Ich habe mir damals ob der völligen Irrelevanz dieser Meldung einen Kommentar dazu verkniffen, obwohl es schon sehr verlockend war, Mutmaßungen darüber anzustellen, welche Webseiten der Papst abends nach der Vesper besucht. Das wäre unter Umständen auch ein schönes Voting geworden. Außerdem stellt sich die Frage, ob Benedikt das überhaupt darf: Für derartige Blicke in die Kristallkugel wurde man früher gegrillt.
Auch als der Pius-Bruder Richard Williamson, der behauptete, es hätte keine Gaskammern und keine Judenvernichtung gegeben, vom Ex-Ratzinger wieder in den muffigen Schoß der Mutter Kirche aufgenommen wurde, habe ich mir ein Posting erspart. War zu offensichtlich: Ehemaliger Hitlerjunge rehabilitiert Holocaust-Leugner. Und außerdem schien dieser Schritt nur konsequent: Eine Organisation wie die katholische Kirche, die unter Hitler die Klappe gehalten hat, muss ja froh sein um jeden, der behauptet, es wäre damals gar kein Verbrechen geschehen. Überhaupt: Wer bin ich schon, um Kritik am Vatikan zu üben? Schließlich haben die Katholen jahrhundertelange Erfahrung mit Judenpogromen, und ich bin da nur Laie, in jeder Hinsicht. Der Papst hingegen ist bekanntlich unfehlbar, und Gottes Wege sind untergründig. Oder hieß es "unergründlich"? Egal.

Der Kölner Kardinal Meisner erklärte, der Bohei um Williamson habe „leider das eigentliche Anliegen des Papstes“, die Kircheneinheit, überlagert. Das ist ja auch viel wichtiger. Denn einig war man sich lange nicht mit der bis dato geschassten Piusbruderschaft, zu der Williamson gehört. Die hatte nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 60ern mit Rom gebrochen, da dort ein verstärkter Dialog mit Andersgläubigen beschlossen wurde. Also auch mit Juden. Ein Bischof aus der Pius-Clique sagte in der aktuellen Debatte: „Wir ändern unsere Positionen nicht, aber wir haben die Absicht, Rom zu bekehren und den Vatikan hin zu unseren Positionen zu bringen.“
Eieiei. Wenn das mal nicht nach Gegenpapst, gegenseitiger Verdammung und Kreuzzug riecht. Benedikt, der Krampf geht weiter.
Edit: Aus was für Brüdern die Bruderschaft besteht und dass Williamson kein Einzelfall ist, lässt sich hier nachlesen.
1 Kommentar:
Die katholische Kirche betreibt halt eine Interessenspolitik, die sich einen Dreck um das schert, was Andersgläubige davon halten. Dummerweise hat man sich dieses eine Mal nur verschätzt, was die öffentlichen Reaktionen der Ungläubigen betrifft.
Anderseits eröffnen Holocaust leugnende und so richtig fett schwulen- und frauenfeindliche Katholiken ganz neue Möglichkeiten, den interreligiösen Dialog mit dem Islam zu stärken.
Kommentar veröffentlichen