Samstag, 14. April 2012

Heiliges Altpapier

Das ist ja wirklich der Oberhammer: Religiöse Fanatiker verteilen in Ländern, in denen der Großteil der Bevölkerung einem anderen Glauben anhängt, einfach so Gratisexemplare ihrer Heiligen Schrift und versuchen damit, die Leute zu bekehren. Das geht ja wohl gar nicht, da muss man einschreiten! Wo kommen wir denn da hin, wenn man solchen Leuten erlaubt, ihre gefährlichen Weltanschauungen zu verbreiten! Also: Lasst gefälligst den Iran in Ruhe, ihr fundamentalistisches Katholikenpack, terroristisches.

Ach, es geht gar nicht um die? Sondern um Salafisten, die in unserem Land Gratisexemplare des Korans unters Volk bringen wollen? Aha. Und da gibt es jetzt einen Riesenaufschrei? Komisch eigentlich, muss doch niemand annehmen, dieses Altpapier. Ich lasse mir doch auch keine Broschüren von den Zeugen Jehovas oder irgendeiner UFO-Sekte aufschwatzen. Außer natürlich, ich brauche was zum Kaminanzünden. Bei ebay wird man die Dinger ja wohl eher nicht los, bei der Auflage.


Was die Salafisten da vorhaben, ist nichts anderes als das, was Missionare jedweder Coleur eben so tun, und das bereits seit Jahrhunderten: Sie versuchen, Ungläubige oder Falschgläubige oder Abtrünnige von ihrem einzig wahren Glauben zu überzeugen. Dabei riskieren sie je nach Einsatzort, ein paar in die Fresse zu kriegen, verhaftet oder umgebracht zu werden. Das ist nicht schön, aber wer dieses Risiko auf sich nimmt, um jemanden davon zu überzeugen, dass alle gefälligst auf einen vor 2000 Jahren gestorbenen Typen hören müssten, der von einer Jungfrau zur Welt gebracht wurde, übers Wasser gehen konnte und sich in seinen letzten Tagen zu einer Art Zombie entwickelt hat; und dafür von jemand anderem erschlagen wird, der glaubt, dass man lieber auf einen anderen Menschen hören sollte, der vor eineinhalbtausend Jahren in einer Höhle halb wahnsinnig geworden ist und behauptete, man solle, um einem imaginären Wesen zu gefallen, mehrmals am Tag Selbstgespräche führen und nicht vergessen, sich vorher zu waschen - nun, solchen Leuten ist nicht zu helfen. Ich wünsche viel Spaß und Erfolg dabei, noch mehr wünsche ich ihnen aber, das sie eines nicht allzufernen Tages einmal in einem wachen Moment merken, was für ein Blödsinn das alles eigentlich ist. Leid tut es mir nur um die Bäume, die dafür gefällt wurden.

Wenn aber nun Vertreter staatlicher Behörden hier in Deutschland laut darüber nachdenken, diese Gratiswerbegeschenkaktion per Gesetz zu unterbinden, weil für den falschen Gott geworben wird - ich gehe nicht davon aus, dass Bibelverteiler ähnliche Sanktionen zu befürchten hätten -, dann ist die Trennung von Staat und Kirche ein schlechter Witz. Ist sie sowieso, wenn man bedenkt, dass Konfessionslose die Gehälter von Bischöfen mitbezahlen müssen. Ich hoffe, dass das Schriftstück namens "Grundgesetz", auf dem diese Trennung eigentlich festgeschrieben ist, noch das Papier wert ist, auf das es geschrieben wurde.

Wenn also Missionierungsversuche von Nichtchristen hier demnächst Straftatbestände erfüllen, dann brauchen wir künftig auch nicht mehr so herablassend auf klerikale Gesellschaften wie die afghanische oder die iranische zu blicken. Dann eilen wir selbst mit Riesenschritten in Richtung Gottesstaat, und die Ermordung von Missionaren durch einen wütenden Mob wäre bloß noch ein Schritt weiter auf diesem längst eingeschlagenen Weg. Und die hässlichen Vorfälle, die es heute in der einen oder anderen Fußgängerzone gab, könnten die ersten Vorboten sein.

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