Freitag, 3. April 2009

Wer hat Angst vorm bösen Wurm?

Schlotternd kauerte die Weltbevölkerung - zumindest jener Teil, der über einen Computer verfügt - am Mittwoch vor den Bildschirmen, nervös an Fingernägeln knabbernd. Wird dies der Tag? Der Tag, an dem der große böse (hier die Geigen aus "Psycho" einspielen) Conficker zuschlägt? Die Mutter aller Schädlinge, der Haupt-Wurm des Todes, Bringer des Armageddon für das digitale Zeitalter und Verschlinger der Welten? -- Nein, war es nicht. Es war der 1. April - das hätte die Untergangspropheten aus der IT-Branche auch schon vorher stutzig machen können.

Irgendwie erinnert die allgemeine Conficker-Hysterie an die Y2K-Panik vor neun Jahren. Seit Monaten wird man ständig mit Pressemeldungen zugeschmissen, die vor dem finstersten aller Computerwürmer warnt. Das geht ungefähr so:
  • 10 Millionen Rechner seien schon von Conficker besessen befallen, sagt IT-Experte Xyz. Experte ist er deshalb, weil er Chef einer Softwareschmiede ist, die Antivirenprogramme entwickelt. Man wisse noch nicht, welche Schäden Conficker verursacht, aber er verbreite sich rasant. Glücklicherweise, so Experte Xyz, habe seine Firma eine neue Software entwickelt, mit der sich dieser Fiesling von einem Wurm entfernen lasse. Besuchen Sie dazu unsere Website unter usw.
  • Es sei noch viel, viel schlimmer, meldet sich kurz darauf Experte Zxy zu Wort. Nun seien schon 50 Millionen Rechner infiziert! Zwar habe Conficker, die Ausgeburt der Hölle, bislang noch keinerlei Schäden verursacht, das sei aber nur eine perfide Methode, die Menschheit in Sicherheit zu wiegen. A propos Sicherheit: Die Firma von Experte Zxy, zxysoft, hat zufällig ein Tool entwickelt, das den Schreckenswurm zur Strecke bringt - downloadbar unter usw.
  • Dann schlagen gleich mehrere Experten Alarm: Nicht nur seien bereits 3000 Milliarden Rechner im ganzen Universum infiziert, sondern man habe im Conficker-Code Anhaltspunkte entdeckt, dass er am 1. April die Welt vernichten wird. Es sei denn, man greife auf die Antivirensoftware von Yxz zurück, die man unter der Adresse usw.
Ich für meinen Teil habe angemessen reagiert: Ich habe dreißig verschiedene Antivirenprogramme gekauft und zuletzt aus lauter Furcht meine Festplatte nicht nur neu formatiert, sondern auch noch sicherheitshalber in die Kochwäsche gegeben. Bei der Vielzahl an immer neuen Warnungen konnte mich das aber nicht beruhigen! Conficker lag immer noch auf der Lauer; bereit, meinen Rechner zu infiltrieren und gegen mich zu verwenden. Also blieb nur eines: Mich am 31. März mit Lebensmittelkonserven für zwei Jahre, einer Kiste Glühbirnen sowie einem Handtuch in meinem Keller zu verbarrikadieren und das Ende der Welt zu erwarten. Kam aber bekanntlich nicht. Na ja, ich bin gut dabei weggekommen: Die Konserven halten sich ja und Glühbirnen kann man immer gebrauchen.

Aber was kommt jetzt? Der Conficker-Hype ist kaum mehr steigerbar. Die Gewinne der Antivirenbranche vermutlich auch nicht. Aber man muss ja in die Zukunft blicken. Wird jetzt der nächste Schädling mit grenzwertigem Namen aus dem Hut gezaubert, um Angst und Schrecken zu verbreiten? Ich freue mich schon darauf und bin gewappnet. Ich weiß, wo mein Handtuch hängt.

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