaffen im Anschlag durch Geländefelder robbt, auf andere Menschen losballert und versucht, möglichst viele zu erwischen. Es spielt eine Rolle, dass euch dieses pubertär-martialische Gehabe selbst derart peinlich ist, dass ihr nicht von Waffen sprecht, sondern von "Markierern" und es zudem für ratsam haltet, Militärkleidung auf dem Platz zu verpönen. Dass dies überhaupt für notwendig erachtet wird, belegt deutlich, dass es genug Spieler gibt, die sich in Camouflage-Klamotten zum Ballern treffen. Und es spielt eine Rolle, dass ihr ständig davon salbadert, dass ihr Paintball als taktischen Mannschaftssport schätzt - ihr aber stets die Erklärung schuldig bleibt, warum ihr dann nicht Fußball spielt.

Und deshalb, liebe Paintballer, sage ich: Doch, ihr seid tatsächlich vollkommen und total verrückt. Irre. Durchgeknallt. Ein Haufen wahnsinniger Militariafreaks, die es aufgeilt, mit einer Waffe auf andere Menschen zu schießen. Ich fände es keine Sekunde lang schade, wenn dieser perverse Antisport auf Nimmerwiedersehen verschwinden würde - halte es aber trotzdem für eine bescheuerte Idee, ihn verbieten zu wollen. Denn hier wird Politik auf einen Nebenkriegsschauplatz - wie treffend - ausgelagert, weil man sich an die eigentliche Problematik nicht herantraut. Und dafür könnt ihr ja nix.

Aber dafür, dass ihr nicht einmal davor zurückschreckt, in eurer weinerlichen Pressemitteilung zur Rechtfertigung eurer Kriegsspielleidenschaft auch noch Rosa Luxemburg zu zitieren, möchte ich euch am liebsten euren Markierer in eine bestimmte Körperöffnung stecken und auf "Autofeuer" schalten. Und nein, das ist keine Gewaltfantasie - schließlich ist es ja ein ganz normales Sportgerät, oder?

Mittwoch, 13. Mai 2009

Armut als Lösungskonzept

Endlich hat jemand den Grund dafür herausgefunden, dass so viele Kommunen finanziell in den Miesen stecken: Hartz-IV-Empfänger heizen zuviel! Sagt zumindest Bundesbankchef Thilo Sarrazin, der in dieser Position ja eigentlich nicht für politische Ansichten bezahlt wird. Auch nicht für derart schwachsinnige. Aber da er schon mal in Fahrt war, hat er im "Stern" auch gleich den zukünftigen Rentnern Armut und armen Paaren Kinderlosigkeit verordnet.

Der Hartz-IV-Empfänger an sich, so Prof. Dr. Dr. Sarrazin, sei mehr zu Hause, hätte es gerne warm und regele die Temperatur zumeist mit dem Fenster. Schließlich zahlen die Kommunen ja die Heizkosten, mokiert sich der Sozialdemokrat. Abgesehen von der diesen Aussagen zugrunde liegenden Niedertracht und Gehässigkeit, die man sonst vornehmlich von Unions- und FDP-Bubis kennt, scheint dieser hochbezahlte Genosse trotz seiner jahrelangen Tätigkeit als Berliner Finanzsenator nicht zu wissen, dass die Arge für die Heizkosten eine Pauschale pro Quadratmeter bezahlt. Diese ist nicht überbordend großzügig bemessen, sondern richtet sich nach Normalwerten. Fällt die Rechnung deutlich höher aus, kann man zwar einen Zuschuss oder die Übernahme der Mehrkosten durch die Arge beantragen - die muss das aber nicht übernehmen und in vielen Kommunen macht sie's auch nicht. Wer wirklich so unbedarft ist, wie Sarrazin es dem durchschnittlichen Hart-IV-Empfänger unterstellt, und den ganzen Tag die Heizung hochdreht und die Fenster aufreißt, wird in aller Regel verhungern, weil er die über die Pauschale hinausgehenden Kosten selbst tragen muss.

Aber das wäre ja vielleicht auch gar nicht so schlecht mit dem Verhungern bzw. Erfrieren. Dann könnte sich der Hartz-IV-Empfänger wenigstens nicht fortpflanzen. Denn "die große Frage" sei schließlich, so Sarrazin weiter, wie man es schaffen könne, dass "nur diejenigen Kinder bekommen, die damit fertig werden". Da man dies, was den psychologischen Aspekt angeht - was Sarrazin als "persönliche Eigenschaften" bezeichnet - vorher ja zumeist nicht wissen kann, wird der Mann auch gleich konkreter: Manche Frauen bekämen Kinder, obwohl sie nicht "das Umfeld" besäßen, "um die Erziehung zu bewältigen". Vermutlich meint er mit "Umfeld" auch hier Armut.

