Mittwoch, 19. Mai 2010

Sieben auf einem Streich

Ein paar Tage mittelschwere Erkältung, gepaart mit einem akuten Anfall von Bloggerstarre - und schon stapeln sich die Themen, und zwar vor allem solche, die nicht gerade geeignet sind, zur Wiederherstellung meines Wohlbefindens beizutragen. Und da ich mich immer noch in der Rekonvaleszenzphase befinde, hake ich das alles mal auf einen Streich ab, damit ich schnell wieder in die Heia kann. *hust*

Nach mittlerweile vier Wochen, in denen das Erdöl tausendkubikmeterfach aus dem Bohrloch der "Deepwater Horizon", die ihrem Namen jetzt alle Ehre macht, herausbollert und sich anschickt, weite Teile der Golfküste nachhaltig zu verseuchen, meldet BP einen "ersten Erfolg": Es sei nunmehr nach mehreren Anläufen gelungen, ein Rohr zu installieren, mit dem sich zumindest ein Teil des austretenden Öls abpumpen ließe - und zwar in ein bereitgestelltes Tankschiff. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber es wirkt auf mich ein wenig so, als wäre es ohnehin nie das Ziel gewesen, das Bohrloch zu stopfen, sondern einen Weg zu finden, wenigstens einen Teil des kostbaren Rohstoffs zu retten. Vielleicht hat es ja auch deswegen so lange gedauert. Nun ja, vielleicht kommt man doch noch auf den Atombombenvorschlag aus Russland zurück, die Natur am Golf ist eh' am Arsch. Angesichts der zu erwartenden Katastrophe war es da nur noch eine Randnotiz wert, dass vor Venezuela vor ein paar Tagen eine Gasbohrinsel gesunken ist - immerhin hat Hugo Chavez sich bequemt, die Welt davon in Kenntnis zu setzen, und zwar per Twitter ("Mierda! Bohrinsel gesunken, Imperialisten schuld #fail").

Eine virtuelle Mata Hari hat reihenweise israelische Soldaten via Facebook um den Verstand geflirtet und militärische Informationen aus ihnen herausgequetscht. Jamie Blond gewissermaßen, im Geheimdienst Ihres Propheten - hinter der Dame stand nicht "M", sondern "H" wie Hisbollah. Alles etwas weniger stilvoll als bei Sean Connery und Roger Moore, aber nicht minder effektiv: 200 feindliche Schergen anderen Geschlechts haben die beiden in all ihren Filmen nicht auf die Matte bekommen. Und dass eine Agentin ihre Zielpersonen heutzutage nicht mehr vögeln - ja, nicht einmal mehr zu Gesicht bekommen - muss, damit diese ihre Geheimnisse preisgeben, ist schon bemerkenswert: Männer sind wohl mittlerweile nicht mehr nur schwanz-, sondern zunehmend auch tastaturfixiert. Spionagekrimi 2.0.

Oskar Lafontaine hat endgültig seinen Hut genommen. Schade. Denn ob man ihn nun mochte oder nicht: Er war - zumindest in meiner Erinnerung - der einzige namhafte Politiker, der von einem bedeutendem Amt, nämlich dem des Finanzministers, nicht aufgrund eines Skandals zurückgetreten ist, sondern weil er die kapitalfreundliche Politik des Kanzlers nicht mittragen wollte. Seit elf Jahren wurde ihm deshalb abwechselnd Feigheit, Rückgratlosigkeit und Unzuverlässigkeit vorgeworfen. Zu Unrecht, eigentlich hat er mit dieser Entscheidung mehr Rückgrat bewiesen als die versammelte Berliner Baggage vorher und nachher. Und die, die am lautesten stänkern - SPD und Grüne - haben im selben Zeitraum ihre Ideale so oft verraten, dass es ihren Anhängern gelegentlich so schien, als wären sie in ein Paralleluniversum geraten.

Ridley Scott versucht sich an einem neuen Mittelalterepos und inszeniert "Robin Hood" als "Saving Private Ryan" mit Kettenhemden. Während Scotts "Königreich der Himmel" immerhin noch ästhetischen Wert hatte, sieht dieses neue Machwerk allerdings schon im Trailer scheiße aus - und Scotts hier und da hervorgebrachte Behauptung, er habe sich so nah wie möglich an den historischen Erkenntnissen orientiert, wird schon durch die den Plot tragende Invasion der pöhsen Franzmänner ad absurdum geführt: Einen wie auch immer gearteten ernsthaften Landungsversuch hat es in England seit William the Conqueror nicht gegeben. Ach Ridley, wärst du doch bei der Science Fiction geblieben.

Roland Koch möchte Merkel wegputschen - anders kann man es kaum interpretieren, dass er unmittelbar nach ihrem "Nein" zu seinen Sparvorschlägen bei der Bildung sofort mit Verve nachlegt. Das Sägen Kochs und seiner Vasallen am Thron von Kohls Mädchen ist so wenig zu überhören wie ein Rasenmäher auf dem Nachbargrundstück am Samstagnachmittag. Der Mann will offenbar Kanzler anstelle der Kanzlerin werden. Reife Leistung für jemanden, der noch vor eineinhalb Jahren politisch sowas von tot erschien - und eigentlich sind die Vorschläge des Politzombies, Kitas, Schulen und Universitäten das Geld wegzunehmen, auch konsequent. Denn Typen wie Koch kann es nur zugute kommen, wenn das Wahlvolk so dumm wie möglich gehalten wird.

Und während niemand der Wespenkoalition in Berlin den Stecker zieht und ihr (und uns) damit das Leiden verkürzt, geht das Bienensterben munter weiter, wie man gestern auf Arte erfahren durfte. Zwar spricht kaum noch jemand darüber, aber die Folgen sind schlimmer als bloß höhere Honigpreise: Ohne Bienen funktionierten weite Teile des gesamten Ökosystems nicht mehr. Vieles spricht dafür, dass auch gebeiztes Saatgut und Düngemittel mitverantwortlich für das Aussterben ganzer Völker weltweit sein könnten - und das wäre wohl das endgültige Todesurteil für die Tierchen, denn nun haben sie es nicht mehr nur mit der Varroa-Milbe zu tun, sondern mit ausgewachsenen Chemie- und Agrarkonzernen, und eine Auseinandersetzung mit denen übersteht niemand.

Aber das alles ist, ach, unbedeutend oder zumindest zweitrangig: Denn Michael Ballack kann nicht mit zur WM, oh Jammer, oh Not; und wahrlich, es wird ein Heulen und Zähneklappern durchs Land gehen. Obwohl ich persönlich nie begriffen habe, was an dem Mann so besonders sein soll, so brillant schien er mir nie zu sein. Sei's drum - gut daran ist vor allem eines: Es besteht die Hoffnung, dass sich die Bildzeitung in den nächsten Wochen hauptsächlich an diesem Thema abarbeitet. Schlecht daran ist... äh... keine Ahnung. Tragen Sie selbst etwas ein: _______________________________

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