Samstag, 12. Februar 2011

Wenn ich groß bin, werde ich auch Bundesbanker

Man hatte es ja irgendwie geahnt: Thilo Sarrazin* hat seinen Bestseller "Deutschland schafft die Kanaken ab" offenbar tatsächlich zu einem nicht unerheblichen Teil während seiner Arbeitszeit bei der Bundesbank verfasst. Die Tätigkeit eines Bundesbank-Vorstands ist, daran darf man ja mal erinnern, nach §7 BbankG ein Amtsverhältnis, entlohnt wird er daher vom Staat, also aus Steuergeldern, ergo von Ihnen und mir. Müsste der Erlös aus dem Verkauf des Buchs dann nicht eigentlich konsequenterweise in die Staatskasse fließen?

Ich halte das für einen Skandal. Wir bezahlten den Mann ja schließlich dafür, dass er sich während seiner Arbeitszeit mit Bundesbankangelegenheiten beschäftigt - was weiß ich, sich neue Münzmotive ausdenkt oder so -, aber sicher nicht dafür, sich seinen privaten Frust von der Seele zu schreiben. Der Job als Bundesbanker ist doch kein Literaturstipendium. Und ich bin kein Mäzen. Aber ich überlege, wie ich am besten Bundesbanker werden könnte. Dann hätte ich endlich Zeit für meinen Roman.


Er habe sich unterfordert gefühlt, weil er nach eineinhalb Tagen die Arbeit einer Woche erledigt haben will, berichtet Sarrazin stolz. Nun, das gibt mir zu denken, und zwar nicht nur, weil es mich an den alten Witz vom Traumberuf Müllmann erinnert ("die arbeiten nur dienstags"): Entweder sind die Anforderungen, die der Job des Bundesbankvorstands mit sich bringt, ein Witz, und zwar einer, über den angesichts der Besoldung dringend zu reden wäre; oder die anderen Vorstände haben ihm nichts wichtiges zu tun gegeben, weil sie ihn sowieso nicht dahaben wollten, weil er ohnehin nur dorthin abgeschoben worden war; oder der Mann, der so gerne von schlauen Köpfen und Leistungsträgern labert, war schlicht zu faul, sich etwas zu tun zu suchen, was erledigt werden kann.

Einerlei. Als Finanzsenator habe er kaum Zeit zum Schreiben gehabt, jammert der Schnauzbart und ist sich offensichtlich keines Pflichtversäumnisses gegenüber seinem Arbeitgeber bewusst. Ich muss ja wohl nicht darüber reden, was in einem normalen Büro los ist, wenn man beim Schreiben privater E-mails erwischt wird. Wenn die Regierung nun nicht einschreitet - und bekanntlich hat sie das nicht, sondern ihm auch noch die Bundespressekonferenz als Plattform zur Bewerbung des Buchs zur Verfügung gestellt -, dann lässt das nur zwei  Deutungen zu: (1) Es ist ihr egal, wenn ihre hochbezahlten Amtsträger sie nach Strich und Faden bescheißen oder (2) sie sieht das Verfassen des Buchs als legitimen Teil seiner Bundesbankarbeit an, was einer Beauftragung gleichkäme - und das würde, da die Veröffentlichung nicht untersagt wurde, schlussendlich bedeuten, dass sie sich zum Inhalt des Werks bekennt. Also auch zum "Juden-Gen" und zur "Fruchtbarkeitsbedrohung".

Das mag ich mir nicht vorstellen. Bleiben wir also bei der ersten Deutung: Sarrazin hat auf Kosten des Staats seinen ausländerfeindlichen Dünnpfiff zu Papier gebracht. Es ist ganz einfach: Was jemand während seiner Arbeitszeit in seinem öffentlichen Amt produziert, gehört auch der Öffentlichkeit. Ebenso jeder daraus eventuell entstehende Erlös. Plus eine Rückzahlung der zu Unrecht kassierten Besoldung für die nicht geleistete eigentliche Arbeit. Und wenn er sich an dem, was er produziert, privat bereichert, grenzt das - mein verzeihe mir meinen Mangel an Kenntnissen juristischer Fachtermini, aber so sehe ich es - an Unterschlagung.

Also hopp, Konten einfrieren, Untersuchungshaft, Prozess. Und am allerwichtigsten: Zieht die noch nicht verkauften Bücher bis zur Klärung aus dem Verkehr.


____________________
* Ja, ja, ich weiß. Aber es ist schlicht unmöglich, zu diesem Menschen dauerhaft die Klappe zu halten.

1 Kommentar:

Pathologe hat gesagt…

Wenn ich mir zu Gemüte führe, wie Thilo seine Berechnungen durchführt, so kann ich mir schon lebhaft vorstellen, weswegen man ihn nicht an irgendwelche Bereiche in der Bundesbank gelassen hat, die mit Zahlen zu tun hatten. Außer vielleicht das Zahlen seines Mittagessens in der Kantine. Und selbst dort werden Sicherheitsmechanismen gegriffen haben, damit keine Diskussion mit den Damen der Essensausgabe aufkamen ("Wo kommen Sie eigentlich her? Kreuzberg? Kann ich mal Ihren Ariernachweis und Mutterpass sehen? Und warum haben Sie schwarze Haare?...") Wahrscheinlich wurde sein Essen direkt ins Büro geliefert, von einem jungen, muskulösen, arischen Recken, gerne auch osteuropäischer Jude mit Migrationshintergrund, um den Exsenator bei Laune zu halten.

Obgleich, wenn ich mir den Haushalt der Bundesrepublik anschaue: er hat doch mitgemischt. Und anderthalb Tage reichten da ausgerechnet aus.