Samstag, 6. Februar 2010

Deutschstunde mit Dr. No

Liebe Internetschreiberlinge. Einerseits ist es für mich immer wieder ein beruhigendes Gefühl zu sehen, dass die wenigsten Leute, die sich berufen fühlen, in aller Öffentlichkeit Textbeiträge zu verfassen, dazu auch wirklich befähigt sind. Das bessert mittelfristig meine Chancen in jenem Sektor des Arbeitsmarkts, in dem sich Menschen tummeln, die ihre Brötchen mit dem geschriebenen Wort verdienen wollen.
Andererseits aber stolpere ich im Netz immer wieder über Sätze oder ganze Passagen, bei deren Lektüre es sich anfühlt, als würde einem eine Kreissäge durch den Kopf gezogen.

Ich meine dabei nicht mittlerweile eingebürgerte Abkürzungen wie "vllt" oder aus der Umgangssprache entnommene Vokabeln wie "ned", "alda" oder "funzen". Auch über die allgemein verbreitete Unfähigkeit, "das" bzw. "dass" korrekt anzuwenden, will ich mich gar nicht mehr echauffieren. Und über Deppenapostrophe und -leerzeichen ist schon anderswo genug gesagt worden, da hakt (nicht "hackt"!) es offenbar bei vielen.

Nein, all dies kann ich ertragen, notfalls mit Hilfe einer Kurzmeditation und einem Schlückchen Wein. Gut, bei manchen Deppenapostrophen muss es schon ein großer Schluck sein. Aber bitte, bitte, BITTE, liebe Leute, schreibt euch folgende Punkte ein für allemal hinter die in den meisten Fällen noch feuchten Ohren:

  • "nen" ist keineswegs ein Allroundartikel, mit dem man nach Belieben "der", "die", "das", "eine" oder "einen" ersetzen kann.
  • "Voraussetzung" schreibt man - und schrieb es schon immer - mit EINEM "r". 
  • "korrekt" mit "ck" ist nicht korrekt.
  • Die Mehrzahl von "Praktikum" ist "Praktika". Durch ein angehängtes "-s" werden es auch nicht mehr.
  • Im Wort "Standard" hat ein zweites "t" nichts verloren. Es sei denn, ihr meint eine "Standarte".
  • Man unterscheide die "Miene", also den Gesichtsausdruck, von der "Mine", in welcher Ressourcen abgebaut werden. 
  • Man unterscheide ebenso zwischen dem "Mann" als einzelner Person männlichen Geschlechts und dem unbestimmten "man".
  • Auch ist "seid" nicht dasselbe wie "seit". Das eine ist eine Verbform (zweite Person Plural von "sein"), das andere eine temporale Konjunktion. 
  • Auch nach der x-ten Rechtschreibreform schreibt man das "weiß" in "Ich weiß nicht" genau wie die Farbe, nämlich mit "ß". 
  • Und schließlich: Es gibt ein vernünftiges Maß (nein, nicht "Mass" - das Wort gibt es im Deutschen gar nicht) für die Verwendung von Kommas. Komplett auf sie zu verzichten ist ebenso unschön wie nach jedem Substantiv, eines einzufügen. Gemerkt, wie scheiße das aussieht?
So, das waren die allerschlimmsten unter den stets wiederkehrenden Fehlern, die mir auf Anhieb in den Sinn kamen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Wer weitere aussagekräftige Beispiele kennt, sei herzlich eingeladen, diese im Kommentarbereich mitzuteilen.

Ich will mich nicht unter die Spießer einordnen, die selbstgefällig in Foren und Kommentaren auf offensichtlichen Tippfehlern herumreiten - was sie zumeist dann tun, wenn ihnen die Argumente ausgehen. Aber für manche Sprachvergewaltigung müsste man im Strafgesetzbuch den Tatbestand der mentalen Körperverletzung beim Leser einführen. Ich wüsste auch schon eine adäquate Höchststrafe: Zehn Jahre öffentliches Schreibverbot für den Delinquenten.

Kann bei guter Führung - sprich: Nachhilfe - auch abgekürzt werden.

2 Kommentare:

Pathologe hat gesagt…

Kommata, Herr Doktor, nicht Kommas. Wenn schon. Und der Rest: wie soll denn die Jugend heutzutage noch richtig schreiben und lesen lernen, wenn ihr alles als Podcast oder Juhtuub-Video vorgetragen wird? Dazu noch das Gezwitschere mit der Beschneidung auf 140 Zeichen, ebenso bei den Textnachrichten uebers Mobiltelefon. Da muss man ja gerade zu kurz kommen.

Dr. No hat gesagt…

Ich habe beim Verfassen des Textes extra noch einmal nachgeschlagen: Kommas ist (wohl seit der Reform) genauso richtig wie Kommata. Ebenso Atlasse und Globusse. Und da ich die Hoffnung hegte, dass vielleicht jemand aus der von mir zurechtgewiesenen Zielgruppe mitliest, wollte ich ihn nicht auch noch mit einem Wort verwirren, das er mit Sicherheit noch nie gesehen hat...

Und was Twitter angeht: Stimmt, das nervt manchmal wirklich, dass man nie genug Pla