Sonntag, 24. August 2008

Ich bin dann mal weg...


...zumindest für eine Woche. Bis denn.

Halleluja, sog i !

Die bayerischen Grünen haben das Prinzip in Frage gestellt, dass Bischöfe und andere kirchliche Funktionäre vom Staat bezahlt werden. Mutig, mutig: In dem Land ist man schon für weniger auf dem Scheiterhaufen gelandet. Da kann der grüne Fraktionsvorsitzende Sepp Dürr einen noch so schön urbayerischen Vornamen haben - die CSU fängt bereits an, Holzscheite zu sammeln.

Das Konkordat zwischen der Katholischen Kirche und dem Freistaat Bayern, das die Bezahlung der Oberhirten regelt, wurde im Jahr 1924 abgeschlossen. Dieses Papier sei "anachronistisch", wie es Dürr formuliert. Finde ich auch; außerdem bin ich der Meinung, das es sowieso schon ein Unding ist, dass der Staat auch noch zusätzlich per Kirchensteuer Geld für die klerikale Bande eintreibt. Das alles ficht die Bayern natürlich ebenso wenig an wie der Umstand, dass die Landesverfassung eine Staatskirche ausschließt: Rund 60 Millionen Euro lassen sie sich die Entlohnung der Pfaffen Jahr für Jahr kosten. Allein der Münchner Erzbischof Reinhard Marx kassiert 10.000 Euro monatlich. Da hilft es nicht einmal, wenn man aus der Kirche austritt, um sich die Kirchensteuer zu sparen: Man bezahlt trotzdem für die Volksverdummungsmaschinerie mit. Und das auch in den meisten anderen Bundesländern.

Die CSU-Vorderen schäumen und greifen ganz tief in die schwarzbraune Floskel-Kiste. Über "multikulturelle Beliebigkeit" bei den Grünen schimpft Ministerpräsident Günther Beckstein. Dabei müsste er den Vorstoß Dürrs doch unterstützen: Zum einen würde eine Aufhebung der bestehenden Regelung die Staatskasse entlasten, zum anderen zahlt er als Protestant ja auch drauf: er muss schließlich mit seinen Steuergeldern die nicht weniger als sieben katholischen Bischöfe im Land mitfinanzieren, während es nur einen evangelischen Bischof gibt, dem Beckstein den Ring küssen könnte.

Noch grundsätzlicher sieht es die CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer. Der Vorschlag Dürrs ziele "auf eine Entchristianisierung Bayerns". Die Chefinquisitorin der Partei schwadroniert unisono mit ihrem Häuptling Beckstein von "Multi-Kulti-Gleichmacherei" und keift, dass es so etwas "ja schon in der DDR" gegeben habe. Sepp Dürr solle dafür "eigentlich beichten gehen", sagt sie.

Nun, sie sollte dafür eigentlich mal ihren Kopf unter kaltes Wasser halten und sich bei der Gelegenheit auch mal die Zähne rasieren. Aber davon - und von dem allzu plumpen DDR-Vergleich - mal ganz abgesehen, dünkt mich eine Entchristianisierung Bayerns doch gar nicht so übel zu sein. Es reicht doch, wenn dort seit 46 Jahren ein Einparteienregime herrscht - muss es auch noch ein Gottesstaat sein?

Freitag, 22. August 2008

Neue Umfrage: Vernebeln zu viele Zichten das Hirn?

Dass Rock-Musiker im Laufe ihrer Karriere einiges an intellektueller Leistungsfähigkeit einbüßen, ist so ungewöhnlich nicht. Diverse verbotene Substanzen, zu wenig Schlaf und zu laute Musik fordern eben ihren Tribut. Manche, wie Ozzy Osbourne, werden einfach nur zu sabbernden Lappen, die man im TV-Zoo beobachten kann; andere - wie der Däne Kim Larsen - knallen offenbar vollends durch.

Der 62-Jährige tat der Welt kund, dass er im deutschen Nichtraucherschutzgesetz Parallelen zum Nazireich sähe, bezeichnete die verantwortlichen Politiker als "Gesundheitsfaschisten" und ließ auf eigene Kosten Plakate drucken und aushängen, auf denen der Slogan "Gesundheit macht frei!!!" prangt.

Man kann ja zu der gesetzlichen Regelung stehen, wie man will, aber noch geschmackloser und opferverhöhnender geht es wohl kaum. Noch idiotischer wohl auch nicht, wenn man bedenkt, dass Larsen schließlich in Dänemark - und nicht in Deutschland - lebt. Da mir persönlich die Worte fehlen, bitte ich um Abstimmung (rechts oben): Was ist die adäquate Bezeichnung für den Mann?

Ach ja, und dann war da noch die letzte Umfrage zum Thema "Wer soll noch aus der SPD ausgeschlossen werden?" Die meisten Stimmen gab es für Hubertus Heil (passt vom Namen her besser in die CSU), Gerhard Fritzewitsch Schröderowskij und Johannes Kahrs, weil er ein was-auch-immer ist (ich würde ihn als einen *piiieeep* bezeichnen). Passieren wird indes wohl eher nichts: Die Partei hat wohl niemanden, der Heils Job übernehmen will und beim Rausschmiss Schröders würden die Russen kommen oder zumindest das Gas abdrehen. Na ja, und was soll man zu Kahrs halt schon groß sagen. Ich wollte ja nur helfen.

Donnerstag, 21. August 2008

Statt "Schwerter zu Pflugscharen": Kanonenboote zu Raketenschilden

Der Krieg in Georgien scheint für's erste beigelegt zu sein - der Konflikt indes noch lange nicht. Russland hat seinen Machtanspruch im kaukasischen Hinterhof deutlich untermauert. Aber statt den kleinen Nachbarn gefügig zu machen und dem Expansionsdrang der Nato einen Schuss vor den Bug zu setzen, könnte sich der Kreml, geostrategisch betrachtet, ein Eigentor geleistet haben.

Denn die Nato lässt den Krisenherd Georgien mitnichten fallen wie eine heiße Kartoffel. Dazu ist er viel zu wichtig, schließlich führen die Öl- und Gaspipelines von den Fördergebieten am schwarzen Meer durch das Land. Nein, der russische Einmarsch bestärkt das westliche Bündnis vielmehr in dem Bestreben, ihre Grenzen weiter an Russland heranzuschieben. Georgien könnte schneller Nato-Mitglied werden als gedacht. Und die polnische Regierung, die noch Anfang August die Verhandlungen um den Aufbau des US-Raketenabwehrsystems mehr oder weniger als gescheitert betrachte, konnte nun gar nicht schnell genug ihre Unterschrift unter das entsprechende Abkommen über die strategische Partnerschaft setzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Ukraine mit der jüngsten Entwicklung umgeht: Wie Tiflis hat auch Kiew die Zusage zur mittelfristigen Aufnahme in die Nato, und auch hier ist Moskau alles andere als begeistert.