Und dann heizen diese Armen auch noch wie blöde ihre Wohnung, um es kuschelig warm zu haben und sich in Schmusestimmung zu bringen - so geht's ja nun nicht! Die Leute sollen gefälligst frieren, das kühlt die Libido. Obwohl - wenn's zu kalt wird, kuscheln sie sich ja auch wieder zusammen. Und dann kommt eins zum anderen, kennt man ja. Die Sarrazin-Lösung: Kindergeld und/oder Hartz-Regelsatz für Kinder kappen! Anders kann er es ja kaum meinen, wenn er fordert, das Sozialsystem so zu ändern, "dass man nicht durch Kinder seinen Lebensstandard verbessern kann, was heute der Fall ist".

Dumm nur, dass andererseits ja Kinder hermüssen, die später mal in die Rentenkasse einzahlen. Sonst reicht das Geld nicht. Das weiß natürlich auch Sarrazin - hat aber auch dafür einen Lösungsvorschlag parat. Renten sollen seiner Meinung nach mittelfristig auf das Niveau einer Grundsicherung fallen. Wer mehr braucht, soll es sich in seiner berufstätigen Zeit eben zurücklegen. Dumm nur, dass derselbe Berufstätige sein Geld ja gleichzeitig auch ausgeben soll, um den Konjunkturmotor am Laufen zu halten. Dumm auch, dass zurücklegen alleine nicht reicht, sondern dass das Geld angelegt werden muss, damit es nicht von der Inflation aufgefressen wird; und was mit angelegtem Geld so alles passieren kann, sieht man ja jetzt (Sarrazin-Tipp: Bundesschätzchen!). Und dumm vor allem, dass die allgemeine Lohnentwicklung schon jetzt in vielen Fällen weder das eine (konsumieren) noch das andere (sparen) zulässt.

Was soll man da tun? Sarrazin, der Mann der Stunde, hat auch dafür eine Lösung: Schwarzarbeit. Das bringt Geld und Stimmung: "Wer irgendwo ein Zimmer tapeziert, kommt abends mit besserer Laune nach Hause; er hat besser durchgeatmet und ist zu seiner Frau netter." - Aber hoffentlich nicht so nett, dass er mit ihr gleich ein Kind zeugen will. Siehe oben.

Dienstag, 12. Mai 2009

Neue Umfrage: Ein Volk, ein Reifen, ein T-Shirt!

Melde gehorsamst, mein Meinungsführer! Nach der erfolgreichen Gemeinschaftsfront mit A.T.U. - Deckname "Operation Volksreifen" - ist es uns nun gelungen, auch den Textil-Gauleiter Kik heim ins Reich zu holen und zur Produktionsschlacht eines Volks-T-Schirts zu bewegen! Ein weiterer Schritt zur endsieg... ich meine: endlös... quatsch, endgültigen Schaffung einer wahren Volksgemeinschaft! Im Kik-Shirt sind alle gleich. Zumindest gleichgeschaltet.

Es ist uns sogar gelungen, die Shirts "mit hohem Baumwollanteil" herzustellen! Die restlichen 68% des Kleidungsstücks bestehen zwar aus Blut, Schweiß und Tränen von minderjährigen Fremdarbeitern, die wir dieses Mal praktischerweise gleich in ihrem Land belassen haben, sowie aus schädlichen Färbemitteln und Nervengift - doch das juckt erfahrungsgemäss keinen. Oder vielleicht doch, so am Oberkörper und unter den Achseln - aber nur bei Leuten, die nicht hart wie Kruppstahl sind, hehe. Zumindest erlaubt uns diese Fertigungsweise, das Schört zu einem Endpreis von unter zwei Reichsmark anzubieten!

Die Kampagne Offensive ist wie immer im klassisch-zeitlosen Schwarz-Weiß-Rot gehalten. Für die begleitende redaktionelle Berichterstattung im Völkischen Beob... ich meine, in der Tagespresse ist gesorgt. Nur an einem hapert es noch: T-Shirt klingt ungermanisch. Wir sollten es "Volks-Leibchen" nennen.

T-Shirt und Reifen sind aber nur der Anfang - heute gehört uns die Oberbekleidung und morgen die ganze Garnitur! Weitere Volksprodukte sind in der Entwicklung und können bei Bedarf blitzkriegschnell hergestellt werden. Zur Einschätzung der Marktchancen habe ich mir erlaubt, eine Volksbefragung durchzuführen (rechts oben). Ich erwarte eine Zustimmungsrate von 99 Prozent. Der Rest wird wie üblich erschossen.

