Es ist nun schon fast ein halbes Jahrtausend her, dass sich die englische Kirche vom Vatikan losgesagt hat. Dennoch reicht der Arm des Papstes noch weit - sehr weit, wie man jetzt beobachten muss. Eine kritische Äußerung des greisen Inquisitors auf dem heiligen Stuhl reichte jetzt aus, um die Novellierung des britischen Gleichstellungsgesetzes zu kippen. Wenn das der olle Tudorkönig wüsste.
Dass die Kirche Homosexualität als widernatürlich und gottlos ansieht, solange keine knackigen jungen Ministranten im Spiel sind, ist bekannt; dass sie demzufolge Homosexuellen mit einem geradezu epischen Hass und wahnsinniger Verachtung begegnet, auch. Aus diesem Grund mag sie auch keine Schwulen, Lesben oder Transsexuelle einstellen. Was soll's, könnte man meinen - wer sich um einen Job bei der katholischen Kirche bemüht, ist meines Erachtens sowieso selber schuld.
Die zuletzt im britischen Parlament diskutierten Ergänzungen zum Gleichstellungsgesetz sollten derartige Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt eigentlich verhindern; die katholische Kirche in diesem Fall wie jeder andere Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sein, Bewerber nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung ablehnen zu dürfen. Aber die Kirche ist natürlich kein Arbeitgeber wie jeder andere. Jeder Eingriff des Gesetzgebers in ihre Souveränität wird sogleich mit der Keule "Religionsfreiheit" pariert; jeder Versuch, die Supermacht des Aberglaubens weltlichen gesellschaftlichen Normen zu unterwerfen, demzufolge als Angriff auf die Freiheitsrechte, mithin also auf die Grundfeste der Zivilisation dargestellt. Und das neue Gesetz, so Ratze, verstoße gar "gegen die Naturgesetze"! Klar, wir erinnern uns: Schwul = unnatürlich.
Und man mag es kaum glauben: Die Hassprediger aus dem fernen Rom scheinen mit der Nummer auch noch durchzukommen. Die zuständige Ministerin hat die Gesetzesvorlage kleinlaut kassiert. Warum sie das tat, ist mir ein Rätsel, schließlich dürfte die Mehrheit der Briten nichts gegen die Gleichberechtigung Homosexueller auch in diesem Bereich haben. Zwar sind auch die anglikanischen Geistlichen auf den schwulenfeindlichen Zug aufgesprungen - da sind Christen jeder Konfession offenbar gleich -, und die Dame mochte sich wohl nicht mit allen Hirten im Land anlegen. Dann ist sie indes nicht nur feige, sondern auf ihrem Posten eine ziemliche Fehlbesetzung.
Naja, was soll's - Großbritanniens Schwule werden es überleben, keine Anstellung in der Kirche zu bekommen. Dennoch: Es ist mir schlicht unbegreiflich, warum die Kirche dauernd, auch im 21. Jahrhundert und in einem Land mit alter liberaler Tradition, Extrawürste gebraten bekommt. Natürlich kann man nicht verhindern, dass dieser autoritär-intolerante Altherrenclub in die Gesetzgebung einer demokratischen Gesellschaft hineinquakt - dazu hat die Kirche wie jede andere legale Gruppierung das Recht. Aber sie hat keinesfals die Definitionshoheit darüber, was Grundrechte sind - oder gar Naturgesetze.
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