Natürlich muss sich der Kreml nicht wundern, dass die Nachbarn nervös werden, wenn er außenpolitische Probleme stets mit Panzern und Bomben lösen will. Dennoch steht zu befürchten, dass Putin und Medwedew die jüngsten Entwicklungen eher als Fortsetzung einer militärischen Einkreisungspolitik durch die Nato sehen. Da kann US-Außenministerin Condoleeza "Chevron" Rice noch so oft betonen, dass sich der Abwehrschild "gegen Langstreckenraketen aus Ländern wie dem Iran oder Nordkorea" richte - ich möchte mal bezweifeln, dass nordkoreanische Raketen auf ihrem Weg in die USA auch nur in die Nähe Polens kommen.

Vielfach wurde in den letzten zwei Wochen über eine mögliche Rückkehr des Kalten Krieges diskutiert. Diese Überlegung teile ich nur insoweit, als ich mir gut vorstellen kann, dass im Pentagon genug betagte Falken sitzen, die noch in alten Denkschemata feststecken und es als ihre Mission ansehen, das ehemalige Sowjetreich Stück für Stück dem Westen zuzuordnen. Viel stärker erinnert mich dieses Ränkespiel aber an die letzte Hochphase des Imperialismus: Mitsamt Säbelrasseln, Rüstungsprogrammen, Kanonenbootpolitik und dem Servieren kleiner Nationen auf Silbertabletts. In diesem globalen Schachspiel sind Osseten und Abchasen die Bauern - man opfert sie manchmal, um einen strategischen Vorteil zu erlangen.

Dienstag, 19. August 2008

Nicht für die Schule, sondern für die Aufenthaltsgenehmigung lernen wir

Ich war immer der Meinung, dass ausländische Jugendliche, die ihren Schulabschluss nicht schaffen, ohnehin schon die Arschkarte gezogen haben, weil sie in aller Regel keinen Job bekommen. Nun könnten sie allerdings, zumindest in Berlin, noch weitaus mehr verlieren als die Hoffnung auf eine vernünftige Stelle, denn die Ausländerbehörde der Reichs-, tschuldigung: Bundeshauptstadt setzt dem Elend noch eins drauf.

Die neuen „Anwendungshinweise“ zum Aufenthaltsgesetz legen fest, dass Jugendliche ab 16 Jahren ohne deutschen Pass nur dann eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis bekommen, wenn sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und Aussicht auf einen Ausbildungsplatz haben. Was ohne Schulabschluss ziemlich schwierig ist. Eine innovative Strategie im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit: Der Schwächste fliegt. Und zwar one-way.

So kann's gehen: Zukünftig muss man als Ausländer nicht einmal mehr kriminell werden, um aus dem Land geschmissen zu werden. Einen unfähigen Deutschlehrer gehabt zu haben reicht schon.

Recht so: Zeitungsartikel sind wichtiger als öffentliche Gelder!

Alles paletti, kein Grund zur Sorge, alles im grünen Bereich: Der 26.500-Euro-Hubschrauberflug von Stuttgart nach Zürich der Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) ist kein Skandal und nicht einmal einen Aufreger wert. Sagt zumindest Parteikollege Ronald-gibt-zu-allem-seinen-Senf-Pofalla. Der 146-km-Flug sei im Rahmen des Rechtlichen gewesen. Nun gut, ich würde gerne mal das Gekeife Pofallas hören, falls ein SPD-Politiker - oder noch schlimmer: ein Linker - einen solchen Flug unternähme. Oder nein, eigentlich möchte ich es doch nicht hören.

Was rechtens ist, muss noch lange nicht richtig sein. Die Erklärung der Ministeriumssprecherin wirkt wie blanker Hohn: Es habe keine Alternative gegeben, beide Termine seien "wichtig" gewesen und hätten pünktlich wahrgenommen werden müssen. Wichtig? Müssen? Der zweite Termin war ein Zeitungsinterview. Auch wenn es sich dabei um die hochseriöse NZZ handelte, kann diese doch wohl keinen Anspruch auf Pünktlichkeit auf Kosten der deutschen Staatskasse erheben. Vielleicht sollte Schavan ihre Sekretärin hinauswerfen, die ihre Termine so dämlich legt.

Die Blödzeitung schrieb, dass Schavan für die Strecke auch einen Linienflug für 26.171 Euro weniger hätte buchen können, nämlich für schlappe 329,-. Es hätte sicher auch eine noch günstigere Zugverbindung gegeben. Aber ums Geld geht es wohl ohnehin nicht, sondern - dieser Eindruck drängt sich mir auf - eher ums Prestige. Eine Bundesministerin in einem Flugzeug mit dem gemeinen Pöbel? Oder *keuch* in einem Zug, wo Angehörige niederer Schichten Dosenbier trinken? Undenkbar.

Da muss natürlich der Heli her, dann macht es eben 180 Euro pro Kilometer. Bleibt die Frage, warum ein Hubschrauberflug der Bundeswehr eigentlich so aberwitzig viel Geld kostet. Ich dachte immer, die Dinger werden mit Kerosin angetrieben und nicht mit 50-Euro-Scheinen. Ich beginne zu verstehen, warum das Verteidigungsministerium immer wieder betont, die Bundeswehr sei an der Grenze ihrer Einsatzmöglichkeiten angelangt und könne nicht noch mehr leisten. Richtig muss es wohl heißen: Sie kann sich nicht noch mehr leisten bei diesen Tarifen.

Hat aber auch sein Gutes: Kriege gegen europäische Nachbarn sind da nicht mehr drin, auch keine Blitzkriege - nach wenigen Tagen dürfte der Staat restlos pleite sein. Auch was wert.

Montag, 18. August 2008

Mit Satanisten ist gut poppen

In Italien finden satanistische Sekten immer mehr Zulauf, vermeldet die Katholische Nachrichtenagentur KNA unter Berufung auf Radio Vatikan. Hmm - Dies könnte immerhin eine Erklärung für das Wahlverhalten der Italiener sein. Ich hatte mir den Teufel allerdings immer etwas größer vorgestellt.

Es gehe hier um ein ernstes Problem, das nicht verharmlost werden dürfe, warnt einer der zahllosen Schwarzkutten des Vatikan, schließlich würden sich in Satanssekten immer alle voll Haschisch spritzen, das ja bekanntlich ein Teufelszeug ist. Aber die eigentliche Gefahr ist die: Jugendliche ließen sich dem Bericht zufolge von sexuellen Praktiken anziehen, die eine Rolle bei den Riten spielten.