Ergebenst, Ihr Netzwerktagebuchschreiber



P.S.:

Ach so, da wären noch die Ergebnisse der letzten Umfragen. Zum Thema Staatshilfe (März) wollte jeder dritte Leser, dass der Vatikan Geld aus dem Steuertopf bekommt, damit er sich ein paar wissenschaftliche Bücher kaufen kann. Ein paar wollten das Geld der Pornoindustrie zukommen lassen (Ich vermute, diese Leute sind durch diesen Post auf meiner Seite gelandet). 60 Prozent hingegen waren der Meinung, ICH sollte Geld vom Staat bekommen. Danke dafür, der Antrag läuft.


Im April fragte ich nach Ausweichquartieren für das Bundeskabinett, da die sauteuren, gerade zehn Jahre alten Regierungsgebäude in Berlin schon am vergammeln sind. Gefunden wurde keines, und der Internetaffinität der Regierungsmitglieder wurde auch nicht so viel Vertrauen entgegengebracht - aber jeder zweite Leser hat es immerhin schon gleich gewusst, dass da was nicht stimmt. Die andere Hälfte sprach sich für die Revolution aus. Ich komme darauf zurück!

Montag, 11. Mai 2009

Papa ante portas musei

Es wird allmählich langweilig, über den Papst zu schreiben. Aber wenn Spon seinen Top-Artikel mit der Zeile "Papst ruft zum Kampf gegen Antisemitismus auf" betitelt, dann - ja, was dann? Wie soll man auf so etwas reagieren? Hysterisch wiehern? Vor Schmerz auf dem Boden wälzen? Oder einfach den Kopf schräg legen und anfangen zu sabbern? Ich entscheide mich für letzteres und hoffe, dass nichts auf die Tastatur tropft.

Dass der oberste Hirte der ach so fried- und nächstenliebenden Christenheit mit militärischen Ehren empfangen wird, verbuche ich mal als feinsinnigen Witz; zumal Schimon Peres die Papstvisite bei dieser Gelegenheit als "Reise im Dienst des Friedens" bezeichnete und hinzufügte, dass schließlich auch Israel um Frieden bemüht sei. Nun ja, "bemüht" ist recht treffend. Das könnte man der israelischen Regierung in ihr Arbeitszeugnis schreiben: "War stets bemüht, Frieden zu schaffen." Heißt im normalen Berufsleben: Totale Niete, endlich sind wir den los.

Aber ich schweife ab. Schön, dass Bennysixteen noch auf dem Flughafen an die Opfer des Holocaust erinnert hat. Der Mann ist lernfähig: Noch vor wenigen Wochen kungelte er mit einem Priester herum, der behauptete, dass es diese Opfer gar nicht gegeben habe. Und auch schön, dass er "für den Frieden im Heiligen Land beten" wolle. Noch vor gut einem Jahr hat er lieber dafür gebetet, dass die Juden "erleuchtet" werden mögen und in die Kirche eintreten. Und schön schließlich, dass er einen Abstecher nach Yad Vashem machte. Leider, ach, reicht die Zeit bei solchen Rundreisen ja nie aus; und so hat auch Benedikt bei seinem so kurz wie möglich gehaltenen Pflichtbesuch das Museum gemieden, in dem sein Vorgänger Pius XII. für seine Untätigkeit gegenüber dem Holocaust kritisiert wird. Er blieb für die paar Minuten lieber draussen vor der Tür - Papa ante portas, gewissermaßen. Es ist ja der Wille, der zählt. Und die Fotos.

Mag sein, dass Benedikt PR-technisch seine Lektion aus der Williamson-Affäre gelernt hat und daher so vehement einen auf Anti-Antisemiten macht. Die Rolle als Vorkämpfer gegen antisemitische Tendenzen nehme ich ihm allerdings genauso wenig ab, wie ich Horst Köhler seine Kapitalismusschelte abkaufe. Er sei Gott dankbar für die Gelegenheit, "hier in Schweigen zu stehen", zitiert Spon den Heiligen Vater in Yad Vashem: "Es ist ein Schweigen des Gedenkens, ein Schweigen des Gebets, ein Schweigen der Hoffnung." Ja - und ein Schweigen der Feigheit und ein Schweigen der Rückgratlosigkeit. Denn gerade er hätte die unrühmliche Rolle der katholischen Kirche während der NS-Zeit mal kritisch reflektieren können. Hätte ihm viel Beifall eingebracht. Aber eher wird wohl ein Kamel durch ein Nadelöhr gehen.

