Freitag, 6. Februar 2009

Neue Umfrage: Der Papst, unglückliches Opfer der Umstände

Die Debatte um Papst Benedikt XVI., Richard Williamson und die Piusbrüder entwickelt sich allmählich zu einer Groteske, nur leider weniger witzig, wenn man bedenkt, worum es hier geht. Mittlerweile scheint ja jeder Pfaffe, der etwas auf sich hält, seinen Senf zu der Diskussion beizusteuern. Einig sind sie sich nur, dass der Papst unschuldig ist. Also, wer ist dann schuldig? Dazu gibt's die neue Umfrage. Ich habe, gewissermaßen als Denkanstoss, mal die schönsten Aussagen zusammengesucht, konnte mir aber deren Kommentierung nicht verkneifen - weshalb man mir ein manipulatives Vorgehen vorwerfen könnte, aber des is' mir wurscht. Alsdann:
  • Pater Franz Schmidberger aus der deutschen Pius-Zentrale zu Angela Merkels Kritik am Papst wegen der Williamson-Affäre: "Sie versteht das nicht, sie ist ja auch nicht katholisch." -- Aha. Heißt das im Umkehrschluss: Um Verständnis für Antisemitismus zu haben, muss man katholisch sein? Ich habe es geahnt.
  • Derselbe, ein paar Sätze später: Mohammed sei nach heutigen Maßstäben ein Kinderschänder, da er "mit einem Mädchen geschlechtlichen Umgang gepflegt" habe. -- Das mag ja sein. Aber was hat das denn jetzt mit der Holocaust-Debatte zu tun? Wenn einem gar nichts mehr einfällt, wechselt man einfach das Thema ("Schau mal! Ein dreiköpfiger Affe!")? Oder ist das Schändliche daran der Umstand, dass es sich um ein Mädchen handelte?
  • Berhard Fellay, Generaloberer der Pius-Bruderschaft: "Es ist schändlich, ein Interview über religiöse Angelegenheiten zu benutzen, um darin kontroverse Fragen anzuschneiden mit dem Ziel, die Tätigkeit unserer religiösen Gemeinschaft zu verleumden." -- Vielleicht hat er's nicht so mit moderner Technik oder ihm fehlt ein brauchbares Wörterbuch, aber es ist verdammt schwierig, mit einem Interview - also mit O-Tönen - jemanden zu verleumden.
  • Maximilian Krah, Anwalt der Piusbruderschaft: "Wer von einem schwedischen Fernsehsender auf Englisch interviewt wird, kann nicht automatisch davon ausgehen, dass das Interview in Deutschland ausgestrahlt wird." -- Jetzt geht es also schon gar nicht mehr um die Frage, ob das Leugnen des Holocaust schlimm ist, sondern darum, dass die gottlosen Schweden natürlich petzen mussten. Zur Hölle mit ihnen!
  • Aus einem internen Vatikan-Report, den eine schwedische Zeitung zitiert: Das Interview sei eine "bewusst gestellte Falle für Seine Heiligkeit Benedictus XVI." gewesen. Von wem eigentlich? Ganz einfach ...
  • ... von denen, die schon per definitionem an allem Schuld sind: den Frauen. Der Standpunkt Williamsons zum Holocaust sei den Schweden von der "sehr bekannten französischen Aktivistin und Lesbierin" Fiametta Venner zugespielt worden. Das ist einfach zu köstlich! Für die verklemmten alten Männer im Vatikan ist wieder einmal das erbsündige Weib der Inbegriff des Bösen, und die Steigerung des vom Teufel besessenen Frauenzimmers ist natürlich das lesbische Frauenzimmer. So entrückt sind die selbsternannten Hirten doch noch nicht, dass sie nicht auch typisch männliche Komplexe zur Schau stellen. (Wohlgemerkt: Das Schreiben kursiert im Vatikan, nicht bei den Piusbrüdern.)
Das könnte man noch seitenlang weiterführen. Leider wird mir allmächlich etwas übel. Deshalb überlasse ich die Beteiligten wieder ihrer obskuren Mittelalterromantik, greife zu Chips und Bier und warte auf die nächste Runde.

Ach, und wer das berühmte Interview noch einmal sehen möchte, solange es noch zu sehen ist:



[Quellen: Spon, SZ, nochmal SZ]

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr schöne Kommentare zu den Meinungen und eine vorbildliche Umfrage!
Dass Gott nicht merkt, dass er existiert, kommt das vom Hitchhiker's Guide? (Stichwort Babelfisch).

PS: Kam von Frau Buchstäblich, aber ich glaub, ich bleib ein bisschen!

PPS: Ha, das Captcha will bednenki von mir buchstabiert haben. Was hat das zu bedeuten?!?

Dr. No hat gesagt…

Dass das Captcha selber nicht weiß, wie bednenki geschrieben wird?

Im Guide gab's tatsächlich eine ähnliche Passage, in der jemand Gott gegenüber beweist, dass dieser nicht existieren kann, woraufhin Gott in einem Logikwölkchen verpufft. Dies lag meinen Ergüssen indes nicht zugrunde.

P.S.: Bleiben? Gerne doch *stuhlzurechtrück*.