Liebe Geistliche der Katholischen Kirche. In der heutigen globalisierten Welt muss jeder, der etwas zu verkaufen hat, sehen, dass er am Markt bestehen kann - also auch ihr, die ihr euren Glauben an den Mann bzw. die erbsündige Frau bringen wollt. Da gilt es, innovative Marktstrategien von Mitbewerben aufzugreifen, statt zu lamentieren! Die Satanisten haben Erfolg, weil es sich bei ihren Riten gut ficken lässt? Dann peppt doch eure Liturgie entsprechend auf! Die Beichte würde sich anbieten, da ist man ja schon visuell einigermassen abgeschirmt. Statt Oblaten gibt's Viagra, statt Meßwein Sekt. An den Predigten müsste ein bisschen gefeilt werden, aber auf dem Begriff der Nächstenliebe lässt sich doch aufbauen. Sex sells!

Aber damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich meinte damit jetzt NICHT eure Definition von Sex. Also runter vom Messdiener, zackzack!

Sonntag, 17. August 2008

Es gibt immer einen Grund...

An und für sich halte ich mich wacker an meinen Olympia-Boykott - was mir nicht schwer fällt, interessiert es mich doch in aller Regel nicht die Bohne, wie lang jemand braucht, um eine Runde um ein Stück Rasen zu laufen. Aber heute bin ich über einen Satz gestolpert, bei dem ich mir das Grinsen nicht verkneifen konnte: Die Leichtathletin Aishath Reesha von den Malediven hat beim 800-m-Lauf ja nicht allzu viel gerissen. Die 19-Jährige war dennoch glücklich, merkte aber an: "Die Bahn war so hart."

Nun, liebe Frau Reesha: Diese Ausrede ist fast so alt wie die Olympischen Spiele selbst. Beweis gefällig?

Freitag, 15. August 2008

Neoliberale Rechenkünste: (Schulungskosten + Verwaltungsaufwand) x 66 = Miese Propaganda

So, seit zwei Jahren gibt es nun das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch als Antidiskriminierungsgesetz bekannt und gescholten. Und zwar von Wirtschaftsverbänden, die darin einen Angriff auf das Recht des Arbeitgebers sahen, Frauen deutlich weniger Lohn zu zahlen als ihren männlichen Kollegen oder Menschen mit ausländisch klingenden Namen eine Absage zu erteilen, um kurz darauf einen geringer qualifizierten Karl-Heinz einzustellen. Speerspitze dieser übelriechenden Kampagne war - neben führenden FDP-Politikern - wieder einmal die Springerpresse.

Eine gigantische Prozesslawine sei im Anrollen, jammerten die Schlipsträger landauf, landab (mit Ausnahme der Juristen). Arbeitgeber würden erpressbar; eine Unzahl von niederen Subjekten würde sich gezielt auf Stellen bewerben, die sie sowieso nicht bekommen könnten, nur um die Firma anschließend bis nach Meppen zu verklagen und außerdem entstünde ein riesiger volkswirtschaftlicher Schaden rhabarber fasel. Eine Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), eines neoliberalen Think Tanks, dem vornehmlich Wirtschaftskapitäne und Politiker von Union und FDP angehören und der vor einiger Zeit dadurch Bekanntheit erlangte, dass er Dialoge in der Soap "Marienhof" gekauft hatte ("Soviel Steuern? Das ist ja Wucher!" - "Da müssen Sie sich an den Finanzminister wenden!") und heute behauptete, bei Einführung eines Mindestlohns würde niemand mehr zum Friseur gehen -- dieser Haufen Manchesterkapitalisten jedenfalls rechnete die Folgekosten des Gesetzes vor einem Jahr auf 1,73 Milliarden Euro hoch. Die Welt würde nie wieder so sein, wie sie mal war.

Vorher allerdings, ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes, hatte sich gezeigt, dass die große Klagewelle ausgeblieben war. Und nun stellt sich heraus, dass das INSM sich ohnehin offenbar ein wenig verrechnet hat: Die wissenschaftliche Kommission der Antidiskriminierungsstelle des Bundes kam zu dem Ergebnis, dass sich die Kosten des AGG lediglich auf 26 Millionen Euro belaufen, selbst wenn man die Methodik der INSM-Studie anwende. Diese Zahl wird auch in deren Studie genannt - als allerunterste Untergrenze. Dazu kämen laut INSM aber noch nebulöse "indirekte Kosten", die sich schließlich nur schätzen ließen, weil sie ja indirekt sind (so der Autor der Studie), und da man sich beim Schätzen wohl fürs Klotzen statt Kleckern entschieden hatte, kam man dort mal eben auf das Sechsundsechzigfache.

Und was ist mit der Methodik? 27 Experten seien hinzugezogen und über 500 Unternehmen befragt worden, prahlt der Autor der Studie. Nun, diese Experten sind zumindest in der Zusammenfassung der Studie nicht namentlich aufgeführt - und Unternehmen sind aus naheliegenden Gründen nicht gerade die größten Fans des AGG. So erstellt man keine Studie, sondern ein Gefälligkeitsgutachten.

Die Antidiskriminierungsstelle hat nach eigenen Angaben seit Einführung des AGG 2671 Anfragen von Bürgern bearbeitet. Das ist, gemessen an der Bevölkerungszahl Deutschlands von über 80 Millionen und dem Zeitraum von zwei Jahren nicht gerade viel. Eigentlich ist das eine mikroskopisch geringe Menge. Die INSM sollte sich glücklich schätzen. Das einzige, was man dem AGG vorwerfen könnte, ist, sich im Alltag nicht besonders durchgesetzt zu haben und noch viel zu selten eingesetzt zu werden - zumindest am miesen Verdienst für Frauen hat sich seitdem nichts Grundlegendes geändert.

Vielleicht hätte man jemand fragen sollen, der mehr davon versteht. Zum Beispiel diese Dame.

Donnerstag, 14. August 2008

Vorwärts, vorwärts - schmettert der nicht besonders helle Lehrer

Vor einem halben Jahr machte ein Delmenhorster Musiklehrer Schlagzeilen, als er seine Klasse dazu bewegte, mit ihm das HJ-Lied "Vorwärts! Vorwärts! schmettern die hellen Fanfaren" zu singen und dabei den Hitlergruß zu zeigen. Nun sieht alles danach aus, dass er nicht nur straffrei ausgeht, sondern eventuell auch an die Schule zurückkehren darf, die ihn nach dem Vorfall loswerden wollte.

Was war geschehen? Der Lehrer stimmte das Lied, das u.a. die Textzeilen "Führer, wir gehören dir, wir Kameraden, dir!" und "Wir marschieren für Hitler durch Nacht und durch Not" enthält, vor der Klasse an, riss den Arm hoch und forderte seine Schüler auf, es ihm nachzutun. Später rechtfertigte er sich, er habe das Lied "zu Demonstrationszwecken" singen lassen. Unklar blieb, was genau er damit demonstrieren wollte, außer seinem Hang zur NS-Romantik. Ein Versuch, das Experiment der "Welle" zu wiederholen, war das sicher nicht. Das sah auch die Schule so und entließ ihn aus seinem Beamtenverhältnis auf Probe. Mehrere Eltern erstatteten Anzeige wegen Volksverhetzung.

