Mittwoch, 24. Februar 2010

Begriffsstutzig in Sachen Pressefreiheit

Man könnte ja meinen, dass Politiker, die bekanntlich Diener des Staates sind und gewissermaßen unter Weisungsbefugnis der Bevölkerung handeln, den Journalisten des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks, dessen Aufgabe ja die Grundversorgung genau derselben Bevölkerung mit Informationen ist, quasi naturgemäß Rede und Antwort stehen müssten. Beide handeln in unserem Auftrag und werden von unserem Geld bezahlt. Aber das ist natürlich wieder mal nur so ein lachhafter Gedanke eines ungewaschenen Wählertölpels - die FDP sieht das nämlich ganz anders.

Vor Gesprächen mit einem Kamerateam des NDR-Politmagazins "Panorama" am Aschermittwoch hat der baden-württembergische Hauptgeschäftsführer der Liberalen, Sebastian Haag, in einer Email an Parteikollegen ausdrücklich gewarnt. "Objektiver Journalismus", so heißt es da, sei von den "Panorama"-Redakteuren nicht zu erwarten. Man solle sich doch lieber an den handzahmen SWR wenden. Gesagt, getan: Interviewversuche der NDR-Mitarbeiter wurden nach Angaben der Redaktion reihenweise abgebügelt.


Erstens stellt sich die Frage, ob der FDP-Mann hier nicht die Begriffe "objektiv" und "unkritisch" verwechselt - zweifelsohne würde im Moment auch der objektivste Beitrag ziemlich FDP-kritisch ausfallen, denn Korruption, Klientelpolitik und Hetztiraden sprechen für sich. Die den Liberalen genehme Berichterstattung kommt derzeit vor allem vom Springer-Verlag - und die wird wohl niemand, der noch bei Verstand ist, ernsthaft als "objektiv" bezeichnen.

Zweitens stellt sich die Frage, was der Begriff der "Pressefreiheit" für die Freidemokraten bedeutet. Denn es geht hier nicht um Passanten in der Fußgängerzone, die von marodierenden RTL-Kameraleuten überfallen werden und die alles Recht der Welt haben, sich diesen zu verweigern, was sie allerdings beklagenswert selten tun - nein, es handelt sich um gewählte Volksvertreter, die gefälligst Auskunft zu geben haben, wenn sie gefragt werden; auch und gerade wenn es unangenehme Fragen sind. Seit wann passt Hofberichterstattung zum freiheitlichen Anspruch der Partei?

Und drittens stellt sich die Frage, mit welchem Begriff man dieses arrogant-elitäre, demokratiefeindliche und gutsherrenartige Gebaren der FDP-Volksvertreter wohl am besten bezeichnen könnte.

1 Kommentar:

Pathologe hat gesagt…

"Objektiv" und "positiv" sind zwei aehnlich klingende Worte, die so ein liberaler Hauptgeschaeftsfuehrer schon gerne mal verwechseln kann. Und das ist auch sein gutes Recht. Wie, so stellt sich die Frage, kann der Poebel es denn sich erlauben, anti-sozialistische Politik in Frage zu stellen, das hat doch damals bei sozialistischer Politik im anderen Teil Deutschlands schon zu Problemen gefuehrt. Und schliesslich sollte da ja ein Lerneffekt daraus entstanden sein.

Aber es ist meistens so. Unangenehmen Fragen weicht man gerne aus, speziell dann, wenn man keine befriedigenden Antworten weiss oder zugeben muss, dass die eigenen Aktionen suboptimal waren. Mit angenehmen Fragen indes bewegt man sich auf eine 100prozentige Zufriedenheit der Bevoelkerung mit der Politik zu. Das gab es doch schon mal frueher, bei Wahlen, oder? Nicht alles war schlecht in der DDR...