Dienstag, 3. Februar 2009

In Nomini Papi

Unlängst blies die katholische Nachrichtenagentur KNA eine Nachricht in die Welt, die nicht nur völlig banal, sondern auch deutlichst als PR-Meldung zu erkennen war. Papst Benedikt, so ließ ein Vatikan-Sprecher angesichts des selbst angefeuerten Hypes um die päpstlichen Youtube-Videos verlauten, würde auch privat surfen. Mit einem jovialen Grinsen, das auch in der Textfassung unverkennbar war, fügte er hinzu: Er wisse nicht, welche Seiten der heilige Vater besucht; aber dieses Verhalten bezeuge doch, wie modern Benedikt sei.

Ich habe mir damals ob der völligen Irrelevanz dieser Meldung einen Kommentar dazu verkniffen, obwohl es schon sehr verlockend war, Mutmaßungen darüber anzustellen, welche Webseiten der Papst abends nach der Vesper besucht. Das wäre unter Umständen auch ein schönes Voting geworden. Außerdem stellt sich die Frage, ob Benedikt das überhaupt darf: Für derartige Blicke in die Kristallkugel wurde man früher gegrillt.

Auch als der Pius-Bruder Richard Williamson, der behauptete, es hätte keine Gaskammern und keine Judenvernichtung gegeben, vom Ex-Ratzinger wieder in den muffigen Schoß der Mutter Kirche aufgenommen wurde, habe ich mir ein Posting erspart. War zu offensichtlich: Ehemaliger Hitlerjunge rehabilitiert Holocaust-Leugner. Und außerdem schien dieser Schritt nur konsequent: Eine Organisation wie die katholische Kirche, die unter Hitler die Klappe gehalten hat, muss ja froh sein um jeden, der behauptet, es wäre damals gar kein Verbrechen geschehen. Überhaupt: Wer bin ich schon, um Kritik am Vatikan zu üben? Schließlich haben die Katholen jahrhundertelange Erfahrung mit Judenpogromen, und ich bin da nur Laie, in jeder Hinsicht. Der Papst hingegen ist bekanntlich unfehlbar, und Gottes Wege sind untergründig. Oder hieß es "unergründlich"? Egal.

Das Gebaren des heiligen Stuhls nimmt indes allmählich doch wirklich beängstigende Züge an. Eine Entschuldigung des Papstes für die Rehabilitierung Williamsons und die Ernennung eines Gerhard Wagner, der Harry Potter für Teufelswerk und die Zerstörung New Orleans' durch den Hurrikan "Katrina" für Gottes gerechte Strafe hält, zum Weihbischof von Linz habe ich bislang nicht vernommen. Nun gut - wir wissen ja, dass der Heilige Stuhl in der Regel etwas länger braucht, um zu bestimmten Einsichten zu gelangen. Dafür versuchen sich seine Büttel eilfertig in Erklärungsschemata. Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper räumte im Fall Williamson Fehler im "Management der Kurie" ein, die er mit "Besorgnis" beobachte. Aha - jetzt sind die niederen Chargen schuld; die Siegelkleber und Bibelabschreiber in der Verwaltung. Da ist wohl das Formular für die Aufhebung der Exkommunikation mit dem für die ewige Verdammnis verwechselt worden.

Der Kölner Kardinal Meisner erklärte, der Bohei um Williamson habe „leider das eigentliche Anliegen des Papstes“, die Kircheneinheit, überlagert. Das ist ja auch viel wichtiger. Denn einig war man sich lange nicht mit der bis dato geschassten Piusbruderschaft, zu der Williamson gehört. Die hatte nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 60ern mit Rom gebrochen, da dort ein verstärkter Dialog mit Andersgläubigen beschlossen wurde. Also auch mit Juden. Ein Bischof aus der Pius-Clique sagte in der aktuellen Debatte: „Wir ändern unsere Positionen nicht, aber wir haben die Absicht, Rom zu bekehren und den Vatikan hin zu unseren Positionen zu bringen.

Eieiei. Wenn das mal nicht nach Gegenpapst, gegenseitiger Verdammung und Kreuzzug riecht. Benedikt, der Krampf geht weiter.

Edit: Aus was für Brüdern die Bruderschaft besteht und dass Williamson kein Einzelfall ist, lässt sich hier nachlesen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Die katholische Kirche betreibt halt eine Interessenspolitik, die sich einen Dreck um das schert, was Andersgläubige davon halten. Dummerweise hat man sich dieses eine Mal nur verschätzt, was die öffentlichen Reaktionen der Ungläubigen betrifft.

Anderseits eröffnen Holocaust leugnende und so richtig fett schwulen- und frauenfeindliche Katholiken ganz neue Möglichkeiten, den interreligiösen Dialog mit dem Islam zu stärken.