Und jetzt wird's noch ein bisschen ekliger.

Der Vorwurf der Volksverhetzung war bereits nach wenigen Tagen vom Tisch. Grund: Obwohl das Lied verboten ist, sei der Straftatbestand erst dann erfüllt, wenn eine "nicht übersehbare Zahl von Personen betroffen" sei, was bei einer Schulklasse nicht der Fall sei, so der Sprecher der Oldenburger Staatsanwaltschaft. Tatsächlich greift § 86a StGB ("Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen") erst bei Verwendung in der Öffentlichkeit bzw. bei Versammlungen, wozu geschlossene Gruppen wie Schulklassen nicht zählen. Das heißt soviel wie: Reichsparteitag = Volksverhetzung; Singen von HJ-Liedern oder wohl auch Vorlesen von Passagen aus "Mein Kampf" im Kindergarten = keine Volksverhetzung.

Und nun darf der Lehrer, der sich nach dem Vorfall erst mal krankgemeldet hatte, offenbar auch wieder in den Staatsdienst zurückkehren. Das Verwaltungsgericht Oldenburg erteilte dem selbsternannten Jungscharführer Rechtsschutz gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Der Grund: Die Landesschulbehörde hatte die Entlassung nicht verfügt, weil er die zarten Kinderseelen mit Nazidreck kontaminierte, sondern aus "gesundheitlichen Gründen", wie es so schön heißt: wegen der Krankmeldung und einer daraus abgeleiteten etwaigen Dienstunfähigkeit.

Das war wahrscheinlich ursprünglich mal clever ausbaldowert: Da nach kurzer Zeit klar war, dass der Mann mit dem Singen des Hetzliedes kein Gesetz gebrochen hatte (bitte noch mal lesen!), sah man vermutlich den gesundheitlichen Zustand als einzigen Ansatzpunkt, um ihn loswerden zu können. Dieser Schuss ist nun nach hinten losgegangen - ärztliche Gutachten bescheinigen, dass eine Dienstunfähigkeit noch keineswegs angezeigt sei. Obgleich der Fall noch nicht abgeschlossen ist, kann man sich wohl langsam an den Gedanken gewöhnen, dass der HJ-Fan wieder auf die Schüler losgelassen werden - und dafür auch noch vom Staat dafür bezahlt werden - könnte.

Tja, die geistige Gesundheit des Mannes scheint von niemandem untersucht worden zu sein. Und die von bestimmten Juristen auch nicht - denn nach dieser Rechtsauffassung könnte man in jeder geschlossenen Gruppe jeden Nazimist straffrei durchziehen. Wie wäre es mit einem gemeinsamen Singen von "Die Fahne hoch" vor Schichtbeginn? Oder einer schicken Reichskriegsflagge in der Krabbelgruppe? Falls sich jemand aufregen sollte - keine Panik: Man wollte damit eben irgendetwas demonstrieren.

Mittwoch, 13. August 2008

Schlechtes Timing, Gott!

Lieber und allmächtiger Gott:

Schön, dass du die Deckenverkleidung im Europaparlamentsgebäude in Straßburg genau über den Sitzen der rechtsnationalen Fraktionen hast runterkrachen lassen.

Nicht so gut allerdings, dass du damit nicht bis zum 1. September gewartet hast. Dann wären diese Sitze nämlich besetzt gewesen.

Das üben wir noch, einverstanden, Gott? Ich würde den sächsischen Landtag vorschlagen. Danke.

Wie ich einmal Katzenblogger war

Täterätäää - der hundertste Post! Grund zum Jubeln und Gelegenheit, zur Feier des Tages mal etwas Besonderes zu bieten. Nur leider, ach, gräme ich mich immer noch wegen der Spiegel-Schelte für deutsche Blogger. Schließlich gehöre auch ich zu jenen, die noch keine journalistische Großtat vollbracht haben. Und nun müssen wir vom führenden deutschen Nachrichtenmagazin auch noch erfahren, dass das Internet doof macht. Da traut man sich ja gar nicht mehr, irgendwas zu schreiben.

Andererseits ist auf dieser Seite auch noch nie eine Katze aufgetaucht. Eigentlich existiert mein Blog also gar nicht, zumindest nicht in der Spiegel-Kategorisierung (Katzenblogger oder Investigativjournalist). Daran soll sich zumindest für heute etwas ändern. Statt Kommentaren zum Weltgeschehen - hier also ein erfrischend sinnleeres Privaterlebnis:

In der Innenstadt, während der Mittagspause, sah ich einen unglaublich dicken Streifenpolizisten. An sich ist mir die Körperfülle anderer Menschen relativ gleichgültig, aber in diesem Fall drängte sich mir schon die Frage auf, ob Polizisten gar keine Fitnesstests absolvieren müssen - diesem betreffenden Beamten jedenfalls hätte jeder fußlahme Kriminelle problemlos davonlaufen können. Oder darf der Polizist, wenn er nicht hinterherkommt, eher seine Pistole zücken und dem Räuber in die Beine schießen? Dann kann ich nur hoffen, dass dieser Beamte nie einen Taschendieb auf dem Stadtfest ertappt: Er würde mitten in der Menschenmenge das ganze Magazin leerballern müssen, um ihn aufzuhalten.

A propos laufen. Auf dem Nachhauseweg begegnete ich einer Handvoll Joggern, die mich nicht nur von ihren Bewegungsabläufen und ihrer Geschwindigkeit, sondern auch von ihren vor Anstrengung verunstalteten Grimmassen arg an den gar lust'gen Zombiefilm "Shaun of the Dead", den ich wenige Tage zuvor sah, erinnerten. Nun gehöre ich nicht zu den Leuten, die sich nach einem solchen Streifen tagelang zitternd unter der Bettdecke verkriechen und bei jedem Geräusch von draußen einen Herzstillstand erleiden - aber diese Leute waren mir unheimlich. Ich legte dann sicherheitshalber einen Zahn zu und trat für die restliche Strecke nach Hause dann doch ein wenig energischer in die Pedale. Man weiß ja nie.


Und bevor ich's vergesse: Das ist meine Katze. Ihre heutige Kackwurst war 9,7 cm lang und hatte die Form eines "R".

