Donnerstag, 19. Juni 2008

Boeing, Airbus und das Fliewatüüt

Na, das hat die Washingtoner Waffenlobbyisten mit Sicherheit überrascht: Da ziehen sie monatelang Fäden, zahlen Unsummen an Schmier- und Schweigegeldern, um dem Pentagon einen weiteren milliardenschweren Rüstungsauftrag aus den Rippen zu leiern - und dann geht dieser doch tatsächlich an ein nichtamerikanisches Unternehmen!

Die Rede ist von den neuen Tankflugzeugen für die US-amerikanische Luftwaffe. Nicht Boeing-, sondern Airbus-Maschinen sollten US-Kampfflugzeuge auf ihrem Weg zum nächsten Streubombeneinsatz demnächst betanken - so lautete die Entscheidung der Air Force von Anfang März. Die Bestellung landete also nicht beim US-Rüstungsriesen Boeing, sondern beim europäischen EADS-Konzern, der ein kosteneffizienteres Angebot unterbreitet hatte.

Soweit kommt das noch, dachten sich die Boeing-Bosse, krempelten die Ärmel hoch und machten sich daran, die Verhältnisse wieder zurechtzurücken. Schließlich hat man dieses ganze Geschäft überhaupt nur angeschoben, um möglichst viele Milliarden Dollar aus dem US-amerikanischen Steuertopf auf möglichst kurzem Wege auf die Konten von Boeing zu überführen. Militärische Erfordernisse haben da keine Rolle zu spielen; das sieht man an der - selbst wenn man die Größe der US Air Force und die weltweit verstreute Militärpräsenz der USA in Betracht zieht - aberwitzig hohen Anzahl der georderten Maschinen, nämlich 179. Und das schöne Geld soll jetzt ein anderer kriegen? Und dann auch noch Ausländer? Das glich beinahe Landesverrat.

Kein Wunder also, dass Boeing auf die Barrikaden ging; ebenso wenig ein Wunder, dass die Regierung einknickt und eine Empfehlung ausspricht, den Auftrag neu auszuschreiben. Begründung: "Verfahrensfehler", eine überaus hohle Phrase, unter der man sich alles mögliche vorstellen kann und die deshalb so beliebt ist. Denn worin genau die Fehler bestanden, erfährt man nirgends so recht. Vielleicht war irgendwo ein Komma falsch gesetzt.

Selten wurde die marionettenhafte Machtlosigkeit amerikanischer Regierungsstellen gegenüber dem militärisch-industriellen Komplex derart deutlich. Boeing schreit, und der Rechnungshof zuckt zusammen. Und am Ende wird Boeing gewinnen, denn es verfügt über einen Trumpf gegenüber EADS: Nämlich die Welle von dumpfem Patriotismus, die seit dem 11. September über das Land geschwappt und bislang nirgendwohin abgeflossen ist. Der Konzern muss der Bevölkerung nur eintrichtern, dass EADS im wesentlichen ein deutsch-französisches Unternehmen ist - "Sind das nicht die Feiglinge, die nicht mit in den Irak wollten, Slim?" "Glaub schon, Jim. Kommunisten, alle miteinander." Und ruck-zuck wird der öffentliche Druck so stark, dass das Pentagon gar nicht mehr anders kann, als den Auftrag an Boeing zu vergeben. Schließlich wird in wenigen Monaten der Präsident gewählt, und alle Kandidaten greifen das Thema begierig auf.

Dieses Mal wird Boeing, um die Form zu wahren, ein neues, niedrigeres Angebot abgeben müssen. But who cares? Am Ende wird ohnehin der Satz stehen, den jeder kennt, der schon mal mit Handwerkern zu tun hatte: "Tut mir leid, aber den Kostenvoranschlag werden wir nicht einhalten können . . ." Der militärisch-industrielle Komplex bekommt immer, was er will. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass beinahe die Hälfte der weltweiten Rüstungsausgaben auf die USA entfällt. Gelackmeiert ist der amerikanische Steuerzahler. Aber der hat's ja nicht anders gewollt.

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