Donnerstag, 4. Februar 2010

Reden ist Silber, Simsen ist Gold

Auch ich bin nicht davor gefeit, dass durch hundertfache Wiederholungen meine Aufmerksamkeit erregt wird, obwohl ich mich dagegen sträube. Und so habe ich nun entgegen meiner sonstigen Gewohnheit einmal den Ton angelassen, als meine Lieblingsserie "Becker" von der Werbung unterbrochen wurde. Ich wollte wissen, ob es mit dieser unglaublich penetranten "My 5000"-Reklame von MTV, die gefühlt 5000 mal pro Tag läuft, wirklich das auf sich hat, was ich befürchtete, herausgelesen zu haben. Und tatsächlich: Es handelt sich um einen Handyvertrag mit 5000 freien SMS. Pro Monat.

Gesetzt den Fall, man braucht für jede SMS nur eine Minute - ein Zeitraum, in dem ich mit meinen vor Altersschwäche zitternden Wurstfingern nicht viel mehr als "Hallo!" zustande bringen würde -, dann würde man 83 Stunden und 20 Minuten im Monat mit simsen verbringen. Das sind rund 160 SMS pro Tag oder fast drei Stunden ununterbrochenes Dauergetippe, bis der Daumen abfällt. Wahnsinn.

Natürlich schafft das selbst das hirnverbrannteste Hartz-IV-Kid nicht. Man zahlt also für - was? Dafür, dass man 5000 SMS schreiben könnte, wenn man wollte und sonst nix zu tun hat? Oder ist es eher so, dass es mittlerweile schon in die Gen-Struktur von minderbemittelten und vom omnipräsenten Werbeterror weichgekochten Konsumenten eingedrungen ist, dass ein solcher Vertrag - der ja offenbar unglaublich billig ist, bei der Gegenleistung - gar nicht schlecht sein kann? So nach dem Motto "viel hilft viel", auch wenn man sich an den Onlinegebühren dumm und dämlich zahlt? Und würde das alles nicht bedeuten, dass das Evolutionsprinzip am Ende die falsche Richtung eingeschlagen hat, nämlich rückwärts in Richtung Amöbe?

Oder soll das bloß irgendeine Art von junger, frischer, pfiffiger neuer Werbeidee sein - die realsatirische Überspitzung des Flatrateprinzips? Das hätte ja schon wieder etwas. Und wäre ausbaufähig. So könnten Hotels Vollpensionen mit 30 warmen Mahlzeiten pro Tag anbieten. Oder Tageszeitungen bieten Abos an, die für bis zu 45 Ausgaben im Monat gelten. Und öffentliche Verkehrsbetriebe geben Monatskarten heraus, die 28 Stunden pro Tag gültig sind. Heißa! Will ich haben, ach was: Muss ich haben! Wo soll ich unterschreiben?

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