Montag, 11. August 2008

Steiner ihm seine Mütze

Dass die Staatsanwaltschaft den unlängst in Passau versammelten Nazis den Spaß verdarb und die Hakenkreuzfahne, die NPD-Aktivist Thomas Wulff dem ehemaligen Waffen-SS-Mann und notorischen NS-Hetzer Friedhelm Busse mit ins Grab gelegt hatte, kurzerhand wieder ausbuddelte, war eine unterhaltsame, wenngleich unappetitliche Meldung. Vielleicht hätten sie auch Busse gleich wieder ausgraben und der Müllverbrennung zuführen sollen. Oder eine UdSSR-Fahne auf den Sarg legen, auf dass er auf ewig in seinem Grab rotiere.

Es folgten die üblichen polizeilichen Ermittlungen sowie Streit innerhalb der NPD, das Übliche halt. Was ich mich nur die ganzen Tage über gefragt habe: Warum trägt Wulff, der sich selbst "Steiner" nennt, weil er den gleichnamigen Film nicht kapiert hat, eigentlich stets dieses dämliche Käppi? Die Antwort liefert nun diese Aufnahme, die mit einer Spezial-Röntgen-Kamera des BKA aufgenommen worden ist:



Nach dem Verleib von "Steiners" Hirn wird weiter geforscht.

Samstag, 9. August 2008

Bereuet! Das Ende ist nah!

Genießen Sie diesen Sonntag - viele wird es nicht mehr geben. Genauer gesagt: nur noch vier. Dann nämlich ist es soweit: In Genf wird der gigantische Teilchenbeschleuniger des Cern-Instituts in Betrieb genommen. Das größte jemals von Menschenhand gebaute Gerät wird dabei offenbar kleine schwarze Löcher erzeugen, die gar nicht so klein bleiben und den Planeten Erde ruckzug auffressen und dann zu allem Übel auch noch rülpsen werden, wenn ich das richtig verstanden habe.

Zwei wack're Recken machten sich schon vor Monaten auf, die Welt zu retten *fanfarengeschmetter*: Walter Wagner und Luis Sancho. Der eine bezeichnet sich als Physikexperten, der andere als Zeitforscher; ihre bisherigen akademischen Meriten scheinen indes eher überschaubar auszufallen. Sie hatten wegen der drohenden Auslöschung des Planeten im März Klage vor einem US-Gericht auf Hawaii eingereicht. Nun, eine Klage ist vielleicht nicht der beste - da auch nicht der schnellste - Weg, um die Menschheit vor der endgültigen Vernichtung zu bewahren; erst recht nicht, wenn der Kläger auf Hawaii und der Beklagte in der Schweiz sitzt. Aber auf Hawaii brennt ja bekanntlich die Sonne erbarmungslos hernieder, da fällt es schwer, sich richtig gute Pläne auszudenken.

Quod erat demonstrandum: Bislang habe ich von dieser Klage nichts weiter gehört, und der Tag X rückt näher.

Das heißt, das Verhängnis ist nicht mehr aufzuhalten. Vier Wochen noch - gerade genug Zeit, allen Leuten, die man noch nie ausstehen konnte, endlich einmal zu sagen, dass sie einen ankotzen. Soll ja niemand doof sterben. Und dann das übliche Programm: Dem Chef eine reinhauen, ein paar Läden plündern, wildes Herumgeknutsche usw. - und sich am 9. September einen schönen Strand suchen, um das Ende abzuwarten.

Nur schade, dass die Cern-Forscher nicht einen Tag später, also am 11. September, loslegen. Dann könnte man bis dahin im Internet noch die wundervollsten Verschwörungstheorien dazu lesen.

Krieg um ein Stück Gegend

Georgien führt Krieg gegen Südossetien: was so klingt wie eine Dialogzeile aus einer ziemlich frühen Drehbuchversion zu "1984", ist nun - wieder einmal - traurige Wirklichkeit. Und die Russen spielen auch mit. Allein bis Freitagabend sind nach russischen und ossetischen Angaben schätzungsweise eineinhalbtausend Menschen ums Leben gekommen - es fragt sich nur, für was. Für irgendeine Art von Freiheit sicher nicht.

Südossetien besteht größtenteils aus Steinen, die Arbeitslosigkeit beträgt selbst nach wohlwollenden Schätzungen mindestens 60 Prozent und die einzige Ressource, die in nennenswerten Mengen vorhanden ist, ist Nationalstolz - und der lässt sich schlecht exportieren.
Schätzungsweise 75.000 Menschen wohnen in dem Land, weniger als halb soviel wie in der Stadt, in der ich lebe. Südossetien wäre als souveräner Staat wohl kaum lebensfähig. Aber um all das geht es wohl auch gar nicht, sondern vor allem um Nationalchauvinismus - auf allen Seiten.

Russland ist in seinem wiederaufgewärmten Großmachtgehabe bemüht, in seinem Hinterhof Stärke zu demonstrieren und lässt es dafür auf einen handfesten Krieg mit Georgien ankommen.Wie praktisch, dass man den Osseten beizeiten die russische Staatsbürgerschaft verliehen hat, da ergibt sich der casus belli von selbst. Georgien will ebenfalls Stärke demonstrieren, um ein Auseinanderbröckeln des Landes zu verhindern - schließlich strebt auch Abchasien nach Unabhängigkeit - und vor der Nato, der das Land unbedingt beitreten will, nicht als Unruheherd und Pulverfass dastehen, was jetzt allerdings längst eingetreten ist. Und was wollen die Osseten? Interessiert eigentlich keinen. Unabhängig wird das Land wohl so oder so nicht werden - und wenn, dann nur als Trümmerwüste.

Der Krieg - oder wie es Außenminister Frank Walter Steinmeier blumig umschreibt: „Kampfhandlungen, die in einen handfesten Krieg münden könnten“ - wird wohl in den nächsten Tagen erst richtig losgehen. Georgien hat vorsorglich schon einmal 2000 Soldaten aus Afghanistan und dem Irak zurückbeordert. Auch eine aufstrebende Großmacht wie Georgien kann offenbar nicht an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen . . .

Ach ja - Das IOC in seiner grenzenlosen Entrücktheit ließ vermelden: "Das ist nichts, was die Welt sehen möchte. Es widerspricht den olympischen Idealen." Heult doch. Als ob sich Machtpolitik eurem Sportfest unterwerfen würde und nicht andersherum.

Donnerstag, 7. August 2008

In jedem siebten Ei (tüdelü) steckt eine Peppy Politikerin

Auf der Zielgeraden kurz vor dem endgültigen Ende des Sommerlochs erreicht uns noch eine richtige Kracher-Nachricht: Eine FDP-Politikerin namens Miriam Gruß will Überraschungseier verbieten. Nach 34 Jahren soll Schluss sein mit Happy Hippos, Tapsi Törtels und co. Der Grund: Sicherheitsbedenken. "Kinder unterscheiden nicht zwischen Spielzeug und Nahrungsmitteln", so die liberale Abgeordnete, die noch nicht einmal so alt ist wie das von ihr geschmähte Ei und früher vermutlich nie welche bekommen hat.

