
Jeder erzählte also das, was von ihm erwartet wurde - wie die Liefersituation tatsächlich aussieht, weiß wohl niemand so recht. Dennoch scheinen die Bauern erste Erfolge zu erzielen: Die Industrie hat nun ein Einsehen und kündigt an, Milch künftig "fair handeln" zu wollen, ähnlich wie bei peruanischem Kaffee oder bolivianischem Kakao. Den verarmten deutschen Milchbauern bleibt es unter Umständen also erspart, ihr kärgliches Dasein Panflöte spielend und Strickmützen verkaufend in den Fußgängerzonen fristen zu müssen.
Was allerdings in der ganzen Debatte um hungernde Milchbauern ein wenig untergeht: Der Milchpreis folgte bislang, wie alle anderen Produktpreise auch (außer vielleicht Erdöl und Gas), dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Vereinfacht gesagt: Der hohe Milchpreis im vergangenen Herbst resultierte aus einer erhöhten Nachfrage auf dem Weltmarkt, hat in der Folge zu einer deutlich erhöhten Milchprouktion geführt, was wiederum das Angebot nach oben schraubte, während die Nachfrage aufgrund des hohen Preises gesunken war - also stürzte der Literpreis eben wieder ab. That's Capitalism.
Da Kapitalismus aber keinen Spaß mehr macht, wenn man plötzlich selbst auf der Verliererseite steht, ist der nun ins Spiel gebrachte Preis von 43 Cent tatsächlich als Mindestforderung zu verstehen (höher darf der Milchpreis natürlich jederzeit gerne steigen). Das heißt: Milchbauern, die ja eigentlich Unternehmer sind und vornehmlich konservativ wählen, wollen die marktwirtschaftlichen Spielregeln für sich außer Kraft setzen. Das wirkt bei Lichte betrachtet ein bißchen verlogen. Aber egal - man ist ja schon froh, wenn in diesem Land überhaupt jemand für sein Einkommen kämpft.
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