Dienstag, 4. August 2009

Lobbyisten, die bellen, beißen nicht?

So. Nun isser nach zehn Jahren endlich da, alle warten gespannt auf Enthüllungen dramatischten Ausmaßes - und Karlheinz Schreiber, seines Zeichens berühmtester Waffenlobbyist der Republik, sagt erstmal - gar nix. Enttäuschend. Was hat er noch vor wenigen Jahren einen auf dicke Hose gemacht: "Ich werde denen noch 'ne Schlacht liefern, da können die sich drauf verlassen", bellte er in Richtung Union und vor allem in Richtung Wolfgang Schäuble, dessen Rollstuhl er eventuell zwischenzeitlich mal kräftig abgeschmiert hat. Und jetzt - nichts? Mensch, Kalle! Mach ma' Butter bei die Fische! Denn der Mann, der den Verbleib eines Koffers mit 100.000 Mark in bar bis heute nicht hinreichend erklären konnte (du aber vielleicht schon), wischt sich täglich den Hintern mit unserem Grundgesetz ab - und in acht Wochen ist Wahl.

Wir erinnern uns: Die Geschichte um den Bildband "Hundert hässliche Männer" war ergebnislos im Sande verlaufen, weil Schäuble und die CDU-Schatzmeisterin Baumeister sich gegenseitig beschuldigten, das Geld angenommen, aber nicht als Spende verbucht zu haben. Zwar musste Schäuble daraufhin als Partei- und Fraktionschef seinen Hut nehmen, aber der Karriereknick hielt sich bekanntlich in Grenzen: Zum Innenminister mit der Machtfülle, die demokratischen Freiheitsrechte regelmäßig zu vergewaltigen, reichte es in diesem Land immer noch. Baumeister kam übrigens schlechter weg: Sie verlor nicht nur ihr Amt als Schatzmeisterin, sondern auch ihren Platz auf der CDU-Liste für die Bundestagswahl.

Die Geschichte um Schreibers Auslieferung erscheint mir ohnedies seit langem ziemlich suspekt. Schließlich handelt es sich bei ihm nicht um einen kleinen Ladendieb, sondern um einen mutmaßlichen Steuerbetrüger in zweistelliger Millionenhöhe - bei einem solch kriminellen Kaliber sollte der Fall unter befreundeten Staaten eigentlich schneller abgearbeitet sein, kanadische Staatsbürgerschaft hin oder her. Und Korruption ist nun auch kein Kinderkram - eben dies, so scheint mir, hat Schreiber indes jahrelang den Kopf gerettet: Schließlich weiß der Mann mutmaßlich die Antworten auf eine ganze Menge unbequeme Fragen. Etwa, wem er den Geldkoffer in die Hand gedrückt hat. Oder wer "Maxwell" ist.

Ohne in wirre Verschwörungstheorien abgleiten zu wollen, könnte ich mir vorstellen, dass man von deutscher Regierungsseite aus zeitweise gegenüber den kanadischen Behörden hat durchblicken lassen, dass es vielleicht eigentlich nicht gar so furchtbar eilt mit der Auslieferung. Jaja, natürlich ist die kanadische Justiz unabhängig - aber gegen sanften politischen Druck sicherlich ebensowenig immun wie die deutsche. Ebenso kann ich mir vorstellen, dass jetzt von Seiten des Auswärtigen Amtes ein bißchen auf die Tube gedrückt wurde. Denn für Steinmeier, den "quasibeamteten sozialdemokratischen Unglückswurm", wie Heribert Prantl ihn so herrlich tituliert, kommt der Fall Schreiber gerade recht zur Auftaktphase des Wahlkampfes.

Ein Strohhalm für die SPD - wenn man selber nichts zu bieten hat und niemand einem die Fantasterei über vier Millionen neue Jobs, die irgendwo herkommen sollen, abkauft, dann pinkelt man wenigstens dem politischen Gegner noch mal ordentlich ans Bein. Nach dem Motto des Fußballers Rolf Rüssmann: "Wenn wir hier nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt."

Mir soll's recht sein. Um den Wahnsinnigen im Innenministerium loszuwerden, setze ich meine Hoffnungen sogar in einen Menschen, der sein Vermögen mit Korruption und Waffenlieferungen gemacht hat. So weit ist es schon gekommen. Aber vermutlich bringt es eh' nichts, denn der Grund für Schreibers Schweigen liegt nahe: Er ist auf einen Deal aus. Es fragt sich nur, mit wem er diesen Deal abschließen wird: Milde Strafe oder gar Einstellung des Verfahrens aus Mangel an Beweisen gegen Mund halten oder eben milde Strafe gegen Auspacken. Kommt auf die Richter an. Wenigstens wird es diesmal nicht zehn Jahre dauern.

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