Aber sie hat wohl nicht unrecht: Kinder unterscheiden nicht. Wie viele meiner Sandkastenfreunde haben sich seinerzeit die Schoko-Ei-Hälften in den Setzkasten gestellt und dafür das Hüpfschlumpfinchen gefressen . . . Was hätte nicht alles aus ihnen werden können, wenn sie nicht blutspuckenderweise röchelnd ihr junges Leben auf dem Wohnzimmerteppich ausgekotzt hätten, weil ihnen das gelbe Plastikei quer in der Luftröhre steckengeblieben ist: Krebsforscher, Spin Doctor im Weißen Haus oder vielleicht sogar Baggerfahrer. Aber wie viele sind es denn nun tatsächlich jedes Jahr, denen ein Dapsy Dino operativ entfernt werden muss? Das weiß auch Frollein Gruß nicht so genau und sagt deshalb auch nichts zu irgendwelchen Zahlen.

Ich bin ja auch kein Freund dieser grandios überflüssigen und Ressourcen verschwendenden Erfindung namens Ü-Ei. Aber gerade als Liberale sollte Gruß die volkswirtschaftlichen Folgen eines Verbots im Blick haben: In der Zeit, die Kinder damit verbringen, im Laden ein Ei nach dem anderen zu schütteln - weil sie sich selbst einreden, daraus Rückschlüsse auf das enthaltene Spielzeug ziehen zu können - kauft Mutti mehr Sachen ein, die sie eigentlich nicht braucht und kurbelt damit die Binnenkonjunktur an. Da die Zwerge das notfalls stundenlang durchhalten und zum Leidwesen der Verkäufer ganze Kartons durchrütteln, ist das sicherlich eine nicht zu vernachlässigende Größe.

Und auch die Herren der Schöpfung sind daran beteiligt, wie immer, wenn es um schwachsinnige Sammelleidenschaften geht: Das Handelsvolumen, das mit den teils grenzenlos hässlichen Figuren erzielt wird, ist vermutlich so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt mehrerer Drittweltländer. Es ist daher Unsinn, die Eier verbieten zu wollen: Nein, man müsste den Handel mit den Figuren mit einer knackigen Steuer belegen!

Aber auf so was kommt man als Nachwuchsliberale ja nicht. Vielleicht sollte man ihren Vorstoß dennoch ehren: Und zwar mit einer neuen Figurenserie. In jedem siebten Ei steckt dann ein(e) unbedeutende(r) parlamentarische(r) Hinterbänkler(in) - wie Gruß.

Mittwoch, 6. August 2008

Von China lernen heißt Pressearbeit lernen

Das Bild, das das Internationale Olympische Komitee seit geraumer Zeit abgibt, ist ja bekanntlich extrem erbärmlich. Ich will mich jetzt gar nicht auf Figuren wie Michael Vesper stürzen, der schon einiges an Schelte (aber nicht genug) einstecken musste, bloß weil er im Auslandsjournal die Pressezensur in Peking mit dem Verbot von Naziseiten in Deutschland gleichgesetzt hat. Hat er ja eigentlich ganz anders gemeint, der Michi.

Nein, ich möchte auch mal etwas Positives zum Komitee vermelden. Zur IOC-Vollversammlung am gestrigen Dienstag in Peking wurden nur 30 ausgewählte Journalisten zugelassen, TV-Kameras waren verboten - die Olympia-Dachorganisation verhält sich damit schon ganz wie der Olympia-Ausrichter. Ist es nicht schön zu hören, dass die Institution offenbar durchaus lernfähig ist? Man muss sich nur mächtige Vorbilder suchen.

Vielleicht wollten die IOC-Mitglieder aber auch einfach nicht dabei gefilmt werden, wie sie sich angesichts des zu erwartenden Reibachs den Sabber aus dem Mundwinkel wischen. Denn die Vermarktung der Spiele spült dem IOC über fünf Milliarden Dollar in die Kassen - weit mehr als bei der letzten Olympiade und so viel wie nie zuvor.

Irgendwie, so deucht mir, könnte das einiges erklären. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.

In dubio contra reo

Es läuft nicht gut für die US-Hardliner in Sachen Guantanamo. Erst erlaubt ein vaterlandsloses US-Gericht (und dann auch noch das oberste) den Gefangenen, sich an zivile Gerichte zu wenden. Dann lässt ein viel unbedeutenderer Richter, den man sicherlich demnächst mit einem Stein an den Füßen im Potomac auffinden wird, im ersten anstehenden Guantanamo-Prozess belastendes Beweismaterial gegen Bin Ladens Fahrer (vermutlich dessen Führerschein) nicht zu. Und die ganze Zeit über weiß die Weltöffentlichkeit über die Folter in dem Lager bescheid, was so eigentlich auch nicht geplant war. Was, wenn jetzt der Super-GAU eintritt - und der eine oder andere Gefangene tatsächlich freigesprochen werden sollte?

Ganz einfach, sagt das Pentagon nun: Da scheißen wir drauf. Wann wir wen freilassen, entscheiden wir immer noch selbst und nicht irgendein verweichlichter Richterfuzzi. Und im Falle von mindestens 120 Gefangenen scheint klar zu sein: Die können sich noch auf lange Jahre in amerikanischer Haft gefasst machen. Die Begründung, dass diese als feindliche Kämpfer und damit als potentielle Gefahr anzusehen sind, wirft im Umkehrschluss die Frage auf: Ab wann sind sie denn nicht mehr gefährlich? Wenn der Krieg gegen den Terror zu Ende ist und alle sich wieder lieb haben? Also im Jahre 2687?

Lebenslänglich ohne Verurteilung: Ein skandalöses Vorgehen. Die Heimat der Freien und Tapferen tritt elementare Rechtsauffassungen mit Füßen und unterscheidet sich nicht von autoritären Regimes in allen Teilen der Welt, die immer wieder als schwarze Schafe bemüht werden. Bitte daran denken, wenn man das nächste Mal darüber schimpft, dass in _________ (hier bitte die tyrannische Diktatur Ihrer Wahl einfügen) Menschen ohne Prozess ins Gefängnis geworfen werden.

Übrigens: Salim Hamdan, der erste Guantanamo-Häftling, dem der Prozess gemacht wird, befindet sich seit fast sieben Jahren in US-Haft.

Dienstag, 5. August 2008

Nicht ganz so starker Tobak

Innovative Idee aus Brüssel: Geht es nach der Europäischen Union, sollen in spätestens drei Jahren nur noch Zigaretten verkauft werden, die sich nach kurzer Zeit selbst auslöschen, wenn nicht daran gezogen wird. "Durch die Einführung selbstauslöschender Zigaretten lassen sich in der EU pro Jahr mindestens 2000 Menschenleben retten", sagte EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva.

