Donnerstag, 13. Mai 2010

Ampel aus Gehirnwartungsgründen vorübergehend abgeschaltet

Die FDP bläst die Koalitionsverhandlungen mit der SPD ab, die Ampel hat sich damit erledigt, vorerst jedenfalls. Grund: Die Ankündigung der SPD, im Falle eines Scheiterns auch Sondierungsgespräche mit der Linkspartei führen zu wollen. Was bedeutet das jetzt? Soll das etwa ein Versuch sein, den fünfmal stärker im Landtag vertretenen Sozialdemokraten die Pistole auf die Brust zu setzen? In diesem Fall ist die Weltfremdheit der Liberalen weiter vorangeschritten, als selbst ich es für möglich gehalten hätte. Sie erinnern mich an Leute, die sich eine zusammengefaltete Zeitung auf den Kopf setzen und sich für Napoleon halten. Nur dass Napoleon mehr Rückhalt in der Bevölkerung hatte.

Die Liberalen dünken mich ein wenig zu sehr in ihrem althergebrachten Zünglein-an-der-Waage-Denken verhaftet zu sein ("verhaften" ist übrigens ein schönes Wort in Zusammenhang mit der FDP), aber diese politische Konstellation hat sich bekanntlich seit einigen Jährchen erledigt. Gleichwohl tun sie unverdrossen so, als ob sie die SPD quasi erpressen können und berücksichtigen dabei nicht, dass eine Erpressung eine Notlage beim angedachten Opfer voraussetzt. Sie merken auch nicht, dass sie ihre Extrawurst schon bekommen haben, indem SPD und Grüne ihnen gewissermaßen ein Vorkaufsrecht eingeräumt haben; und schließlich ist ihnen nicht ganz klar, dass bei den aktuellen Kräfteverhältnissen sie die allerletzten sind, die irgendwelche Forderungen zu stellen haben, schon gar nicht solche. Ihre Verhandlungsmasse entspricht ungefähr der Napoleons nach der Schlacht bei Waterloo. Der hat die Hoffnungslosigkeit seiner Lage allerdings erkannt.

Der medizinische Ausdruck hierfür lautet, glaube ich, "Größenwahn". Wer sich schon mal auf eine Stelle beworben hat, für die er nicht ohnehin schon vorgesehen war, weiß: Je mehr Mitbewerber man hat, desto geringer werden die Chancen, dass man selber genommen wird - und wenn die Mitbewerber dann auch noch viel besser zum Stellenprofil passen als man selbst, dann hat man eine verdammt schlechte Verhandlungsposition. Und niemand, der bei Verstand ist, würde es in dieser Situation für clever halten, dem Personaler beim Vorstellungstermin zu drohen, das Gespräch abzubrechen, falls er es wagen sollte, auch mit dem anderen Typen, der auf dem Flur wartet, noch zu reden.

Aber es kann natürlich sein, dass die meisten FDP-Strategen darüber nichts wissen, etwa weil sie noch nie in ihrem Leben normal gearbeitet haben. Nur so eine Vermutung.


Siehe hierzu auch Roman.

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