"Traurigerweise erhebt der Antisemitismus in weiten Teilen der Welt weiterhin sein hässliches Haupt", sagte Benedikt. Stimmt - obwohl ich der Meinung bin, dass er sich trotzdem selbst nicht so fertig machen muss. Für sein Aussehen kann er ja nun nix, der Ratze.

Freitag, 8. Mai 2009

Cat-Content: Abschied


Leider mussten wir Abschied nehmen von unserem geliebten kleinen Kater. Nach schwerer Krankheit ist er am Mittwoch verstorben. Er wurde 14 Jahre alt. Wir werden ihn nie vergessen und vermissen ihn wahnsinnig. Alles Liebe, kleines Kerlchen.

Montag, 4. Mai 2009

Fickende Fische, würgende Widder

Man ist in diesen Tagen ja schon froh, wenn eine Zeitung mal nicht mit der Schweinegrippe - tschuldigung: Mexiko-Grippe - aufmacht. Aber was die "Bild am Sonntag" geritten hat, zwei Drittel der Seite eins für eine astrologische "Studie" freizuräumen, die ein österreichischer Professor erstellt haben will und gemeinsam mit einer Wahrsagerin nun veröffentlicht hat, weiß ich beim besten Willen nicht. Zwar hatte BamS die Geschichte wohl exlusiv - aber das will nichts heißen, da eine normale Zeitung gar nicht erst auf die Idee kommen würde, so einem Schmarrn so viel Platz an so prominenter Stelle einzuräumen. Denn die zentrale Aussage des Buches lautet: Die Krankheitsanfälligkeit eines Menschen hängt nicht unwesentlich von seinem Sternzeichen ab. Klingt plausibel. Und statt zum Arzt zu gehen, wenn man ein Ziehen im linken Arm spürt, sollte man erstmal in sein Horoskop gucken und die Diagnose wohl auch gleich aus dem Kaffeesatz lesen.

Es ist ja schon Zufall genug, dass mir an diesem Sonntag überhaupt ein solches Machwerk aus dem Hause Springer unter die Finger kam - da möge man mir verzeihen, dass ich nicht auch noch allzu viel Zeit auf diese Titelstory verschwendet und sie nur grob überflogen habe. Schließlich gibt es sinnvolleres zu tun als "Bild" zu lesen. Zum Beispiel, sich nach dem Anfassen einer BamS stundenlang die Hände zu waschen. Dennoch ist es mir kraft meiner überragenden kognitiven Fähigkeiten gelungen, das wichtigste Beispiel für eine Sternzeichen-Gesundheits-Korrelation aus dem Text zu rezipieren, wobei die "Bild"-typische Schriftgröße sicherlich hilfreich war: Jeder zweite Fische-Mann hat zweimal wöchentlich Sex.

Yo! Fische bringen's voll im Bett. Ich vermute mal, weniger Sex haben vor allem die im Sternzeichen "Jungfrau" Geborenen. Wer das Sternzeichen "Waage" hat, kämpft wahrscheinlich eher mit Übergewicht. Und zu welchen Krankheitsbildern neigen wohl Menschen, die im Zeichen "Krebs" zur Welt kamen? Genau. Ach ja, und männliche Widder neigen demzufolge zu Lungenproblemen. Jetzt wird mir manches klar: Ich habe das früher immer auf die zwei Schachteln Zigaretten pro Tag geschoben, dass ich mitunter Teile meiner inneren Organe ausgehustet habe. Dabei hatte ich es gar nicht in der Hand - es stand in den Sternen! Hätte ich ja gar nicht aufhören müssen mit qualmen.

Aber "Bild" wäre nicht "Bild", hätte das Blatt für den kleinen Intellekt Mann nicht auch praktische Tipps, Hinweise und Alibis parat. Ich zitiere mal zusammenhangslos aus der auflagenstärksten deutschen Zeitung: "Bis 60 stellt Hochprozentiges keine Gefahr dar, erst im Alter." - "Erkrankungen der Atemwege richten keinen Schaden an. " - "Unter ihnen [Skorpione] sind viele Hypochonder." - "Blablabla." - "Titten!"

Ob der gute Doktor wirklich glaubt, was er da schreibt, sei mal dahin gestellt. Jedenfalls darf er sich über eine gigantische PR für sein Buch freuen, die ihn keinen Cent gekostet hat. Aus Österreich kommt eben öfters mal nix gutes. Wie der BamS-Chefredakteur. Aber das ist sicher nur Zufall.