Respekt vor diesem mutigen Vorstoß. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen: Durch die flächendeckende Einführung von Zigaretten, die sich gar nicht erst anzünden lassen, könnte man fünfeinhalb Millionen Menschen pro Jahr retten. Von Wäldern ganz zu schweigen.

Aber das ist natürlich nur meine unmaßgebliche Meinung.

Die Kondome des Grauens

In Mexico-City findet derzeit die 17. Weltaidskonferenz statt. 20.000 Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Verbänden diskutieren über Mittel und Wege im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit. Und wer "A" wie "Aids" sagt, muss auch "B" sagen - wie "Benedikt XVI." Denn die Katholische Kirche übertrifft sich gerade einmal wieder in Punkto Rückwärtsgewandtheit, Lebensferne und nicht zuletzt Verlogenheit.

Die katholische Nachrichtenagentur meldet zum Konferenzauftakt stolz, die Versorgung Infizierter habe Fortschritte gemacht, rund 30 Prozent von ihnen bekämen antiretrovirale Medikamente. Die Caritas hat zu Beginn der Konferenz zudem mehr Hilfe für aidskranke Kinder gefordert. Die Kirche selbst nahm Caritas-Referent Robert Vitillo bei dieser Gelegenheit ebenfalls in die Pflicht: Sie müsse ihren Einsatz für Infizierte verstärken.

Merken Sie etwas? Es ist in allen Fällen lediglich die Rede von bereits Infizierten. Was ist mit der Verhinderung von Neuinfektionen? Etwa durch, sagen wir, Kondome?

Es gehe um Aufklärung, so Vitillo - aber der Mann hat eine ganz eigene Vorstellung davon: Aids verhindere man am besten "by observing sexual abstinence outside marriage and life-long, mutual fidelity within marriage". Was das bedeuten soll, erfahren wir nicht nur von diesem düsteren Inquisitor, sondern in Kurzform auch von Radio Vatikan, das unlängst erneut Enthaltsamkeit und Treue als Vorbeugemaßnahme gegen Aids empfahlt und sich über die gottlosen Regierungen mokiert, die auf Verhütung setzen. Schande! 10.000 Jahre Fegefeuer für jeden einzelnen von diesen Kondomheinis!

Ohne ficken kein Aids - so einfach ist das in den Augen derjenigen, die ja bekanntlich auch gar nicht poppen dürfen. Diese jämmerliche Borniertheit wäre ja lustig, wenn sie nicht für viele, viele Menschen tödlich enden würde. Ich frage mich, ob das andauernde Verteufeln von Kondomen seitens der katholischen Kirche nicht den Tatbestand des Totschlags erfüllt.

Denn dass Kondome das wirkungsvollste Mittel zur Eindämmung von Aids darstellen, weiß man auch im Vatikan mittlerweile.

Montag, 4. August 2008

Im Wein liegt Wahrheit - und sie ist nicht schön

Heute bin ich über eine höchst erschreckende Zahl gestolpert: Der Durchschnittspreis, den Deutsche im Laden für einen Liter Wein bezahlen, beträgt - festhalten, bitte - 2,44 Euro. Pro Liter, wohl gemerkt. Kraft meiner mathematischen Kenntnisse sowie unter Zuhilfenahme eines Taschenrechners gelange ich zu dem niederschmetternden Ergebnis, dass der Durchschnittspreis einer in diesem unseren Lande verkauften Flasche Wein (die ja in den meisten Fällen 0,75 Liter enthält) bei 1,83 Euro liegt.

Auch wenn ich der Meinung bin, dass um Wein ja grundsätzlich viel zu viel Gedöns gemacht wird, bin ich entsetzt. Wieviele Menschen müssen sich denn mit unerträglichem und gigantische Kopfschmerzen hervorrufendem Koma-Fusel-Bölkstoff, in dem die letzten vergammelten Trauben mit Frostschutzmittel zusammengerührt worden sind, die Birne zuschütten - nur um meine persönlichen Wein-Investitionen statistisch auszugleichen?

Das darf nicht sein. Analog zu den wiederholten und allmählich ermüdenden Forderungen an den Staat, die Benzin-, Strom- oder Milchpreise zu subventionieren, spreche ich mich nunmehr dafür aus, dass die Große Koalition ein Gesetzespaket auf den Weg bringt, das die Preise für höherwertige Weine bezuschusst.

Jeder sollte sich mit Stil vollaufen lassen können.

Neue Umfrage: Großreinemachen in der SPD

Das Hickhack um Wolfgang Clement wird allmählich richtig unterhaltsam. Der Karikaturist Horst Haitzinger hat es auf den Punkt gebracht: Die Genossen schaffen es ganz alleine, das Sommerloch zu füllen. Aber bekommen sie dafür einen Orden von den Zeitungsverlegern oder wenigstens ein Dankeschön? Natürlich nicht.

Der NRW-Verband will Clement loswerden, der Bundesvorstand größtenteils nicht; der halblinke Flügel (einen linken gibt es ja nicht mehr) will ihn dorthin jagen, wo der Pfeffer wächst, die Rechten vom Seeheimer Kreis würden ihm wohl am liebsten einen Palast errichten: Am Energielobbyisten Clement scheiden sich die Geister. Dabei ist es doch ganz üblich, Parteimitglieder, die der politischen Strategie Schaden zufügen, zu schassen, kaltzustellen und nötigenfalls hinauszuwerfen (bei der CSU erfolgt noch der Zwischenschritt der persönlichen Diffarmierung).

Nun hat die SPD ja bekanntlich keine politische Strategie. Daher wollen wir der ältesten deutschen Partei selbstloserweiser bei der großen Herbst-Säuberung helfen: Wer sollte als nächstes ausgeschlossen werden? Geben Sie Ihre Stimme(n) in der Umfrage rechts oben auf der Seite ab.

Ach ja, da war ja noch die letzte Umfrage, deren Ergebnis sich leicht zusammenfassen lässt: Wer 30 Euro ausgibt, um Mario Barth zu sehen, ist bescheuert oder hat zuviel Geld und Zeit, dafür aber einen beklagenswerten Mangel an Geschmack (was sich ja alles nicht gegenseitig ausschließt), meinten 81% der Teilnehmer. Ein gutes Viertel war der Meinung, dafür gebe es eigentlich keine nachvollziehbare Erklärung; und einer vermutete fremde, dunkle Mächte dahinter. Aber diese Mächte müssen schon ziemlich verzweifelt sein, wenn sie sich Mario Barths bedienen.

Samstag, 2. August 2008

Claus Kleber reloaded

Schön, wenn man nicht ganz alleine mit seiner Meinung steht. Vor wenigen Wochen habe ich mich darüber echauffiert, wie das "heute-journal" Kampagnenjournalismus betreibt, als Claus Kleber und seine Crew Gregor Gysi mal wieder durchs Dorf trieben. Dieser wehrte sich vor Gericht gegen die manipulative Berichterstattung des ZDF - und bekam vor dem Oberlandesgericht Hamburg nun recht.

Die Richter bemängelten, dass das ZDF Aussagen von Marianne Birthler dergestalt in den Beitrag geschnitten habe, dass der Eindruck entstanden sei, sie hätte sich mit den Worten "in diesem Fall" auf einen Bericht bezogen, der in der vorigen Einstellung thematisiert worden war - in dem es aber um etwas anderes ging. Andere Umstände, die Gysis Position gestützt hätten, seien "lediglich unvollständig und als Argumente des Antragsstellers vorgestellt" worden, "wohingegen belastendes Material eingeblendet und [...] plastisch veranschaulicht" werde. Fazit des OLG: Das ZDF habe "nur sehr oberflächlich recherchiert". (Az: 7 W 73/08) Selbstverständlich hat das ZDF sofort Widerspruch eingelegt - mit GEZ-Gebühren lassen sich notfalls schließlich auch endlose Prozesse führen.

Schlampige Recherche also - das sehe ich wiederum leicht anders als die Richter, und ich wage mal die Behauptung, mich in der Materie ein wenig auszukennen. Die "heute"-Redakteure wissen mit Sicherheit, wie man recherchiert; beim Nachrichten-Flaggschiff des ZDF erstellen bestimmt keine Praktikanten die Beiträge. Wer indes in die eine Richtung intensiv recherchiert, in die gegenüberliegende aber nicht, arbeitet nicht schlampig, sondern manipulativ. Und auch die Mängel beim Zusammenschnitt, die die Richter betonten, waren wohl kaum als Fauxpas zu bezeichnen. Denn einen Schnitt einzubauen, der den Inhalt verzerrt, ist ein ziemlicher Anfängerfehler - und ich weigere mich zu glauben, dass beim "heute-journal" blutige Anfänger arbeiten. Außerdem werden die entsprechenden Redakteure den Beitrag ja vor der Ausstrahlung zu Gesicht bekommen haben.

Ohne mich hier in Verschwörungstheorien verwickeln zu wollen: Das Credo des "heute-journal"-Beitrags, Gysi als Stasi-Helfer bloßzustellen, stand mit Sicherheit längst fest, bevor sich die Redakteure an die Arbeit gemacht haben. Argumente, die den Linke-Politiker entlasten, sind da nur störend. Oder, wie es bei manchen Journalisten mitunter so schön heißt: "Ich lasse mir doch von ein paar lumpigen Fakten nicht meine schöne Geschichte kaputtmachen!"

Freitag, 1. August 2008

Verarmte Multimilliardäre

Die Regierung von Simbabwe - zur Erinnerung: das ist das Land, in dem sich der Diktator Robert Mugabe mit Gewalt und Terror an der Macht hält - gab in der letzten Woche erstmals 100-Milliarden-Dollar-Banknoten heraus. Viel kaufen konnte man dafür nicht, der Gegenwert betrug gerade mal eine Handvoll Orangen. Denn die Inflation in dem schwarzafrikanischen Land hat ein aberwitziges Tempo angenommen: Derzeit beträgt sie rund zwei Millionen Prozent.

Die Bande um Mugabe hat eine, nun ja, höchst eigenwillige Form der wirtschaftlichen Konsolidierung entwickelt. Zunächst einmal wurden fixe Verkaufspreise für bestimmte Produkte, etwa Brot, festgelegt. Dumm nur, dass die Herstellungskosten aufgrund der galoppierenden Inflation im nächsten Augenblick weit über dem Verkaufspreis lagen und die Betriebe nun reihenweise die Produktion einstellen. Arbeiten lohnt sich ohnehin nicht, wenn ein Busticket teurer ist als ein Monatslohn - und das in einem Land, in dem die Arbeitslosigkeit sowieso schon rund 80 Prozent beträgt.

Damit trat Plan B in Kraft: Bei der Landeswährung wurden einfach zehn Nullen gestrichen. Aus 100 Milliarden Dollar wurden per Erlass wieder 10 Dollar. So einfach geht Inflationsbekämpfung in einem Land, das vor den Augen der Weltöffentlichkeit vor die Hunde geht. Denn medial ist das Thema allmählich ausgeschöpft - die Ereignisse rund um die manipulierte Wahl waren noch hier und da einen Aufmacher wert; Blut ist schließlich immer gut. Die aktuellen Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition sind auch noch verwertbar, ist ja schließlich Politik. Aber einfach nur über verarmte Afrikaner zu berichten . . . nee, ist vielen zu langweilig, selbst mitten im tiefsten Sommerloch.

Es sei denn natürlich, man peppt das Thema Simbabwe ein wenig auf. Zum Beispiel mit Fußball.

Mitgliederschwund bei der SPD hält an - nun auch Clement

Tja, damit hat der gute Mann wohl nicht mehr gerechnet: Die SPD schmiss den ehemaligen Superminister und NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement aus der Partei, und das schon ein halbes Jahr nach dem entsprechenden Anlass.

Damit verliert die einstige Arbeiterpartei ihren wohl letzten hochrangigen Proleten, der ein Bier in wenigen Sekunden hinunterschütten konnte, dem Volk schon mal den Stinkefinger zeigte und von seinen Mitarbeitern als "Wüterich" bezeichnet wurde. Aber ich denke, die SPD wird sich von diesem Verlust erholen. Falls sie sich überhaupt je erholt, heißt das.

Clement selbst muss der Partei nicht allzu gram sein - schließlich befindet er sich nun in guter Gesellschaft. 1916 schmiss die SPD gar ihren Vorsitzenden Hugo Haase hinaus. In den 70er Jahren war vorübergehend der spätere Generalsekretär Klaus Uwe Benneter ausgeschlossen worden. Vor kurzem folgten Klaus Ernst und Detlev von Larcher. Allerdings wurden alle diese Männer aus der Partei geworfen, weil sie Linksabweichler waren. Clement, der Vater des Minijobs und heutige Energielobbyist, ist der erste geschasste Parteisoldat, der zu weit nach rechts driftet - obwohl das nicht der direkte Grund für den Ausschluss war.

Gibt es also doch noch Hoffnung für die Partei? Besinnt sie sich gar auf ihre sozialdemokratischen Wurzeln und sortiert nun Rechtsabweichler aus? Mitnichten. Am linken Rand gibt es nur einfach niemanden mehr, der querschiessen könnte; die sind mittlerweile alle in der Linkspartei. (Für weitere potentielle Ausschluss-Kandidaten siehe die Umfrage rechts oben.) Und Clement? Keine Sorge - dem eröffnen sich neue Möglichkeiten in einer Partei, die offenbar jedem unerwünschten Politiker ein Angebot unterbreitet.